Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Berufsunfähigkeitsrente: Wichtige Erkenntnisse aus einem Rechtsstreit um Ansprüche
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird der Streitwert bei einer Berufsunfähigkeitsrente grundsätzlich berechnet?
- Welche Kosten entstehen bei einem Berufungsverfahren zur Berufsunfähigkeitsrente?
- Was sind die wichtigsten Fristen bei einem Berufungsantrag zur Berufsunfähigkeitsrente?
- Welche Bedeutung hat die Rechtsmittelbelehrung für das Berufungsverfahren?
- Welche Anforderungen bestehen an die Begründung eines Berufungsantrags?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
- Datum: 14.05.2024
- Aktenzeichen: 17 A 772/24
- Verfahrensart: Zulassungsverfahren zur Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
- Rechtsbereiche: Verwaltungsrecht, Prozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger, der nicht namentlich genannt wird, versuchte, eine Berufung gegen ein vorinstanzliches Urteil zuzulassen. Der Kläger argumentierte, dass das Datum der Zustellung des Urteils am 29. März 2024 erfolgte, weshalb die Frist zur Begründung des Zulassungsantrages noch nicht abgelaufen sei.
- Beklagtes Versorgungswerk: Ein berufsständisches Versorgungswerk, ebenfalls nicht namentlich genannt, das beteiligt ist, eventuell im Zusammenhang mit Rentenleistungen, wie eine Berufsunfähigkeitsrente.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger hat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, nachdem ihm das Urteil des Verwaltungsgerichts am 1. März 2024 zugestellt wurde. Der Streitwert wurde für beide Instanzen auf jeweils 55.929,24 Euro festgesetzt, basierend auf dem dreifachen Jahresbetrag der beantragten Rente.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die rechtzeitige Begründung des Zulassungsantrages innerhalb der Frist erfolgt? Der Kläger behauptete, das Urteil sei später zugestellt worden als tatsächlich geschehen, um die Begründungsfrist zu verlängern.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde als unzulässig verworfen.
- Begründung: Der Zulassungsantrag ist nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO begründet worden, da das Urteil nachweislich am 1. März 2024 zugestellt wurde, wodurch die Frist am 2. Mai 2024 endete. Innerhalb dieser Frist ging die Begründung nicht bei Gericht ein.
- Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Das Urteil ist endgültig und nicht anfechtbar. Zudem hält es rechtliche Klarheit über die Notwendigkeit der fristgerechten Begründung von Berufungsanträgen aufrecht.
Berufsunfähigkeitsrente: Wichtige Erkenntnisse aus einem Rechtsstreit um Ansprüche
Die Berufsunfähigkeitsrente ist eine wichtige finanzielle Absicherung für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Diese spezielle Versicherungsleistung bietet Schutz vor den finanziellen Risiken, die entstehen, wenn die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Unfall plötzlich eingeschränkt wird.
Der Streitwert spielt bei Rechtsstreitigkeiten um Berufsunfähigkeitsrenten eine entscheidende Rolle. Er bestimmt nicht nur die Gerichtskosten, sondern ist auch ausschlaggebend für den potenziellen Leistungsanspruch und die Erfolgsaussichten einer Klage. Versicherte müssen daher genau verstehen, wie dieser Wert berechnet wird und welche rechtlichen Aspekte bei einem Verfahren zu beachten sind.
In der folgenden Fallanalyse wird ein konkreter Rechtsstreit um eine Berufsunfähigkeitsversicherung näher beleuchtet, der wichtige Erkenntnisse für Versicherte und Interessierte liefert.
Der Fall vor Gericht
Berufungsantrag wegen verspäteter Begründung gescheitert

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts als unzulässig verworfen. Der entscheidende Grund für die Ablehnung war die Nichteinhaltung der gesetzlichen Begründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Fristversäumnis trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte das erstinstanzliche Urteil, das mit einer den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, nachweislich am 1. März 2024 per elektronischem Empfangsbekenntnis erhalten. Die im Zulassungsantrag abweichend angegebene Zustellung vom 29. März 2024 wurde vom Gericht nicht berücksichtigt. Die zweimonatige Begründungsfrist endete somit am 2. Mai 2024, da dieser Tag auf einen Donnerstag nach einem Feiertag fiel. Bis zu diesem Zeitpunkt ging beim Oberverwaltungsgericht keine Begründung des Zulassungsantrages ein.
Streitwertfestsetzung bei Rentenverfahren neu geregelt
Im Rahmen des Verfahrens nahm das Gericht eine bedeutsame Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung zur Streitwertberechnung vor. Der Senat setzte den Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 55.929,24 Euro fest. Diese Summe errechnete sich aus dem dreifachen Jahresbetrag der beantragten monatlichen Rente von 1.553,59 Euro. Das Gericht wich damit von seiner früheren Praxis ab, dem dreifachen Jahresbetrag auch die bei Klageeinreichung bereits fälligen Rentenleistungen hinzuzurechnen.
Neue Bewertung im Interesse der Versichertengemeinschaft
Diese Neuausrichtung bei der Streitwertberechnung begründete das Gericht mit den besonderen Eigenschaften des Rechtsverhältnisses zwischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen und ihren Mitgliedern. Die bisherige Berechnungsmethode hätte zu einem höheren Streitwert und damit zu einem größeren Prozessrisiko geführt, je länger die Beteiligten sich um eine vorprozessuale Klärung der Anspruchsvoraussetzungen bemühten. Dies würde nach Auffassung des Gerichts sowohl den Interessen des einzelnen Mitglieds als auch der im Versorgungswerk zusammengeschlossenen Gesamtheit der Berufsangehörigen zuwiderlaufen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens wurden dem Kläger auferlegt. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist nicht anfechtbar.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die strikte Handhabung von Fristen im Verwaltungsgerichtsprozess, insbesondere bei Berufungszulassungen. Ein Antrag auf Berufungszulassung muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils beim Oberverwaltungsgericht begründet werden. Das Gericht änderte zudem seine bisherige Praxis bei der Streitwertberechnung für Rentenverfahren, indem es nur noch den dreifachen Jahresbetrag der beantragten Rente ansetzt, um das Prozessrisiko für die Beteiligten nicht unnötig zu erhöhen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil vorgehen möchten, müssen Sie unbedingt die zweimonatige Frist für die Begründung Ihres Berufungsantrags einhalten. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des Urteils und kann nicht verlängert werden. Eine Versäumnis dieser Frist führt automatisch zur Ablehnung Ihres Antrags und Sie müssen die Verfahrenskosten tragen. Bei Rentensachen wird der Streitwert nun nach dem dreifachen Jahresbetrag der beantragten Rente berechnet, was die Prozesskosten für Sie kalkulierbarer macht.
Benötigen Sie Hilfe?
Fristversäumnis und Streitwert – Ihre Rechte bei der Berufsunfähigkeitsrente
Das Urteil zeigt, wie wichtig die Einhaltung von Fristen und eine korrekte Streitwertberechnung im Verwaltungsgerichtsprozess sind, insbesondere wenn es um Ihre Berufsunfähigkeitsrente geht. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen und Ihre Rechte zu wahren. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte prüfen Ihren individuellen Fall sorgfältig und beraten Sie umfassend zu allen relevanten Aspekten – von der Fristwahrung bis zur optimalen Strategie für Ihr Verfahren.
Sprechen Sie uns an, um Ihre Situation zu besprechen und gemeinsam die bestmöglichen Lösungen zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird der Streitwert bei einer Berufsunfähigkeitsrente grundsätzlich berechnet?
Grundsätzliche Berechnung des Streitwerts
Der Streitwert bei einer Berufsunfähigkeitsrente setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Die Basis bildet der 3,5-fache Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenleistung. Bei einer monatlichen BU-Rente von 2.000 Euro ergibt sich folgende Berechnung:
Basisstreitwert = Monatsrente × 12 × 3,5
Zu diesem Basiswert werden die bis zur Klageeinreichung bereits fälligen, aber nicht gezahlten Rentenbeträge hinzugerechnet.
Besonderheiten bei der Streitwertberechnung
Bei einer Feststellungsklage zum Fortbestehen einer Berufsunfähigkeitsversicherung gelten besondere Regeln für die Berechnung:
- Wenn die Berufsunfähigkeit noch ungeklärt ist, wird ein Abschlag von 50% vom errechneten Basisstreitwert vorgenommen.
- Ist die Berufsunfähigkeit bereits anerkannt, reduziert sich der Abschlag auf 20% des Basisstreitwerts.
Berücksichtigung der Beitragsfreistellung
Die Beitragsfreistellung wird ebenfalls in die Streitwertberechnung einbezogen. Der Wert der Beitragsfreistellung berechnet sich wie folgt:
Wert Beitragsfreistellung = Monatsbeitrag × 12 × 3,5
Praktische Bedeutung für das Kostenrisiko
Die Höhe des Streitwerts hat direkte Auswirkungen auf die Prozesskosten. Bei einem Streitwert von 100.000 Euro können sich die Prozesskosten in der ersten Instanz auf etwa 12.000 Euro belaufen. Wenn die Gegenseite in Berufung geht, können weitere 14.000 Euro hinzukommen.
Welche Kosten entstehen bei einem Berufungsverfahren zur Berufsunfähigkeitsrente?
Die Kosten eines Berufungsverfahrens zur Berufsunfähigkeitsrente setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen und richten sich nach dem Streitwert des Verfahrens.
Berechnung des Streitwerts
Der Streitwert bei Berufsunfähigkeitsrenten berechnet sich nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geforderten Rente. Bei einer monatlichen BU-Rente von 1.000 Euro ergibt sich folgende Berechnung:
Streitwert = Monatsrente × 12 × 3,5
Wenn Sie also eine monatliche BU-Rente von 1.000 Euro einklagen, beträgt der Streitwert 42.000 Euro.
Gerichtskosten
Die Gerichtskosten im Berufungsverfahren fallen höher aus als in der ersten Instanz. Das Gericht verlangt im Berufungsverfahren die 4-fache Gebühr, während in der ersten Instanz nur die 3-fache Gebühr anfällt. Diese Kosten müssen Sie zu Beginn des Verfahrens als Vorschuss einzahlen.
Anwaltskosten
Die Anwaltskosten richten sich ebenfalls nach dem Streitwert. Im Berufungsverfahren entstehen Kosten für:
- Ihren eigenen Anwalt
- Den gegnerischen Anwalt, falls Sie unterliegen
- Eventuelle Gutachterkosten für neue medizinische Gutachten
Kostenverteilung
Die Kostenverteilung richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens. Wenn Sie die Berufung verlieren, müssen Sie:
- Die gesamten Gerichtskosten tragen
- Die Anwaltskosten beider Seiten übernehmen
- Die Kosten für eventuelle neue Gutachten bezahlen
Bei einem teilweisen Erfolg werden die Kosten anteilig nach dem Grad des Obsiegens verteilt.
Steuerliche Absetzbarkeit
Die Prozesskosten für ein Berufungsverfahren wegen einer BU-Rente können Sie als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften steuerlich geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn die private Berufsunfähigkeitsrente später nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern ist.
Kostenschutz
Eine Rechtsschutzversicherung kann die Kosten des Berufungsverfahrens übernehmen. Sie trägt dann:
- Die Gerichtskosten
- Die Kosten Ihres Anwalts
- Die gegnerischen Anwaltskosten im Fall des Unterliegens
- Die Kosten für notwendige Gutachten
Bei fehlendem Versicherungsschutz und geringem Einkommen können Sie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen.
Was sind die wichtigsten Fristen bei einem Berufungsantrag zur Berufsunfähigkeitsrente?
Berufungsfrist
Bei einem ablehnenden Urteil des Sozialgerichts zur Berufsunfähigkeitsrente können Sie Berufung beim Landessozialgericht einlegen. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat nach Zustellung des Urteils des Sozialgerichts.
Voraussetzungen für die Berufung
Eine Berufung ist nur zulässig, wenn mindestens eine dieser Bedingungen erfüllt ist:
- Der Streitwert übersteigt 750 Euro
- Es geht um Leistungen für mehr als ein Jahr
- Die Berufung wurde im Urteil des Sozialgerichts ausdrücklich zugelassen
Meldefristen für den Versicherungsfall
Wenn Sie berufsunfähig werden, müssen Sie dies Ihrer Versicherung innerhalb bestimmter Fristen melden. Die übliche Meldefrist beträgt drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Bei einer verspäteten Meldung entstehen die Ansprüche erst mit Beginn des Monats der Mitteilung.
Verjährungsfristen
Für Ihre Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährung kann durch verschiedene Maßnahmen gehemmt werden:
- Erhebung einer Klage
- Durchführung eines Ombudsmannverfahrens
- Anerkenntnis des Versicherers
- Ernsthafte Vergleichsverhandlungen
Bei falschen Angaben im Versicherungsantrag gilt für die Versicherung eine Anfechtungsfrist von zehn Jahren. Wenn Sie unverschuldet eine Frist versäumt haben, können Sie einen Entschuldigungsbeweis führen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn Sie von dem Eintritt der Berufsunfähigkeit unverschuldet keine Kenntnis hatten.
Welche Bedeutung hat die Rechtsmittelbelehrung für das Berufungsverfahren?
Die Rechtsmittelbelehrung ist ein zentrales Element für die Einlegung einer Berufung, da sie den Verfahrensbeteiligten die notwendigen Informationen über ihre Rechtsschutzmöglichkeiten vermittelt.
Inhalt und Funktion
Eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung für das Berufungsverfahren muss folgende wesentliche Angaben enthalten:
- Die Art des zulässigen Rechtsmittels (Berufung)
- Das zuständige Gericht für die Berufung
- Den Sitz des Gerichts
- Die einzuhaltende Form
- Die Berufungsfrist
Fristen und deren Berechnung
Wenn Sie eine Berufung einlegen möchten, beträgt die Frist einen Monat ab Zustellung des vollständigen Urteils. Für die Begründung der Berufung haben Sie dann zwei Monate Zeit. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des vollständigen Urteils, spätestens jedoch fünf Monate nach der Verkündung.
Bedeutung für die Zulässigkeit
Eine fehlerhafte oder fehlende Rechtsmittelbelehrung hat erhebliche Auswirkungen auf die Berufungsmöglichkeiten:
Bei einer unrichtigen oder unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung verlängert sich die Frist zur Einlegung der Berufung auf ein Jahr seit Zustellung des Urteils. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Einlegung innerhalb der Jahresfrist aufgrund höherer Gewalt unmöglich war.
Besonderheiten beim Streitwert
Für die Zulässigkeit einer Berufung muss der Streitwert mindestens 600 Euro betragen. Liegt der Streitwert darunter, ist eine Berufung nur möglich, wenn das Gericht sie ausdrücklich zugelassen hat. Dies muss in der Rechtsmittelbelehrung entsprechend vermerkt sein.
Welche Anforderungen bestehen an die Begründung eines Berufungsantrags?
Eine Berufungsbegründung muss sich konkret und detailliert mit den Mängeln des angefochtenen Urteils auseinandersetzen. Die Begründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben.
Inhaltliche Anforderungen
Die Berufungsbegründung muss eine aus sich heraus verständliche Angabe enthalten, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils Sie angreifen und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe Sie ihnen im Einzelnen entgegensetzen.
Wenn Sie mehrere Streitgegenstände anfechten, müssen Sie in der Berufungsbegründung auf jeden einzelnen Streitgegenstand eingehen, für den Sie eine Abänderung des Urteils beantragen. Wird ein Punkt nicht ausreichend begründet, ist die Berufung insoweit unzulässig.
Formale Gestaltung
Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Reine Textbausteine oder standardisierte Formulierungen ohne Bezug zum konkreten Fall reichen nicht aus.
Eine Bezeichnung als „Berufungsbegründung“ ist nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist, dass aus dem Inhalt klar erkennbar wird, dass es sich um eine Berufungsbegründung handelt.
Häufige Fehlerquellen
Ein häufiger Fehler ist die unzureichende Auseinandersetzung mit den Argumenten des erstinstanzlichen Gerichts. Die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags oder das Ersetzen der gerichtlichen Würdigung durch die eigene Ansicht genügt nicht.
Die Berufungsbegründung ist auch dann unzulässig, wenn sie:
- Ausschließlich aus standardisierten Textbausteinen besteht
- Keinen nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Sachverhalt aufweist
- Sich in allgemeinen Redewendungen erschöpft
- Einen das Urteil tragenden Aspekt nicht angreift
Bei einem Streit um Berufsunfähigkeitsleistungen müssen Sie in der Berufungsbegründung konkret darlegen, warum die Einschätzung des erstinstanzlichen Gerichts zur Berufsunfähigkeit fehlerhaft ist. Dabei reicht es nicht aus, nur den eigenen Gesundheitszustand zu beschreiben – Sie müssen einen inhaltlichen Bezug zu den tragenden Gründen des angegriffenen Urteils herstellen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Streitwert
Der Streitwert ist der in Geld ausgedrückte Wert eines Rechtsstreits. Er bestimmt die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten sowie die Zuständigkeit der Gerichte. Bei Rentenverfahren berechnet sich der Streitwert typischerweise aus dem dreifachen Jahresbetrag der beantragten Rente. Dieser Wert ist besonders wichtig, da er das finanzielle Risiko einer Klage bestimmt. Grundlage ist § 52 Gerichtskostengesetz (GKG).
Beispiel: Bei einer monatlichen Rentenforderung von 1.500 Euro ergibt sich ein Jahresbetrag von 18.000 Euro. Der Streitwert beträgt dann 54.000 Euro (3 x 18.000 Euro).
Rechtsmittelbelehrung
Die Rechtsmittelbelehrung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Information am Ende eines Gerichtsurteils oder Beschlusses. Sie informiert die Beteiligten darüber, ob und wie sie gegen die Entscheidung vorgehen können, welche Fristen einzuhalten sind und bei welchem Gericht der Rechtsbehelf einzulegen ist. Die Belehrung ist in § 58 VwGO geregelt und essentiell für den Rechtsschutz der Beteiligten.
Fehlt die Belehrung oder ist sie fehlerhaft, verlängert sich die Rechtsmittelfrist von einem Monat auf ein Jahr.
Begründungsfrist
Die Begründungsfrist ist eine gesetzlich festgelegte Zeitspanne, innerhalb der ein Rechtsmittel (z.B. Berufung oder Revision) schriftlich begründet werden muss. Bei Verwaltungsgerichtsverfahren beträgt sie nach § 124a Abs. 4 VwGO zwei Monate ab Zustellung des Urteils. Die Frist ist strikt einzuhalten – wird sie versäumt, wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
Die Frist wird nur durch Eingang der Begründung bei Gericht gewahrt, eine Postaufgabe am letzten Tag genügt nicht.
Berufsunfähigkeitsrente
Eine Versicherungsleistung, die gezahlt wird, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Sie dient der finanziellen Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit und ist in § 43 SGB VI für die gesetzliche Rentenversicherung geregelt. Bei berufsständischen Versorgungswerken gelten spezielle Regelungen laut deren Satzungen.
Die Leistung wird meist als monatliche Rente ausgezahlt und kann sowohl von der gesetzlichen Rentenversicherung als auch von privaten Versicherungen erbracht werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO): Diese Vorschrift regelt die Frist für die Begründung eines Zulassungsantrags zur Berufung. Sie legt fest, dass die Begründung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils eingereicht werden muss. Im vorliegenden Fall wurde der Zulassungsantrag nicht rechtzeitig mit einer ausreichenden Begründung eingereicht, weshalb das Gericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
- § 58 Abs. 1 VwGO): Diese Vorschrift verpflichtet die Gerichte, in Urteilen eine Rechtsmittelbelehrung anzubringen, die den Parteien über ihre Rechte und Fristen für Rechtsmittel informiert. Im vorliegenden Fall wurde das Urteil entsprechend der Anforderungen dieser Vorschrift zugestellt, wodurch der Kläger über die Fristen zur Berufung informiert war. Da die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht fristgerecht eingereicht wurde, führte dies zur Unzulässigkeit der Berufung.
- § 154 Abs. 2 VwGO): Diese Regelung bestimmt, wer die Kosten eines Verfahrens tragen muss, wenn ein Antrag auf Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt wird. Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen hat, da sein Antrag auf Zulassung der Berufung als unzulässig verworfen wurde. Dies folgt direkt aus den Bestimmungen dieser Vorschrift.
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 Satz 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG): Diese Paragraphen des Gerichtskostengesetzes legen fest, wie der Streitwert in verwaltungsrechtlichen Verfahren berechnet wird. Sie bestimmen die Grundlagen für die Festsetzung des Streitwertes anhand der wirtschaftlichen Bedeutung des Falles. Im vorliegenden Fall wurde der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 55.929,24 Euro festgesetzt, basierend auf diesen Vorschriften und den monatlichen Rentenbeträgen.
- § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG): Diese Vorschrift beeinflusst die Berechnung des Streitwertes, indem sie besondere Regelungen für die Bewertung von Rentenansprüchen enthält. Der Senat hat im vorliegenden Fall von einer analogen Anwendung dieser Regelung abgesehen, um den spezifischen Gegebenheiten des Rechtsverhältnisses zwischen der Versorgungsstelle und ihren Mitgliedern Rechnung zu tragen. Dadurch wurde der Streitwert angemessen festgesetzt, ohne das Prozessrisiko unnötig zu erhöhen.
Das vorliegende Urteil
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 17 A 772/24 – Beschluss vom 14.05.2024
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