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Kündigung (betriebsbedingte): Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten

BUNDESARBEITSGERICHT

Az.: 2 AZR 480/04

Urteil vom 02.06.2005


Leitsätze:

An sich nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber oder einem anderen Unternehmen können bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit nach § 1 Abs 3 S 1 KSchG durch eine vertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien berücksichtigt werden.

Die sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirkende Individualvereinbarung darf jedoch nicht rechtsmißbräuchlich sein und nur die Umgehung der Sozialauswahl bezwecken. Für eine Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Betriebszugehörigkeitszeiten muss ein sachlicher Grund vorliegen.

Ein sachlicher Grund ist ohne weiteres anzunehmen, wenn der Berücksichtigung früherer Beschäftigungszeiten ein arbeitsgerichtlicher Vergleich wegen eines streitigen Betriebsübergangs zugrunde liegt.


Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. August 2004 - 12 (3) Sa 1104/04 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte ist eine gemeinnützige Gesellschaft für Beschäftigungsförderung mit Sitz in D. Sie führt ua. Berufsbildungsmaßnahmen durch und veranstaltet von der Arbeitsverwaltung geförderte Ausbildungen in den Bereichen „Bürokaufleute“, „Groß- und Außenhandelskaufmann“ und „Speditionskaufmann“. Die Arbeitsverwaltung vergibt die Aufträge für die Ausbildungen nach Ausschreibungen.

Der am 23. April 1961 geborene Kläger ist gelernter Bürokaufmann. Er war seit dem 15. August 1995 bei der Beklagten bzw. bei deren Rechtsvorgängerin als Ausbilder tätig. Der letzte schriftliche Arbeitsvertrag sah in Ziff. 1 als „Tätigkeit“ vor:

„Der Arbeitnehmer wird ab dem 10.07.1998 im Rahmen einer durch öffentliche Mittel geförderten sozialstaatlichen Sonderaufgabe als Ausbilder im Bereich Bürokaufleute unbefristet eingestellt.“

Im Jahr 2003 schränkte die Arbeitsverwaltung die Förderung von Ausbildungsmaßnahmen für Bürokaufleute ein. Die im November 2003 von der Beklagten erstellte Prognose sah einen Rückgang der Zahl der Auszubildenden im Bereich Bürokaufleute von 61 (Stand: 31. Oktober 2003) auf 30 (31. Juli 2003) vor. In Anwendung eines vom Arbeitsamt empfohlenen Personalschlüssels, nach dem für 15 Auszubildende ein Ausbilder vorgesehen ist, errechnete die Beklagte einen Bedarf von zukünftig zwei statt der bisher drei Ausbilder für die Ausbildung der Bürokaufleute. Sie beschloss daher, unter Berücksichtigung der sozialen Gesichtspunkte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. Juni 2004 zu kündigen und die Ausbilder v. A. und G. weiterzubeschäftigen.

V. A., der zum Kündigungszeitpunkt 55 Jahre alt war und geschieden ist, war seit 1990 als Ausbilder bei der Qualifizierungszentrum R GmbH (im Folgenden: QZR) tätig. Nach der Insolvenz der QZR Mitte 2000 betreute die Beklagte die weitere Ausbildung der bei der QZR beschäftigten Auszubildenden. Sie stellte deshalb im August 2000 Ausbilder aus der QZR ein. V. A. hatte in einem Arbeitsgerichtsprozess geltend gemacht, sein Arbeitsverhältnis sei nach § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen. V. A. und die Beklagte schlossen daraufhin am 20. Oktober 2000 einen Prozessvergleich, in dem ua. geregelt ist:

„1.

Die Parteien sind sich einig, dass zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zu den Konditionen besteht, wie sie sich aus dem Arbeitsvertragsangebot der Beklagten an den Kläger vom 21. August 2000 ergeben.

2.

Die Parteien sind sich ferner einig, dass der Kläger hinsichtlich der Frage seines sozialen Besitzstandes, also hinsichtlich aller Fragen, die über die Entgeltabrechnung hinaus gehen, mit einer Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Oktober 1990 zu behandeln ist.“

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Nach Widerspruch des Betriebsrats vom 23. Dezember 2003 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 6. Januar 2004 zum 30. Juni 2004.

Seit der Entlassung des Klägers werden die auszubildenden Bürokaufleute  nur noch von G. und v. A. betreut. Auf Grund einer hohen Durchfallquote verblieben allerdings in allen Ausbildungsbereichen insgesamt 67 Auszubildende, obwohl die Beklagte lediglich mit 57 Auszubildenden per 30. Juni 2004 gerechnet hatte. Für den Ausbildungsbereich Bürokaufleute sank die Zahl der auszubildenden Bürokaufleute tatsächlich auf 31.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt und Weiterbeschäftigung begehrt. Er hat das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses zur Kündigung bestritten. Insbesondere hat er die von der Beklagten aufgestellte Prognose über den allgemeinen Rückgang der Teilnehmerzahl auf Grund der erfahrungsgemäß höheren Durchfallquote bei den Auszubildenden für unzutreffend gehalten. Er hat weiter geltend gemacht, er hätte  auch in einem anderen Ausbildungsbereich beschäftigt werden können. Insbesondere hätte die Beklagte ihn im sog. Kaufmännischen Kompetenzcenter (KKC) an Stelle von Honorarkräften (Dozenten) einsetzen können. Ferner sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Vor ihm hätte v. A., der erst seit August 2000 bei der Beklagten beschäftigt sei, entlassen werden müssen. Die vertraglich mit v. A. vereinbarte Beschäftigungszeit seit 1990 dürfe nicht berücksichtigt werden. Bei dem Prozessvergleich handele es sich insoweit um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Auch der Arbeitnehmer T., der 51 Jahre alt, verheiratet und zum Kündigungszeitpunkt seit sechs Jahren und zwei Monaten im Betrieb der Beklagten beschäftigt gewesen sei, hätte in die Sozialauswahl einbezogen und vor ihm entlassen werden müssen. Schließlich sei auch der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 6. Januar 2004, zugegangen am 8. Januar 2004, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht: Die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgt. Ihre Prognose sei durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt worden. Die Auszubildendenzahlen seien vor allem im Bereich der Ausbildung von Bürokaufleuten zurückgegangen. Deshalb sei das Arbeitsvolumen für die Ausbilder dieses Bereichs erheblich gesunken. Es gebe keine freien Arbeitsplätze. Im KKC würden nur Dozenten auf Honorarbasis stundenweise beschäftigt. Sie unterrichteten spezifische kaufmännische Einzelthemen. Der Kläger entspreche nicht dem dortigen Anforderungsprofil. Schließlich sei auch die Sozialauswahl zutreffend. Es seien alle vergleichbaren kaufmännischen Ausbilder in die Sozialauswahl einbezogen worden. Der Ausbilder T. sei mit dem Kläger nicht vergleichbar; er könne als einziger Ausbilder die Auszubildenden zum „Groß- und Außenhandelskaufmann“ betreuen. Seine Weiterbeschäftigung sei aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich. Die sozialen Gesichtspunkte seien ausreichend berücksichtigt worden. Auch ohne Anrechnung seiner Vordienstzeiten sei v. A. auf Grund seines höheren Lebensalters nicht weniger schutzbedürftig als der Kläger.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Aufhebung der Berufungsentscheidung und die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die ordentliche Kündigung vom 6. Januar 2004 ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 und 3 KSchG) und auch nicht wegen einer fehlerhaften Beteiligung des Betriebsrats unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).

A.

Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß zur beabsichtigten Kündigung des Klägers nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG angehört worden. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 mitgeteilt, wem sie kündigen wolle. Sie habe den Betriebsrat auch über den Kündigungsgrund ausreichend unterrichtet. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sie gegenüber dem Betriebsrat keine Angaben zur Gewichtung der Sozialdaten machen müssen.

Die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Bei Ausspruch der Kündigung hätten hinreichend greifbare Anhaltspunkte für einen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zum 30. Juni 2004 vorgelegen. Die Beklagte habe eine realistische Prognose für den zukünftigen Beschäftigungsbedarf der Ausbilder für Bürokaufleute erstellt, die sich auch tatsächlich bestätigt habe. In diesem Ausbildungsbereich seien nach dem 30. Juni 2004 nur noch 31 Auszubildende von den Ausbildern v. A. und G. zu betreuen gewesen. Andere Beschäftigungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden. Der Kläger könne nicht als Dozent am KKC eingesetzt werden. Es stehe der Beklagten frei, die Lehraufgaben im KKC an freie Mitarbeiter zu vergeben. Die Kündigung sei schließlich nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Der Kläger sei mit T. nicht vergleichbar. Es fehle sowohl an einer arbeitsvertraglichen als auch an einer qualifikationsmäßigen Austauschbarkeit. Die Sozialauswahl sei auch im Verhältnis zu v. A. fehlerfrei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Betriebszugehörigkeit des Ausbilders v. A. nur ab dem August 2000 zähle und dem sozialen Auswahlkriterium „Betriebszugehörigkeit“ ein höheres Gewicht als dem Sozialdatum „Lebensalter“ zukomme. Jedenfalls sei im Rahmen der vorzunehmenden Sozialauswahl zu berücksichtigen, dass für v. A. auf Grund der mit der Beklagten im Prozessvergleich getroffenen Vereinbarung eine Betriebszugehörigkeit seit dem Jahr 1990 zu Grunde zu legen sei. Diese einzelvertragliche „Gutschrift“ der Vordienstzeiten des Ausbilders v. A. müsse schon deshalb berücksichtigt werden, weil der Prozessvergleich auf Sachgründen beruhe und kein unverhältnismäßiger Eingriff in den durch § 1 Abs. 3 KSchG vermittelten Bestandsschutz eines Dritten vorliege.

B.

Dem folgt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung.

I.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Kündigung für sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 1 KSchG) angesehen. Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG) und die Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) ist nicht fehlerhaft.

1.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Bei den Fragen des dringenden betrieblichen Erfordernisses (§ 1 Abs. 2 KSchG) und der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Auswahl des Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 3 KSchG) handelt es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das angefochtene Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. zB BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - AP KSchG 1969  § 1 Soziale Auswahl Nr. 70 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 134). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil im Ergebnis stand.

2.

Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

a) Die eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entfallen ist (zuletzt etwa Senat 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 74 = EzA KSchG § 2 Nr. 50). Regelmäßig entsteht ein solches dringendes betriebliches Erfordernis nicht allein und unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktions- oder Umsatzrückgang etc.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche Entwicklungen veranlassten Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Ausreichend ist insoweit, dass durch die unternehmerische Organisationsentscheidung ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist und dadurch unmittelbar oder mittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine betrieblich umgesetzte unternehmerische Organisationsentscheidung muss sich auf die Einsatzmöglichkeiten des gekündigten Arbeitnehmers auswirken (zusammenfassend Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - aaO). Führen die betrieblichen Umstände nicht zu einer Reduzierung des Arbeitsvolumens im Betrieb, so liegt kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vor. Dabei kann eine unternehmerische Organisationsentscheidung nicht nur in einer (Um-)gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss (Senat 19. Mai 1983 - 2 AZR 594/82 - BAGE 73, 151; 24. April 1997 - 2 AZR 352/96 - BAGE 85, 358; 18. Dezember 1997 - 2 AZR 709/96 - BAGE 87, 327). Tritt durch eine solche Organisationsentscheidung eine Leistungsverdichtung ein, beispielsweise indem Klassen- oder Gruppenfrequenzen in einem Ausbildungsbetrieb erhöht werden, ist dies als Konzept gewollt. Die dadurch notwendig werdenden Änderungen und Arbeitsintensivierungen innerhalb der Arbeitszeit müssen von den verbleibenden Arbeitnehmern  in Kauf genommen werden. Denn der rationelle Einsatz des Personals ist allein Sache des Arbeitgebers und seiner unternehmerischen Organisationsplanung (Senat 24. April 1997 - 2 AZR 352/96 - aaO). Die Bestimmung, wie die Kapazitäten und Arbeitszeiten auf die einzelnen zu betreuenden Ausbildungsgruppen im Rahmen eines (Ausbildungs-) Betriebs verteilt werden und damit, wie die jeweiligen Auszubildenden mit welcher Intensität von den Ausbildern betreut werden sollen, gehört zum Bereich der von den Arbeitsgerichten nur beschränkt überprüfbaren „Unternehmenspolitik“.

Dies gilt grundsätzlich selbst in den Fällen, in denen die Richtlinien der Arbeitsämter ggf. „Schlüsselzahlen“ für das Verhältnis von Auszubildenden und Ausbildern festgelegt haben. Die gegenüber dem Arbeitgeber vom Auftraggeber festgelegten Mindestzahlen bzw. durch öffentlich-rechtliche Rahmenregelungen bestimmten Verhältniszahlen haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Bestimmung und Verteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens im Betrieb. Solche Regelungen begrenzen nicht das arbeitgeberseitige Organisationsermessen und führen bei einem Abweichen von den externen Werten in Folge einer entsprechenden unternehmerischen Organisationsmaßnahme nicht ohne weiteres zu einer offenbar unsachlichen oder unvernünftigen unternehmerischen Entscheidung. Rahmenrechtliche Regelungen oder auch vertragliche Abreden dieser Art mit Dritten eröffnen im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien regelmäßig keinen arbeitsrechtlichen Bestands- oder Inhaltsschutz, dh. sie haben keinen arbeitnehmerschützenden Charakter (vgl. zuletzt beispielsweise BAG 7. Oktober 2004 - 2 AZR 122/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 129 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 133). Sie können allerdings unter Umständen Bedeutung hinsichtlich der voll zu überprüfenden Frage der dauerhaften Umsetzung der Organisationsentscheidung gewinnen, wenn offensichtlich ist, dass der Dritte diese Maßnahme nicht hinnehmen wird.

Ferner ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen die Kündigung auf eine künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt wird, die Kündigung bereits dann ausgesprochen werden kann, wenn die betreffenden betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. Solche greifbaren Formen liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auf Grund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (vgl. beispielsweise BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; zuletzt 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40).

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht unter Anwendung dieser Maßstäbe angenommen, dass im Kündigungszeitpunkt auf Grund der zu erwartenden - vor allem prüfungsbedingten - Abgänge und der ausbleibenden Zugänge infolge des geänderten Förderungskonzepts der Arbeitsverwaltung hinreichend greifbare Anhaltspunkte für einen gesunkenen Beschäftigungsbedarf für Ausbilder des Bereichs Bürokaufleute bezogen auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist vorlagen. Die Beklagte konnte zumindest prognostisch davon ausgehen, der Bedarf an Ausbildern für Bürokaufleute werde zum Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses des Klägers um einen Ausbilder gesunken sein.

Dies belegt im Übrigen schon die tatsächliche Entwicklung. Zwar kommt es für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs an (BAG 12. April und 27. November 2003 - 2 AZR 256/01 - und - 2 AZR 48/03 - aaO). Wohnt dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element inne, schließt dies aber nicht aus, dass aus dem tatsächlichen Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose gezogen werden können. Der Senat hat jedenfalls zur Bestätigung einer Beschäftigungsbedarfsprognose einen Rückgriff auf die später eintretende tatsächliche Entwicklung als rechtlich zulässig angesehen (BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - aaO). Deshalb ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Beschäftigungsbedarf für einen Ausbilder im Bereich der Bürokaufleute sei auf Grund der zurückgehenden Auszubildendenzahlen und der von der Beklagten festzulegenden Gruppengröße bzw. des Verhältnisses von Auszubildenden und Ausbilder gesunken, nicht zu beanstanden. Die Zahl der auszubildenden Bürokaufleute war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts real auf 31 zum 30. Juni 2004 gesunken. Die tatsächliche Entwicklung entspricht damit im Wesentlichen der Prognose der Beklagten, die zum Kündigungszeitpunkt von einem Ausbildungsbedarf per 30. Juni 2004 von 30 Auszubildenden ausgegangen war. Da es zum organisatorischen Ermessen der Beklagten gehört, mit welcher Größe sie eine Auszubildendengruppe zusammenstellt und wie viele (Fach-) Ausbilder sie einer solchen Gruppe zuordnet, ist vorliegend ohne weiteres von einem Rückgang des Beschäftigungsbedarf für einen Ausbilder für Bürokaufleute auszugehen. Das gilt umso mehr, als der vom Arbeitsamt empfohlene Personalschlüssel (15 Auszubildende pro Ausbilder) nur unwesentlich überschritten wurde.

Der Kläger hat gegen diese Feststellungen auch keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben. Sein Hinweis, die Beklagte hätte nicht nur zum zukünftigen Bedarf an Ausbildern von Bürokaufleuten vortragen müssen, ist insoweit unbeachtlich. Jedenfalls liegt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein Rückgang des Beschäftigungsvolumens in diesem Bereich vor. Soweit gleichzeitig ein „Bedarf“ an Beschäftigungsvolumen in anderen Bereichen bestanden haben soll - was von der Beklagten angesichts sinkender Auszubildendenzahlen allgemein bestritten worden ist -, wäre es im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast am Kläger gewesen, hierzu näher vorzutragen und insbesondere darzulegen, wie sich dies konkret auf den Beschäftigungsbedarf der Ausbilder des Bereichs Bürokaufleute ausgewirkt hätte.

3.

Die Revision hat die zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten nicht hinreichend mit Revisionsrügen angegriffen. Die vom Kläger benannten Stellen im KKC sind nicht frei. Es ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung der Beklagten, die - anders gelagerten - Lehraufgaben im KKC anstatt mit eigenen Arbeitnehmern weiterhin von freien Mitarbeitern ausführen zu lassen, willkürlich oder offenbar unvernünftig ist(vgl. BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 519/99 - BAGE 97, 10; 9. Mai 1996 - 2 AZR 438/95 - BAGE 83, 127).

4.

Die Kündigung ist nicht iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte hat bei der Auswahl des Klägers zur Kündigung die sozialen Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt.

a) Die Beklagte hat die Sozialauswahl zutreffend auf den Personenkreis der Ausbilder für Bürokaufleute beschränkt. Insbesondere der Mitarbeiter T. ist deshalb nicht mit dem Kläger vergleichbar.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht einer Vergleichbarkeit nicht entgegen („qualifikationsmäßige Austauschbarkeit“; 17. Februar 2000 - 2 AZR 142/99 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 46 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 43; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138; zuletzt: 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 70 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 134). An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann („arbeitsvertragliche Austauschbarkeit“; 17. Februar 2000 - 2 AZR 142/99 -, 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - und 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - alle aaO; zusammenfassend: ErfK/Ascheid 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 481; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 621 mwN).

bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger angesichts seiner bisherigen beruflichen Qualifikation in der Lage wäre, auch als Ausbilder für die Groß- und Außenhandelskaufleute zu arbeiten. Seine geschuldete Arbeitsleistung war jedenfalls von vornherein auf Grund seines Anstellungsvertrags auf eine Tätigkeit eines „Ausbilders im Bereich Bürokaufleute“ eingeengt. Um ihn als Ausbilder in dem anderen Bereich einsetzen zu können, hätte es einer Vertragsänderung oder einer Änderungskündigung bedurft. Eine Vergleichbarkeit mit den Ausbildern anderer Bereichen scheidet somit aus.

Deshalb ist auch der weitere Einwand des Klägers, er  könne in allen Sparten als Ausbilder eingesetzt werden und sei auch tatsächlich in anderen Sparten eingesetzt worden, für die Sozialauswahl unbeachtlich. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb auch keinen Sachvortrag des Klägers übergangen und brauchte auch kein Sachverständigengutachten der Industrie- und Handelskammer einzuholen.

cc) Unabhängig davon kann auch nicht angenommen werden, dass der Kläger deutlich schutzwürdiger ist als der als Ausbilder im Bereich Groß- und Außenhandelkaufleute tätige T., auf den der Kläger sich insoweit berufen hat. T. weist zwar mit etwas mehr als sechs Jahren eine geringere Betriebszugehörigkeit als der Kläger mit gut acht Jahren auf, ist aber mit 51 Jahren deutlich älter als der Kläger mit 42 Jahren.

b) Entgegen der Auffassung der Revision hat die Beklagte hinsichtlich des in die soziale Auswahl einbezogenen Ausbilders v. A. die sozialen Auswahlgesichtspunkte zumindest ausreichend berücksichtigt.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die von v. A. bei der QZR zurückgelegten Beschäftigungszeiten seien auf Grund des Prozessvergleichs vom 20. Oktober 2000 im Rahmen der Sozialauswahl zu beachten.

Die Regelungen über die Sozialauswahl sind zwar nicht dispositiv (KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Nr. 659; APS-Kiel 2. Aufl. § 1 KSchG Rn. 699 und 720). Sie können insbesondere nicht einzelvertraglich - auch zu Gunsten bestimmter Arbeitnehmer - gezielt verändert werden. Entgegen der Auffassung der Revision steht § 1 Abs. 3 KSchG aber mittelbaren Verschlechterungen der kündigungsrechtlichen Position eines Arbeitnehmers nicht entgegen, die sich aus einer zulässigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen ergeben(Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 8. Aufl. Rn. 1074; KR-Etzel aaO § 1 KSchG Rn. 666; APS-Kiel aaO § 1 KSchG Rn. 699 f.). Durch eine vertragliche Vereinbarung kann deshalb an sich eine nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeit bei demselben Arbeitgeber oder bei einem anderen Unternehmen auf die Betriebszugehörigkeitsdauer angerechnet werden (KR-Etzel aaO § 1 KSchG Rn. 672; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 467 a; Künzl ZTR 1996, 385, 390; aA Oetker ZfA 2001, 287, 319; MünchArbR-Berkowski § 139 Rn. 112). Allerdings darf die sich zu Lasten des anderen zu kündigenden Arbeitnehmers auswirkende Individualvereinbarung nicht rechtsmissbräuchlich sein und allein eine Umgehung der Sozialauswahl bezwecken. Zudem muss in Anbetracht des Spannungsverhältnisses des verfassungsrechtlich gebotenen Kündigungsschutzes nach Art. 12 Abs. 1 GG einerseits und der Vertragsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien andererseits regelmäßig für eine solche Anrechnung ein sachlicher Grund bestehen. Dabei kann insbesondere in dem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Individualvereinbarung und dem Kündigungsereignis ein starkes Indiz für einen fehlenden sachlichen Grund und eine mögliche Umgehungsabsicht liegen (vgl. APS-Kiel § 1 KSchG Rn. 700; Bütefisch: Die Sozialauswahl S. 148). Gerade in diesen Fällen muss der kündigungsberechtigte Arbeitgeber den möglichen sachlichen Grund für den Inhalt der Individualvereinbarung näher darlegen.

Im Entscheidungsfall bestehen keine Zweifel - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat -, dass ein sachlicher Grund für die Berücksichtigung der früheren Beschäftigungszeiten des Mitarbeiters v. A. bei der QZR gegeben war. Die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit des Ausbilders v. A. seit 1. Oktober 1990 beruht nicht nur auf einem Prozessvergleich, was allein schon entscheidend für das Vorliegen eines sachlichen Grundes spricht. Hinzu kommt, dass der Prozessvergleich vor dem Hintergrund eines streitigen Betriebsübergangs der Arbeitsverhältnisse von der QZR auf die Beklagte geschlossen worden ist. Hätte tatsächlich ein Betriebsübergang stattgefunden, wäre die frühere Betriebszugehörigkeit des Ausbilders v. A. auf jeden Fall von der Beklagten zu berücksichtigen gewesen (vgl. Senat 27. Juni 2002 - 2 AZR 270/01 - BAGE 102, 58; 18. September 2003 - 2 AZR 330/02 - AP BGB § 622 Nr. 62 = EzA BGB 2002 § 622 Nr. 2; 5. Februar 2004 - 8 AZR 639/02 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 23). Dementsprechend konnte die Beklagte auch die früheren Beschäftigungszeiten bei der QZR bei der Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG berücksichtigen.

bb) Es kann deshalb letztlich dahingestellt bleiben, ob nicht auch ohne Berücksichtigung dieser Vorbeschäftigungszeiten die von der Beklagten durchgeführte Sozialauswahl zwischen dem Kläger und v. A. ausreichend ist. Hierfür spricht aber vieles.

(1) § 1 Abs. 3 KSchG fordert kein irgendwie geartetes Tätigwerden des Arbeitgebers, sondern nur ein „dem Gesetz genügendes Ergebnis“.

(2) Nach dem Gesetzeswortlaut (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) hat der Arbeitgeber die sozialen Gesichtspunkte „ausreichend“ zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der Sozialkriterien deshalb ein Wertungsspielraum zu (Senat 5. Dezember 2002 - 2 AZR 549/01 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 49). Die Auswahlentscheidung muss nur vertretbar sein und nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 18. Januar 1990 - 2 AZR 357/89 - BAGE 64, 34; 18. Oktober 1984 - 2 AZR 543/83 - BAGE 47, 80; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 549/01 - aaO; Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 8. Aufl. Rn. 1161).

(3) Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, wie die in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG genannten sozialen Gesichtspunkte zueinander ins Gewicht zu setzen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt - auch für die ab dem 1. Januar 2004 geltende Fassung des KSchG, die insoweit identisch ist mit § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG in der Fassung des Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetzes 1996) -, keinem der im Gesetz genannten Kriterien eine Priorität gegenüber den anderen zu (2. Dezember 1999 - 2 AZR 757/98 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 549/01 - aaO; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 678 f.; ErfK/Ascheid 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 485).

(4) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs spricht alles dafür, die soziale Auswahl im Ergebnis selbst dann noch als ausreichend zu qualifizieren, wenn man die Vorbeschäftigungszeiten des Arbeitnehmers v. A. außer Ansatz lassen würde.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Revision kommt dem Kriterium der „Betriebszugehörigkeit“ kein ausschlaggebendes Gewicht zu.

In Anbetracht des deutlich höheren Lebensalters des Ausbilders v. A. (55 Jahre im Vergleich zum Kläger mit 42 Jahren) kann vorliegend nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger allein auf Grund seiner Betriebszugehörigkeit von gut acht Jahren im Verhältnis zu einer Tätigkeit des Mitarbeiters v. A. bei der Beklagten von gut drei Jahren deutlich schutzwürdiger im Sinne der oben genannten Grundsätze ist. Dementsprechend wäre die Sozialauswahl wohl selbst dann noch als ausreichend zu qualifizieren, wenn man die mit dem Prozessvergleich „anerkannte“ Vorbeschäftigungszeit als Betriebszugehörigkeitszeiten nicht einrechnet.

II.

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kündigung auch nicht wegen einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

1.

Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Den Kündigungssachverhalt muss er in der Regel unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungserhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG führt. Eine in diesem Sinne objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber allerdings, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 536/02 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 5; 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50; 8. September 1988 - 2 AZR 103/88 - BAGE 59, 295).

2.

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, die Anhörung des Betriebsrats sei vorliegend nicht zu beanstanden. Es hat zu Recht ausgeführt, das Anhörungsschreiben vom 15. Dezember 2003 habe alle kündigungsrelevanten Informationen für den Betriebsrat enthalten.

Soweit der Kläger mit seiner Revision noch rügt, dem Betriebsrat seien die Sozialdaten der vergleichbaren Arbeitnehmer gar nicht oder nur unvollständig übermittelt worden, ist dieses Vorbringen mangels näherer Konkretisierung unbeachtlich. Sein Hinweis, die Beklagte habe dem Betriebsrat nur lapidar mitgeteilt, der Mitarbeiter T. sei nicht vergleichbar, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer fehlerhaften Information des Betriebsrats. Die Beklagte hat dem Betriebsrat vielmehr mitgeteilt, sie habe diesen Mitarbeiter nicht mit dem Kläger verglichen, was - zumindest - aus ihrer - subjektiven - Sicht auch zutreffend war. Sie musste dem Betriebsrat auch nicht mitteilen, dass die Betriebszugehörigkeitszeiten des Ausbilders v. A. teilweise aus einem anderen Beschäftigungsverhältnis stammen und von ihr auf Grund des Prozessvergleichs angerechnet worden sind. Aus ihrer Sicht waren die Zeiten zu berücksichtigen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

 

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