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Wohnung – Besitzverlust – Streitwert

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: 24 W 63/10

Urteil vom 09.09.2010


Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 29. Juli 2010 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Streitwert bis zu 10.000 € beträgt.

G r ü n d e

A.

Der Antragsgegnerin (Vermieterin) ist am 29. Juli 2010 durch einstweilige Verfügung antragsgemäß verboten worden, die dem Antragsteller (Mieter) vereinbarungsgemäß für eine monatliche Miete von 650 € (zzgl. der gesetzlichen MwSt. und einer Betriebskostenvorauszahlung von 200 €) zum Zwecke der gewerblichen Zwischenvermietung überlassene (näher bezeichnete) Wohnung eigenmächtig, nämlich im Wege des (von ihr zuvor in Anspruch genommenen Selbsthilferechts) zu räumen und in Besitz zu nehmen. Gleichzeitig hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschlussteil (Absatz 3 des Tenors) den vom Antragsteller in dieser Höhe angegebenen Verfahrenswert auf 10.000 € festgesetzt.

Gegen die Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie will dessen Herabsetzung auf 3.094 EUR erreichen. Zur Begründung führt sie aus, der Verfahrenswert entspreche nicht dem gesetzlichen Räumungswert in Höhe der Jahresmiete (12 Mon x 650 €/Mon zzgl. 19% MwSt. = 9.282 €), sondern – entsprechend dem nur vorläufig beantragten und erlangten Rechtsschutz – nur dem Bruchteil der Jahresmiete, nämlich höchstens ein Drittel des Hauptsachewerts.

Das Landgericht hat unter Hinweis darauf, dass der Antragsteller auch ihm mit der eigenmächtigen Räumung und Inbesitznahme der Räume durch die Antragsgegnerin drohende, den Streitwert erhöhende Schäden habe abwenden wollen, der Beschwerde nicht abgeholfen.

B.

I. Das statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel, über das der Einzelrichter des Senats zu entscheiden hat (§ 122 Abs. 1 GVG, § 568 S. 1 ZPO), bleibt im Ergebnis ohne sachlichen Erfolg.

1. Dabei kann offen bleiben, ob die vom Landgericht gesetzte Prämisse zutrifft, wonach der Antragsteller neben dem drohenden Besitzverlust an der zwischenvermieteten Wohnung darüber hinausgehende ihm drohende Schäden, wie etwa Mietausfall, Schadensersatzansprüche der Endmieter gegen ihn, abwenden wollte. Selbst wenn das trotz diesbezüglich fehlenden konkreten Sachvortrags so gewesen sein sollte, hätte ein so gerichtetes Interesse bei der Bewertung des hier verfolgten Abwehrwehranspruchs, unberücksichtigt zu bleiben.

Ein im Hauptsacheverfahren verfolgtes Interesse des Vermieters an der Wiedererlangung des Besitzes von Räumen begrenzt das Gesetz aus typischerweise sozialen Gründen gemäß § 41 Abs. 2 GKG auf den Jahresmietwert (zzgl. der gesetzlichen MwSt., aber ohne Betriebskostenvorauszahlung). Dieser Wert gilt auch dann, wenn das tatsächliche Interesse des Vermieters an der Wiedererlangung des Besitzes an den Räumen sehr viel höher einzuschätzen ist. Nichts Anderes gilt, wenn sich umgekehrt der Mieter in einem Hauptsacheverfahren gegen einen vom Vermieter außergerichtlich in Anspruch genommenen Räumungs- und Herausgabeanspruch wehrt, etwa im Wege der negativen Feststellungsklage. Welche Motive er damit verfolgt, spielt keine Rolle; maßgeblich für die Bewertung ist nur der Wert des konkret verfolgten Anspruchs. Entsprechende Bewertungsgrundsätze haben grundsätzlich auch im Verfügungsverfahren zu gelten, soweit nicht wegen eines nur vorläufigen Rechtsschutzinteresses Wertabschläge vorzunehmen sind.

2. Die Jahresmietwert von 9.282 €, dessen Betrag in die hier maßgebliche Wertstufe von 9.000,01 € bis 10.000,00 € der Gebührentabellen zu § 34 Abs. 1 S. 2 GKG (Anlage 2) und zu § 13 Abs. 1 S. 3 RVG (Anlage 2) fällt, ist entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin nicht deswegen zu kürzen, weil der Antragsteller hier „nur“ vorläufigen Rechtsschutz beantragt und erhalten hat. Die Bewertung richtet sich im Streitfall gemäß § 3 ZPO, §§ 53 Abs. 1 Nr. 1, 41 Abs. 2 GKG ausnahmsweise uneingeschränkt nach dem Wert der Hauptsache. Das beruht darauf, dass der Antragsteller hier nicht nur die einstweilige, sondern in Abwehr der verbotenen Eigenmacht der Antragsgegnerin (§§ 858 ff. BGB) im Ergebnis die andauernde Erhaltung seines Besitzrechts an der Mietsache verfolgt hat, womit er über die bloße Sicherung hinaus die Befriedigung seines Anspruchs erstrebt hat (vgl. Senat MDR 2004, 1291 = NZM 2005, 180 [juris Tz 7]; OLG Köln OLGR 1999, 336; ebs. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 53 Rn. 3 m. w. Nachw.; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichw. „Einstweilige Verfügung/Hauptsachewert“ m. w. Nachw.). Die Erfüllungswirkung der einstweiligen Verfügung wird dauerhaft erstrebt, jedenfalls aber bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines gegebenenfalls vom Vermieter zu führenden Räumungsprozesses. Dieser Zeitraum kann prognostisch mit einem vollen Jahr angesetzt werden (§ 287 ZPO).

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; das Verfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

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