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Berufsunfähigkeitszusatzversicherung – Zustandekommen des Vertrages

AG Pfaffenhofen

Az: 2 C 756/06

Urteil vom 17.01.2007


In dem Rechtsstreit wegen Forderung erlässt das Amtsgericht Pfaffenhofen a.d.Ilm auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 folgendes Endurteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden –Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Prämienansprüche aus einer Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend.

Am 06.11.2003 unterzeichnete die Beklagte in Gegenwart des Versicherungsagenten der Klägerin einen Antrag auf Abschluss einer Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Dieser Antrag ging bei der Klägerin am 17.11.2003 ein.

Mit Schreiben vom 03.12.2003 forderte die Klägerin ihren Agenten auf, den Antrag hinsichtlich der Gesundheitsfragen und hinsichtlich des Fragebogens zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu ergänzen. Die Beklagte ergänzte daraufhin am 12.12.2003 gegenüber dem Agenten der Klägerin ihre Angaben im Antrag vom 06.11.2003. Die Ergänzungen gingen der Klägerin am 19.12.2003 zu.

Die Klägerin erstellte am 27.01.2004 aufgrund der Angaben im Antrag einen Versicherungsschein und übersandte diesen der Beklagten mit Schreiben vom 28.01.2004. Im Versicherungsschein wies die Klägerin die Beklagte auf ihr Widerspruchsrecht innerhalb von 14 Tagen hin, andernfalls der Vertrag auf der Grundlage dieses Versicherungsscheins, der darin enthaltenen Versicherungsbedingungen und der ebenfalls für den Vertragsabschluss maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen gilt.

Die Klägerin buchte daraufhin vom Konto der Beklagten die Beiträge in Höhe von monatlich 364,28 € für den Zeitraum vom 01.11.2003 bis 30.04.2004 ab. Diese wurden jedoch jeweils zurückgebucht.

Mit Schreiben vom 23.12.2005 des Prozessbevollmächtigten der Klagepartei wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 09.01.2006 zum Zahlungsausgleich hinsichtlich der Prämien für November 2003 bis April 2004 in Höhe von 2.185,68 € aufgefordert.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Annahme des Antrages durch Übersendung des Versicherungsscheines sei rechtzeitig erfolgt. Jedenfalls sei ein Versicherungsvertrag gemäß § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG als abgeschlossen anzusehen.

Die Klägerin beantragte zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.185,68 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 364,28 EURO seit dem 01.12.2003, 01.01.2004, 01.02.2004, 01.03.2004, 01.04.2004 und 01.05.2004 sowie vorgerichtliche Mahn- und Auskunftskosten in Höhe von 149,59 EURO seit dem 10.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte:

Klageabweisung.

Die Beklagte bestreitet den Erhalt des Versicherungsscheines am 28.01.2004. Sie ist der Ansicht, die Annahme des Antrages der Beklagten durch die Klägerin sei verspätet erfolgt. Das Schreiben vom 28.01.2004 mit Versicherungsschein vom 27.01.2004 sei als neuer Antrag anzusehen, der von der Beklagten nicht angenommen worden sei.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Ein Lebensversicherungs- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag zwischen den Parteien ist nicht zustande gekommen. Ein Prämienanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus einem vertraglichen Rechtsverhältnis besteht damit nicht. Das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages richtet sich grundsätzlich nach den §§ 145 ff. BGB. Der Antrag der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 06.11.2003 auf Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages konnte von der Beklagten gemäß § 147 Abs. 2 BGB nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem die Beklagte den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte. Die Bemessung einer angemessenen Annahmefrist hängt von den tatsächlichen Umständen ab. Zu berücksichtigen sind dabei der Zeitablauf zwischen Abgabe des Antrages und Eingang des Antrages, eine Überlegungs- und Bearbeitungsfrist sowie der erforderliche Zeltraum für die Übermittlung der Annahme. Vorliegend beginnt die Annahmefrist gemäß § 43 Nr. 1 VVG mit dem Eingang des Antrages beim Agenten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der ursprüngliche Antrag vom 06.11.2003 unvollständig war und am 12.12.2003 ergänzt wurde. Die Frist beginnt damit am 12.12.2003 zu laufen. Bis zur Fertigung des Schreibens vom 28.01.2004 durch die Klägerin war bereits eine Frist von mehr als 6 Wochen abgelaufen. Es kann daher dahinstehen, wann die Annahmeerklärung vom 28.01.2004 der Beklagten zugegangen ist. Die Klägerin trägt hierzu lediglich vor, dass das Schreiben vom 28.01.2004 an die Beklagte versandt wurde, macht jedoch keine Angaben dazu, wann die Versendung erfolgte und wann damit ein Zugang bei der Beklagten eingetreten ist. Jedenfalls ist bereits ein Zeitraum von mehr als 6 Wochen zwischen Eingang des Antrages und Annahme des Antrages aus Sicht der Beklagten als Antragender als nicht mehr den regelmäßigen Umständen entsprechend anzusehen. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass der ergänzte Antrag vom 12.12.2003 im Laufe der 51. KW der Klägerin zuging. Weiter durfte die Beklagte erwarten, dass eine Bearbeitung des Antrages innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen erfolgt und die erklärte Annahme des Antrages damit innerhalb eines Zeitraumes von höchstens 6 Wochen bei ihr eingeht. Dieser Bearbeitungszeitraum von 4 Wochen erscheint insbesondere als angemessen, da eine Vorprüfung der Angaben der Beklagten gemäß Antrag vom 06.11.2003 bereits stattgefunden hat.

Die Annahme des Antrages mit Schreiben vom 28.01.2004 ist damit gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag anzusehen. Dieser Antrag wurde von der Beklagten nicht angenommen. Eine ausdrückliche Annahme des Antrages liegt nicht vor. Eine konkludente Annahme des Antrages durch Zahlung der Versicherungsprämie ist nicht gegeben. Zwar wurden die Prämien zunächst von der Klägerin aufgrund der Einzugsermächtigung abgebucht, es erfolgten jedoch jeweils Rückbuchungen.

Das Schweigen der Beklagten ist nicht als Annahme des Angebotes gemäß Schreiben vom 28.01.2004 anzusehen (siehe hierzu Versicherungsvertragsgesetz , Prölss-Martin, 27. Aufl., § 3 RdNr. 27). Dem Schweigen der Beklagten kommt mangels Zahlung der Versicherungsprämie kein Erklärungsgehalt zu.

Ein Versicherungsvertrag gilt auch nicht gemäß § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG als geschlossen. § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG gilt nicht bei einer verspäteten Annahme durch den Versicherer, die als neues Angebot zu sehen ist (Versicherungsvertragsgesetz, Prölss-Martin, 27 Aufl., § 5a RdNr. 22). So setzt § 5 a VVG einen Vertragsabschluss nach den allgemeinen Regeln voraus und bestimmt lediglich den Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen bei Unterlassen des Widerspruchs.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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