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Berührungsloser Verkehrsunfall – starkes Abbremsen eines vorausfahrenden Kfz nach Spurwechsel

Ein unspektakulärer Spurwechsel im Stadtverkehr, eine Notbremsung des Busses und schon stürzt eine Passagierin und verletzt sich. Was beginnt wie ein alltäglicher Vorfall, entwickelte sich zur juristischen Frage: Wer haftet bei einem Unfall im Straßenverkehr, selbst wenn dem Verursacher kein schuldhaftes Fehlverhalten nachzuweisen ist? Das Oberlandesgericht Hamm klärte, wann die sogenannte Gefährdungshaftung des vorausfahrenden Fahrzeugs für die Folgen einer solchen Kettenreaktion greift.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: I-7 U 3/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht (OLG) Hamm
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Zivilrecht, Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Verletzte Passagierin des Busses
  • Beklagte: Fahrer eines Pkw und dessen Haftpflichtversicherung

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Buspassagierin stürzte im Bus, als die Fahrerin eine starke Bremsung durchführte. Die Bremsung erfolgte, nachdem ein Pkw unmittelbar vor dem Bus die Spur wechselte und der Bus anschließend verkehrsbedingt bremsen musste.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob der Fahrer und Halter des Pkw für die Verletzungen der Buspassagierin haftet. Dabei ging es insbesondere um die Haftung ohne Verschulden (Gefährdungshaftung) und ob sich eine spezifische Gefahr des Pkw ausgewirkt hatte, auch wenn kein Fehlverhalten des Pkw-Fahrers nachweisbar war und der Bus auch wegen einer Ampel bremsen musste.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das OLG beabsichtigt, die Berufung der Klägerin abzuweisen. Damit würde das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts, das die Klage abgewiesen hatte, bestätigt werden.
  • Begründung: Es konnte kein Fehlverhalten des Pkw-Fahrers bewiesen werden. Zudem geschah der Unfall nach Ansicht des Gerichts nicht „bei Betrieb“ des Pkw im rechtlichen Sinne, da die starke Bremsung des Busses vor allem durch eine rote Ampel und nicht typisch durch die Anwesenheit oder Fahrweise des Pkw verursacht wurde.
  • Folgen: Die Klage der Buspassagierin gegen den Pkw-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung wird endgültig abgewiesen.

Der Fall vor Gericht


Sturz im Bus nach Notbremsung: OLG Hamm verneint Haftung des vorausfahrenden Pkw trotz Spurwechsels – Kein Unfall ‚bei Betrieb‘ nach § 7 StVG

Ein alltäglicher Vorfall im Stadtverkehr führte zu einem komplexen Rechtsstreit: Eine Buspassagierin stürzte und verletzte sich, als die Busfahrerin eine Vollbremsung einleiten musste.

Autofahrer wechselt Spur vor Linienbus, Notbremse überrascht Passagier im städtischen Straßenverkehr.
Autofahrer wechselt rücksichtslos, Bus führt Notbremsung aus – wer haftet bei Passagierverletzung im Stadtverkehr? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Auslöser war nach Angaben der Passagierin ein Autofahrer, der kurz zuvor vor dem Bus in die Linksabbiegerspur gewechselt war. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm musste klären, ob der Autofahrer und seine Versicherung für die Folgen des Sturzes haften, auch wenn ihm kein konkreter Fahrfehler nachgewiesen werden konnte. Im Kern ging es um die Reichweite der sogenannten Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), die eine Haftung auch ohne Verschulden vorsieht, allein aufgrund der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs.

Buspassagierin stürzt nach Notbremsung: Wer haftet für die Verletzungen?

Die Ausgangssituation war unstrittig: Die Frau war Fahrgast in einem Linienbus. Während der Fahrt kam es zu einer außergewöhnlich starken Bremsung durch die Busfahrerin, infolgedessen die Passagierin im Fahrzeug stürzte und Verletzungen erlitt. Unmittelbar vor diesem Bremsmanöver war ein Autofahrer mit seinem Pkw von einer anderen Spur auf die Linksabbiegerspur gewechselt, auf der sich auch der Bus befand oder in die er ebenfalls einbiegen wollte. Die genauen Umstände dieses Spurwechsels und seine Kausalität für die Notbremsung waren jedoch heftig umstritten.

Streitpunkt Spurwechsel: Drängte der Autofahrer den Bus ab oder war die rote Ampel entscheidend?

Die verletzte Buspassagierin machte geltend, der Autofahrer habe sich „im letzten Moment“ und rücksichtslos vor den Bus „gequetscht“. Dieser verkehrswidrige Spurwechsel habe die Busfahrerin zu der gefährlichen Notbremsung gezwungen, um eine Kollision zu vermeiden. Der Autofahrer widersprach dieser Darstellung vehement. Er gab an, ganz normal und ordnungsgemäß die Spur gewechselt zu haben. Der Grund für die anschließende starke Bremsung – sowohl seine eigene als auch die des Busses – sei vielmehr gewesen, dass eine Ampel an der Kreuzung auf Rot geschaltet habe und der Verkehr zum Stehen kam. Es habe sich also um einen alltäglichen, verkehrsbedingten Bremsvorgang gehandelt, der möglicherweise durch die Busfahrerin zu abrupt ausgeführt wurde.

Klage in erster Instanz abgewiesen: Kein Nachweis für verkehrswidrigen Spurwechsel des Autofahrers

Das zunächst zuständige Landgericht wies die Klage der Buspassagierin gegen den Autofahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung ab. Die Richter kamen nach der Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der behauptete Verkehrsverstoß des Autofahrers nicht nachgewiesen werden konnte. Es stand die Aussage der Busfahrerin (als Zeugin) gegen die Angaben des Autofahrers. Da beide potenziell am Unfall beteiligt waren und somit ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hatten, konnte das Gericht keine der beiden Versionen mit der nach § 286 der Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Sicherheit als bewiesen ansehen. Es blieb bei einer klassischen „Aussage gegen Aussage“-Situation, in der die Buspassagierin als Klägerin die Beweislast für das Fehlverhalten des Autofahrers trug und diesen Beweis nicht erbringen konnte. Das Landgericht schien seine Abweisung zudem auf Überlegungen zum Haftungsausgleich nach § 17 StVG zu stützen, was das OLG später als rechtlich nicht korrekt für die Frage der Außenhaftung gegenüber der Geschädigten bewertete. Die Passagierin gab sich mit diesem Urteil nicht zufrieden und legte Berufung beim OLG Hamm ein.

OLG Hamm bestätigt Abweisung: Berufung der Buspassagierin ohne Erfolgsaussicht

Das Oberlandesgericht Hamm teilte in einem Hinweisbeschluss mit, dass es beabsichtige, die Berufung der Buspassagierin gemäß § 522 Absatz 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat war einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Damit würde das klageabweisende Urteil des Landgerichts im Ergebnis Bestand haben. Die Begründung des OLG setzte an mehreren Punkten an und präzisierte die rechtlichen Maßstäbe, insbesondere zur Gefährdungshaftung.

Begründung des OLG Hamm: Kein nachweisbarer Verkehrsverstoß des Autofahrers

Zunächst bestätigte das OLG die Einschätzung des Landgerichts hinsichtlich des nicht bewiesenen Verkehrsverstoßes. Nach § 529 Absatz 1 Nummer 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz gebunden, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit bestehen. Solche Zweifel sah das OLG hier nicht. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, das aufgrund der widersprüchlichen und potenziell eigennützigen Aussagen von Busfahrerin und Autofahrer keinen Verstoß feststellen konnte, war nicht zu beanstanden. Da der Buspassagierin der Beweis eines schuldhaften Fehlverhaltens des Autofahrers nicht gelungen war, schied eine Haftung aus unerlaubter Handlung (§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) von vornherein aus.

Korrektur zur Anwendung des § 17 StVG durch das OLG Hamm

Das OLG Hamm stellte jedoch klar, dass die Argumentation des Landgerichts bezüglich § 17 StVG so nicht tragfähig war, um die Klage gegenüber der Passagierin abzuweisen. § 17 StVG regelt ausschließlich den internen Haftungsausgleich zwischen mehreren beteiligten Fahrzeughaltern (hier: Busunternehmen und Autofahrer), nachdem deren grundsätzliche Haftung gegenüber dem Geschädigten (hier: der Buspassagierin) bereits feststeht. Im Verhältnis zur geschädigten Passagierin (Außenverhältnis) kommt es allein darauf an, ob die Voraussetzungen für eine Haftung des Busbetreibers und/oder des Autofahrers nach § 7 Absatz 1 StVG (Gefährdungshaftung) oder § 823 BGB (Verschuldenshaftung) gegeben sind. Die Frage, wie die Haftenden den Schaden untereinander aufteilen, ist für den Anspruch der Geschädigten irrelevant.

Haftung des Busbetreibers grundsätzlich gegeben

Das OLG stellte fest, dass eine Haftung des Busbetreibers (bzw. dessen Versicherung) gegenüber der gestürzten Passagierin dem Grunde nach unproblematisch aus § 7 Absatz 1 StVG (in Verbindung mit § 115 Absatz 1 Nummer 1 Versicherungsvertragsgesetz) besteht. Der Sturz ereignete sich „bei Betrieb“ des Omnibusses infolge der unstreitig außergewöhnlich starken Bremsung. Damit hat sich die typische Betriebsgefahr des Busses verwirklicht. Ein mögliches Mitverschulden der Passagierin (z.B. weil sie sich nicht festgehalten hat, § 9 StVG, § 254 BGB) würde allenfalls die Höhe des Anspruchs mindern, nicht aber die grundsätzliche Haftung des Busbetreibers beseitigen.

Entscheidend: Unfall geschah nicht ‚bei Betrieb‘ des Pkw nach § 7 StVG (Gefährdungshaftung)

Der zentrale Punkt für die Abweisung der Klage gegen den Autofahrer und seine Versicherung war jedoch die Frage, ob auch die Voraussetzungen der Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 StVG für den Pkw erfüllt waren. Dies verneinte das OLG Hamm. Nach Auffassung des Gerichts ereignete sich der Unfall nicht „bei dem Betrieb“ des Pkw im Sinne dieser Vorschrift.

Das Gericht erläuterte hierzu die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Das Merkmal „bei dem Betrieb“ wird weit ausgelegt. Es erfasst grundsätzlich alle Schadensabläufe, die durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflusst werden, sofern sich eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen dadurch mitgeprägt wurde. Es muss ein naher örtlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs bestehen. Eine Haftung kann also auch ohne direkten Kontakt (Kollision) und ohne verkehrswidriges Verhalten des Fahrers eintreten.

Allerdings reicht die bloße Anwesenheit eines Fahrzeugs an der Unfallstelle nicht aus, um den Zurechnungszusammenhang zur Betriebsgefahr herzustellen. Insbesondere bei Unfällen ohne Berührung muss das Fahrverhalten des einen Fahrzeugs das Manöver des anderen Fahrers beeinflusst und so zur Schadensentstehung beigetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2016 – VI ZR 533/15). Die Schädigung muss eine spezifische Auswirkung der Gefahren sein, vor denen § 7 StVG schützen soll.

Der BGH hat beispielsweise entschieden, dass das (nicht nachweislich verkehrswidrige) Ausscheren eines Motorrads zum Überholen nicht automatisch zur Haftung für den Sturz eines dahinter ebenfalls überholenden Motorrads führt, wenn das zweite Motorrad unabhängig vom Manöver des ersten ins Schlingern gerät. Die alleinige Anwesenheit oder ein zeitgleiches Manöver begründen noch keine typische, zurechenbare Gefahr, wenn die „kritische Verkehrslage“, die zum Unfall führt, nicht gerade von dem Fahrzeug ausgeht, dessen Haftung geprüft wird.

Fahrverhalten der Busfahrerin und rote Ampel als maßgebliche Unfallursache

Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutete dies: Selbst wenn man den Spurwechsel des Autofahrers als zeitlich knapp unterstellt (was nicht bewiesen war), entstand die kritische Verkehrslage nicht allein durch diesen Spurwechsel. Sie entstand vielmehr erst dadurch, dass die Busfahrerin dem Pkw auf die Linksabbiegerspur folgte und dort dann aufgrund der unstreitig auf Rot schaltenden Ampel außergewöhnlich stark bremsen musste.

Das OLG führte aus, dass es keine typische Gefahr eines Spurwechsels darstellt, dass der nachfolgende Verkehr ebenfalls diese Spur benutzt und dann wegen einer roten Ampel bremsen muss. Die Fahrweise des Autofahrers (seine Anwesenheit in der Spur und das verkehrsgerechte Bremsen an der roten Ampel) gab der Busfahrerin keinen Anlass für die Notbremsung in dieser Form. Der Autofahrer war lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort – „bei Gelegenheit“, wie es das Gericht formulierte – zwischen dem Bus und der roten Ampel. Allein der Umstand, dass seine (verkehrsgerechte) Anwesenheit den Bremsweg für den nachfolgenden Bus verkürzte, reicht nicht aus, um die notwendige Ursächlichkeit seiner Fahrweise im Sinne der spezifischen Betriebsgefahr nach § 7 Absatz 1 StVG zu begründen. Der Sturz war somit nicht auf den „Betrieb“ des Pkw zurückzuführen.

Fazit: Autofahrer haftet nicht für Sturz im Bus – Voraussetzungen des § 7 StVG nicht erfüllt

Im Ergebnis hat das Landgericht die Klage der Buspassagierin gegen den Autofahrer und dessen Versicherung zu Recht abgewiesen. Zwar war die Begründung des Landgerichts möglicherweise teilweise unzutreffend (hinsichtlich § 17 StVG), das Ergebnis selbst war jedoch richtig. Die Abweisung beruht auf zwei wesentlichen Gründen: Zum einen konnte der Passagierin der Nachweis eines schuldhaften Verkehrsverstoßes des Autofahrers nicht gelingen. Zum anderen waren die Voraussetzungen der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 StVG nicht erfüllt, da der Unfall nicht „bei Betrieb“ des Pkw stattfand. Die spezifische Betriebsgefahr des Autos hatte sich nicht in dem Sturz der Passagierin im Bus realisiert. Die rote Ampel und die Reaktion der Busfahrerin waren die maßgeblichen Faktoren für die Notbremsung.

Das OLG Hamm sah in dem Fall keine grundsätzliche Bedeutung und auch keine Notwendigkeit zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, da es sich um eine Entscheidung auf Basis der spezifischen Umstände des Einzelfalls handelte. Eine mündliche Verhandlung wurde als nicht erforderlich erachtet. Die Berufung der Buspassagierin wird daher voraussichtlich zurückgewiesen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Hamm urteilte, dass ein Autofahrer nicht für den Sturz einer Buspassagierin haftet, selbst wenn sein Spurwechsel eine Notbremsung des Busses ausgelöst haben sollte. Das Gericht stellte klar, dass sich die spezifische Betriebsgefahr des Pkws nicht im Sturz realisiert hat, sondern die rote Ampel und die Reaktion der Busfahrerin die entscheidenden Faktoren waren. Für eine Haftung nach § 7 StVG muss ein Unfall „bei Betrieb“ eines Fahrzeugs geschehen, wobei die bloße Anwesenheit eines Fahrzeugs im Verkehr nicht ausreicht – es muss eine spezifische, vom Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht worden sein.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Gefährdungshaftung im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und wann greift sie?

Gefährdungshaftung im Straßenverkehrsgesetz (StVG) bedeutet, dass jemand für Schäden, die durch ein Kraftfahrzeug entstehen, haftet, ohne dass dieser Person ein persönliches Verschulden nachgewiesen werden muss. Anders als bei der üblichen Haftung, die einen Fehler oder eine Fahrlässigkeit voraussetzt, basiert die Gefährdungshaftung allein auf der potenziellen Gefahr, die von einem Fahrzeug ausgeht, sobald es „in Betrieb“ genommen wird.

Stellen Sie sich vor: Selbst wenn ein Fahrzeugführer äußerst vorsichtig fährt, birgt die bloße Anwesenheit und Bewegung eines Autos im Straßenverkehr immer ein gewisses Risiko für andere. Weil dieses Risiko untrennbar mit dem Betrieb eines Fahrzeugs verbunden ist, hat der Gesetzgeber in § 7 Absatz 1 StVG festgelegt, dass der Halter (meist der Eigentümer) des Fahrzeugs grundsätzlich für Schäden haftet, die aus dieser typischen Gefahr entstehen.

Diese Haftung greift, wenn der Schaden „bei dem Betrieb“ des Kraftfahrzeugs verursacht wurde. Der Begriff „Betrieb“ ist dabei sehr weit auszulegen. Er umfasst nicht nur das reine Fahren. Auch Vorgänge wie das Anlassen des Motors, das Ein- und Aussteigen, das Be- oder Entladen, das Halten im Verkehr oder sogar das Parken können zum „Betrieb“ gehören, wenn der Schaden gerade durch die spezifischen Gefahren des Fahrzeugs entstanden ist. Es geht darum, dass der Unfall in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs steht und der Schaden auf die dem Fahrzeugbetrieb eigenen Gefahren zurückzuführen ist.

Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: Die Haftung aus Gefährdung greift nicht, wenn der Schaden durch Höhere Gewalt verursacht wurde (§ 7 Absatz 2 StVG). Das ist ein außergewöhnliches, von außen kommendes Ereignis, das auch bei Anwendung äußerster, vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht vorhersehbar oder vermeidbar war und keinen Zusammenhang mit den typischen Betriebsgefahren des Fahrzeugs hat (z.B. ein plötzliches Naturereignis, das den Unfall auslöst).

Die Gefährdungshaftung im StVG dient dazu, dass Opfer von Unfällen, die auf die spezifische Betriebsgefahr eines Fahrzeugs zurückzuführen sind, leichter einen Anspruch auf Schadensersatz haben, auch wenn dem Fahrer oder Halter kein konkretes Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Sie betrifft vor allem Schäden an fremden Sachen oder Verletzungen anderer Personen.


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Welche Rolle spielt der Nachweis eines Fehlverhaltens im Straßenverkehrsrecht und was bedeutet „Beweislast“?

Wenn es nach einem Verkehrsunfall um Schadensersatz geht, ist es oft nicht ausreichend, nur zu zeigen, dass ein Unfall passiert ist. Vielmehr kommt es darauf an, wer den Unfall verschuldet hat, also wessen Fehlverhalten die Ursache war.

Ein Fehlverhalten liegt im Straßenverkehr dann vor, wenn jemand gegen Verkehrsregeln verstoßen hat oder unvorsichtig war. Das kann zum Beispiel ein zu schnelles Fahren, das Missachten einer roten Ampel oder auch ein gefährlicher Spurwechsel sein. Um Schadensersatz von jemand anderem zu verlangen, müssen Sie in der Regel nachweisen, dass diese Person ein solches Fehlverhalten begangen hat und dieses Fehlverhalten den Schaden verursacht hat.

Was bedeutet „Beweislast“?

Der Begriff „Beweislast“ beschreibt, wer vor Gericht etwas beweisen muss. Stellen Sie sich eine Waage vor: Die Partei, die etwas behauptet und daraus Rechte ableitet (zum Beispiel, dass die andere Person schuld am Unfall war und deshalb zahlen muss), muss in den meisten Fällen die Beweise vorlegen, die ihre Behauptung stützen.

Im Straßenverkehrsrecht bedeutet das oft: Wer Schadenersatz fordert, muss das Fehlverhalten des Gegners beweisen. Das Gericht prüft dann, ob die vorgelegten Beweise ausreichen, um sichere Überzeugung von diesem Fehlverhalten zu gewinnen.

Warum „Aussage gegen Aussage“ oft nicht reicht

Wenn bei einem Unfall nur die Aussagen der beiden beteiligten Fahrer vorliegen und sich diese widersprechen („Aussage gegen Aussage“), ist es für das Gericht oft schwierig zu entscheiden, wem es glauben soll. Ohne weitere Beweise, die eine Aussage stützen (wie z.B. Zeugen, Fotos, Videos, Sachverständigengutachten oder Spuren am Unfallort), kann das Gericht keine feste Überzeugung vom Fehlverhalten einer Partei gewinnen.

Wird das erforderliche Fehlverhalten und dessen Ursächlichkeit für den Schaden nicht ausreichend bewiesen, kann dies dazu führen, dass die Klage auf Schadensersatz abgewiesen wird, selbst wenn feststeht, dass zum Beispiel ein Spurwechsel stattgefunden hat. Der Spurwechsel allein ist nicht automatisch ein Fehlverhalten; es muss bewiesen werden, dass er unter Verstoß gegen Regeln (z.B. § 7 StVO: mangelnde Sorgfalt, Gefährdung anderer) erfolgte.


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Was bedeutet der Begriff „Betrieb“ eines Fahrzeugs im Sinne des § 7 StVG und warum war er hier entscheidend?

Der Begriff „Betrieb“ eines Fahrzeugs im Sinne des Paragraphen 7 des Straßenverkehrsgesetzes (§ 7 StVG) ist im juristischen Sinn weiter gefasst als nur das reine Fahren. Er umfasst alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit dem Fahrzeug als gefährliche Betriebseinheit stehen.

Warum ist dieser Begriff so wichtig? § 7 StVG begründet eine sogenannte Gefährdungshaftung. Das bedeutet: Wenn durch den „Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs jemand verletzt oder eine Sache beschädigt wird, haftet der Halter des Fahrzeugs grundsätzlich für den Schaden. Und zwar unabhängig davon, ob ihn oder den Fahrer ein Verschulden trifft. Es geht hier um die typischen Gefahren, die von einem Fahrzeug ausgehen (z.B. durch seine Geschwindigkeit, sein Gewicht, seine Motorkraft).

Damit ein Ereignis als „bei Betrieb“ des Fahrzeugs eingetreten gilt, muss es sich um eine Folge der spezifischen Betriebsgefahr des Fahrzeugs handeln. Stellen Sie sich vor: Die Gefahr muss gerade davon ausgehen, dass dieses Fahrzeug in Betrieb genommen wird oder bereitsteht, in Betrieb genommen zu werden.

Das bedeutet, dass nicht jede Handlung, die irgendwie mit einem Auto zusammenhängt, auch automatisch unter den „Betrieb“ fällt.

  • Beispiele für „Betrieb“: Das Fahren selbst, das Anfahren, das Bremsen, das Parken (auch wenn der Motor läuft oder das Fahrzeug wegrollt), das Ein- und Aussteigen, wenn es im Zusammenhang mit einer gerade stattfindenden oder bevorstehenden Fahrt steht. Auch das Be- oder Entladen kann unter Umständen zum „Betrieb“ gehören, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die unmittelbar mit der Vorbereitung oder Durchführung der Fahrt verbunden ist.
  • Beispiele, die meist NICHT „Betrieb“ sind: Ein Auto, das rein als stationärer Gegenstand genutzt wird (z.B. als reiner Lagerplatz), eine Wartung oder Reparatur, die nicht direkt mit der Fahrbereitschaft in dem Moment zusammenhängt. Oder wenn ein Schaden lediglich durch die reine Anwesenheit des Fahrzeugs entsteht, aber nicht durch seine Funktion als Fortbewegungsmittel oder die damit verbundenen spezifischen Gefahren (z.B. jemand stolpert über einen ordnungsgemäß geparkten Anhänger).

Entscheidend ist also: Das Geschehen muss durch die Maschinenkraft, die Bewegung oder die spezifische Einrichtung des Fahrzeugs verursacht worden sein. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zum Betrieb bestehen. Wenn ein Schaden nur zufällig in der Nähe eines Fahrzeugs passiert oder das Fahrzeug nur passiv betroffen ist, ohne dass die Gefahr gerade vom Fahrzeugbetrieb ausgeht, liegt in der Regel kein „Betrieb“ im Sinne des § 7 StVG vor. Das Gericht muss in jedem Einzelfall prüfen, ob diese Verbindung zur typischen Betriebsgefahr des Fahrzeugs gegeben ist. War sie – wie in dem angesprochenen Fall offenbar entschieden – nicht gegeben, scheidet eine Haftung allein aufgrund des § 7 StVG aus.


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Was ist der Unterschied zwischen der Haftung gegenüber der Buspassagierin und der Haftung zwischen den Fahrzeughaltern (Haftungsausgleich nach § 17 StVG)?

Bei einem Verkehrsunfall, an dem mehrere Fahrzeuge beteiligt sind und bei dem Personen zu Schaden kommen, gibt es juristisch betrachtet oft unterschiedliche „Beziehungen“, in denen Haftung relevant wird. Die Frage unterscheidet hier zwei wichtige Ebenen: die Haftung gegenüber unbeteiligten Dritten und die Haftung der Unfallbeteiligten untereinander.

Haftung gegenüber Dritten (wie der Buspassagierin)

Hier geht es um die Frage: Wer haftet für den Schaden, der einer Person entstanden ist, die am Unfall selbst nicht aktiv beteiligt war, sondern zufällig davon betroffen wurde? Im genannten Beispiel ist das die Buspassagierin, die im Bus saß und verletzt wurde.

Für die Passagierin, die einen Schaden erlitten hat (z.B. Verletzungen, kaputte Kleidung), ist entscheidend, dass die Personen oder Unternehmen haften, die den Schaden verursacht haben oder deren Fahrzeuge daran beteiligt waren. Ein Fahrzeughalter haftet nach dem Gesetz (§ 7 Straßenverkehrsgesetz – StVG) grundsätzlich schon allein deshalb, weil von seinem Fahrzeug eine „Betriebsgefahr“ ausgeht – also das Risiko, das jeder Betrieb eines Fahrzeugs mit sich bringt. Hinzu kann eine Haftung wegen Verschuldens kommen, wenn ein Fahrer einen Fehler gemacht hat (z.B. zu schnell gefahren ist oder eine Regel missachtet hat).

Die Passagierin hat einen direkten Anspruch darauf, dass ihr Schaden ersetzt wird. Dieser Anspruch richtet sich oft gegen die Halter und Fahrer der am Unfall beteiligten Fahrzeuge sowie deren Versicherungen. Für die Passagierin steht im Vordergrund, von wem sie ihren vollen Schaden ersetzt bekommt.

Haftungsausgleich zwischen den Fahrzeughaltern (§ 17 StVG)

Dies ist eine rein interne Angelegenheit zwischen den Unfallbeteiligten – also den Fahrern und Haltern der Fahrzeuge, die den Unfall verursacht haben. Nachdem feststeht, dass und in welcher Höhe Schäden entstanden sind (sowohl bei Dritten wie der Passagierin als auch an den Fahrzeugen der Beteiligten selbst), muss geklärt werden, wie diese Gesamtschäden unter den Unfallbeteiligten aufgeteilt werden. Hier kommt § 17 StVG zur Anwendung.

Bei diesem „Haftungsausgleich“ wird ermittelt, in welchem Verhältnis die beteiligten Fahrzeughalter oder ihre Versicherungen den entstandenen Schaden untereinander tragen müssen. Dabei werden vor allem zwei Dinge berücksichtigt:

  • Das Verschulden der einzelnen Fahrer: Wer hat welche Fahrfehler gemacht oder Verkehrsregeln missachtet?
  • Die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge: Das grundsätzliche Risiko, das von jedem Fahrzeug ausgeht.

Auf Basis dieser Prüfung wird ein prozentuales Verhältnis festgelegt (z.B. 70% zu 30% oder 50% zu 50%), nach dem die Beteiligten die Schäden untereinander aufteilen.

Der Unterschied liegt also im Adressaten und Zweck:

  • Die Haftung gegenüber der Passagierin regelt den Anspruch der Geschädigten gegenüber den Verantwortlichen. Es geht darum, dass die Passagierin ihren Schaden von einem oder mehreren Unfallbeteiligten ersetzt bekommt.
  • Der Haftungsausgleich nach § 17 StVG regelt, wie die Unfallbeteiligten die insgesamt entstandenen Schäden untereinander aufteilen, nachdem die Ansprüche der Geschädigten (wie der Passagierin) beglichen oder anerkannt wurden.

Für die Passagierin ist die interne Aufteilung nach § 17 StVG im ersten Schritt nicht direkt relevant, da sie ihren Anspruch grundsätzlich gegenüber allen beteiligten Haftpflichtversicherungen geltend machen kann. Die Versicherungen regeln dann den Ausgleich untereinander nach den Regeln des § 17 StVG.


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5. Welche Rechte haben Fahrgäste, die bei einer Notbremsung im Bus verletzt werden, und welche Ansprüche können sie geltend machen?

Wenn Sie als Fahrgast in einem Bus aufgrund einer Notbremsung verletzt werden, können für Sie bestimmte Rechte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bestehen.

Ansprüche bei Notbremsungen

Grundsätzlich haftet das Verkehrsunternehmen, das den Bus betreibt, für Schäden, die Fahrgästen während der Beförderung entstehen. Dies folgt oft aus der sogenannten Gefährdungshaftung. Das bedeutet, dass das Unternehmen in der Regel haftet, auch wenn den Busfahrer oder das Unternehmen selbst kein direktes Verschulden an der Notbremsung trifft. Eine Busfahrt birgt typische Betriebsrisiken, zu denen auch eine Notbremsung gehören kann. Wird ein Fahrgast durch ein solches typisches Betriebsrisiko verletzt, kann ein Anspruch auf Ersatz des Schadens entstehen.

Der Schadensersatz umfasst dabei in erster Linie materielle Schäden. Das können zum Beispiel Behandlungskosten für Ihre Verletzungen sein, Kosten für beschädigte Kleidung oder Gegenstände oder auch der Verdienstausfall, falls Sie wegen der Verletzung nicht arbeiten können.

Zusätzlich zum materiellen Schaden können Sie unter Umständen Schmerzensgeld verlangen. Schmerzensgeld ist ein Ausgleich für immaterielle Schäden, also für erlittene körperliche oder seelische Schmerzen und Leiden. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von der Schwere Ihrer Verletzungen, der Dauer der Beeinträchtigung und weiteren Umständen des Einzelfalls ab.

Gegen wen richten sich die Ansprüche?

Ihre Ansprüche richten sich in der Regel direkt gegen das Verkehrsunternehmen. Dieses haftet, wie erwähnt, oft aus der Gefährdungshaftung für die Betriebsrisiken.

Nur in Ausnahmefällen, wenn ein klares Verschulden einer dritten Person (zum Beispiel eines anderen Autofahrers, der die Notbremsung des Busses verursacht hat) ursächlich für die Notbremsung und Ihre Verletzung war, können auch gegen diese Person Ansprüche geltend gemacht werden. Der Nachweis eines solchen Verschuldens kann jedoch komplex sein.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Haftung des Verkehrsunternehmens nicht unbegrenzt ist. Es gibt gesetzliche Höchstgrenzen für die Gefährdungshaftung. Außerdem kann die Haftung ausgeschlossen sein, wenn die Verletzung durch „höhere Gewalt“ verursacht wurde oder wenn der Fahrgast selbst durch sein Verhalten (z.B. Aufstehen während der Fahrt, Nichtfesthalten) wesentlich zur Entstehung des Schadens beigetragen hat.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 StVG

Die Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bedeutet, dass der Fahrzeughalter grundsätzlich für Schäden haftet, die aus dem Betrieb seines Fahrzeugs entstehen – und zwar unabhängig davon, ob ihm oder dem Fahrer ein Verschulden nachgewiesen werden kann oder nicht. Voraussetzung ist, dass der Schaden „bei Betrieb“ des Fahrzeugs verursacht wurde, also in einem ursächlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Nutzung und den damit verbundenen typischen Gefahren steht. Das Ziel ist, den Geschädigten einen leichteren Schadensersatzanspruch zu ermöglichen, weil der Fahrzeugbetrieb per se Risiken birgt.

Beispiel: Wenn ein parkendes Fahrzeug wegen eines Defekts unerwartet wegrollt und jemanden verletzt, haftet der Halter auch ohne Verschulden aufgrund der Gefährdungshaftung.


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„Bei Betrieb“ eines Fahrzeugs im Sinne des § 7 StVG

Der Begriff „bei Betrieb“ meint nicht nur das Fahren selbst, sondern alle Vorgänge, die in engem räumlich-zeitlichem Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs als gefährliche Betriebseinheit stehen. Dabei muss der Schaden gerade durch die typischen Gefahren verursacht sein, die vom Kraftfahrzeugbetrieb ausgehen (z. B. durch dessen Bewegung, Kraft oder Motorkraft). Die bloße Anwesenheit eines Fahrzeugs reicht nicht aus; es muss eine konkrete Auswirkung der Betriebsgefahr auf den Schaden vorliegen.

Beispiel: Ein Unfall beim Aussteigen aus einem haltenden Bus gilt als Unfall „bei Betrieb“, weil Ein- und Aussteigen im Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs stehen.


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Beweislast

Die Beweislast bezeichnet die Pflicht einer Partei, vor Gericht Tatsachen so zu belegen, dass deren Behauptung als wahr gilt. Im Straßenverkehrsrecht liegt sie meist bei dem, der Schadensersatz verlangt: Er muss beweisen, dass der Unfallgegner schuldhaft einen Fehler begangen hat, der den Schaden verursacht hat. Gelingt dieser Nachweis nicht, bleibt der Anspruch meist erfolglos. Bei widersprüchlichen Aussagen ohne weitere Beweise („Aussage gegen Aussage“) kann das Gericht regelmäßig keine Partei bevorzugen.

Beispiel: Wer von einem anderen Fahrer verlangt, den Schaden zu ersetzen, muss belegen, dass der andere gegen Verkehrsregeln verstoßen hat.


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Haftungsausgleich nach § 17 StVG

Der Haftungsausgleich nach § 17 StVG regelt die interne Verteilung der Schadenersatzansprüche zwischen mehreren beteiligten Fahrzeughaltern. Er kommt nur zur Anwendung, wenn der Schadensersatzanspruch gegenüber dem Geschädigten bereits grundsätzlich festgestellt ist. Dann bestimmt § 17 StVG, wie viel jeder Fahrzeughalter im Verhältnis zu den anderen trägt, wobei Verschulden und Betriebsgefahr berücksichtigt werden. Wichtig: Dieser Ausgleich ist eine interne Regelung zwischen Unfallbeteiligten und berührt nicht die Haftung gegenüber dem Dritten, der Schaden erlitten hat.

Beispiel: Zwei Fahrer haben einen Unfall; nachdem sie den Schaden des Dritten ersetzt haben, klären sie untereinander, wer wie viel zahlen muss.


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Haftung aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB)

Die Haftung aus unerlaubter Handlung nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) setzt voraus, dass jemand einem anderen vorsätzlich oder fahrlässig eine Rechtsgutsverletzung (z. B. Körper, Gesundheit, Eigentum) zufügt. Voraussetzung ist ein schuldhaftes Fehlverhalten. Anders als bei der Gefährdungshaftung wird hier also Verschulden verlangt. Im Verkehrsunfallkontext ist dies die klassische Haftungsgrundlage, wenn ein Verkehrsverstoß (z. B. Rotlichtverstoß, riskanter Spurwechsel) bewiesen wird.

Beispiel: Wer eine rote Ampel überfährt und einen Unfall verursacht, haftet nach § 823 BGB, weil er fahrlässig gehandelt hat.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Absatz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) – Gefährdungshaftung: Diese Vorschrift begründet eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs verursacht werden. Sie schützt besonders vor den typischen Gefahren, die vom Fahrzeugbetrieb ausgehen, und setzt einen nahen zeitlich-örtlichen Zusammenhang zwischen Schadensereignis und Betriebsvorgang voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Hamm verneinte die Haftung des Pkw-Fahrers, da der Unfall nicht als verursacht „bei Betrieb“ des Autos betrachtet wurde; die spezifische Betriebsgefahr des Pkw hatte sich somit nicht verwirklicht.
  • § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Haftung aus unerlaubter Handlung: Regelt die Verschuldenshaftung für Schäden, die jemand vorsätzlich oder fahrlässig einem anderen zufügt. Voraussetzung ist der Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Verkehrsverstoß des Autofahrers nicht nachgewiesen werden konnte, scheidet eine Haftung des Autofahrers aus unerlaubter Handlung gegenüber der Buspassagierin aus.
  • § 286 Zivilprozessordnung (ZPO) – Beweislast und Beweiswürdigung: Bestimmt, dass die Behauptende Partei die Beweislast trägt und das Gericht nach freier Überzeugung unter Berücksichtigung aller Umstände entscheidet; bei widersprüchlichen Aussagen ohne Beweisanhalt bleibt der Anspruch unbegründet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Buspassagierin konnte das behauptete schuldhafte Verhalten des Autofahrers nicht beweisen, weshalb das Gericht zugunsten des Autofahrers entschied.
  • § 17 StVG – Haftungsausgleich unter Fahrzeughaltern: Regelt ausschließlich die interne Haftungsregulierung zwischen mehreren an einem Unfall beteiligten Fahrzeughaltern, nachdem eine Haftung gegenüber dem Geschädigten festgestellt wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hatte die Klageabweisung auf § 17 StVG gestützt, was das OLG Hamm korrigierte, da dieser Paragraph für das Außenverhältnis zur Passagierin irrelevant ist.
  • § 9 StVG und § 254 BGB – Mitverschulden: Nach diesen Vorschriften können Ansprüche gekürzt werden, wenn der Geschädigte eine Mitschuld an der Schadensentstehung trägt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Ein mögliches Mitverschulden der Buspassagierin wegen fehlenden Festhaltens mindert allenfalls den Schadenersatzanspruch, ändert aber nichts an der Haftungsgrundlage.
  • § 529 Absatz 1 Nummer 1 ZPO – Bindung an Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz: Das Berufungsgericht ist bei der Überprüfung an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, wenn keine erheblichen Zweifel an deren Richtigkeit bestehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Hamm folgte den Feststellungen des Landgerichts und bestätigte die Unbeweisbarkeit eines Verkehrsverstoßes des Autofahrers, was die Klageabweisung trägt.

Das vorliegende Urteil


OLG Hamm – Az.: I-7 U 3/22 – Beschluss vom 10.03.2022


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