AG Bonn – Az.: 94 II 1382/16 BerH – Beschluss vom 05.12.2016
Die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten – als Erinnerungsführer – vom 09.11.2016 gegen die Entscheidung vom 28.10.2016 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragte am 02.09.2016 beim Amtsgericht Bonn Beratungshilfe in der Angelegenheit „Probleme mit ehemaligem Arbeitgeber N Markt (Kündigung vom 28.07.2016; ausstehendes Gehalt)“. Die Rechtspflegerin erteilte am selben Tag antragsgemäß einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch eine Beratungsperson gemäß § 3 BerHG. Am 12. Oktober 2016 beantragte der von der Antragstellerin mandatierte Verfahrensbevollmächtigte und hiesige Erinnerungsführer die Festsetzung und Auszahlung der durch sein Tätigwerden im Rahmen der Beratungshilfe entstandenen Gebühren und Auslagen. Der Antrag umfasste u. a. die Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV RVG für ein Schreiben mit Fristsetzung an den Arbeitgeber und die Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG für 5 Kopien „zur Anspruchsbegründung“. Beigefügt war die Kopie eines Schreibens vom 07.09.2016 an den ehemaligen Arbeitgeber der Antragstellerin. In dem Antrag gab er weiter an, dass die Beratung in das Verfahren 7 Ca 1919/16 beim Arbeitsgericht Bonn übergegangen war. Der Gebührenantrag wurde mit Beschluss vom 28.10.2016 in Höhe der Dokumentenpauschale von 2,50 Euro netto zurückgewiesen. Zur Begründung gab die Kostenbeamtin an, dass die Dokumentenpauschale zur Anspruchsbegründung für das gerichtliche Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn nicht im Wege der Beratungshilfe zu erstatten sei, da diese weder unter Nr. 7000 Nr. 1b noch 1d VV RVG fiele. Am 09.11.2016 legte der Erinnerungsführer gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin Erinnerung und Dienstaufsichtsbeschwerde mit der Begründung ein, dass nach einem Beschluss des Amtsgerichts Halle vom 08.02.2010, 103 II 3103/09 die Kopierkosten nicht hätten abgesetzt werden dürfen. Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Abteilungsrichter zur Entscheidung vorgelegt.
Die Bezirksrevisorin hat zu dem Antrag wie folgt Stellung genommen: Bei der Prüfung der Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten komme in der Regel nur Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG in Betracht. Nr. 1d hingegen betreffe nur das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, sofern dieser den Rechtsanwalt ausdrücklich zur Fertigung weiterer Kopien beauftrage. Hierdurch werde jedoch eine Erstattungspflicht durch die Landeskasse nicht begründet. Kopien aus einer Behörden- oder Gerichtsakte seien vorliegend jedoch nicht gefertigt worden.
II.
Die nach § 56 Abs. 1 RVG zulässige Erinnerung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Kostenbeamtin die Erstattung der beantragten Kopierkosten abgelehnt.
Es ist nämlich bereits nicht dargetan, dass die fünf vom Erinnerungsführer angesetzten Kopien aus einer Behörden- oder Gerichtsakte angefertigt worden sind. Dies ist jedoch Voraussetzung für ihre Erstattungsfähigkeit nach Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG (die Erstattung nach den Ziffern 1b und 1c scheidet bereits offensichtlich mangels Anfertigung von mehr als 100 Kopien aus). Zwar kann ein Rechtsanwalt mit seiner Mandantschaft vereinbaren, dass er Kopien anderer Schriftstücke anfertigt und diese seiner Mandantschaft gegenüber nach Nr. 7000 Nr. 1d VV RVG abrechnet. Hierdurch wird jedoch im Zivilrechtsstreit kein Erstattungsanspruch gegenüber der Gegenseite begründet, da über die in den Tatbeständen Nr. 1a-c hinaus geregelten Fälle i. d. R. keine Notwendigkeit zur Anfertigung weiterer Kopien besteht (Herget, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 13 „Ausfertigungen, Kopien, Ausdrucke“; vgl. auch OLG Hamburg, Beschluss vom 05.05.2011, 4 W 101/11, Rz. 3, juris). Besteht aber kein Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite, besteht auch kein Erstattungsanspruch gegen die Landeskasse im Beratungshilfeverfahren.
Die von dem Erinnerungsführer in Bezug genommene Entscheidung des Amtsgerichts Halle (Saale) vom 08.02.2010, 103 II 3103/09, betraf eine andere Fallgestaltung. Dort ging es um die Anfertigung von Kopien aus einer Gerichtsakte, sodass der Auslagentatbestand Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG erfüllt war.
Die durch den Gesetzgeber in Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG getroffene Entscheidung über Art und Umfang des Auslagenersatzes ist durch das Gericht umzusetzen. Das Gericht kann sich nicht geleitet von persönlichen Vorlieben oder unter dem Druck von Dienstaufsichtsbeschwerden seine eigenen Regeln basteln. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der durch den Erinnerungsführer gepflegte Usus, gleichzeitig mit jedem Rechtsbehelf eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen, als äußerst bedenklich zu bezeichnen ist.
Sofern sich in der Bevölkerung eine Mehrheit zur Erstattung unbegrenzter Kopien ohne jegliche Begründung findet, wird der Gesetzgeber dieses Ansinnen früher oder später umsetzen. Bis dahin muss es sein Bewenden bei der derzeitigen Rechtslage haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG.