Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streitwertstreit um Baumfällung: Landgericht München I korrigiert Amtsgericht zugunsten von Wohnungseigentümer
- Beschlussanfechtung in der WEG: Fokus auf Baumfällung und Katzentreppe
- Streitwertbemessung durch das Amtsgericht: Ursprünglich niedrige Festsetzung
- Streitwertbeschwerde des Klägervertreters: Forderung nach höherem Wert
- Argumentation der Beklagtenseite: Beschränkung auf tatsächliche Kosten
- Nichtabhilfe des Amtsgerichts: Teilweise Erhöhung, aber weiterhin zu niedrig
- Entscheidung des Landgerichts München I: Deutliche Erhöhung des Streitwerts
- Begründung des Landgerichts: Maßgeblichkeit des Interesses aller Wohnungseigentümer gemäß § 49 GKG
- Bedeutung für Betroffene: Höherer Streitwert bedeutet höhere Anwalts- und Gerichtskosten, aber auch realistischere Bewertung des Interesses
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG München I
- Datum: 06.05.2024
- Aktenzeichen: 36 T 3448/24
- Verfahrensart: Streitwertbeschwerde
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Zivilprozessrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägervertreter: Repräsentiert den Antragsteller, der die vorläufige Streitwertfestsetzung beanstandet und eine Anhebung auf 5.504,00 Euro fordert.
- Gemeinschaft der Miteigentümer: Hat im Umlaufverfahren Beschlüsse gefasst, die die Entfernung von zwei Ahornbäumen inklusive Entsorgung sowie die Genehmigung zur Anbringung einer Katzentreppe vorsahen.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: In einem erstinstanzlichen Rechtsstreit wurde die Anfechtung der von der Gemeinschaft gefassten Beschlüsse zu baulichen Maßnahmen (Entfernung von Ahornbäumen und Genehmigung einer Katzentreppe) verhandelt. Bei der Klage wurde der Streitwert nicht konkret beziffert, weshalb das Amtsgericht Passau ihn vorläufig auf 2.500,00 Euro festsetzte – ohne eine detaillierte Begründung für diese Höhe.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der ursprünglich festgesetzte Streitwert von 2.500,00 Euro den tatsächlichen Auseinandersetzungen gerecht wird oder ob die Argumente des Klägervertreters eine Anhebung auf 5.504,00 Euro rechtfertigen.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das LG München I hat den Beschluss des Amtsgerichts Passau abgeändert und den Streitwert im Verfahren auf 5.504,00 Euro festgesetzt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, es werden keine Kosten erstattet, und eine weitere Beschwerde ist nicht zugelassen.
- Folgen: Im weiteren Verfahren gilt der festgesetzte Streitwert von 5.504,00 Euro als Grundlage. Die Parteien tragen keine zusätzlichen Gerichtskosten, und es besteht keine Möglichkeit, gegen diese Entscheidung erneut Beschwerde einzulegen.
Der Fall vor Gericht
Streitwertstreit um Baumfällung: Landgericht München I korrigiert Amtsgericht zugunsten von Wohnungseigentümer

In einem bemerkenswerten Beschluss des Landgerichts München I (Az.: 36 T 3448/24) vom 06. Mai 2024 wurde ein Streitwert im Zusammenhang mit der Anfechtung von Beschlüssen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) neu festgesetzt. Im Kern ging es um die Frage, wie der Streitwert zu bemessen ist, wenn Wohnungseigentümer gegen Beschlüsse zur Baumfällung und zur Genehmigung einer Katzentreppe vorgehen. Das Landgericht korrigierte dabei die Entscheidung des Amtsgerichts Passau und setzte den Streitwert deutlich höher an. Dieser Beschluss ist nicht nur für den konkreten Fall von Bedeutung, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse für ähnliche Streitigkeiten in Wohnungseigentümergemeinschaften.
Beschlussanfechtung in der WEG: Fokus auf Baumfällung und Katzentreppe
Der Fall drehte sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in der zwei Beschlüsse im Umlaufverfahren gefasst wurden. Zum einen ging es um die Entfernung von zwei Ahornbäumen auf dem Gemeinschaftsgrundstück inklusive Entsorgung (TOP 1). Zum anderen wurde die Genehmigung zur Anbringung einer Katzentreppe durch einen Miteigentümer beschlossen (TOP 2). Ein Wohnungseigentümer war mit diesen Beschlüssen nicht einverstanden und focht diese vor dem Amtsgericht Passau an. Er machte geltend, dass die Beschlüsse fehlerhaft zustande gekommen seien und seinem Interesse als Wohnungseigentümer zuwiderlaufen würden.
Streitwertbemessung durch das Amtsgericht: Ursprünglich niedrige Festsetzung
Das Amtsgericht Passau hatte den Streitwert zunächst vorläufig auf 2.500 Euro festgesetzt. Auch im Anerkenntnisurteil, mit dem die angefochtenen Beschlüsse später für ungültig erklärt wurden, bestätigte das Amtsgericht diese Streitwertfestsetzung von 2.500 Euro. Eine Begründung für diese Höhe wurde jedoch weder im vorläufigen Beschluss noch im Anerkenntnisurteil gegeben. Der Klägervertreter sah diesen Streitwert als zu niedrig an und legte daher Streitwertbeschwerde beim Landgericht München I ein.
Streitwertbeschwerde des Klägervertreters: Forderung nach höherem Wert
Der Klägervertreter argumentierte, dass der Streitwert deutlich höher anzusetzen sei und beantragte eine Festsetzung von 5.404 Euro. Er begründete dies damit, dass bei der Anfechtung von Beschlüssen in Wohnungseigentumssachen nicht nur die reinen Kosten der Maßnahme, sondern das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung zu berücksichtigen sei. Im Fall der Baumfällung gehe es nicht nur um die reinen Fällkosten, sondern auch um den Wert der Bäume selbst für das Grundstück und die Gemeinschaft. Für die Katzentreppe sei ebenfalls ein angemessener Wert anzusetzen, der über rein symbolischen Beträgen liege.
Argumentation der Beklagtenseite: Beschränkung auf tatsächliche Kosten
Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft hielt an der Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts fest. Sie argumentierte, dass im Rahmen der Beschlussanfechtung lediglich die tatsächlich entstandenen Kosten für die Baumfällung in Höhe von 1.904 Euro sowie ein angemessener Wert für die Katzentreppe (hier 500 Euro) in die Streitwertbemessung einfließen sollten. Weitergehende Interessen des Klägers seien nicht zu berücksichtigen.
Nichtabhilfe des Amtsgerichts: Teilweise Erhöhung, aber weiterhin zu niedrig
Das Amtsgericht Passau half der Streitwertbeschwerde zunächst nicht ab. In seiner Nichtabhilfeentscheidung erhöhte es den Teilstreitwert für die Baumfällung zwar auf 1.900 Euro (entsprechend den Fällkosten) und für die Katzentreppe auf 600 Euro. Insgesamt blieb das Amtsgericht aber bei einem Streitwert, der deutlich unter der Forderung des Klägervertreters lag.
Entscheidung des Landgerichts München I: Deutliche Erhöhung des Streitwerts
Das Landgericht München I gab der Streitwertbeschwerde des Klägervertreters jedoch Recht und änderte den Beschluss des Amtsgerichts ab. Es setzte den Streitwert auf 5.504 Euro fest. Damit folgte das Landgericht im Wesentlichen der Argumentation des Klägervertreters und erkannte an, dass der Streitwert in solchen Fällen das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung widerspiegeln muss und nicht auf die reinen Kosten der Maßnahme beschränkt werden darf.
Begründung des Landgerichts: Maßgeblichkeit des Interesses aller Wohnungseigentümer gemäß § 49 GKG
Das Landgericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf § 49 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Diese Vorschrift regelt die Streitwertfestsetzung in Wohnungseigentumssachen und bestimmt, dass der Streitwert in Verfahren bei Beschlussklagen auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen ist. Das Landgericht betonte, dass für die Ermittlung dieses Interesses grundsätzlich der konkrete Gegenstand des angefochtenen Beschlusses maßgeblich ist und es nicht auf die Art der geltend gemachten Beschlussmängel ankommt.
Interesse an der Baumfällung: Mehr als nur Fällkosten
In Bezug auf die Baumfällung stellte das Landgericht klar, dass das Interesse der Wohnungseigentümer über die reinen Fällkosten hinausgeht. Bäume, insbesondere alte und große Ahornbäume, haben einen eigenständigen Wert für ein Grundstück und eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie tragen zum Mikroklima, zur Luftqualität, zum Schattenwurf und zur Ästhetik bei. Ihre Entfernung kann das Wohnumfeld negativ verändern und damit das Interesse aller Wohnungseigentümer berühren. Daher sei es nicht sachgerecht, den Streitwert lediglich auf die Fällkosten zu beschränken. Das Landgericht erkannte hier das vom Klägervertreter geltend gemachte Interesse an und setzte den Teilstreitwert für die Baumfällung entsprechend höher fest.
Interesse an der Katzentreppe: Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums
Auch in Bezug auf die Genehmigung der Katzentreppe erkannte das Landgericht ein über ein symbolisches Interesse hinausgehendes Interesse der Wohnungseigentümer. Die Anbringung einer Katzentreppe stellt eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar und kann die Optik des Gebäudes beeinträchtigen. Zudem können damit Fragen der Haftung und der Verkehrssicherungspflicht verbunden sein. Auch hier sei daher ein angemessener Streitwert anzusetzen, der das Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums widerspiegelt.
Bedeutung für Betroffene: Höherer Streitwert bedeutet höhere Anwalts- und Gerichtskosten, aber auch realistischere Bewertung des Interesses
Die Entscheidung des Landgerichts München I hat unmittelbare Auswirkungen auf Wohnungseigentümergemeinschaften und deren Mitglieder. Ein höherer Streitwert bedeutet zunächst einmal höhere Gerichts- und Anwaltskosten im Falle einer Beschlussanfechtung. Dies kann für den einzelnen Wohnungseigentümer eine finanzielle Belastung darstellen. Gleichzeitig sorgt die Entscheidung aber auch für eine realistischere Bewertung des Interesses der Wohnungseigentümer an solchen Streitigkeiten. Gerade bei Entscheidungen, die das Gemeinschaftseigentum oder das Wohnumfeld wesentlich verändern, wie beispielsweise Baumfällungen oder bauliche Veränderungen, ist das Interesse der Gemeinschaft oft höher als die reinen Durchführungskosten. Der Beschluss des Landgerichts stärkt somit die Position von Wohnungseigentümern, die sich gegen aus ihrer Sicht unrechtmäßige oder nachteilige Beschlüsse zur Wehr setzen wollen, indem er die wirtschaftliche Bedeutung solcher Auseinandersetzungen angemessener widerspiegelt. Für Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet dies, dass sie bei der Beschlussfassung über solche Maßnahmen die möglichen rechtlichen Konsequenzen und die damit verbundenen Kosten realistischer einschätzen müssen. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung der Interessen aller Beteiligten und einer transparenten und nachvollziehbaren Beschlussfassung in Wohnungseigentümergemeinschaften, um kostspielige und langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei Beschlussanfechtungen in Wohnungseigentümergemeinschaften müssen die gegenläufigen Interessen aller Beteiligten bei der Streitwertfestsetzung berücksichtigt werden. Bei baulichen Veränderungen wie der Entfernung von Bäumen ist nicht nur der tatsächliche Kostenbetrag, sondern auch das ideelle Interesse der Kläger am Erhalt der Bäume maßgeblich. Die Rechtsprechung erkennt an, dass die Bedeutung von Bäumen über ihren reinen Materialwert hinausgeht und ein Streitwert zwischen 4.000 und 6.000 Euro bei Anfechtungen von Baumentfernungsbeschlüssen angemessen ist.
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven in Wohnungseigentumsangelegenheiten
In Konflikten um gemeinschaftliche Entscheidungen, etwa zur Durchführung von Maßnahmen an gemeinschaftlichen Anlagen, geraten auch komplexe Kostenfragen und Interessenstrukturen in den Vordergrund. Solche Situationen erfordern eine differenzierte Betrachtung, bei der das gesamte Interesse aller Beteiligten mitberücksichtigt wird.
Unsere Kanzlei steht Ihnen zur Seite, um Ihre Situation im Detail zu prüfen und Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Möglichkeiten zu vermitteln. Vertrauen Sie auf eine präzise Analyse und eine sachlich transparente Beratung, die Ihnen dabei hilft, Ihre Rechte optimal wahrzunehmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Rechtsmittel habe ich gegen eine meiner Meinung nach falsche Streitwertfestsetzung?
Das wichtigste Rechtsmittel gegen eine falsche Streitwertfestsetzung ist die Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG (Gerichtskostengesetz). Wenn Sie der Meinung sind, dass der Streitwert in Ihrem Fall der Baumfällung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht korrekt festgesetzt wurde, können Sie dieses Rechtsmittel einlegen.
Voraussetzungen für die Streitwertbeschwerde
Die Streitwertbeschwerde ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig:
- Der Beschwerdegegenstand muss einen Wert von mehr als 200 Euro haben.
- Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Streitwertbeschlusses eingelegt werden.
- In Ausnahmefällen kann die Frist auch sechs Monate betragen, wenn die Streitwertfestsetzung erst einen Monat vor Fristablauf erfolgt.
Formale Anforderungen
Die Streitwertbeschwerde muss schriftlich beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Sie sollten in Ihrer Beschwerde genau darlegen, warum Sie die Streitwertfestsetzung für fehlerhaft halten und welchen Streitwert Sie für angemessen erachten.
Erfolgsaussichten
Die Erfolgsaussichten hängen stark vom Einzelfall ab. Wenn Sie nachweisen können, dass bei der Streitwertfestsetzung relevante Tatsachen übersehen wurden oder eine fehlerhafte Berechnung vorliegt, stehen die Chancen gut. Bei der Baumfällung in einer WEG könnte dies beispielsweise der Fall sein, wenn der Wert des Baumes falsch eingeschätzt wurde.
Besonderheiten bei der WEG
In Ihrem Fall der Baumfällung in einer WEG ist zu beachten, dass der Streitwert sich nach dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an der Entscheidung richtet. Wurde dieses Interesse bei der Festsetzung nicht korrekt berücksichtigt, kann dies ein Grund für eine Streitwertbeschwerde sein.
Konsequenzen der Streitwertbeschwerde
Eine erfolgreiche Streitwertbeschwerde kann zu einer Änderung des Streitwerts führen. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten. Bei einer Herabsetzung des Streitwerts können Sie mit geringeren Kosten rechnen.
Anwaltliche Vertretung
Für die Einlegung einer Streitwertbeschwerde ist eine anwaltliche Vertretung nicht zwingend erforderlich. Sie können die Beschwerde auch selbst einreichen. Allerdings kann ein Anwalt Ihnen bei der Formulierung und Begründung der Beschwerde helfen und so die Erfolgsaussichten erhöhen.
Bedenken Sie, dass die Streitwertbeschwerde ein komplexes rechtliches Instrument ist. Wenn Sie unsicher sind, ob die Voraussetzungen in Ihrem Fall erfüllt sind oder wie Sie die Beschwerde am besten formulieren, kann es sinnvoll sein, sich zumindest beraten zu lassen.
Wie werden ideelle Werte wie Bäume oder ökologische Aspekte bei der Streitwertbemessung berücksichtigt?
Bei der Streitwertbemessung in Fällen von Baumfällungen oder anderen Eingriffen in die Natur werden ideelle Werte wie ökologische Aspekte, Erholungswert oder optische Qualität von Bäumen durchaus berücksichtigt. Dies geschieht jedoch nicht nach einer festgelegten Formel, sondern basiert auf einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls durch das Gericht.
Berücksichtigung immaterieller Werte
Gerichte erkennen zunehmend den immateriellen Wert von Bäumen an. Neben dem reinen Sachwert eines Baumes fließen auch Faktoren wie seine ökologische Funktion, sein Beitrag zum Stadtklima und sein ästhetischer Wert in die Bewertung ein. Wenn Sie als Wohnungseigentümer die Fällung eines Baumes verhindern möchten, können Sie diese Aspekte in Ihrer Argumentation hervorheben.
Ermittlung des Streitwerts
Der Streitwert wird oft anhand des Sachwertverfahrens für Gehölze ermittelt. Dieses berücksichtigt die Kosten für Kauf, Pflanzung und Entwicklung eines Ersatzbaumes. Zusätzlich fließen Faktoren wie Alter, Größe und Standort des Baumes ein. In einem Fall wurde beispielsweise für die Fällung einer Fichte ein Streitwert von 5.000 Euro als angemessen erachtet, wobei das wirtschaftliche Erhaltungsinteresse des Eigentümers berücksichtigt wurde.
Ökologische und soziale Funktionen
Die ökologischen und sozialen Funktionen eines Baumes können den Streitwert erheblich beeinflussen. Gerichte berücksichtigen zunehmend Aspekte wie die Bedeutung des Baumes für das lokale Ökosystem, seine CO2-Speicherfunktion und seinen Beitrag zur Luftqualität. Wenn Sie als Wohnungseigentümer die Bedeutung eines Baumes unterstreichen möchten, können Sie auf diese Funktionen hinweisen.
Besonderheiten bei Wohnungseigentümergemeinschaften
In Wohnungseigentümergemeinschaften gilt die Fällung eines Baumes oft als Bauliche Veränderung, die der Zustimmung aller Eigentümer bedarf. Der Streitwert bemisst sich hier nicht nur am materiellen Wert des Baumes, sondern auch an seiner Bedeutung für die Gesamtanlage. Wenn ein Baum das Erscheinungsbild der Wohnanlage prägt, kann sein Verlust als Nachteil für alle Eigentümer gewertet werden, was den Streitwert erhöht.
Beachten Sie, dass die Berücksichtigung ideeller Werte bei der Streitwertbemessung eine komplexe Angelegenheit ist, die von Fall zu Fall variieren kann. Als Wohnungseigentümer sollten Sie bei Streitigkeiten um Baumfällungen stets die vielfältigen Funktionen und Werte des Baumes für die Gemeinschaft hervorheben, um Ihre Position zu stärken.
Wann lohnt sich eine Streitwertbeschwerde aus wirtschaftlicher Sicht?
Eine Streitwertbeschwerde kann sich aus wirtschaftlicher Sicht lohnen, wenn die potenzielle Kosteneinsparung die Kosten des Beschwerdeverfahrens übersteigt. Dabei sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
Differenz zwischen festgesetztem und angestrebtem Streitwert
Je größer die Differenz, desto eher lohnt sich eine Beschwerde. Als Faustregel gilt: Eine Streitwertbeschwerde sollte in Erwägung gezogen werden, wenn die Differenz mindestens 20% des festgesetzten Streitwerts beträgt. Bei einem festgesetzten Streitwert von 10.000 € wäre dies beispielsweise ab einer Differenz von 2.000 € der Fall.
Auswirkungen auf die Gerichts- und Anwaltskosten
Der Streitwert beeinflusst direkt die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten. Stellen Sie sich vor, der Streitwert wird von 10.000 € auf 8.000 € reduziert. Dies könnte Ihre Gerichtskosten um etwa 78 € und die Anwaltskosten um ca. 130 € senken. Bei einer Erhöhung des Streitwerts von 8.000 € auf 10.000 € würden sich die Kosten entsprechend erhöhen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens
Das Streitwertbeschwerdeverfahren selbst ist gebührenfrei. Allerdings können Anwaltskosten entstehen, wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Diese Kosten werden in der Regel nicht erstattet, auch wenn die Beschwerde erfolgreich ist.
Prozessrisiko und mögliche Kostenerstattung
Bedenken Sie das Prozessrisiko: Wenn Sie die Hauptsache gewinnen, aber die Streitwertbeschwerde verlieren, könnte dies die Kostenerstattung durch die Gegenseite verringern. Umgekehrt kann eine erfolgreiche Streitwertbeschwerde bei gewonnenem Prozess zu einer höheren Kostenerstattung führen.
Besondere Konstellation bei WEG-Streitigkeiten
Bei Streitigkeiten in Wohnungseigentümergemeinschaften, wie etwa bei Baumfällungen, ist die Berechnung des Streitwerts komplex. Hier wird oft das Interesse aller Wohnungseigentümer berücksichtigt. Eine Streitwertbeschwerde kann sich lohnen, wenn der festgesetzte Wert das tatsächliche wirtschaftliche Interesse der Beteiligten nicht angemessen widerspiegelt.
Nicht-finanzielle Gründe für eine Streitwertbeschwerde
In manchen Fällen kann eine Streitwertbeschwerde auch aus nicht-finanziellen Gründen sinnvoll sein. Wenn Sie beispielsweise der Meinung sind, dass der festgesetzte Streitwert die tatsächliche Bedeutung des Rechtsstreits nicht angemessen wiedergibt, kann eine Beschwerde dazu beitragen, die Wichtigkeit des Falls zu unterstreichen.
Beachten Sie, dass die Entscheidung für oder gegen eine Streitwertbeschwerde immer eine Einzelfallentscheidung ist. Die genaue Berechnung der potenziellen Kosteneinsparung und eine sorgfältige Abwägung aller Faktoren sind entscheidend, um zu beurteilen, ob sich eine Streitwertbeschwerde in Ihrem Fall wirtschaftlich lohnt.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Streitwert
Der Streitwert bezeichnet den in Geld ausgedrückten Wert des Streitgegenstands in einem gerichtlichen Verfahren. Er ist entscheidend für die Höhe der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren und bestimmt in vielen Fällen auch die Zuständigkeit des Gerichts. Die Bemessung erfolgt nach §§ 3-9 ZPO und richtet sich nach dem Interesse des Klägers an der Entscheidung. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist eine Schätzung vorzunehmen.
Beispiel: Im beschriebenen Fall wurde der Streitwert für eine Beschlussanfechtung bezüglich Baumfällungen zunächst auf 2.500 Euro festgesetzt, später aber auf 5.504 Euro korrigiert, da neben den reinen Kosten auch das ideelle Interesse am Baumerhalt berücksichtigt werden musste.
Streitwertbeschwerde
Eine Streitwertbeschwerde ist ein Rechtsmittel gegen die richterliche Festsetzung des Streitwerts. Sie kann eingelegt werden, wenn ein Beteiligter die gerichtliche Streitwertfestsetzung für unangemessen hält. Gesetzlich geregelt ist sie in § 68 GKG (Gerichtskostengesetz). Die Beschwerde muss innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung eingelegt werden und hat keine aufschiebende Wirkung auf das Hauptverfahren.
Beispiel: Im vorliegenden Fall legte der Klägervertreter eine Streitwertbeschwerde ein, da er den vom Amtsgericht festgesetzten Streitwert von 2.500 Euro für zu niedrig hielt und eine Anhebung auf 5.504 Euro forderte, welcher das Landgericht München I schließlich stattgab.
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist der Zusammenschluss aller Eigentümer von Wohnungen in einem Gebäude oder einer Wohnanlage. Sie ist rechtlich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt und bildet eine teilrechtsfähige Gemeinschaft. Die WEG trifft Entscheidungen über gemeinschaftliches Eigentum durch Beschlüsse in Eigentümerversammlungen oder im Umlaufverfahren und kann als Gemeinschaft selbst klagen und verklagt werden.
Beispiel: In der beschriebenen Rechtssache fasste die Gemeinschaft der Miteigentümer im Umlaufverfahren Beschlüsse über die Entfernung von zwei Ahornbäumen und die Genehmigung einer Katzentreppe, die später von einem Wohnungseigentümer angefochten wurden.
Umlaufverfahren
Das Umlaufverfahren ist eine alternative Methode zur Eigentümerversammlung, bei der Beschlüsse ohne physisches Zusammentreffen der Wohnungseigentümer gefasst werden können. Es ist in § 23 WEG geregelt und erfordert grundsätzlich die schriftliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Seit der WEG-Reform 2020 kann die Gemeinschaftsordnung jedoch vorsehen, dass für bestimmte Beschlüsse auch eine qualifizierte Mehrheit im Umlaufverfahren ausreicht.
Beispiel: Die Beschlüsse zur Entfernung der Ahornbäume und zur Genehmigung der Katzentreppe wurden im Umlaufverfahren gefasst, also ohne Einberufung einer Eigentümerversammlung durch schriftliche Abstimmung der Eigentümer.
Beschlussanfechtung
Die Beschlussanfechtung ist ein rechtliches Instrument im Wohnungseigentumsrecht, mit dem Wohnungseigentümer gegen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft vorgehen können. Sie ist in § 45 WEG geregelt und muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Klage beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Gründe können Gesetzes- oder Satzungsverstöße sein oder die Verletzung ordnungsgemäßer Verwaltung.
Beispiel: Im vorliegenden Fall hat ein Wohnungseigentümer die Beschlüsse zur Fällung der Ahornbäume und zur Genehmigung einer Katzentreppe angefochten, was den Ausgangspunkt für den späteren Streitwertstreit bildete.
Bauliche Veränderung
Eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (§ 20 WEG) ist jede Maßnahme, die über eine Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgeht und die optische, konstruktive oder funktionale Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums verändert. Seit der WEG-Reform 2020 hat jeder Eigentümer grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung baulicher Veränderungen, sofern die anderen Eigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Beispiel: Im beschriebenen Fall wurden zwei bauliche Veränderungen von der Eigentümergemeinschaft beschlossen: die Entfernung von zwei Ahornbäumen, die als substanzielle Veränderung des Gemeinschaftseigentums gilt, sowie die Genehmigung einer Katzentreppe an der Fassade.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 49a GKG (Besonderer Streitwert in Wohnungseigentumssachen): Nach § 49a GKG ist bei der Streitwertbestimmung in WEG-Sachen auf das Interesse aller Parteien an der Entscheidung abzustellen, nicht nur auf das Interesse des klagenden Eigentümers. Die Bemessung erfolgt nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Streitwert für die Beschlussanfechtung muss unter Berücksichtigung des Interesses aller Wohnungseigentümer an den streitgegenständlichen Maßnahmen (Entfernung von Bäumen und Genehmigung einer Katzentreppe) festgesetzt werden.
- § 32 Abs. 2 RVG (Beschwerdebefugnis des Rechtsanwalts): Diese Vorschrift gewährt dem Rechtsanwalt ein eigenes Beschwerderecht gegen Streitwertfestsetzungen, unabhängig von der Beschwerdebefugnis seines Mandanten. Der Anwalt kann somit aus eigenem Recht Streitwertbeschwerde einlegen, wenn sein Vergütungsanspruch vom festgesetzten Streitwert abhängt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Klägervertreter war befugt, die Streitwertbeschwerde in eigenem Namen einzulegen, da sich seine Vergütung nach dem Streitwert richtet und er ein eigenes rechtliches Interesse an einer höheren Festsetzung hat.
- § 68 Abs. 1 GKG (Streitwertbeschwerde): Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt und sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt wird. Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Streitwert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Erhöhung des Streitwerts von 2.500 Euro auf 5.404 Euro überschreitet deutlich die Mindestbeschwerdegrenze von 200 Euro, sodass die formalen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Beschwerde erfüllt sind.
- § 21 Abs. 1 WEG (Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums): Diese Norm regelt die ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümer und bildet die Grundlage für Beschlussfassungen in der Eigentümergemeinschaft. Bei baulichen Veränderungen wie der Entfernung von Bäumen oder dem Anbringen von Anbauten sind die Interessen aller Eigentümer zu berücksichtigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die angefochtenen Beschlüsse betreffen mit der Baumfällung und der Genehmigung einer Katzentreppe Maßnahmen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen und daher unter die Verwaltungskompetenz der Eigentümergemeinschaft fallen.
- § 44 Abs. 1 WEG (Beschlussanfechtungsklage): Die Norm regelt die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die binnen eines Monats nach Bekanntgabe erfolgen muss. Bei der Bewertung des Streitwerts einer Anfechtungsklage ist das wirtschaftliche Interesse aller Wohnungseigentümer an der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses zu berücksichtigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im gegenständlichen Fall wurde die Anfechtungsklage fristgerecht erhoben, wobei für die Streitwertbemessung neben den reinen Kosten für die Baumfällung auch weitergehende Interessen der Eigentümergemeinschaft an der Erhaltung der Bäume zu berücksichtigen sind.
- § 3 ZPO (Wertberechnung): Nach dieser Vorschrift ist der Wert des Streitgegenstands nach freiem Ermessen zu bestimmen, wobei bei mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen der Gesamtwert maßgebend ist. Bei einer Beschlussanfechtungsklage mit mehreren Angriffsgegenständen sind die Einzelstreitwerte zu summieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Bei der Anfechtung der beiden Beschlüsse (Baumfällung und Katzentreppe) müssen die jeweiligen Teilstreitwerte gesondert ermittelt und dann zum Gesamtstreitwert addiert werden, was zu einem höheren Gesamtstreitwert führt als vom Amtsgericht ursprünglich festgesetzt.
Das vorliegende Urteil
LG München I – Az.: 36 T 3448/24 – Beschluss vom 06.05.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz