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Berechtigung zur Teilnahme an Eigentümerversammlung und Stimmrecht

AG Bonn, Az.: 27 C 160/15, Urteil vom 22.07.2016

1. Das Versäumnisurteil vom 18.03.2016 wird aufrechterhalten, wobei sich seine Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richtet.

2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger sind Mitglieder der Eigentümergemeinschaft………….

Am 14.08.2015 fand eine außerordentliche Eigentümerversammlung statt, bei der auch die Erwerber einer Wohneinheit, Frau…………, teilnahmen. Die Kläger wiederum nahmen nicht teil.

Berechtigung zur Teilnahme an Eigentümerversammlung und Stimmrecht
Symbolfoto: Pixabay

Unter Tagesordnungspunkt 6 fand die Wahl eines Verwalters statt. Von ursprünglich drei durch den Verwaltungsbeirat eingeholten Verwalterangeboten wurden zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung nur noch zwei Angebote durch die Verwaltungen aufrechterhalten. Auf die Hausverwaltung ……. entfielen bei der Abstimmung und Beschlussfassung „0 von 10.000 Miteigentumsanteilen“ und auf die Hausverwaltung …… „8.440 von 10.000 Miteigentumsanteilen“.

Entsprechend stellte die Versammlungsleiterin fest, dass die Hausverwaltung ….. zur Verwalterin der WEG gewählt worden sei. Zudem beschlossen die Anwesenden, dass der Verwaltungsbeirat auf Grundlage des Angebots und der Teilungserklärung einen Verwaltervertrag mit der Hausverwaltung …. für die Dauer von 5 Jahren mit einem Sonderkündigungsrecht nach Ablauf von 2 Jahren abschließen solle. Die Laufzeit des Vertrages solle nach Möglichkeit bereits am 01.09.2015 beginnen.

Hinsichtlich der weiteren Details wird auf das Protokoll der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 14.08.2015 Blatt. 3 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beschluss unter TOP 6 ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, da zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung und der Beschlussfassung keine drei Alternativangebote vorgelegen hätten. Zudem sei der Beirat in dem Beschluss ermächtigt worden, einen Verwaltervertrag auszuhandeln, ohne dass ihm der wesentliche Inhalt von der Eigentümergemeinschaft vorgegeben worden sei. Auch hätten an der Versammlung zwei Personen, ………., teilgenommen, die nicht rechtswirksam Wohnungseigentümer und somit Mitglieder der Eigentümergemeinschaft gewesen seien. Das Wohnungseigentum sei nicht wirksam übertragen worden, weil seinerzeit nicht entsprechend § 4 der Teilungserklärung ein Verwalter wirksam zugestimmt habe. Dies führe zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit.

Ursprünglich haben die Kläger beantragt, den auf der Eigentümerversammlung vom 14.08.2015 der Wohnungseigentümergemeinschaft …………..gefassten Beschluss zu TOP 6 (Wahl eines Verwalters), hier: Wahl der ………und Beauftragung des Verwaltungsbeirats mit Vertragsabschluss, für rechtswidrig und ungültig zu erklären.

Am 18.03.2016 ist ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil ergangen. Gegen dieses haben die Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen begründet.

Nunmehr beantragen die Kläger, das Versäumnisurteil vom 18.03.2016 aufzuheben und den auf der Eigentümerversammlung vom 14.08.2015 der Wohnungseigentümergemeinschaft ………..gefassten Beschluss zu TOP 6 (Wahl eines Verwalters), hier: Wahl der ….und Beauftragung des Verwaltungsbeirats mit Vertragsabschluss, für rechtswidrig und ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Hinsichtlich der weiteren Details wird auf die wechselseitigen Schriftsätze, Anlagen und Protokolle der Gerichtsakte Bezug genommen, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Der Beschluss unter Tagesordnungspunkt 6 (Wahl eines Verwalters) ist ordnungsgemäß zustande gekommen. Er widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

1.1. Der Beschluss ist nicht schon deshalb für ungültig zu erklären, da bei der Versammlung nur zwei Alternativangebote vorlagen. Unstreitig hat sich der Verwaltungsbeirat bemüht, drei Alternativangebote einzuholen, wobei der dritte Anbieter allerdings am Versammlungstag das Angebot zurückgezogen hat und war auch nicht mehr zur Versammlung erschienen ist. Von den beiden verbliebenen Angeboten haben sich die anwesenden Eigentümer einstimmig für die Immobilien ………….entschieden.

In der Rechtsprechung wird, ausgehend von der Entscheidung des BGH vom 01.04.2011 (BGH, Urteil vom 01. April 2011 – V ZR 96/10 -, juris) danach unterschieden, ob ein „neuer Verwalter“ bestellt werden soll oder ob der amtierende Verwalter wiederbestellt wird. Entsprechend müssen lediglich vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Bestellung eines neuen Verwalters Angebote von mehreren Verwaltern eingeholt werden, nicht hingehen vor der Wiederbestellung des amtierenden Verwalters.

Die Wahl eines neuen Verwalters entspricht deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer auf die Einholung von Alternativangeboten anderer Verwalter verzichtet haben. Damit würden die Wohnungseigentümer bei der Wahl des Verwalters ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, weil sie ihre Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage vornehmen würden. Denn nur durch die Alternativangebote kann dem Wohnungseigentümer aufgezeigt werden, welche Unterschiede zwischen den Angeboten bestehen, und woran sie bei rein rechnerischer Betrachtung mit den verschiedenen Verwaltern sind. Darüber hinaus treten Schwächen in der Leistungsbeschreibung nur durch die Einholung von Alternativangeboten zu Tage. Erst durch die Vorlage von Alternativangeboten können die Wohnungseigentümer eine sachgerechte Entscheidung zur Verwalterwahl treffen und den ihnen insoweit zustehenden – weiten – Beurteilungsspielraum sachgerecht ausüben.

Vorliegend hat der Verwaltungsbeirat drei aussagekräftige Angebote eingeholt, die den Eigentümern eine ausreichende Vergleichsmöglichkeit der Leistungsangebote und der Verwaltungskosten ermöglichten. Insofern bestand eine ausreichende Beurteilungsgrundlage, ob das schließlich einstimmig angenommene Angebot der ………marktgerecht und angemessen ist. Trotz des Rückzugs des dritten Verwalters lag eine ausreichende Beurteilungsgrundlage vor.

1.2. Soweit die Kläger der Auffassung sind, der Beschluss sei schon mangels konkreter Vorgaben der Eigentümerversammlung für die Vertragsgestaltung unbestimmt und deshalb für ungültig zu erklären, so verkennt dies den Inhalt des Beschlusses.

In dem Beschluss wurden die wesentlichen Regelungspunkte des zu erstellenden und durch den Beirat abzuschließenden Verwaltervertrags geregelt. Neben einer Vertragslaufzeit von 5 Jahren, eines Sonderkündigungsrechts nach 2 Jahren und der Auswahl des Vertragspartners wurde expressis verbis hinsichtlich der weiteren Details auf das Angebot der ……….Bezug genommen.

1.3. Zudem liegt auch kein Verstoß gegen die Nicht-Öffentlichkeit vor. Ein solcher hätte sich – selbst wenn er gegeben gewesen wäre – auch nicht auf die Beschlussfassung ausgewirkt.

1.3.1. An der Eigentümerversammlung haben die zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch bereits eingetragenen Erwerber einer Wohneinheit, …………, teilgenommen. Dieses ist auch nicht zu beanstanden gewesen.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist hinsichtlich der Teilnahme an Eigentümerversammlungen und des Stimmrechts auf die Eigentumsumschreibung im Grundbuch abzustellen, allein schon aus praktischen Erwägungen, um Rechtsklarheit auch für den Verwalter und die Miteigentümer herzustellen. So sei der Veräußerer einer Eigentumswohnung bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch rechtlich Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese rechtliche Zugehörigkeit werde mit der Verpflichtung zur Veräußerung des Wohnungseigentums (auch wenn der Auflassungsanspruch des Erwerbers durch eine Vormerkung gesichert ist), der Besitzübertragung auf den Erwerber sowie dessen nachfolgende Nutzung der Wohnung nicht beendet, mit der Folge, dass der Veräußerer auch bis zur Umschreibung des Eigentums im Grundbuch die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen habe. Aus dieser Mitgliedschaft folge zwangsläufig das Stimmrecht als Mitverwaltungsrecht im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG. Das Stimmrecht müsse schon aus praktischen Erwägungen an formale Kriterien gebunden sein. Auch insoweit könne die Funktion des Grundbuchs, Auskunft über den Inhaber des Wohnungseigentums zu geben, nicht eingeschränkt und der Grundsatz nicht aufgegeben werden, dass der Erwerb des Wohnungseigentums untrennbar mit der Eintragung im Grundbuch verbunden sei. Für den Zeitpunkt einer Eigentümerversammlung lasse sich für alle Beteiligten mit der gebotenen Klarheit die Stimmberechtigung aus dem Grundbuch entnehmen (BGH, Beschluss vom 01. Dezember 1988 – V ZB 6/88 -, BGHZ 106, 113-124, Rd, 23 f.).

1.3.2. Dieser Grundsatz wird vorliegend auch nicht dadurch ausgehebelt, dass die nach § 4 der Teilungserklärung notwendige Veräußerungszustimmung durch den damaligen Verwalter Herrn …. erteilt worden ist, dessen Bestellung in der Folgezeit mit Urteil des AG Bonn vom 17.06.2015 (Az. 27 C 10/14) für ungültig erklärt wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt hinsichtlich des Vorliegens der Zustimmungsbefugnis nach § 12 WEG ist der Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmung, wobei dies auch in dem Fall gilt, wenn die Bestellung des Verwalters später für ungültig erklärt wird (Grziwotz in Jennißen, WEG Kommentar, 4. A, § 12 Rdn. 34). Von den Klägern wurden auch keine objektiv nachvollziehbaren Gründe vorgetragen, weshalb eine solche Zustimmung hätte verweigert werden können, so dass ein Rechtsanspruch auf Abgabe der hier betreffenden Zustimmung bestand.

1.3.3. Ein Verstoß gegen die Nicht-Öffentlichkeit hätte sich – selbst wenn er gegeben gewesen wäre – auch nicht auf die Beschlussfassung ausgewirkt. Ein evidenter Verstoß gegen das Prinzip der Nicht-Öffentlichkeit, bei dem es nicht auf die Ursächlichkeit des Verstoßes für das Abstimmungsergebnis ankommt, liegt nur dann vor, wenn die Versammlung planmäßig nicht-öffentlich sein soll. Denn das Prinzip der Nicht-Öffentlichkeit ist insoweit vorrangig und kann nicht durch den unterbliebenen Widerspruch einer Mehrzahl von Wohnungseigentümern ausgeräumt werden (AG Halle (Saale), Urteil vom 15.03.2011, Az. 120 C 4333/10, zitiert nach Juris; AG Mettmann, Urteil vom 03.08.2009, Az. 26 C 104/08, zitiert nach Juris; vgl. auch OLG Hamburg, ZMR 2007, 550, 553; AG Nordhorn, Urteil vom 15. Juni 2011 – 3 C 1506/10 -, juris).

Vorliegend ist offensichtlich kein Fall einer planmäßigen Nicht-Öffentlichkeit gegeben. Vielmehr haben nur im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer an der Eigentümerversammlung teilgenommen. Gegen die Teilnahme der ………… gab es weder vor noch während der Eigentümerversammlung irgendwelche geäußerten Bedenken oder Einwendungen. Woraus sich eine Kausalität der Teilnahme der Vorgenannten an dem Ergebnis der Beschlussfassung konkret ergeben soll – bei der gegebenen Einstimmigkeit der Beschlusses – wird von den Klägern in keiner Form dargetan. Alle Anwesenden haben sich für das Angebot der ……….entschieden. Die pauschale und ins Blaue getätigte Vermutung, die anwesenden ………..hätten maßgeblichen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten ALLER Anwesenden gehabt, ist unerheblich.

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Aus den vorgenannten Gründen ist die Klage abzuweisen.

2. Die prozessuale Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 5.000,00 Euro

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