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Berufsunfähigkeitsversicherung – Berufsunfähigkeit bei vorzeitiger Zurruhesetzung eines Beamten

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 31/14 – Urteil vom 25.02.2015

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 12.06.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 267/11 – wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 82.419,12 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente an den bei ihr versicherten Kläger zum 01.01.2012 einzustellen.

Der Kläger war Beamter (Amtsrat) und als Betriebsprüfer im Außendienst beim Finanzamt B. tätig (siehe zu den Einzelheiten die ausführliche Tätigkeitsbeschreibung Bl. 45-52 d.A.). Er unterhält bei der Beklagten seit Oktober 1997 eine Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsschein Nr. …, Anlage K1, Anlagenband Kläger). Der Letzteren lagen unter anderem die Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu Grunde (Anlage K4, Anlagenband Kläger; im Folgenden: BBUZ).

Sie lauten auszugsweise wie folgt:

㤠1 Was ist versichert?

(1) Wird der Versicherte während der Versicherungsdauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens fünfzig Prozent berufsunfähig, so erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:

a) Volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen:

b) Zahlung einer Berufsunfähigkeits-Rente, wenn diese mitversichert ist Die Rente zahlen wir monatlich im Voraus.

[…]

(4) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente erlischt, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt […].

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außer Stande ist, einen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die zu berücksichtigenden Kenntnisse und Fähigkeiten sind auf die Ausbildung und Erfahrung begrenzt.

[…]

§ 6 Bis wann können bei Meinungsverschiedenheiten Rechte geltend gemacht werden und wer entscheidet in diesen Fällen?

(1) Wenn derjenige, der den Anspruch auf die Versicherungsleistung geltend macht, mit unserer Leistungsentscheidung (§ 5) nicht einverstanden ist, kann er innerhalb von sechs Monaten nach Zugang unserer Entscheidung seinen Anspruch gerichtlich geltend machen.

(2) Läßt der Ansprucherhebende die 6-Monatsfrist verstreichen, ohne daß er seinen Anspruch gerichtlich geltend macht, so sind weitergehende Ansprüche, als wir sie anerkannt haben, ausgeschlossen. Auf diese Rechtsfolge werden wir in unserer Erklärung nach § 5 besonders hinweisen.

§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen und den Grad der Berufsunfähigkeit […] nachzuprüfen […].

(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und einmal jährlich umfassende Untersuchungen des Versicherten durch von uns zu beauftragende Ärzte verlangen.

[…]

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen, oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 6 mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn des darauf folgenden Versicherungsvierteljahres.

[…]“

Die Ehe des Klägers war über Jahre hinweg von Konflikten geprägt. In beruflicher Hinsicht empfand er die von Vorgesetzten an ihn gestellten Anforderungen als seinem eigenen Berufsethos widersprechend (siehe dazu die Schilderung im testpsychologischen Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Psych. R. vom 10.06.2013, Bl. 116 f. d.A.). Im Jahr 2003 entwickelte er eine depressive Störung. Seine Dienstunfähigkeit wurde amtsärztlich festgestellt, und er wurde im Mai 2006 vorzeitig pensioniert. Er wurde über Jahre hinweg psychotherapeutisch behandelt. Eine dienstliche Reaktivierung erfolgte bislang nicht.

Der Kläger beantragte Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Im Rahmen der Leistungsprüfung holte die Beklagte ein psychiatrisches Gutachten des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge ein. Die Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. gelangten in ihrem Gutachten vom 15.06.2006 (Anlage K6, Anlagenband Kläger) zur Annahme einer anhaltenden, schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom; aufgrund der dadurch bedingten Leistungseinschränkungen, die sich in der testpsychologischen Untersuchung bestätigt hätten, sei der Kläger zu 100 % nicht mehr in der Lage, den Anforderungen seines Berufs als Betriebsprüfer im Außendienst gerecht zu werden. Auf der Grundlage jenes Gutachten erkannte die Beklagte mit Schreiben vom 12.07.2006 (Anlage K5, Anlagenband Kläger), dem das Gutachten Dr. V.. Dr. D. beigefügt war, ihre Leistungspflicht an.

Die von der Beklagten gezahlte monatliche Rente belief sich zuletzt auf 1.835,36 € (Bl. 2 d.A.).

Im Jahr 2008 ließ die Beklagte den Gesundheitszustand des Klägers nochmals durch Frau Dr. V.. Dr. D. vom Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge begutachten. Die Sachverständigen konstatierten eine gewisse Verbesserung und gelangten zur Diagnose eines nur noch mittelschweren depressiven Syndroms, wobei sie gewisse Anhaltspunkte für eine Beschwerdeverdeutlichungstendenz sahen. Sie schätzten den Grad der Berufsunfähigkeit nunmehr auf „mindestens 50 %“. Im selben Jahr stellte der Kläger einen Ehescheidungsantrag.

Im Jahr 2011 trat die Beklagte erneut in die Nachprüfung des Gesundheitszustands des Klägers ein. Sie beauftragte nun einen anderen Sachverständigen. Der für das Medizinische Gutachteninstitut Hamburg-Rostock-Berlin tätige Neurologe und Psychiater Dr. F. gelangte in einem ersten, unter dem 20.05.2011 erstellten Gutachten (Anlage K 10) zu dem Ergebnis, beim Kläger liege eine unsicher (vermeidende) Persönlichkeitsstörung vor sowie eine wiederkehrende, aktuell mittelgradige depressive Störung. Die beruflichen Kerntätigkeiten seien zu weniger als 50 % eingeschränkt. Im Vergleich zu dem Gutachten aus dem Jahr 2008 habe sich der Gesundheitszustand dahin verbessert, dass „cognitive Funktionsbeeinträchtigungen jetzt nicht mehr wie erforderlich voll bewiesen nachweisbar“ seien. Der Sachverständige Dr. F. hat in einer ergänzenden nervenärztlichen Stellungnahme vom 27.07.2011 (Anlage K 11) die Beweiskraft der vom Betroffenen dargestellten Beschwerden und Störungen mit Blick auf auffällige Ergebnisse der Verfahren zur Beschwerdenvalidierung sowie wegen der Inkongruenz zum klinisch-psychischen Querschnittsbefund als gering eingeschätzt. Bedeutsam seien deshalb vor allem die erhobenen Befunde. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands im Vergleich zu den Vorgutachten ergebe sich aus dem klinischen Befund und sei im Übrigen im Zeitverlauf unter Therapie auch zu erwarten gewesen.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.09.2011 (Bl. 56 d.A.) die Einstellung ihrer Leistungen zum 01.01.2012 wie folgt angekündigt:

„Mit Schreiben vom 12.07.2006 haben wir die vertraglich vereinbarten Leistungen aus der o.g. Berufsunfähigkeitsversicherung aufgrund einer depressiven Erkrankung ab dem 01.10.2005 anerkannt.

Grundlage dieser Anerkennung war eine gutachtliche Untersuchung durch Frau Dr. T. V […]. Diese bescheinigte zum Untersuchungszeitpunkt einen Grad der Berufsunfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als Betriebsprüfer von 100 %.

Begründet war dies in einem depressiven Syndrom mit somatischer Symptomatik und Analgetikaabusus, welches die psychische Belastbarkeit klinisch maßgeblich reduzierte.

Im Einzelnen nannte Frau Dr. Voß stark ausgeprägte Störungen der Konzentration, mittel bis stark ausgeprägte Einschränkungen des Gedächtnisses, eine starke Beeinträchtigung der psychischen Belastbarkeit, eine starke Minderung des Arbeitens unter Zeitdruck, des Reaktionsvermögens sowie der Kommunikationsfähigkeit.

Diese Beeinträchtigungen führten nach Angabe der Gutachterin zu einer hochgradigen Einschränkung hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Betriebsprüfers […].

Wir haben nunmehr erneut eine Nachprüfung des Anspruches durchgeführt und eine psychiatrische Begutachtung im Medizinischen Gutachteninstitut Berlin in Auftrag gegeben. Diese Stellungnahme liegt uns zwischenzeitlich vor. Sie finden eine Kopie für Ihre Unterlagen anbei.

Der Gutachter erhob eine ausführliche Anamnese, es erfolgte ein eingehendes Explorationsgespräch und es wurden psychologische Testungen durchgeführt. […]

Die Ergebnisse der testpsychologischen Zusatzuntersuchung hinsichtlich der Leistungsparameter waren weder mit den im gutachtlichen Interview erhobenen klinischen Befunden, noch der berichteten und auch plausiblen Lebensführung übereinzubringen […], so dass der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dass ein taktisches Verhalten in der Bearbeitung der Testinstrumente zu unterstellen ist […]. Im klinischen Eindruck während des Gespräches konnten seitens des Gutachters auch keine nennenswerten Auffassungsstörungen und Gedächtnisstörungen wahrgenommen werden. […].

Die in den kognitiven Tests erhobenen Befunde decken sich wie oben beschrieben nicht mit dem klinischen Eindruck während der Begutachtung. So sieht der Gutachter Hinweise auf Aggravation und auch Simulation, so dass sich diese Ergebnisse nicht leistungsmindernd im wesentlichen Umfang auswirken.

Insgesamt hat sich der Gesundheitszustand dergestalt verbessert, dass kognitive Funktionsbeeinträchtigungen jetzt nicht mehr voll bewiesen nachweisbar sind.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Fähigkeitsbeeinträchtigungen die Beeinträchtigungen im sozialen Bereich im Vordergrund stehen. Bezogen auf die Kerntätigkeiten der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit bedingen diese jedoch lediglich Einschränkungen unter 50 %.

Im Ergebnis ergibt sich nach den klinischen Befunden eine Besserung des Leistungsvermögens dergestalt, dass eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % nicht mehr feststellbar ist.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass sich Ihr Gesundheitszustand seit dem Zeitpunkt des Anerkenntnisses einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit deutlich verbessert hat und Sie wieder in der Lage sind, Ihre berufliche Tätigkeit als Betriebsprüfer zu mehr als 50 % auszuüben.

[…]

Gemäß § 7 Abs. 4 der zu Grunde liegenden Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung stellen wir unsere Leistungen ein, wenn die Berufsunfähigkeit weggefallen ist oder sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert. […] Wir werden daher unsere Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum 01.01.2012 einstellen. […]“

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Der Kläger hat am 04.11.2011 Klage erhoben, mit der er sich gegen die Leistungseinstellung gewendet und – neben verschiedenen damit in Zusammenhang stehenden Feststellungsanträgen – die weitere Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 1.835,36 € begehrt hat.

In der Klageschrift hat er sich – unwidersprochen – darauf berufen, seit Oktober 2005 bedingungsgemäß berufsunfähig gewesen zu sein, was die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 12.07.2006 auf der Grundlage des Gutachtens Dr. V.. Dr. D. vom 15.06.2006 auch anerkannt habe. Eine danach eingetretene Verbesserung seines Gesundheitszustands hat er bestritten. Zu dem im Jahr 2011 durchgeführten – zweiten – Nachprüfungsverfahren und dem dort erstellten Gutachten des Dr. F. hat er die Ansicht vertreten, gravierende Mängel hätten eine inhaltlich falsche und formal zu beanstandende (Einstellungs-)Entscheidung veranlasst. Die Tests und alle anderen Erhebungen und Schlussfolgerungen des Dr. F. seien falsch. So habe der Gutachter anders als Prof. Dr. D. und gegen die Regeln der „medizinischen Kunst“ einen Untersuchungsmarathon durchgeführt, bei dem eine Verfälschung der Ergebnisse geradezu vorhersehbar gewesen sei. Soweit Dr. F. darauf abstelle, aufgrund von Simulationshinweisen lasse sich der Nachweis des Fortbestehens der ursprünglich vorhandenen kognitiven Funktionsbeeinträchtigungen nicht führen, verkenne er, dass es Sache des Versicherers sei, das Eintreten einer Verbesserung zu belegen. Eine Simulation oder Aggravation bei den Tests hat der Kläger entschieden bestritten.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei – nach wie vor – zu einer stundenlangen Konzentrationsleistung, wie sie etwa für die Erstellung eines Abschlussberichts erforderlich sei, auch heute nicht wieder in der Lage, sondern würde rasch so stark ermüden, dass er keine brauchbaren Ergebnisse liefern könnte.

Nachdem in erster Instanz ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt und erstellt worden ist, das zu dem Ergebnis einer allenfalls 20-prozentigen Berufsunfähigkeit (zum 01.01.2012) gelangte, hat der Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass es ihm selbstverständlich besser gegangen sei, seit er zu arbeiten aufgehört habe. Er ist der Ansicht gewesen, solches rechtfertige die Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren nur und erst dann, wenn feststünde, dass sich der Gesundheitszustand bei Wiederaufnahme einer 50-prozentigen Berufstätigkeit nicht verschlechtern würde.

Zu den Anforderungen an den der Beklagten obliegenden Beweis der Verbesserung des Gesundheitszustands im Vergleich zum Anerkennungszeitpunkt hat der Kläger gemeint, es müsse mit Sicherheit gesagt werden können, dass damals eine mindestens 50-prozentige Berufsunfähigkeit auch wirklich bestanden habe und dass diese nunmehr unter 50 % gesenkt worden sei, wobei für die Beurteilung beider Zeitpunkte die Maßstäbe einer aktuellen Begutachtung anzulegen seien. Mit Schriftsatz vom 13.12.2013 hat er dazu – ohne explizit zu behaupten, er sei im Jahr 2006 in Wirklichkeit gar nicht berufsunfähig gewesen (siehe dazu auch die Erklärung des Klägervertreters im Termin vor dem Landgericht am 29.04.2014, Bl. 230 d.A.) – die gutachterlich zu klärende Frage aufgeworfen, „mit welcher prozentualen Wahrscheinlichkeit“ festgestellt werden könne, dass das dem Anerkenntnis zu Grunde liegende Gutachten aus dem Jahr 2006 „medizinisch zutreffend“ gewesen sei und ob die Möglichkeit bestehe, „dass diese[s] Gutachten unzutreffend die Berufsunfähigkeit […] festgestellt haben“ könne (Bl 214 d.A.).

Die Beklagte hat die Leistungseinstellung für vertragsgemäß gehalten.

 

Sie hat die Anerkennung und Gewährung der Versicherungsleistungen mit Wirkung ab dem 01.10.2005 – im Einklang mit dem (jedenfalls ursprünglichen) Vorbringen des Klägers in der Klageschrift – mit den Ergebnissen der Begutachtung durch Dr. V. . Dr. D. vom 15.06.2006 im Sinne der Feststellung erheblicher mentaler Funktionsbeeinträchtigungen und einer schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom begründet. Zur Begründung ihrer Einstellungsentscheidung hat sie sich auf die Erkenntnisse des im Jahr 2011 beauftragten Sachverständigen Dr. F. berufen, wonach es zwischenzeitlich zu einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustands gekommen sei. Insbesondere seien Gedächtnisdefizite nicht mehr bestätigt worden und auch die somatischen Symptome (Kopfschmerzen, Übelkeit, Schmerzmittelabhängigkeit, Gewichtsverluste) hätten sich zurückgebildet.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.08.2012 in Verbindung mit dem Beschluss vom 24.01.2013 durch Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens mit testpsychologischer Zusatzbegutachtung (fachpsychiatrisches Gutachten der Sachverständigen Dr. B. vom 08.07.2013, Bl. 88 d.A., ergänzt durch Gutachten vom 22.10.2013, Bl. 181 d.A., und mündlich erläutert im Termin vor dem Landgericht vom 29.04.2014, Bl. 225 d.A.; testpsychologisches Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. R. vom 10.10.2013, Bl. 191 d.A., ebenfalls mündlich erläutert im Termin vom 29.04.2014).

Mit dem am 12.06.2014 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Einstellung der Leistungen als gegeben erachtet. Die Annahme, der Grad der Berufsunfähigkeit sei infolge einer Verbesserung des Gesundheitszustands zum 01.01.2012 unter 50 % herabgesunken, hat das Landgericht auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr. B. gestützt. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Der Kläger hat Berufung eingelegt, mit der er die in erster Instanz gestellten Anträge weiter verfolgt.

Er ist der Ansicht, es fehlten schon die formellen Voraussetzungen einer Leistungseinstellung. Die Einstellungsmitteilung der Beklagten lasse nicht erkennen, worin die Verbesserung seines Gesundheitszustands liegen solle. Außerdem sei der Grund für die Absenkung des Berufsunfähigkeitsgrades auf unter 50 Prozent in der Erklärung nicht dargelegt. Schließlich beruft der Kläger sich darauf, nicht über die Rechte gemäß § 6 BBUZ belehrt worden zu sein.

Der Kläger meint, die Beweiserhebung durch das Landgericht sei unzulässige Ausforschung gewesen. Die gerichtlichen Gutachterinnen hätten völlig andere Gründe für die Besserung des Gesundheitszustands angenommen als die in der Einstellungsmitteilung der Beklagten benannten, die wiederum an keiner Stelle als richtig nachgewiesen worden seien. Möglicherweise habe das Landgericht die Bindung der Beklagten an die von ihr selbst genannten Gründe übersehen.

Unabhängig davon greift der Kläger die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Richtigerweise sei von einem Wiedereintritt der Berufsunfähigkeit nur dann auszugehen, wenn durch die Wiederaufnahme einer halbschichtigen Tätigkeit nachweislich keine erneute Verschlechterung der Gesundheit zu erwarten sei. Das Landgericht habe das aufzuklären versäumt. Überdies habe es nicht erläutert, weshalb es den gerichtlichen Gutachterinnen glaube, welche die Möglichkeit, alle Vorgutachten seien falsch, ausdrücklich betont hätten. Der Kläger sieht einen Verstoß gegen die Denkgesetze darin, dass das Landgericht sich über die Feststellung der gerichtlichen Sachverständigen hinweggesetzt habe, wonach nicht auszuschließen sei, dass der Zustand schon im Jahr 2006 bei einer Untersuchung der nunmehr erfolgten Art und Anwendung der aktuell eingesetzten Methoden derselbe gewesen wäre wie bei der Untersuchung im Jahr 2013 (Bl. 287 d A. i.V.m. S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 29.04.2014, Bl. 227 d.A.).

Mit Blick auf die Erwägung des Landgerichts, der Kläger selbst behaupte nicht, auch während der Zeit des Anerkenntnisses gar nicht berufsunfähig gewesen zu sein, rügt der Kläger, eine derartige Selbstbezichtigung dürfe ihm im Nachprüfungsverfahren nicht abverlangt werden. Vielmehr sei es Sache des Versicherers, alle Voraussetzungen für die Leistungseinstellung zur Gewissheit des Gerichts zu bringen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 12.06.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken (Geschäftsnummer 14 O 267/11)

1.1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01 01.2012 bis längstens zum 01.10.2025 eine monatlich im Voraus zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.835,36 € zu zahlen;

1.2. festzustellen, dass auf während der Rechtshängigkeit nach Nr. 1 fällig werdende nicht bezahlte Rentenansprüche Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz für den Zeitraum von Fälligkeit bis zur Zahlung durch die Beklagte an den Kläger zu leisten sind;

1.3. festzustellen, dass der Beklagten vom 01.01.2012 bis längstens zum 01.10.2025 keine Ansprüche auf Prämienzahlung für die Versicherung zum Versicherungsschein der Beklagten Nr. 3585515 zustehen, der Kläger aber so zu stellen ist, als wären die Prämien entrichtet worden;

1.4. festzustellen, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte neben den in den Anträgen Nr. 1 bezeichneten Versicherungsleistungen auch die für die genannten Zeiträume anfallenden Überschussanteile an den Kläger zu zahlen hat;

1.5. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Steuernachteile zu ersetzen hat, die durch die verspätete Zahlung von kumulierten Versicherungsleistungen ggf. auftreten werden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Beweiswürdigung des Landgerichts und bezieht sich auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr. B.. Dass die Sachverständige unter der Hypothese der Anwendung ihrer eigenen Methoden nicht sicher ausschließen konnte, sie selbst hätte möglicherweise schon im Jahr 2006 eine Berufsfähigkeit festgestellt, hält die Beklagte für rechtlich unerheblich, weil es nicht sein könne, dass der Nachweis einer Besserung des Gesundheitszustands bei einem Wechsel der jeweils ihre eigene Methodik verfolgenden Sachverständigen praktisch immer scheitern müsste.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 26.07.2012 (Bl. 59 d.A.) und vom 29.04.2014 (Bl. 225 d.A.) und des Senats vom 28.01.2015 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 12.06.2014 (Bl. 242 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß den §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

1.

Das Landgericht hat dem Kläger Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 01.01.2012 zu Recht abgesprochen.

Es durfte aufgrund der Beweisaufnahme davon ausgehen, dass sich der Grad der im Jahr 2006 anerkannten Berufsunfähigkeit zwischen jenem Zeitpunkt und dem dem 01.01.2012 vorangegangenen Versicherungsvierteljahr auf unter 50 % vermindert und die Beklagte solches dem Kläger ordnungsgemäß mitgeteilt hatte (§ 7 Abs. 4 BBUZ). Damit ist der Anspruch des Klägers auf Beitragsbefreiung und Rente erloschen (§ 1 Abs. 4 BBUZ).

a.

Die rechtliche Beurteilung des Streitfalls richtet sich insgesamt nach dem Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung. Es handelt sich um einen Altvertrag im Sinne des Art. 1 Abs. 1 EGVVG. Die das Nachprüfungsverfahren regelnde Vorschrift des § 174 VVG n.F. zählt nicht zu den in Art. 4 Abs. 2 EGVVG aufgelisteten neuen Vorschriften des Rechts der Berufsunfähigkeitsversicherung, die auch auf Altverträge anwendbar sind (siehe Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 174 Rdn. 4).

b.

Die Einstellung der Rentenleistungen scheitert nicht daran, dass die Mitteilung der Beklagten im Schreiben vom 08.09.2011 nicht formgerecht gewesen wäre.

(1)

Eine im Nachprüfungsverfahren zu Tage getretene Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten berechtigt den Versicherer nur dann zur Einstellung seiner Leistungen, wenn er die Veränderung ordnungsgemäß darlegt. Das ist für das neue Versicherungsvertragsrecht in § 174 VVG geregelt. Schon vorher entsprach es aber ständiger Rechtsprechung, dass die Mitteilung (hier gemäß § 7 Abs. 4 BBUZ) eine für den Versicherungsnehmer nachvollziehbare Begründung enthalten muss, um die Leistungspflicht entfallen zu lassen (BGH, Urt. v. 15.10.1997 – IV ZR 216/96 – r+s 1998, 37). Denn nur dann ist sie geeignet, den ihr zugedachten Zweck zu erfüllen: dem Versicherungsnehmer die für die Einschätzung seines Prozessrisikos erforderlichen Informationen geben (Rixecker in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 174 Rdn. 23, m.w.N.; BGH, Urt. v. 17.02.1993 – IV ZR 162/91 – VersR 1993, 559).

Geht es um eine Gesundheitsbesserung, muss eine nachvollziehbare Begründung im vorgenannten Sinne den Gesundheitszustand, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt vergleichen und die aus dem Vergleich abgeleiteten Folgerungen aufzeigen. Ist in einem ärztlichen Gutachten, aus dem der Versicherer seine Leistungsfreiheit herleiten will, nur zu dem gegenwärtigen Gesundheitszustand des Versicherten Stellung genommen, so ist die Mitteilung nur dann hinreichend nachvollziehbar, wenn der Versicherer darlegt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die er seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine nach den Versicherungsbedingungen erhebliche Besserung ergeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – IV ZR 123/98 – VersR 1999, 958; Senat, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 343/10 – VersR 2013, 1030; OLG München, NJW-RR 2010, 1619). Es ist deshalb auch zu begründen, dass gerade der verbesserte Gesundheitszustand die Berufsunfähigkeit ganz oder teilweise entfallen lässt. Ärztliche Gutachten, auf die der Versicherer sich stützt, muss er dem Versicherungsnehmer unverkürzt zugänglich machen, soweit dieser sie nicht schon besitzt (Rixecker in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 174 Rdn. 24).

(2)

Der Senat teilt die in der Berufungsbegründung vertretene Einschätzung des Klägers, das Schreiben der Beklagten vom 08.09.2011 entspreche den vorstehend dargelegten Anforderungen.

Der Inhalt der Mitteilung reduzierte sich entgegen der Darstellung des Klägers in der Berufungsbegründung keineswegs auf die – wäre sie in dieser Weise erfolgt, evident unzureichende – Erklärung, die aktuell durchgeführten Tests müssten fehlerhaft sein und deshalb sei der Fortbestand der Berufsunfähigkeit nicht nachweisbar.

Dem Kläger waren die sachverständigen Feststellungen des vor der Anerkennung der Leistungspflicht im Juli 2006 erstellten Gutachtens Dr. V.. Dr. D. bekannt. Es war ihm mit dem Anerkennungsschreiben vom 12.07.2006 zur Verfügung gestellt worden (siehe S. 2 des Schreibens vom 12.07.2006, Anlage K5, Anlagenband Kläger). Er wusste also, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu seiner damals auf 100 % eingeschätzten Berufsunfähigkeit geführt hatten. Die Beklagte rekapitulierte diesen Hintergrund in den ersten fünf Absätzen ihrer Einstellungsmitteilung vom 18.09.2011, in denen sie neben der Krankheitsdiagnose sowohl die seinerzeit festgestellten funktionellen Einschränkungen als auch ihre Auswirkungen auf die verschiedenen beruflichen Teiltätigkeiten des Klägers darstellte (Anlage B2, Bl. 56 d.A.). Mit Blick auf die weitere Entwicklung des Gesundheitszustands und eine „nunmehr erneut“ durchgeführte Nachprüfung mit psychiatrischer Begutachtung kam die Beklagte – nach knapper Erwähnung der ersten Nachbegutachtung des Jahres 2008, die bereits eine gewisse Minderung des Grades der Berufsunfähigkeit ergeben habe – auf das Gutachten des Medizinischen Gutachteninstituts Berlin (das Gutachten Dr. F.) zu sprechen, welches sie dem Kläger zusammen mit ihrem Einstellungsschreiben zur Kenntnisnahme übersandte. Sie fasste verschiedene Inhalte jenes Gutachtens zusammen, unter anderem erwähnte sie, dass der klinische Befund – anders als die vom Sachverständigen ausgewerteten, von ihm allerdings als nicht valide eingeschätzten aktuellen Testergebnisse – nur leicht ausgeprägte Beeinträchtigungen ergeben habe. Im Ergebnis sei eine Besserung des Leistungsvermögens dergestalt anzunehmen, dass eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % nicht mehr feststellbar sei und die Tätigkeit als Betriebsprüfer zu mehr als 50 % ausgeübt werden könne.

Zusammenfassend brachte die Beklagte in ihrer Einstellungsmitteilung mithin Folgendes zum Ausdruck: Im Jahr 2006 habe wegen einer psychischen Erkrankung mit erheblichen funktionellen Auswirkungen eine 100-prozentige Berufsunfähigkeit bestanden, in dem Zeitraum zwischen 2006 und 2011 habe sich die Erkrankung so weit abgeschwächt, dass die für die Berufsausübung relevanten Leistungseinschränkungen sich deutlich reduziert hätten und der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % abgesunken sei. Die Sachverständigengutachten, auf welche die Einstellungsmitteilung sich stützte und deren Inhalt sie gestrafft wiedergab, standen dem Kläger zur Verfügung. Die Beklagte hatte ihm damit in leicht nachvollziehbarer Weise die ihr im Nachprüfungsverfahren obliegende Vergleichsbetrachtung offen gelegt, so dass er in den Stand versetzt wurde, seine Prozessrisiken abzuschätzen. Das genügte für die formelle Wirksamkeit der Erklärung.

Dass die sachverständigen Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand und die aus ihnen für die Frage der Berufs(un)fähigkeit gezogenen Schlussfolgerungen aus Sicht des Klägers unzutreffend gewesen sein und insbesondere die Beweislast im Nachprüfungsverfahren verkannt haben mögen, betrifft allein die Frage der sachlichen Rechtfertigung der Einstellungsentscheidung bzw. ihrer Beweisbarkeit im Prozess. Die formelle Wirksamkeit der Mitteilung bleibt davon unberührt.

(3)

Die Einstellungsmitteilung ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihn entgegen § 7 Abs. 4 i.V.m. § 6 BBUZ nicht über seine „Rechte“ in Bezug auf eine gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche belehrte.

(a)

In § 7 Abs. 4 BBUZ ist vorgesehen, dass die Beklagte die Einstellung „dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 6“ mitteilt. Der in Bezug genommene § 6 BBUZ gibt inhaltlich die Regelung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. wider, wonach die Leistungspflicht des Versicherers entfiel, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht wurde, nachdem der Versicherer die Leistung schriftlich abgelehnt und auf die mit dem Fristablauf verbundenen Rechtsfolgen hingewiesen hatte. Ob für Nachprüfungsverfahren in der Folge von Anerkenntnissen aus Altverträgen, die wie hier vor dem 31.12.2008 erklärt wurden, § 12 Abs. 3 VVG a.F. prinzipiell anwendbar bleibt (Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl. 2011, § 6 BUZ 2008, Rdn. 8; unter Verweis auf Mertens, VersR 2007, 825), und damit auch die nach § 7 Abs. 4, § 6 BBUZ gebotene Belehrung bedeutsam ist, oder ob die von den Bedingungen vorgesehenen Möglichkeit der Setzung einer Ausschlussfrist entsprechend § 12 Abs. 3 VVG a.F nunmehr – gewissermaßen durch eine Negativregelung des Gesetzgebers – insgesamt unwirksam ist, kann dahinstehen.

(b)

Das Fehlen der Belehrung berührt jedenfalls die Wirksamkeit der Einstellungsmitteilung nicht.

Der von § 7 Abs. 4 BBUZ in Bezug genommene § 6 BBUZ wiederholt inhaltlich in Bezug auf die Klageerhebung nur die gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. Bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Belehrung – in § 7 Abs. 4 BBUZ fälschlicherweise als Belehrung über „Rechte“ des Versicherungsnehmers bezeichnet – beschränken sich die Rechtsfolgen folgerichtig auf das, was § 12 Abs. 3 VVG a.F. anordnete: die Klagefrist beginnt nicht zu laufen (BGH, Urt. v. 22.09.1999 – IV ZR 201/98 – VersR 1999, 1530).

Der Kläger erleidet dadurch keinen Nachteil. Würde man bei fehlender Belehrung die Einstellungsmitteilung als unwirksam erachten, begünstigte das den Versicherungsnehmer nur vordergründig. Der Versicherer wäre dann nämlich gehalten (gewesen), stets unter Hinweis auf § 6 BBUZ eine Klagefrist zu setzen. Damit hätte für den Versicherungsnehmer aber zum einen die Gefahr bestanden, die Klagefrist fahrlässig zu versäumen und allein deshalb den Anspruch zu verlieren, zum anderen wäre er gezwungen gewesen, zu einem Zeitpunkt zu klagen, zu dem ihm eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten mit Einschaltung eigener medizinischer Sachverständiger unter Umständen noch gar nicht möglich gewesen ist. Das wäre vor dem Hintergrund des Zwecks der Einstellungsmitteilung, eine sachgerechte Abschätzung des Prozessrisikos zu ermöglichen, sinnwidrig. Trägt ein Versicherer dem dadurch Rechnung trägt, dass er gerade keine Klagefrist setzt, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht auf den Gedanken kommen, wegen dieses Entgegenkommens sei die Änderungsmitteilung unwirksam und allein deshalb sei der Versicherer weiterhin zur Leistung verpflichtet (so BGH, Urt. v. 22.09.1999 – IV ZR 201/98 – VersR 1999, 1530; siehe auch Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl. 2011, § 6 BUZ 2008, Rdn. 35).

c.

Die Annahme des Landgerichts, auch die materiellen Voraussetzungen der Leistungseinstellung gemäß § 7 Abs. 4 BBUZ hätten vorgelegen, weil ursprünglich Berufsunfähigkeit gegeben gewesen und später weggefallen sei, ist richtig.

Da eine Berufsunfähigkeit im Sinne der Formulierung des § 7 Abs. 4 BBUZ nur dann „weggefallen“ oder sich „ihr Grad auf weniger als 50 Prozent vermindert“ haben kann, wenn sie zuvor zu mindestens 50 Prozent bestand, scheidet eine Nachprüfung aus, wenn der Versicherer – außerhalb des Bereichs der Anfechtung – wegen falscher Informationen oder fehlerhafter Sachprüfung eine sachlich unrichtige Entscheidung getroffen hat. Das Nachprüfungsverfahren hat nicht den Sinn, von Anfang an fehlerhafte Entscheidungen des Versicherers zu korrigieren. „Ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ihrer Kenntnis hiervon“ (BGH, Urt. v. 05.10.1983 – IVa ZR 11/82 – VersR 1984,51) steht dem Versicherer kein Recht zur Leistungseinstellung zu. Grundsätzlich müssen sich daher die tatsächlichen Umstände zu Gunsten des Versicherers so verändert haben, dass eine bestehende Berufsunfähigkeit dadurch weggefallen ist (vgl. BGH. Urt. v. 27.05.1987 – IVa ZR 56/86 – VersR 1987, 808; Urt. v. 12.06.1996 – IV ZR 106/95 – VersR 1996, 158; Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 174 Rdn. 8; Lücke in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 174 Rdn. 3). Dies hat der Versicherer zu beweisen (Rixecker in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 174 Rdn. 2 f.).

(1)

Das Landgericht durfte davon ausgehen, der Kläger sei im Jahr 2006 zunächst einmal berufsunfähig gewesen.

(a)

Der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts ist korrekt.

Das gilt zunächst für den Begriff der Berufsunfähigkeit. Unzutreffend ist der Berufungseinwand, das Landgericht habe diesen Begriff im Ungewissen gelassen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist auf die dem Vertrag zu Grunde liegenden Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Bezug genommen, außerdem auf den Beweisbeschluss vom 23.08.2012 in Verbindung mit dem Beschluss vom 24.01.2013. Dort sind die Voraussetzungen der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit dezidiert dargelegt und es ist außerdem klargestellt, an welchem Berufsbild sich die Klärung der Berufsunfähigkeit zu orientieren hat. Im Rahmen der Wiedergabe des Beklagtenvortrags ist die Definition der Berufsunfähigkeit im Sinne einer mindestens 50-prozentigen Beschränkung der Fähigkeit, den Beruf des Betriebsprüfers auszuüben, (gestrafft) wiedergegeben (S. 4 des Urteils, Bl. 245 d.A.). Unter Ziffer I.1. der Entscheidungsgründe ist sie – im Zusammenhang mit § 7 Abs. 4 BBUZ – wieder aufgegriffen. Der Senat sieht nicht, in welcher Hinsicht unklar sein sollte, was das Landgericht unter Berufsunfähigkeit verstand.

Was die Frage des Wegfalls der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 4 BBUZ anbelangt, hat das Landgericht seiner Entscheidung die oben dargelegten – auch nach Ansicht des Klägers zutreffenden – Erwägungen zu Grunde gelegt und richtig ausgeführt, es sei der Beklagten im Nachprüfungsverfahren versagt, eine falsche Anerkenntnisentscheidung zu korrigieren, und deshalb obliege es ihr zunächst einmal zu beweisen, dass im Jahr 2006 eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bestanden habe (S. 7 des Urteils, Bl. 248 d.A.).

(b)

Soweit das Landgericht, von jenen Prämissen ausgehend, die Voraussetzungen einer ursprünglichen bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit bejaht hat (Seite 5/6 und Seite 7 des Urteils, Bl. 246/247 und Bl. 248 d.A.), sieht der Senat keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat – in der Auseinandersetzung mit der Behauptung des Klägers, sein Zustand habe sich seit dem Anerkenntnis nicht verändert (S. 7 des Urteils, Bl. 248 d.A.) – die im Gutachten Dr. V.essor Dr. D. aus dem Jahr 2006 beschriebenen, vom Kläger geklagten Beschwerden aufgelistet (Schlafstörungen, Depressivität, Albträume, Kopfschmerzen und Übelkeit), diesen ein deutliches Ausmaß beigemessen und der Diagnose einer depressiven Störung zugeordnet. Der Sache nach hat es das Gutachten ersichtlich für geeignet erachtet, die Annahme einer damaligen bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit zu tragen.

(c)

Der Senat teilt diese Einschätzung und sieht keine Anhaltspunkte, welche das Ergebnis der auf die ursprüngliche Berufsunfähigkeit bezogenen erstinstanzlichen Würdigung des Prozessstoffs anzuzweifeln geböten.

Nach dem Gutachten der Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. vom 15.06.2006 (Anlage K6) spricht alles dafür, dass der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung damals vollständig außer Stande war, seinem Beruf als Betriebsprüfer im Außendienst weiter nachzugehen. Den Sachverständigen waren die Einzelheiten der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers bekannt (siehe S. 23/24 des Gutachtens). Der Kläger wurde ausführlich an zwei Untersuchungstagen psychiatrisch-psychopathologisch sowie körperlich untersucht, die Krankengeschichte wurde erhoben, es erfolgte eine mehrstündige testpsychologische Untersuchung im Hinblick auf kognitive Leistungseinbußen (S. 22 des Gutachtens). Sämtliche Testergebnisse zu Konzentration und Aufmerksamkeit waren unterdurchschnittlich (siehe den unter dem 19.05.2006 von der Dipl.-Psych. K. erhobenen psychologischen Befund, Bl. 167 d.A.). Auf der Grundlage all jener Erkenntnisse wurde die Diagnose einer anhaltenden, schweren depressiven Episode mit deutlichem somatischen Syndrom gestellt (Interessenverlust, psychomotorische Hemmung, Appetit-, Gewichts- und Libidoverlust, Schlafstörungen, Appetitmangel, unspezifische Gastrointestinalbeschwerden, Schwindel und durch Schmerzmittelmissbrauch verselbstständigte Kopfschmerzen). Das klinische Untersuchungsbild zeige das Vollbild einer depressiven Verstimmung mit leiser Stimme, wenig Mimik, wenig Modulation, fehlender Gestik und Ausdruckskraft. Anhaltspunkte für eine Beschwerdeverdeutlichung gebe es nicht. Die psychophysische Belastbarkeit sei erheblich eingebüßt. Das ausgeprägte depressive Syndrom beeinträchtige erheblich Ausdauer, Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und allgemeine Leistungsfähigkeit, so dass von einer „Erwerbsfähigkeit“ von unter drei Stunden ausgegangen werden müsse. Die testpsychologische Untersuchung habe die subjektiv beschriebenen Konzentrationseinbußen bestätigt. Aufgrund des depressiven Syndroms sei die Tätigkeit als Betriebsprüfer im Außendienst hochgradig eingeschränkt. Der Patient sei zu den ihm abverlangten hohen konzentrativen und kognitiven Fähigkeiten nicht in der Lage. Der Grad der Berufsunfähigkeit liege derzeit bei 100 % (S. 24 des Gutachtens).

Nach Ansicht des Senats lassen die damaligen Feststellungen eine Überzeugungsbildung dahin zu, dass die krankheitsbedingten Beschwerden des Klägers so schwerwiegend gewesen sind, dass er in seinem früheren Beruf nicht mehr arbeiten konnte.

(d)

Der Kläger stellt sich dem in der Berufung zu Unrecht entgegen.

Ohne Erfolg rügt er, das Landgericht habe in unzulässiger Weise Schlüsse daraus gezogen, dass er zu behaupten ablehne, in früherer Zeit gar nicht berufsunfähig gewesen zu sein.

Das Vorbringen des Klägers ist in Bezug auf die Frage der im Jahr 2006 tatsächlich vorliegenden Berufsunfähigkeit nicht konstant und nicht ganz eindeutig. In der Klageschrift hatte er noch vorgetragen, er sei seit dem 01.10.2005 bedingungsgemäß berufsunfähig gewesen. In der Folgezeit hat er das relativiert. So hat er im Schriftsatz vom 13.12.2013 an die gerichtliche Sachverständige die Frage gerichtet, ob die Möglichkeit bestehe, dass das ursprüngliche Gutachten seine Berufsunfähigkeit unzutreffend festgestellt haben könnte. Die darin angedeutete Veränderung des Sachvortrags beruht darauf, dass der Kläger verständlicherweise ein Interesse daran hat, die Leistungseinstellung unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten als vertragswidrig anzugreifen, andererseits aber – ebenfalls nachvollziehbar – nicht dezidiert behaupten möchte, er habe Leistungen nie beanspruchen können.

Zieht man daraus nun den Schluss, dass die inhaltliche Richtigkeit des ersten Gutachtens Dr. V.essor Dr. D. und damit vielleicht auch des Anerkenntnisses der Beklagten streitig sein könnte, könnte in der Tat zweifelhaft sein, ob der Beklagten insoweit der ihr obliegende Beweis gelungen ist.

Der Senat bejaht das.

i.

Die Klärung der Rechtmäßigkeit einer Einstellungsentscheidung im gerichtlichen Verfahren unterliegt in Fällen von Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit, die sich funktionell auf „unscharfe“ Leistungsparameter wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit und Ähnliches auswirken und in denen sowohl die Feststellung einer Krankheit als auch ihrer Auswirkungen davon abhängt, was der Betroffene schildert und welche Leistungen er insbesondere in Testungen erbringt, gewissen Besonderheiten.

Folgendes ist zu berücksichtigen:

Zum einen:

Für den Versicherer ist der Nachweis, dass eine sich aktuell zeigende ausreichende berufliche Leistungsfähigkeit gerade darauf beruht, dass sich ein früher tatsächlich gegebener psychischer Krankheitszustand mit relevanten funktionellen Einschränkungen gebessert hat, schwierig. Während organisch manifestierte Zustände – sofern objektive Untersuchungsmöglichkeiten wie bildgebende Verfahren oder Ähnliches existieren – typischerweise leicht feststellbar und dementsprechend die zu verschiedenen Zeitpunkten erhobenen Befunde miteinander vergleichbar sind, so dass ein in einem Nachprüfungsverfahren beauftragter Sachverständiger erkennen kann, ob einem aktuell gesunden Zustand ein Genesungsprozess vorausging oder aber ob er unverändert schon immer bestand und eine früher einmal angenommene krankheitsbedingte Leistungseinschränkung auf einer – für das Nachprüfungsverfahren irrelevanten – Fehleinschätzung beruhte. Anderes gilt für die Erhebung psychischer Befunde im Zusammenhang mit ihrer Natur nach Schwankungen unterworfenen seelischen Erkrankungen wie depressiven Störungen, die offenkundig jedenfalls auch von der Entwicklung äußerer Lebensumstände und psychischer Verarbeitungsprozesse abhängen. Die Seele ist kein fixes Untersuchungsobjekt, bezüglich dessen eine einmal erfolgte Diagnoseerhebung zu jedem beliebigen, gegebenenfalls – wie hier – mehrere Jahre später liegenden Zeitpunkt reproduzierbar wäre. Entsprechend problematisch ist die nachträgliche Klärung von Art und Ausmaß der genauen beeinträchtigenden Auswirkungen einer seelischen Erkrankung, bei welcher der Begutachtende sich zu einem erheblichen Teil auf subjektive Beschwerdeschilderungen und – in gewissem Rahmen vom Betroffenen steuerbare – Testresultate verlassen muss.

Zum anderen:

Im Nachprüfungsverfahren gelten anerkanntermaßen besondere Anforderungen an die Zusammenarbeit und Lauterkeit der Vertragspartner (Voit/Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl. 2009, L.X. Rdn. 40). In den einschlägigen Klauseln – hier § 7 BBUZ – ist vorgesehen, dass der Versicherte dem Versicherer dabei behilflich zu sein hat, seiner Beweislast im Nachprüfungsverfahren nachzukommen. Insbesondere ist der Versicherte gehalten, dem Versicherer für die Nachprüfung sachdienliche Auskünfte zu erteilen und sich auf dessen Verlangen einmal jährlich einer Untersuchung durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt zu unterziehen. Der Bundesgerichtshof hat diese „ungewöhnliche Mitwirkungsobliegenheit des Gläubigers bei einer Beweisführung seines Schuldners, die darauf abzielt, wieder von einer anerkannten Leistungspflicht loszukommen“ mit den Besonderheiten des Versicherungsrechts und der speziellen Ausgestaltung einer Berufsunfähigkeitsversicherung gerechtfertigt und „ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen“, für „unverzichtbar“ erklärt (BGH, Urt. v. 17.02.1993 – IV ZR 228/91 – VersR 1993, 470). Die Berücksichtigung dieser Grundsätze ist für das Nachprüfungsverfahren in Fällen einer psychisch bedingten Berufsunfähigkeit, deren gutachterliche Feststellung und versicherungsvertragliche Anerkennung zu einem großen Teil auf subjektiven Angaben des Versicherten beruht, von besonderer Bedeutung.

ii.

Für die Fälle, in denen im Rechtsstreit über eine Einstellungsentscheidung die Behauptung des Versicherten im Raum steht, der Versicherer versuche sich von einem von Anfang an Unrecht erfolgten Anerkenntnis zu lösen, und damit auch für den Streitfall, wirken sich die vorstehend dargestellten Grundsätze wie folgt aus:

In dem beiden Vertragsparteien Rücksicht auf die Interessen der Gegenseite abverlangenden Nachprüfungsverfahren muss der dem Schutz des Versicherungsnehmers dienende Grundsatz, wonach das Anerkennen der Leistungspflicht eine Selbstbindung des Versicherers herbeiführt, welche ihm das Recht abschneidet, den Sachverhalt zu jedem beliebigen Zeitpunkt neu aufzurollen, um dem Versicherungsnehmer das bereits Zugebilligte wieder zu nehmen (dazu Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl. 2011, § 6 BUZ 2008, Rdn. 13), auch eine Kehrseite haben. Auch der Versicherungsnehmer, der vormals davon profitierte, dass der Versicherer ihm im Rahmen der Leistungsprüfung die vorgetragene und gutachterlich plausibel bestätigten Beeinträchtigungen „glaubte“, muss sich in gewissem Maße an der früheren gemeinsamen Annahme einer wirklichen Berufsunfähigkeit festhalten lassen. Er kann sich von ihr nicht allein dadurch lösen, dass er im Nachprüfungsverfahren ins Blaue hinein behauptet, Vortrag und/oder Gutachten seien vielleicht falsch gewesen und der Versicherer möge nun erst einmal den Nachweis erbringen, dass das ausgeschlossen werden könne. Das wäre treuwidrig (§ 242 BGB).

Für den Nachprüfungsprozess bedeutet das: Hat ein Versicherter eine die weitere Berufsausübung ausschließende psychische Erkrankung behauptet, ging der Versicherer dieser Behauptung im Wege einer psychiatrischen Begutachtung nach, kam der Gutachter im Rahmen seiner Exploration und auf der Grundlage der ihm geschilderten Beschwerden sowie der deutliche Einschränkungen zeigenden Resultate von Leistungstests zu der plausibel begründeten Annahme einer Berufsunfähigkeit und veranlasste so den Versicherer, dem Versicherten zu glauben und seine Leistungspflicht anzuerkennen, darf das Gericht – zunächst einmal – vom ursprünglichen Vorliegen einer Berufsunfähigkeit ausgehen. Will der Versicherungsnehmer das infrage stellen und eine weitere (sachverständige) Aufklärung erreichen, so ist er – einer sekundären Darlegungslast vergleichbar – gehalten, die Richtigkeit des Gutachtens mit konkreten Argumenten in Zweifel zu ziehen und die potenzielle Auswirkung behaupteter Fehler darzutun. Solche könnten etwa die Fachkunde des ersten Gutachters betreffen oder ergebnisrelevante „handwerkliche“ Mängel des Gutachtens oder Denkgesetze verletzende Schlüsse (z.B. wenn trotz durchgehend erzielter mindestens durchschnittlicher psychologischer Testergebnisse eine hochgradige Einschränkung der Berufsfähigkeit angenommen worden wäre).

Anhaltspunkte für Derartiges sind nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht substanziiert dargetan. Die Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. diagnostizierten im Gutachten vom 15.06.2006 auf der Grundlage einer umfassenden Exploration und Anamnese anhand des sich ihnen darstellenden klinischen Bildes sowie von sämtlich unterdurchschnittlichen Testergebnissen eine schwere depressive Episode mit gravierenden psychischen und somatischen Symptomen, infolge deren Ausdauer, Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, allgemeine Leistungsfähigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit erheblich vermindert seien, woraus eine hochgradige Einschränkung der Tätigkeit als Betriebsprüfer im Außendienst folge. Diese Feststellungen sind ohne weiteres nachvollziehbar. Der Kläger greift sie nicht mit Substanz an. Soweit er mit seinem – wenn auch nicht expliziten – Vorbringen andeutet, die Ergebnisse der Leistungstests und der von den Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. im Jahr 2006 erhobene klinische Befund könnten darauf beruhen, dass die Beschwerdeschilderung nicht authentisch gewesen und das Leistungsvermögen bei der Testung nicht voll abgerufen worden sein könnte, wäre das unter dem Gesichtspunkt der oben dargelegten Anforderungen an die Kooperation und die Lauterkeit der Vertragspartner unerheblich. Aus demselben Grund kann es dem Kläger auch nicht zum Vorteil gereichen, dass Dr. V.. Dr. D. die damaligen Untersuchungsergebnisse möglicherweise nicht auf ihre Validität überprüft, sondern als das Leistungsvermögen des Klägers korrekt abbildend hingenommen hatten (siehe die diesbezügliche Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen, S. 4 der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 29.04.2014, Bl. 228).

Der Vorwurf des Klägers, das Landgericht habe die Aussage der gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. nicht richtig gewürdigt, wonach nicht auszuschließen sei, dass sie unter Anwendung ihrer Methoden schon im Jahr 2006 einen Zustand der (80-prozentigen) beruflichen Leistungsfähigkeit festgestellt hätte, geht mit Blick auf die oben dargestellten Anforderungen an das Vorbringen des Versicherungsnehmers, der die ursprüngliche Berufsunfähigkeit bestreiten will, fehl. Der Berufungseinwand steht im Zusammenhang mit der in erster Instanz zuletzt aufgestellten Behauptung des Klägers, die Sachverständigen wären bei einer Untersuchung zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses zum selben Ergebnis wie bei der Nachprüfung gekommen. Soweit er daraus offenbar rechtlich schließt, die Beweisführung des Versicherers könne nur dann Erfolg haben, wenn solches sicher ausgeschlossen werden könne, irrt er. Das Ergebnis einer psychiatrischen Begutachtung hängt immer (unter anderem) davon ab, welchen für die klinische Befunderhebung relevanten Eindruck der Betroffene (etwa in Gestik, Mimik) auf den Gutachter macht, welche Beschwerden er schildert und auf welche Weise er es tut (glaubhaft oder nicht), welche aktuellen Lebensumstände in der Anamnese erfragt und dargestellt wurden, wie der Betroffene die vom konkreten Gutachter für erforderlich gehaltenen Tests bewältigt. Es ist für einen fünf Jahre später eingeschalteten psychiatrischen Sachverständigen schlicht unmöglich, sicher zu sagen, was herausgekommen wäre, hätte er selbst damals untersucht, befragt, getestet und gewertet (siehe dazu die Ausführungen der Sachverständigen Dr. B. auf S. 5 des Ergänzungsgutachtens vom zweiten 20.10.2013, Bl. 185 d.A.: sie könne die Annahmen des Gutachtens der Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. aus dem Jahr 2006 – abgesehen von einer von ihr nicht für korrekt gehaltenen diagnostischen Einordnung – nicht anhand der Kategorien richtig oder falsch bewerten; die damals geschilderten Beschwerden seien im Nachhinein naturgemäß nicht mehr testpsychologisch oder klinisch abbildbar, so das den anamnestischen Angaben des Klägers zu glauben sei). Würde man von einem Versicherer bei der Beweisführung in diesem Sinne Unmögliches verlangen, wäre eine Nachprüfung in den Fällen psychischer Erkrankungen praktisch ausgeschlossen. Das kann nicht sein und ist versicherungsvertragsrechtlich zum Schutz des Klägers, der ursprünglich davon profitiert hatte, dass die Beklagte sich auf die Validität der für die Begutachtung relevanten Angaben und Testleistungen verließ und ihr Anerkenntnis auf das nachvollziehbare Gutachten kompetenter Sachverständiger stützte, auch nicht geboten.

(2)

Das Landgericht hat auch den Wegfall der ursprünglichen Berufsunfähigkeit wegen einer Verbesserung des psychischen Gesundheitszustands dahin, dass der Kläger zum 01.01.2012 wieder zu mehr als 50 % zur Ausübung seiner letzten beruflichen Tätigkeit imstande gewesen sei, in nicht zu beanstandender Weise bejaht.

(a)

Eine das (Fort-)Bestehen einer Berufsunfähigkeit bedingende Krankheit im Sinne von § 2 Abs. 1 BBUZ ist ein regelwidriger physischer oder psychischer Zustand der versicherten Person, der geeignet ist, die Ausübung eines Berufs funktionell zu beeinträchtigen (vgl. Rixecker in: Römer/Langheid/Rixecker, VVG, 4. Aufl. 2014, § 172 Rdn. 21). Den Versicherungsfall Berufsunfähigkeit begründet sie dann, wenn die Auswirkung der mit ihr verbundenen funktionellen Einschränkungen das im Vertrag vereinbarte Maß erreicht.

Nach den hier relevanten Versicherungsbedingungen muss die Beeinträchtigung mindestens 50 % betragen. Setzt sich die berufliche Tätigkeit aus unterschiedlichen Teiltätigkeiten zusammen, die der Versicherungsnehmer in unterschiedlichem quantitativen Umfang grundsätzlich noch wahrnehmen kann, kommt es – wenn die Versicherungsbedingungen eine 50 %-Grenze statuieren – darauf an, ob die verbleibende Leistungsfähigkeit noch einen wenigsten halbschichtigen Einsatz erlaubt (vgl. Rixecker in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 172 Rdn. 33 ff.; Senat, Urt. v. 16.07.2014 – 5 U 167/12).

(b)

Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht zutreffend festgestellt, der Kläger sei nicht mehr zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig.

Das Landgericht hat seine Entscheidung auf die Feststellung der Sachverständigen Dr. B. gestützt, wonach es zum 01.01.2012 zu einer deutlichen „Entaktualisierung“ früher geschilderter Beschwerden und Einschränkungen gekommen sei. Die Inanspruchnahme von Behandlern sei zu jenem Zeitpunkt reduziert und es seien auch keine anderen therapeutischen Strategien mehr eingesetzt worden. Die eingehende Untersuchung durch die Sachverständige habe einen psychopathologischen Normalbefund ergeben. Defizite, die eine inhaltliche Einschränkung der zum Berufsbild des Klägers gehörenden Tätigkeiten begründen könnten, hätten sich in der Testung, die nach Art und Umfang geeignet gewesen sei, valide Schlüsse auf die Belastbarkeit des Klägers zuzulassen, nicht gezeigt.

(c)

Diese Feststellungen tragen den Schluss auf einen psychischen Genesungsprozess, in dessen Verlauf es zu einer signifikanten Remission der früheren Defizite und ihrer Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers kam. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit veranlassen würden, bestehen auch insoweit nicht (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht konnte seine Überzeugung zu einer relevanten Verbesserung des Gesundheitszustands in nicht zu beanstandender Weise auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. B. in Verbindung mit dem testpsychologischen Zusatzgutachten der Dipl.-Ing. R. W. stützen.

Die Sachverständige Dr. B. ist „nach ausführlichem Studium der Vorgutachten und den eigenen Schilderungen des Probanden“ von einer signifikanten Entaktualisierung der früher geschilderten Beschwerden und Einschränkungen ausgegangen. Sie hat eine vergleichende Betrachtung zum Gutachten Dr. V.. Dr. D. vom 15.06.2006 angestellt und die dortige Annahme zur Entwicklung einer depressiven Symptomatik mit Somatisierung geteilt. Zu früher festgestellten Störungen der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung mit allgemeiner Reaktionsverlangsamung hat sie erklärt, solche Störungen seien in der jetzigen Testung nicht mehr abzubilden. Die hieraus abgeleitete Annahme einer Gesundheitsverbesserung ist in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Die Anamnese war detailliert und umfassend, der Kläger wurde (orientierend) internistisch, neurologisch und psychopathologisch untersucht und einer ausgiebigen, einen „frustrierende[n] Berufsalltag“ simulierenden Testung (siehe S. 4 der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 29.04.2014, Bl. 228 d.A.) in Bezug auf sämtliche für seine letzte berufliche Tätigkeit relevanten Fähigkeiten (Aufmerksamkeit, Konzentration etc.) unterzogen. Im psychopathologischen Befund konnten – abgesehen von gewissen Hinweisen auf eine vermeidende Persönlichkeitsstörung – keine Defizite mehr festgestellt werden. In nahezu allen psychologischen Leistungstests wurden durchschnittliche Ergebnisse erreicht. Die Sachverständige kam unter Berücksichtigung gewisser, „aufgrund der jahrelangen Schonhaltung“ aufgetretener „Sekundärdefizite“ zu dem Schluss, der Kläger sei seit dem 01.01.2012 zu mindestens 80 Prozent im Stande, seine Tätigkeit, wie sie in der Akte und von ihm selbst beschrieben worden sei. fortzuführen.

Die von der Sachverständigen Dr. B. angenommene Verbesserung des Gesundheitszustands mit der Folge der (80-prozentigen) Wiederherstellung der Berufsfähigkeit fügt sich stimmig in die Entwicklung der Lebensumstände des Klägers ein und ergibt auch in Zusammenschau mit den bei der zwischenzeitlichen Begutachtung im Jahr 2008 erkennbaren positiven Tendenz ein schlüssiges Bild. Nach den auf den Schilderungen des Klägers beruhenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. B. hatte der Kläger – unter anderem – unter einer schwierigen Partnerbeziehung mit zahlreichen, sich verschärfenden Konflikten gelitten (siehe Bl. 102 d.A.; schon die Sachverständigen Dr. V.. Dr. D. hatten die Eheprobleme als für die Krankheitsgenese bedeutsam hervorgehoben). Nach ihrem Eindruck sei das geschilderte depressive Bild vor dem Hintergrund eines Partnerkonfliktes bei gleichzeitigen Konflikt am Arbeitsplatz mit subjektiver Überlastung entstanden. Der Partnerschaftskonflikt begann sich aber im Laufe der Jahre aufzulösen, insbesondere auch durch das Einleiten des Ehescheidungsverfahrens 2008 und durch eine sich verfestigende räumliche Distanzierung (gegenüber der gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. berichtete der Kläger, er habe im Jahr 2008 die Scheidung eingereicht und im Jahr 2010 die letzten Sachen aus der Wohnung seiner Ehefrau herausgeholt). Im Jahr 2008 manifestierte sich ausweislich des Gutachtens Dr. V. Dr. D. vom 07.06.2008 (Anlage K8) dann auch bereits eine gewisse Besserung des Gesundheitszustands im Sinne einer Rückbildung der „Somatisierungs- und Angstsymptomatik“ und einer Abschwächung der depressiven Symptome, die nurmehr als Dysthymie eingeordnet wurden. Die Ergebnisse der Begutachtung im gerichtlichen Verfahren sind als Bestätigung einer über die Jahre – zumal unter Therapie-fortschreitenden psychischen Stabilisierung plausibel.

(d)

Zu Unrecht macht der Kläger geltend, das Landgericht habe mit der Einholung des psychiatrischen Sachverständigengutachtens trotz – nach seiner Ansicht – unschlüssiger Einstellungsmitteilung unzulässige Ausforschung betrieben und möglicherweise übersehen, dass die Beklagte an die in der Einstellungsmitteilung benannten Gründe gebunden sei Er führt aus, die Erklärung im Schreiben vom 12.07.2006, ein Fortbestehen der Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht mehr „voll bewiesen nachweisbar“, sei wegen der Verkennung der Beweislast als Begründung inhaltlich ungeeignet gewesen.

Hier verkennt der Kläger die Differenzierung zwischen den formellen und den materiellen Anforderungen einer Leistungseinstellung. Es trifft zu, dass eine den Mindestanforderungen an die Nachvollziehbarkeit nicht gerecht werdende Begründung keine Grundlage für eine Leistungseinstellung sein kann. Dieselben Gründe, die dazu führen, die Wirksamkeit der Mitteilung von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig zu machen, zwingen dazu, den Versicherer an seine konkrete Rechtfertigung der Leistungseinstellung zu binden. Er darf im Verlauf der Nachprüfung keine anderen Umstände, die ihm dieselbe Entscheidung erlauben würden, nachschieben (Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 2. Aufl. 2009, § 46 Rdn. 165).

Um beides geht es hier aber nicht.

Wie oben ausgeführt, lag eine formell ordnungsgemäße Einstellungsmitteilung vor, die sich – wenn auch mit eine Verkennung der Beweislast indizierenden Formulierungen – auf eine nach dem Jahr 2006 wieder erlangte, das bedingungsgemäß vorgeschriebene Maß übersteigende (psychische) Leistungsfähigkeit stützte. Ob diese Annahme inhaltlich zutraf, durfte und musste das Landgericht mit Blick auf das Bestreiten des Klägers und das schon in der Klageerwiderung erfolgte Beweisangebot der Beklagten prüfen. Eine Ausforschung lag darin nicht.

Der in diesem Zusammenhang vom Kläger erneut aufgegriffene Hinweis auf die – aus dem Gutachten Dr. F. übernommene – Formulierung im Einstellungsschreiben, wonach sich der Gesundheitszustand dergestalt verbessert habe, dass Funktionsbeeinträchtigungen „jetzt nicht mehr vollbewiesen nachweisbar“ seien, hat mit der Bindung des Versicherers an die konkrete Begründung seiner Leistungseinstellung nichts zu tun. Hier geht es um eine inhaltliche Bindung. Sie ist gewahrt: Die Beklagte hatte die Leistungseinstellung damit gerechtfertigt, dass eine im Jahr 2006 vorhandene depressive Störung mit stark ausgeprägten Leistungsbeeinträchtigungen sich so weit zurückgebildet habe, dass das Maß der Beeinträchtigungen nunmehr unter der in den Bedingungen festgelegten 50-Prozent-Grenze liege. Diese Begründung ist mit dem Prozessvorbringen der Beklagten, dem Beweisgegenstand und den entscheidungstragenden Beweisergebnissen jedenfalls im Kern identisch. Das genügt.

Der Kläger scheint zu meinen, durch Unzulänglichkeiten der Formulierung einer Einstellungsmitteilung oder dort zum Ausdruck kommende rechtliche Fehlannahmen oder auch Mängel des vor der Einstellung eingeholten Gutachtens wäre das Nachprüfungsverfahren ein für alle Mal gescheitert, und die versicherungsvertragsrechtlich relevante Frage einer die Berufsunfähigkeit beseitigenden Verbesserung des Gesundheitszustands dürfte vom Gericht nicht mehr geklärt werden. Das ist – selbstverständlich – nicht richtig.

(e)

Die Rüge des Klägers, eine Aufklärung der Frage, was (auch mittelfristig) geschehen werde, wenn er seinen Beruf wieder ausübe, sei „praktisch unterblieben“ (Bl. 286 d.A.), ist unbegründet. Die Sachverständige hat dazu im Ergänzungsgutachten vom 22.10.2013 (dort S. 6, Bl. 186 d.A.) Stellung genommen und die vom Kläger behauptete Gefahr einer erneuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei Wiederaufnahme der Berufstätigkeit in Abrede gestellt. Zwar seien zukünftige Befindlichkeiten eines Menschen niemals mit Gewissheit vorhersehbar, es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 50-prozentiger Wiedereintritt in das Berufsleben in irgend einer Weise die Gesundheit des Klägers, bei dem ein psychopathologischer Normalbefund bestehe, beschädigen werde (siehe auch die mündliche Anhörung der Sachverständigen, S. 4/5 der Sitzungsniederschrift, Bl. 228/229 d.A). Das genügt für die Annahme einer im Sinne des § 7 BBUZ relevanten Besserung des Gesundheitszustands. Dass eine potenzielle Verschlechterung nach einer gewissen Dauer der erneuten Arbeitsbelastung sachverständig nicht mit einer jeden letzten Zweifel ausräumenden Sicherheit ausgeschlossen werden kann (siehe dazu die Erklärung der Sachverständigen Bl. 229 d.A.), steht einer dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO entsprechenden Überzeugungsbildung nicht entgegen, weil das Gericht („nur“) zu einer subjektiven, nicht einer naturwissenschaftlichen Maßstäben entsprechenden und unumstößlichen Gewissheit gelangen muss.

Im Übrigen gilt: Ebenso wenig wie die Erwartung künftiger Gesundheitsverbesserungen eine Vorab-Leistungseinstellung zum Nachteil des Versicherten rechtfertigt (dazu BGH, Urt. v. 11.12.1996 – IV ZR 238/95 – VersR 1997, 436), kann die bloße Möglichkeit erneuter Verschlechterungen dem Versicherer das Recht, Zahlungen an einen aktuell stabil Gesunden einzustellen, abschneiden.

(f)

Was den (erstinstanzlichen) Hinweis des Klägers anbelangt, sein Problem liege in seiner Persönlichkeitsstruktur (Bl. 178 d.A.), so ist dieser nicht geeignet, der Annahme einer wieder eingetretenen Berufsfähigkeit die Grundlage zu entziehen. Selbst krankhafte physische oder psychische Veränderungen gewinnen für eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nur und erst dann Bedeutung, wenn sie sich – wie hier nachweislich nicht – funktionell auswirken. Die Sachverständige Dipl.-Psych. R. hat in der mündlichen Anhörung vor dem Landgericht dargelegt, eine Persönlichkeitsstörung als solche – für die es hier keine Hinweise gebe – bedeute keineswegs eine fehlende Belastbarkeit für bestimmte Tätigkeiten (Bl 227 d.A.).

(g)

Der Kläger könnte sich auch nicht darauf berufen, dass ihm seine letzte berufliche Tätigkeit als beamteter Betriebsprüfer aufgrund seines früheren gesundheitlichen Zustands und der darauf beruhenden Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verschlossen wäre. Könnte er allerdings nicht mehr in das „aktive“ Beamtenverhältnis zurückberufen werden, wäre er möglicherweise weiterhin „infolge Krankheit“ gehindert, die in gesunden Tagen letzte berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Die Beklagte wäre dann im Rahmen der Nachprüfung gehalten, eine Verweisung auszusprechen. Darauf kommt es indessen nicht an. Denn nach dem maßgeblichen Dienstrecht des Landes Berlin kann ein wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Beamter innerhalb von zehn Jahren beanspruchen, wieder in das aktive Beamtenverhältnis übernommen zu werden.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren entspricht dem in erster Instanz festgesetzten Betrag von 82.419,12 € (Beschluss des Landgerichts vom 23.06.2014, Bl. 256 d.A.).

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