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Beschaffungspflicht Verkäufer bei der Nachlieferung – Stück- und Gattungsschuld

LG Hagen (Westfalen) – Az.: 7 S 68/19 – Urteil vom 17.07.2020

Auf die Berufung des Klägers wird das am 01.08.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schwelm (Az.: 22 C 416/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 3.830,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2018 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagte zu 90 % und der Kläger zu 10 %. In zweiter Instanz trägt die Kosten die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1)

Die Parteien streiten über eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten wegen der Veräußerung eines Traktors, über den zwischen den Parteien ein Kaufvertrag besteht.

Die Beklagte verkauft u.a. Landmaschinen und Traktoren sowie Baumaschinen und Anhänger. Am 22.08.2013 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über einen Traktor „Mahindra 404“ zu einem Preis in Höhe von 6.999,00 EUR. Dabei handelte es sich um ein auf dem Hof der Beklagten stehendes Neufahrzeug, das der Kläger ausgewählt hatte. Das Fahrzeug hatte die Beklagte zu einem Einkaufspreis von 5.125,00 EUR netto erworben. Der Traktor durfte im Straßenverkehr nicht genutzt und es konnten keine Papiere vorgelegt werden. Die Abholung war für den 30.09.2013 vereinbart, zu der es niemals kam.

Der Kläger leistete bei Vertragsschluss eine Anzahlung von 100,00 EUR. In welche Höhe der Kläger in der Folge Zahlungen leistete, ist mit Blick auf vermeintliche Wechselkursschwankungen streitig. Unstreitig ist aber, dass der Kläger bis auf einen geringen Differenzbetrag den Kaufpreis nicht voll zahlte.

Im weiteren Verlauf machte die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2014 Standgebühren in Höhe von 50,00 EUR pro Monat geltend und forderte die Klägerseite dazu auf, den Traktor abzuholen. Mit weiterem Schreiben vom 26.02.2015 regte der Prozessbevollmächtigte der Beklagtenseite erneut an, den verbleibenden Kaufpreis zu zahlen, damit ein Abholtermin vereinbart werden könne. Mit Schreiben vom 23.03.2015 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit Verweis darauf, dass der Passus im Kaufvertrag „ohne Papiere, keine Straßenzulassung möglich“ auf der Ausfertigung der Beklagtenseite nachträglich ergänzt worden sein müsse.

Am 30.03.2015 (Anl. K7 – Bl. 17 d. A./ B5 – Bl. 76 d. A.) stellte die Beklagte ihre Gegenforderungen für den Fall einer Rückabwicklung des Vertrages zusammen und verlangte u.a. einen Wertverlust-Ersatz von 400,00 EUR netto für 18 Monate. Für weitere Einzelheiten wird auf die genannte Anlage Bezug genommen. Die mit Schreiben des seinerzeitigen Klägervertreters v. 31.03.2015 angekündigte Rückäußerung zu den Rückabwicklungsmodalitäten fand in der Folge nicht statt. Unter dem 04.11.2015 stellte die Beklagtenseite schriftlich klar, weiter auf Restkaufpreiszahlung und Abholung des Traktors zu bestehen. Am 27.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger schließlich in einem Telefonat mit, dass der Traktor anderweitig verkauft worden sei. Dies war tatsächlich bereits am 24.08.2016 zu einem Verkaufspreis von 4.205,88 EUR geschehen.

Am 04.01.2017 erhob die Beklagtenseite erstmals die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 verlangte die Klägerseite unter Fristsetzung Auskunft über durch den im Rahmen des Zweitverkaufs erzielten Kaufpreis. Unter dem 01.12.2017 berief sich die Beklagtenseite durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten neuerlich auf die Einrede der Verjährung und wies sämtliche Ansprüche zurück.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, die folgenden Zahlungen ergänzend zu der Anzahlung auf den Kaufpreis erbracht zu haben:

Datum Betrag

23.08.2013 3.000,00 EUR

09.09.2013 3.050,00 EUR

04.07.2014 800,00 EUR

Summe 6.850,00 EUR

Er hat die Auffassung vertreten, einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den §§ 283, 280 Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit 275 Abs. 1 BGB zu haben, da der Beklagtenseite die Leistung mit dem Weiterverkauf unmöglich geworden sei. Sein Schaden bestehe in der Höhe des gezahlten Kaufpreises. Eine Entkonkretisierung stehe hier gar nicht erst in Rede, da es sich bei dem Traktor um eine Stückschuld handele. Eine Verjährung dieses Anspruches sei noch nicht eingetreten, da der Anspruch erst mit der Veräußerung des Traktors durch die Beklagte im Jahre 2016 i. S. v. § 199 BGB entstanden sei. Die Verjährung trete nicht gleichzeitig mit dem Erfüllungsanspruch ein. Darüber hinaus stehe ihm gegen die Beklagte ohnehin ein Anspruch auf Herausgabe des erlangten Surrogats nach § 285 Abs. 1, 280 Abs. 1, Abs. 3, 275 Abs. 1 BGB zu, von dem die Beklagte weder die Standkosten noch den Wertverlust abziehen könne.

Der Kläger hat erstinstanzlich nach Klagerücknahme im Übrigen zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.875,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, es seien nur weitere Zahlungen i.H.v. 2.985,00 EUR, 3.035,00 EUR und 785,00 EUR (= 6.805,00 EUR) jeweils per Überweisung eingegangen. Die Beklagtenseite hat die Auffassung vertreten, der Kaufpreis könne nicht als Schadensersatz statt der Leistung herausverlangt werden, da es sich um den ursprünglichen Erfüllungsanspruch handele. Er könne allenfalls Ersatz für den Marktwert des Fahrzeugs verlangen. Ansatzpunkt sei hier der Verkaufspreis, der im Rahmen des Zweitverkaufs erzielt wurde. Zudem sei auch keine Unmöglichkeit der Leistung eingetreten, da die Beklagte das Fahrzeug habe entkonkretisieren dürfen. Sie habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, einen anderen neuen Traktor der Baureihe anzubieten. Weitergehend hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Forderung des Klägers verstoße gegen Treu und Glauben. Im Übrigen erhebt die Beklagtenseite die Einrede der Verjährung.

Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit folgenden Gegenforderungen:

Sie ist zunächst der Auffassung, ihr stünde ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns i.H.v. 1.881,00 EUR zu. Ferner habe sie Anspruch auf den Wertverlust des Traktors, der aus der Differenz der Nettoverkaufspreise aus dem Geschäft mit dem Kläger und dem Zweitverkauf i.H.v. 1.675,63 EUR zu berechnen sei. Eigentlich komme es aber auf „die Differenz zwischen Einkaufspreis netto und Verkaufspreis netto gegenüber dem Kläger“ an. Ferner verlangt die Beklagte Standkosten von 50,00 EUR im Monat bis zur Veräußerung sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 546,50 EUR ersetzt.

Der Kläger hat insoweit die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht zugleich den Wertverlust des Traktors und den entgangenen Gewinn geltend mache könne. Der Anspruch sei auf den Wertverlust beschränkt. Als Wertverlust könne die Beklagte auch nur einen Betrag von 22,22 EUR pro Monat geltend machen; dies sei immerhin der Betrag, den sie vorgerichtlich ihm gegenüber auch geltend gemacht habe.

2)

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aufgrund der Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar sei.

Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Traktors sei mit Ablauf des Jahres 2016 verjährt. Es widerspräche der Eigenschaft als Sekundäranspruch, wenn dieser unabhängig davon geltend gemacht werden könne. Vielmehr sei bei dessen Geltendmachung darauf abzustellen, ob der Erfüllungsanspruch noch geltend gemacht werden könne. Daher komme es auch nicht darauf an, ob der Traktor zu unverjährter Zeit des Erfüllungsanspruches bereits veräußert worden sei. Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers folge auch nicht aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach dem vorprozessual erklärten Rücktritt, da es an einem Rücktrittsgrund gefehlt habe. Insbesondere könne sich der Kläger nicht auf eine etwaige fehlende Eignung zur Zulassung im Straßenverkehr berufen, da sich dies bereits aus den Angaben im Kaufvertrag ergebe.

3)

Hiergegen wendet sich die eingelegte Berufung des Klägers mit dem Ziel, eine Verurteilung der Beklagten im Umfang des erstinstanzlich zuletzt gestellten Klageantrages zu erreichen. Hierzu wiederholt und vertieft die Berufung überwiegend bereits erstinstanzlich angebrachtes Vorbringen. Im Wesentlichen macht sie geltend, dass die Beklagte in Ermangelung eines Rücktritts ihrerseits zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung weiterhin zur Übergabe und Übereignung des Traktors verpflichtet gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Veräußerung sei damit ein neuer Schadensersatzanspruch im Sinne von § 199 BGB entstanden, dessen Verjährung sich unabhängig vom Schicksal des Erfüllungsanspruches bestimme. Dagegen spreche auch nicht, dass der Kaufpreis durch den Kläger noch nicht voll bezahlt war. Der Kläger habe seinen Anspruch bis zur Verjährung jederzeit durch Zahlung des Restkaufpreises aktivieren können.

In der Berufungserwiderung macht die Beklagte zur Begründung ihres Antrages, die Berufung zurückzuweisen, vornehmlich geltend, dass die Berufung entgegen der Auffassung der Kammer bereits unzulässig sei. Die Kammer habe bei ihrer Einschätzung die Entscheidung des BGH vom 03.05.2018 (Az.: IX ZB 72/17) nicht beachtet, wonach bei einer bedingten Einlegung der Berufungseinlegung wie im vorliegenden Fall die Berufung unzulässig sei. Die Formulierung, dass „nach“ Gewährung von Prozesskostenhilfe die angegebenen Anträge gestellt werden sollten, sei als eine Bedingung auszulegen. Davon sei die Kammer offensichtlich auch in ihrem Prozesskostenhilfebeschluss ausgegangen, woran sie nunmehr gebunden sei.

Jedenfalls sei die Berufung aber unbegründet. Soweit die Kammer darauf abstelle, dass der Beklagten die Lieferung des Traktors im Sinne von § 275 BGB unmöglich geworden sein könne, gehe das fehl, da die Beklagte jederzeit in der Lage gewesen sei, die noch immer produzierte Kaufsache als Neuware zu liefern. Eine Konkretisierung der Stückschuld sei hier rückgängig gemacht worden, da kein berechtigtes Interesse des Klägers daran bestehe, nicht eine neue Sache jüngeren Baujahrs geliefert zu bekommen. Weitergehend sei aber auch kein Schaden entstanden. Einen Rechtsverlust erleide der Kläger wegen der zwischenzeitlich eingetreten Verjährung nicht. Die Nebenrechte, zu denen auch der vom Kläger verfolgte Hauptanspruch gehöre, verjährten nämlich nach § 217 BGB mit der Hauptforderung, so dass auch die Rechtsverfolgungskosten nicht zu ersetzen seien.

II.

Die Berufung hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, da die Entscheidung des Amtsgerichts auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, die den Kläger beschwert.

A)

I)

Die Berufung ist zulässig. Dem steht insbesondere – in Abweichung von der ursprünglich seitens der Kammer vertretenen und im PKH-Beschluss vom 23.10.2019 zum Ausdruck gekommenen Auffassung der Kammer – nicht entgegen, dass es in dem Schriftsatz vom 05.09.2019 heißt, dass die dort genannten Anträge „nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe“ gestellt werden sollen. Hierin ist keine unzulässige (vgl. BGH NJW 1995, 2563) Einlegung der Berufung unter einer Bedingung zu sehen.

Ob die Berufung unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhoben worden ist, ist im Rahmen der Auslegung, der auch Prozessanträge zugänglich sind, zu ermitteln. Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen; vielmehr ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Maßgebend ist letztlich, ob sich beim Fehlen einer ausdrücklich erklärten Bestimmung als Berufungsbegründung eine solche aus dem Zusammenhang der in dem Schriftsatz erfolgten Ausführungen und seinen Begleitumständen ergibt. Dabei kommt es allein auf den vom Berufungskläger erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an. Hiervon ausgehend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags verbunden mit einem Schriftsatz, der die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als unbedingt eingelegtes und begründetes Rechtsmittel zu behandeln. Die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt, ist in solchen Fällen nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH NJOZ 2018, 435 Rn. 14, 15).

Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist hier davon auszugehen, dass der eingegangene Schriftsatz vom 05.09.2019 sich nicht in einem Prozesskostenhilfegesuch erschöpft, sondern zugleich die Rechtsmittelbegründung enthält. Der besagte Schriftsatz ist nicht etwa als Prozesskostenhilfegesuch oder nur als Entwurf bezeichnet, sondern trägt die Bezeichnung „Berufung“, so dass sich aus der Bezeichnung des Schriftsatzes die Annahme einer Bedingung zunächst nicht aufdrängt. Hinzu kommt, dass der Kläger sich in dem Schriftsatz nicht nur als Antragsteller bezeichnet, sondern bereits als Berufungskläger. In dem Schriftsatz, der handschriftlich unterschrieben ist, ist zudem eine Begründung angebracht, in der der Kläger ausführlich eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts dahingehend rügt, dass entgegen dessen Auffassung der durch den Verkauf des Traktors entstandene Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach Entstehung mit dem Verkauf des Traktors eigenständig und nicht etwa mit den Leistungsanspruch verjähre, wodurch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan ist.

Gerade bei dieser Ausgangslage kann die dem angekündigten Antrag vorausgestellte Wendung „Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden“ auch nur als eine temporale Staffelung gemeint sein, die nicht im Sinne einer Bedingung, sondern nur als Ausdruck des legitimen Wunsches zu verstehen ist, über die Gewährung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der – unschädlichen – Ankündigung, die weitere Durchführung der Berufung solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (BGH a.a.O. Rn. 19). Weder aus dem Schriftsatz selbst noch aus den Begleitumständen ergibt sich damit mit einer vernünftigen Zweifeln ausschließenden Deutlichkeit eine nur bedingte Berufungseinlegung.

Soweit die Beklagte meint, die Kammer sei an ihre zunächst im PKH-Verfahren vertretene Auffassung nach Ablauf der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gebunden, verfängt das nicht. Der Beschluss ist lediglich der formellen Rechtskraft mit Ablauf der Beschwerdefrist fähig, erwächst aber allen voran deshalb nicht in materielle Rechtskraft, weil das PKH-Verfahren kein kontradiktorisches Verfahren ist, an dem die Beklagte beteiligt ist (vgl. BGH NJW 2004, 1805).

Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des BGH vom 03.05.2018 (Az.: IX ZB 72/17) verhilft den Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Entscheidung wiederholt dieselben Rechtsgrundsätze, die den Hinweisen der Kammer in der Terminbestimmung zugrunde liegen (vgl. BGH BeckRS 2018, 9386 Rn. 6). In der von der Berufungserwiderung zitierten Entscheidung hat der BGH lediglich im Rahmen eigener und einzelfallbezogener Auslegung eine bedingte Berufungseinlegung angenommen. Die Ausgangslage ist jedoch nicht dieselbe, denn der seitens des BGH ausgelegte Schriftsatz enthielt im genannten Verfahren die Erklärung, „zunächst“ PKH beantragen zu wollen. Die Einleitung des anliegenden, mit „Berufung“ überschriebenen Schriftsatzes erfolgte zudem mit den Worten, die Berufung werde „im Falle der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe“ eingelegt und war damit auch nach „wohlwollender“ Betrachtung unter eine Bedingung gestellt. Einen solchen klaren Vorbehalt gibt es im hiesigen Falle gerade nicht. Gerade diesen Unterschied unter Bezugnahme auf die von der Kammer zitierte Entscheidung betont der BGH (a.a.O. Rn. 8) und weist zudem darauf hin, dass auch die Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 ZPO erfüllt waren.

II)

Die Berufung ist auch überwiegend begründet.

1)

Dem Kläger steht nämlich gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 3.830,80 EUR aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 249 Abs. 1 BGB zu.

a)

Der Anspruch ist entstanden.

aa)

Zwischen den Parteien ist in Gestalt des am 22.08.2013 zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrages ein Schuldverhältnis zustande gekommen.

bb)

Die Beklagte hat ferner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Eine solche Pflichtverletzung kann etwa in der Nichterfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht liegen (BeckOK BGB/Lorenz, 51. Ed. 01.08.2019, § 280, Rn. 16). So liegt die Sache hier. Gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Beklagte nämlich aus dem vorgenannten Kaufvertrag verpflichtet, dem Kläger das Eigentum an dem streitgegenständlichen Traktor zu verschaffen, was nicht geschehen ist. Diese Pflicht war auch nicht erloschen. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt den Rücktritt wegen Nichterbringung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt.

cc)

Die Beklagte brauchte nach Veräußerung des Traktors am 24.08.2016 nach § 275 Abs. 1 BGB zudem nicht mehr zu leisten. Der Anspruch auf Leistung ist nach dieser Regelung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(1)

Für die Frage, ob die Übergabe und Übereignung des Traktors unmöglich geworden ist, kommt es zunächst darauf an, ob es sich um eine Gattungsschuld oder eine Stückschuld handelt, denn läge lediglich eine Gattungsschuld vor, so ist grundsätzlich nur eine Sache mittlerer Art und Güte zu Leisten (§ 243 Abs. 1 BGB), auf die sich die Leistungspflicht in der Folge allenfalls gem. § 243 Abs. 2 BGB konkretisiert haben könnte.

Bei der Gattungsschuld beschränken sich die Parteien zunächst darauf, den Leistungsgegenstand nach bestimmten Merkmalen zu beschreiben, während es offen bleibt, mit welchem konkreten Gegenstand der Schuldner später erfüllen soll (BeckOK BGB/Sutschet, 51. Ed. 01.08.2019, § 243, Rn. 4). Eine Stückschuld liegt hingegen vor, wenn der Leistungsgegenstand von vornherein durch die Parteien individuell bestimmt wird, wenn die Parteien sich also schon bei Vertragsabschluss darauf geeinigt haben, dass nur ein ganz bestimmter Gegenstand vom Schuldner geleistet werden soll, so dass mit einem anderen Gegenstand nicht mehr erfüllt werden kann (MüKoBGB/Emmerich, 8. Aufl. 2019, § 243, Rn. 9).

Danach ist von einer Stückschuld auszugehen. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er sich einen bestimmten Traktor, der auf dem Hof der Beklagten stand, ausgesucht hat und nicht etwa nur abstrakt einen Traktor des streitgegenständlichen Modells ohne jedoch einen speziellen, bereits im Bestand der Beklagten vorhandenen Traktor zu meinen.

(2)

Als Fall rechtlicher Unmöglichkeit ist grundsätzlich anerkannt, dass der Schuldner des § 433 Abs. 1 S. 1 BGB das Eigentum an der zu übergebenden und zu übereignenden Sache verliert (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 42), soweit nicht grundsätzlich die Möglichkeit des Rückerwerbs verbleibt. Eine Unmöglichkeit ist also erst dann anzunehmen ist, wenn auch ein Rückerwerb von dem Zweiterwerber ausgeschlossen ist. Zugunsten des Käufers, der keinen genauen Einblick in die Beziehung zwischen Verkäufer und dem Dritterwerber hat, indiziert der Verkauf allerdings die Unmöglichkeit, sofern der Verkäufer nicht darlegt, dass er zur Erfüllung willens und in der Lage ist (vgl. BGH NJW 1999, 2034; MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 57). Das hat die Beklagte aber auch in der Berufungsbegründung und nach Erlass des Prozesskostenhilfe Beschlusses durch die Kammer, in dem diese Frage behandelt wird, nicht getan. Sie kann insoweit auch nicht einwenden, dass durch eine Entkonkretisierung gar keine Unmöglichkeit eingetreten sei, da die Klägerin weiterhin einen neuen Traktor der Baureihe liefern könne. Dabei verkennt die Beklagte, dass hier nach vorangehenden Ausführungen eine Stückschuld vereinbart ist. Eine Entkonkretisierung kommt ersichtlich nur bei zunächst nach § 243 Abs. 2 BGB konkretisierten Gattungsschulden in Betracht.

Eine abweichende Beurteilung ist letztlich auch nicht nach dem Verweis der Beklagten auf den Hinweisbeschluss des BGH v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17 veranlasst. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückschulden als verzichtbar angesehen habe. Die Beklagte verliert aber aus dem Blick, dass es in Rn. 31 des Beschlusses ausdrücklich heißt, dass dies für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Nachlieferung und damit im Rahmen des § 439 BGB gilt. Gleiches gilt für die im Schriftsatz vom 03.07.2020 weitergehend in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen, die sich allesamt zum Inhalt des Anspruches nach § 439 BGB verhalten. Das besondere Schuldrecht findet hier aber mangels Übergabe der Sache keine Anwendung. Dass die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf über die Auslegung des § 439 BGB hinaus insgesamt entfallen sollte, obwohl diese ausweislich gesetzlicher Regelungen wie § 243 Abs. Abs. 1, 2 BGB weiterhin von Belang ist, ergibt sich weder aus dem Hinweisbeschluss noch aus der Gesetzesbegründung. Im Gegenteil stehen die Tendenzen, den sich aus den Besonderheiten des § 439 Abs. 1 BGB ergebenden weiteren Pflichtenkreis des Schuldners auf die Anwendung des § 275 BGB insgesamt zu übertragen, nicht im Einklang mit den Vorstellungen des Gesetzgebers und fügen sich – de lege lata – auch nicht bruchlos in das von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld geprägte allgemeine Schuldrecht, das hier Anwendung findet, ein (vgl. NK-BGB/Barbara Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2016, BGB § 275  Rn. 18, 30).

Nicht zu überzeugen vermag dabei auch der Verweis der Beklagten auf die Möglichkeit, dem Kläger ein Holzspielzeug als Erfüllung übereignen zu können. Zwar mag dies über § 434 Abs. 3 BGB den Anwendungsbereich des § 439 BGB eröffnen, allerdings ist der Käufer nicht verpflichtet, ein solches aliud als Erfüllung im Sinne des § 363 BGB anzunehmen. Tut er es doch, ist freilich auch der Beurteilungsmaßstab für die Frage, was der Käufer im Rahmen der Nachlieferung akzeptieren muss, im Rahmen des § 439 Abs. 1 BGB ein anderer.

Selbst wenn man aber der Auffassung der Beklagten folgen und davon ausgehen wollte, dass eine interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags mit Blick auf den Umfang der Beschaffungspflicht der Beklagten zu erfolgen hat, so dass grundsätzlich Raum für die Annahme bestünde, der Kläger müsse sich auf einen neuwertigen Traktor derselben Baureihe verweisen lassen, verfängt das im konkreten Fall nicht. Der Kläger hat nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer unbestritten vorgetragen, dass er im Zuge der Gespräche mit der Lieferung eines neuen Traktors einverstanden gewesen sei, der mit der Sache befasste Mitarbeiter der Beklagte darüber aber nicht habe sprechen wollen. Vielmehr hat der Kläger später ergänzend – ebenfalls unwidersprochen – weiter angegeben, dass die Beklagte die Lieferung eines neuwertigen Traktors vielmehr von der Zahlung eines weiteren Geldbetrages abhängig gemacht hat. Mithin war die Beklagte gerade nicht zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen bereit.

Vor diesem Hintergrund war auch ihr Beweisangebot, ein anderes gleichartiges Neufahrzeug liefern zu können, unbeachtlich, denn hierauf kam es nach dem Vorgesagten gerade nicht an.

dd)

Das Verschulden der Beklagten, die gem. § 276 Abs. 1 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzutreten hat, wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird vermutet.

ee)

Ein Schaden ist dem Kläger i.H.v. 3.830,80 EUR entstanden.

(1)

Wie die Kammer schon im Rahmen des PKH-Beschlusses hervorgehoben hat, ist der Kläger nicht gehindert, der Berechnung seines Schadens nach der Differenzmethode den geleisteten Kaufpreis zugrunde zu legen. In dem Begehren ist zugleich eine konkludente Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) zu sehen, die den Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis im Sinne des § 346 BGB mit entsprechenden Rechten und Pflichten wandelt (BeckOK BGB/Lorenz, 51. Ed. 01.08.2019, § 281, Rn. 37; NK-BGB/Barbara Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2016, § 281, Rn. 62). Die Voraussetzungen des Rücktritts liegen auch mit Blick auf §§ 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB vor, da eine Fristsetzung aufgrund der eingetretenen Unmöglichkeit entbehrlich war.

Dieser konkludenten Rücktrittserklärung stand auch die Regelung des § 218 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen. Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist danach unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft, wobei dies nach Abs. 1 S. 2 der Norm auch für den – hier gegebenen Fall – der Unmöglichkeit der Hauptleistungspflicht gilt. Ebenfalls unwidersprochen hat der Kläger nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen, dass bereits in einem Gespräch kurz vor Ende des Jahres 2016 – und damit in unverjährter Zeit (s.u.) – zwischen seinem Sohn und der Beklagten die „Ansage“ der Klägerseite getätigt worden sei: „Geld zurück oder einen anderen Traktor“. Dass dabei der Begriff „Rücktritt“ oder „Schadensersatz“ nicht gefallen ist, ist unerheblich. Im Rahmen der gebotenen Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt sich aus dieser „Ansage“ mit hinreichender Deutlichkeit der Wille, sich vom Vertrage lösen zu wollen.

(2)

Entgegen der Bezifferung der für die Anspruchshöhe darlegungs- und beweisbelasteten Klägerseite, die insoweit keine weiteren Nachweise vorgelegt hat, ist jedoch nicht von der Zahlung eines Kaufpreises i.H.v. 6.950,00 EUR auszugehen, sondern auf Grundlage der Ausführungen der Beklagten lediglich von einem Betrag i.H.v. 6.905,00 EUR.

Zudem hat der Kläger schon bei Bezifferung der Klage Standgebühren und einen Wertverlust des Traktors „eingepreist“, die in geringem Umfang gar über das hinausgehen, was er der Bezifferung seines Klagebegehrens im Wege der Klageänderung in der Replik vom 05.03.2019 (Bl. 109 d. A.) letztlich zugrunde gelegt hat. Danach bleibt ein Schadensbetrag i.H.v. 3.830,80 EUR gemäß nachfolgender Aufstellung:

Position Betrag

Kaufpreiszahlung 6.905,00 EUR

Abzgl. Standgebühren -1.750,00 EUR

Abzgl. Wertverlust -777,70 EUR

Abzgl. RA-Geb. -546,50 EUR

Schadenssumme 3.830,80 EUR

(3)

Der Annahme eines Schadens in dieser Höhe steht der Verjährungseinwand der Beklagten nicht entgegen. Der Erfüllungsanspruch war nicht schon verjährt, als die Beklagte den Traktor anderweitig veräußerte. Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB verjährt binnen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB. Die Frist begann gem. § 199 Abs. 1 BGB, da der Anspruch mit dem Kaufvertragsschluss im August 2013 entstand und ab dem 30.09.2013 fällig war, ab dem 01.01.2014 zu laufen und endete mit Ablauf des 31.12.2016. Da die Pflichtverletzung der Beklagten am 24.08.2016 durch die anderweitige Veräußerung (und Übereignung) erfolgte, war zu dieser Zeit noch keine Anspruchsverjährung eingetreten.

b)

Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen, nachdem die Beklagte im Schriftsatz vom 03.07.2020 die erklärte Hilfsaufrechnung zurückgenommen hat.

c)

Der Anspruch ist letztlich auch durchsetzbar.

aa)

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagtenseite auf die Einrede der Verjährung gem. § 214 Abs. 1 BGB.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Entstehung des Anspruches. Das ist der Fall, wenn er erstmals gerichtlich geltend gemacht werden kann, was folglich sowohl das Entstehen des Anspruchs im materiell-rechtlichen Sinne als auch dessen Fälligkeit bedingt (vgl. Palandt/Ellenberger, § 199 Rn. 3).

Wann das bei Schadensersatzansprüchen statt der Leistung der Fall ist, ist streitig.

Nach einer Auffassung, der ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Streitstand auch das Amtsgericht folgt, soll die regelmäßige Verjährung des Schadensersatzanspruches stets zugleich mit derjenigen des Erfüllungsanspruches beginnen, so dass der Gläubiger mit der Verjährung des Erfüllungsanspruches auch das monetäre Erfüllungsinteresse in Gestalt des Schadensersatzes statt der Leistung nicht mehr durchsetzen könne (Palandt/Ellenberger, § 199 Rn. 15; MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 199 Rn. 24; BeckOK BGB/Henrich, 51. Ed. 1.8.2019, BGB § 199 Rn. 14; NK-BGB/Barbara Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2016, BGB § 281 Rn. 66).

Nach anderer Auffassung ist der Schadensersatzanspruch dagegen verjährungsrechtlich als eigenständiger Anspruch zu betrachten, der frühestens mit der Pflichtverletzung und ggf. den weiteren Voraussetzungen der §§ 281-283 entsteht (BeckOGK/Riehm, 1.7.2019, BGB § 280 Rn. 326; MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 281 Rn. 174 jeweils mit Verweis auf BGH, Urteil vom 09.06.1999 – VIII ZR 149-98 = NJW 1999, 2884; Staudinger/Schwarze (2014) BGB § 280, Rn. G 5).

Die Kammer schließt sich in Abweichung von der amtsgerichtlichen Entscheidung der letztgenannten Auffassung an. Die Auffassung, die den Schadenersatz statt der Leistung mit dem Leistungsanspruch verjähren lassen will, überzeugt die Kammer nicht. Sie wird – wohl vornehmlich mit Blick auf § 281 BGB – mit der Besorgnis begründet, dass der Gläubiger es sonst in der Hand hätte, durch eine Fristsetzung kurz vor Verjährung des Leistungsanspruches die Verjährungsfrist zu verdoppeln. Diese Möglichkeit besteht aber bei einem Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit nicht, denn eine Fristsetzung ist nicht erforderlich und jedenfalls im vorliegenden Falle, war es die Beklagte, die die Unmöglichkeit der Leistung herbeigeführt hat. Auch hat der Gesetzgeber lediglich den Rücktritt für ausgeschlossen erachtet, wenn der Leistungsanspruch verjährt ist, § 218 BGB. Für Schadensersatzansprüche fehlt es an einer solchen Regelung, ohne dass im Zuge der umfänglichen Neuregelung der Sekundärrechte belastbare Anhaltspunkte dafür bestünden, dass eine entsprechende Regelung für Schadensersatzansprüche statt der Leistung übersehen worden wären, so dass die Anwendungsvoraussetzungen einer Analoge nicht gegeben sind.

Ebenfalls nicht erfolgreich bemühen kann die Beklagte dabei die Regelung des § 217 BGB. Der an die Stelle des Hauptanspruchs tretende Schadensersatzanspruch nach § 283 BGB stellt schon keine Nebenleistung im Sinne des § 217 BGB dar (BeckOK BGB/Henrich, 54. Ed. 1.5.2020, BGB § 217  Rn. 4).

Der Schadensersatzanspruch verjährte daher grundsätzlich nicht vor Ablauf des 31.12.2019. Mit Rechtshängigkeit der Klage durch Zustellung an die Beklagtenseite (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) unter dem 14.12.2018 ist allerdings bereits weit vorher gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB Hemmung eingetreten.

bb)

Der pauschale Verweis der Beklagten auf Treu und Glauben steht dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. In der konkreten Gestaltung kommt allenfalls ein Anwendungsfall der Verwirkung in Betracht. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2019, 66 Rn. 12).

Unabhängig davon, dass die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hierzu nichts vorgetragen hat, gibt der Sach- und Streitstand für die Annahme der Voraussetzungen nichts her. Im Ausgangspunkt lässt sich zwar festhalten, dass der Kläger auf mehrere Aufforderungen und trotz ganz überwiegender Kaufpreiszahlung im Wesentlichen untätig geblieben ist, so dass erwogen werden könnte, das Umstandsmoment zu bejahen, wobei die Beklagte durch die anderweitige Veräußerung des Traktors eine Vermögensdisposition im Vertrauen darauf getätigt hat, der Kläger werde seinen Erfüllungsanspruch nicht mehr geltend machen, so dass es treuwidrig erschiene, dass er sich – mit ergänzendem Blick auf seine eigene Vertragsuntreue (vgl. Palandt/Grüneberg, § 281 Rn. 35) – nunmehr auf einen Sekundäranspruch beruft.

Dies verliert aber aus dem Blick, dass die Beklagte diesem Verhalten nicht hilflos ausgeliefert war. Sie konnte auf Leistung des restlichen Kaufpreises und Abholung klagen oder sich selbst die erforderliche Sicherheit für eine anderweitige Verwertung schaffen, indem sie vom Kaufvertrag mit dem Kläger zurücktritt. Ohnehin ist ein irgendwie gearteter dolus malus des Klägers, der sein Petitum als treuwidrig erscheinen ließe, in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Vielmehr mangelte es ihm – wie auch das in zweiter Instanz gestellte PKH-Gesuch neuerlich bestätigt – schlichtweg an den finanziellen Mitteln, um seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung nachkommen zu können; mag es sich auch um eine in Relation zur Hauptforderung geringe Restforderung i.H.v. 94,00 EUR gehandelt haben.

Auch ist weiter zu differenzieren: Geltend gemacht wird nicht der ursprünglichen Anspruch auf Übergabe und Übereignung, sondern eben der Schadensersatzanspruch, der grundsätzlich erst mit der Veräußerung des Traktors im Sommer 2016 entstanden ist und von dessen Entstehung der Kläger erst kurz vor Verjährung des Leistungsanspruchs Ende Dezember 2016 erfuhr. Insoweit liegt schon kein hinreichender Zeitablauf vor, denn der Kläger forderte ja nur 10 Monate später schon zur Mitteilung des erzielten Erlöses auf.

2)

Ein weitergehender Anspruch kann daneben aus § 285 BGB, dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, aus ungerechtfertigter Bereicherung und auch auf deliktischer Grundlage nicht hergeleitet werden.

a)

Zwar liegen die Voraussetzungen des § 285 BGB vor, allerdings wäre der Anspruch von vorneherein nur i.H. des Verwertungserlöses von 4.205,88 EUR entstanden. Abzüglich der seitens des Klägers in Aufrechnung gebrachten bzw. berücksichtigten Gegenforderungen verbliebe es daher lediglich bei einem Anspruch i.H.v. 1.131,68 EUR.

b)

Ansprüche aus dem Recht der GoA in Gestalt der §§ 677, 681 S. 1, 667 auf Herausgabe des Veräußerungserlöses und auf Schadensersatz nach § 678 BGB scheitern schon daran, dass die Grundvoraussetzungen der GoA nicht vorliegen. Die Veräußerung des Traktors war nämlich für die Beklagte, die immer noch Eigentümerin des Traktors war, kein fremdes Geschäft, da es mangels Eigentumserwerbs des Klägers nicht in einen fremden Interessenkreis fiel.

Eine Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB hat gerade nicht stattgefunden – es fehlt an der Übergabe in Gestalt der unmittelbaren Besitzverschaffung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne der §§ 930, 868 BGB – etwa in Gestalt einer Verwahrung (§ 688 BGB) geschlossen haben – so dass es einer Übergabe nicht bedurfte.

c)

Ein Anspruch aus §§ 989, 990 BGB scheitert daran, dass der Kläger noch nicht Eigentümer des Traktors war und damit keine Vindikationslage bestand.

d)

Aus diesem Grunde liegt in der Veräußerungshandlung der Beklagten auch keine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.

e)

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung des vereinnahmten Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Die Beklagte hat die Kaufpreiszahlung des Zweitkäufers nicht auf Kosten des Klägers erlangt, denn Gläubigerin des Kaufpreiszahlungsanspruchs aus dem Kaufvertrag war die insoweit berechtigte Beklagte.

Der Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB scheitert daran, dass die Beklagte als Eigentümerin Berechtigte war und der Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB erforderte, dass der Kläger Berechtigter ist, was mangels Eigentümerstellung nicht der Fall war.

3)

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 S. 1 BGB.

B)

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO. Nachdem im Zusammenhang mit der Frage nach dem Umfang der Nacherfüllungspflicht bei den sog. „Dieselskandal“-Fällen der Bundesgerichtshof neuerlich betont hat, dass die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückschuld dabei in den Hintergrund tritt, während insbesondere in der Literatur die Tendenz besteht, dieses Verständnis auch auf den (direkten) Anwendungsbereich des § 275 BGB zu übertragen (vgl. NK-BGB/Barbara Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2016, BGB § 275  Rn. 30 m.w.N.), gibt die hiesige Konstellation, in der sich die Problematik akut stellt, Anlass, höchstrichterliche Leitsätze für die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld im Allgemeinen Teil des BGB aufzuzeigen. Die Zulassung dient mithin der Fortbildung des Rechts.

Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Zwar hat die Kammer unter Lit./Ziff. A) II) a) cc) (2) der Entscheidungsgründe im vorletzten Absatz darauf abgestellt, dass die Übertragung der Grundsätze zum Umfang der Beschaffungspflicht im Rahmen des § 439 Abs. 1 BGB auf den hiesigen Fall, in dem das besondere Schuldrecht mangels Übergabe der Sache keine Anwendung findet, gleichsam zulässt, eine Unmöglichkeit der Leistungspflicht der Beklagten betreffend die Lieferung des streitgegenständlichen Traktors anzunehmen. Indes handelt es sich hierbei vor dem Hintergrund, dass die Kammer de lege lata für eine Übertragung der Wertungsmaßstäbe keinen Raum sieht, lediglich um eine Hilfsbegründung, die an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage nichts ändert (Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 543 ZPO, Rn. 6a).

C)

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

1. Instanz            = 4.280,00 EUR

2. Instanz            = 3.875,18 EUR

 

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