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Berufungszurückweisung – Kosten der Anschlussberufung

OLG Celle

Az: 4 U 225/04

Beschluss vom 10.01.2005


In dem Rechtsstreit hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle am 10. Januar 2005 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beschlossen:

Die Berufung des Klägers gegen das am 9. September 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 9/10 und die Beklagten zu 1/10 zu tragen. Wegen der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der im angefochtenen Urteil des Landgerichts getroffenen Kostenentscheidung.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird in Ergänzung des Senatsbeschlusses vom 16. Dezember 2004 und im Hinblick auf die Anschlussberufung der Beklagten für die Zeit ab 23. Dezember 2004 auf 30.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung ist nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Die Berufung hat auch in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat hat im Hinweisbeschluss vom 16. Dezember 2004, an dem er festhält, zur fehlenden Erfolgsaussicht der Berufung Folgendes ausgeführt:

„Zwar steht dem Klagbegehren zu Ziffer 2 – 3 entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Verden vom 21. Februar 1990 in dem Rechtsstreit 3 C 608/89 AG O.S. (LG Verden 2 S 309/89) entgegen. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwischen der Erhebung der Klage in jenem Vorprozess und der vorliegenden Klage ein Zeitraum von mehr als 10 Jahren verflossen ist. Die Bäume sind naturgemäß in dem entsprechenden langen Zeitraum gewachsen. Die Wachstumssituation, die Gegenstand auch der vorliegenden Klage ihrem Kern nach ist, ist deshalb eine andere. Auch der Lebenssachverhalt (Streitgegenstand) ist deshalb ein anderer, was umso mehr gälte, wenn mit dem Landgericht Verden in dem Urteil des Vorprozesses auf Zumutbarkeitsgesichtspunkte abzustellen wäre. Denn gerade Zumutbarkeit kann sich nur am Einzelfall und der konkreten Situation orientieren, die bei einem Beseitigungsanspruch wegen zu starken Pflanzenbewuchs aber der Natur nach 10 verstrichenen Jahren eine andere ist als 10 Jahre zuvor.

Die Klage ist jedoch hinsichtlich der mit der Berufung weiter verfolgten Klaganträge zu 2 und 3 unbegründet. Hierbei kann dahinstehen, ob der im angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht des Landgerichts zu folgen ist, dass den entsprechenden Ansprüchen des Klägers bereits § 54 Nds. NachbarrechtsGes. entgegensteht. Selbst wenn dem so wäre, könnte nämlich diese landesrechtliche Bestimmung einen etwa gegebenen Anspruch des Klägers auf Beseitigung und/oder Zurückschneiden der Bäume nach § 1004 Abs. 1 oder ggf. auch nach § 910 Abs. 1 BGB nicht verdrängen, soweit der Anspruch nicht auf die bloße Erreichung einer bestimmten Höhe der Bäume, sondern auf Beeinträchtigungen gestützt ist, gegen die das BGB Abwehransprüche gewährt. Denn insoweit regelt Art. 124 EGBGB lediglich, dass nachbarrechtliche Vorschriften des Landesrechts – insbesondere auch zum Abstand von Bäumen und Sträuchern – das Eigentum zugunsten des Nachbarn einschränken können (Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., Art. 124 EGBGB, Rdnr. 1).

Die Berufung hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil auch Ansprüche des Klägers auf Beseitigung oder auf Zurückschneiden der in Rede stehenden Bäume nach § 1004 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht bestehen. Denn ein Grundeigentümer kann grundsätzlich nicht die Beseitigung oder das Zurückschneiden von Bäumen auf dem Nachbargrundstück mit der Begründung verlangen, dass diese sein Haus teilweise abschatten. Ein solcher Anspruch ist nämlich unabhängig von etwaigen Duldungspflichten bereits deshalb nicht gegeben, weil es sich insoweit lediglich um sog. negative Einwirkungen durch die Bäume auf dem Grundstück der Beklagten handelt. Derartige negative Einwirkungen, bei denen durch Handlungen auf dem einen Grundstück natürliche Vorteile von einem anderen Grundstück abgehalten werden, sind nach ganz herrschender Meinung – der sich der Senat anschließt – grundsätzlich nicht als Eigentumsstörung abwehrbar (Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 903 Rdnr. 9, 10; OLG Hamm MDR 99, 930 m. w. Nachw. auch aus der höchstrichterl. Rspr.).

Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob in gravierenden Ausnahmefällen ein derartiger Anspruch nach Treu und Glauben und unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dann in Betracht kommen kann, wenn die Verschattung so intensiv ist, dass beispielsweise das gesamte Grundstücksanwesen rund um und volljährig beschattet wird. Ein derart gravierender Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Bäume auf dem Grundstück der Beklagten beschatten nur einen Teil des Hauses des Klägers. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die Streitfrage, ob die auf dem Grundstück der Beklagten vorhandenen Bäume praktisch „wie eine Wand“ eine Art von „Hecke“ bilden oder nicht. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob für die entsprechende Hausseite für sich genommen sich anhand des vom Kläger vorgelegten Bildmaterials und der Lichtmessergebnisse ein zu duldendes, weil zumutbares Beschattungsausmaß ergibt oder ob mit dem Landgericht davon auszugehen ist, dass das nicht der Fall ist.

Die Schadensersatzansprüche des Klägers zur Höhe von 6.000 EUR hat das Landgericht mit zutreffender Begründung abgewiesen. Das vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. A. vom 22. März 2004 stellt eingetretene Schäden gerade nicht fest. Dieser Privatgutachter kann ausweislich Seite 5 seines Gutachtens nur „nicht ausschließen“, dass das Abwasserkanalrohr durchwurzelt ist. Positiv festgestellt hat er eine Durchwurzelung nicht. Deshalb hat er auch nur von einer „Gefahr für die Kanalleitungen“ und einem „drohenden“ Schaden gesprochen (Seite 6 seines Gutachtens); einen konkret eingetretenen Schaden hat er dagegen gerade nicht festgestellt. Dieser Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens ist ohne Weiteres aus sich heraus verständlich, sodass es insoweit auch keines Hinweises seitens des Gerichts gemäß § 139 ZPO etwa dahingehend, auch durch das Gutachten A. seien konkrete von den streitigen Bäumen verursachte Schäden am Kanalrohr oder sonst durch Feuchtigkeit verursachte Schäden nicht konkret dargelegt, nicht mehr bedurfte.“

Die fristgerecht mit Schriftsatz des Klägers vom 5. Januar 2005 eingegangene Stellungnahme vermag diese Beurteilung nicht zu ändern. Auch die von dem Kläger in dieser Stellungnahme nochmals hervorgehobenen Gesichtspunkte wie Beschattung seines Hauses in den von ihm benutzten Räumlichkeiten, verminderte Verkaufsmöglichkeiten des Anwesens infolge der Beschattung und Lebensumstände, vor allem vorgerücktes Alter des Klägers und seiner Ehefrau vermögen aus den im Hinweisbeschluss des Senats vom 16. Dezember 2004 im Einzelnen dargelegten rechtlichen Gründen keinen Beseitigungsanspruch des Klägers zu begründen. Das gilt auch für den wiederholten Vortrag des Klägers zu den Bärlauch-Gewächsen.

Die Anschlussberufung der Beklagten hat mit der Zurückweisung der Berufung des Klägers durch den vorliegenden Beschluss gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren. Im Rahmen der Kostenentscheidung waren die §§ 97 Abs. 1, 91, 92 Abs. 1, 96 ZPO analog anzuwenden. Soweit die Berufung durch Beschluss nach 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückgewiesen worden ist, hat der Kläger die Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2004 Anschlussberufung eingelegt haben, haben sie die Kosten der Anschlussberufung zu tragen, die aufgrund der einstimmigen Zurückweisung der Berufung keinen Erfolg mehr haben kann. Die Kostenentscheidung beruht insoweit auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 91, 92 Abs. 1, 96 ZPO, nach der die Kosten eines erfolglosen Angriffsmittels von dem zu tragen sind, der von dem Mittel Gebrauch gemacht hat. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle NJW 2003, 2755 f) an, wonach anders als bei der Rücknahme der Hauptberufung, die auch nach neuem Zivilprozessrecht dazu führt, dass der Berufungskläger auch die Kosten der Anschließung zu tragen hat, weil sie der Entscheidung über die Anschließung wesentlich den Boden entzieht, die Kosten der Anschlussberufung im Fall der Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO dem Berufungskläger nicht aufzuerlegen sind, weil in diesem Fall der Bestand der Anschlussberufung nicht vom Willen des Berufungsklägers abhängt (wie hier: OLG Düsseldorf, NJW 2003, 1260; OLG Brandenburg MDR 2003, 1261; OLG Dresden BauR 2003, 1431; a. A. u. a. OLG Celle (16. Senat) in MDR 2004, 592; OLG Celle (1. Senat), OLG Report Celle 2004, 318; zum Meinungsstand ferner Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 524 Rn. 44).

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