BGH
Az: III ZR 53/11
Urteil vom 17.11.2011
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 8. Februar 2011 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Husum vom 22. Februar 2010 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.470,63 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 21. März 2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Bestattungsunternehmen und verlangt von der Beklagten die Kosten für die Beisetzung ihres am 31. Oktober 2006 verstorbenen Ehemanns, von dem sie getrennt lebte. Dieser hatte aus einer früheren Ehe zwei Töchter. Nach Überführung der Leiche in die Bestattungshalle des Klägers kam es zu einem Treffen mit der Beklagten und einer der Töchter des Verstorbenen. Ob die Beklagte sich an dem dabei geführten Gespräch über eine mögliche Beisetzung aktiv beteiligte, ist streitig. Jedenfalls erklärten sie und die Tochter, die anfallenden Bestattungskosten nicht übernehmen zu können. Ein Mitarbeiter des Klägers wies in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung durch das Sozialamt hin. Das Gespräch blieb ohne Ergebnis. Der Kläger führte die Bestattung im November 2006 durch. Nachdem der Kläger die Beerdigungskosten der Beklagten unter dem 29. November 2006 in Rechnung gestellt hatte, beantragte sie die Kostenübernahme durch das Sozialamt. Der Antrag blieb ebenso erfolglos wie der anschließend eingelegte Widerspruch. Das daraufhin vor dem Sozialgericht angestrengte Verfahren ist bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.
Der Kläger ist der Ansicht, die ihm entstandenen Kosten für die durchgeführte („Sozial“-)Bestattung jedenfalls als Geschäftsführer ohne Auftrag geltend machen zu können. Da weder Nachlassmittel noch eigene Mittel der Angehörigen – der beklagten Ehefrau und der beiden Töchter aus der ersten Ehe des Verstorbenen – vorhanden seien, hafte die Beklagte jedenfalls als die primär bestattungspflichtige Person. Die Beklagte beruft sich vor allem auf ihren wegen fehlender Leistungsfähigkeit entgegenstehenden Willen und behauptet zudem, zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes sei bereits ein von ihm beantragtes Scheidungsverfahren anhängig gewesen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; dem Kläger steht der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch zu.
I.
Das Berufungsgericht hat im Anschluss an die Würdigung des Amtsgerichts vertragliche Ansprüche für nicht gegeben erachtet, weil der Kläger selbst vorgetragen habe, die Beklagte habe wegen des deutlichen Hinweises auf ihre fehlende Zahlungsfähigkeit keinen Vertrag mit ihm geschlossen. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag sei wegen des unmissverständlich entgegenstehenden Willens und Interesses der Beklagten zu verneinen. Ein solcher Anspruch sei auch über § 679 BGB nicht gegeben. Eine zivilrechtliche Haftung der Beklagten nach §§ 1922, 1968 BGB scheide aus, da sie keine Alleinerbin geworden sei; darauf, ob ein Erbrecht der Beklagten wegen des eingeleiteten Scheidungsverfahrens gänzlich ausgeschlossen gewesen sei, komme es nicht an. Auch eine Haftung der Beklagten als Unterhaltsverpflichtete gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3 i.V.m. § 1615 Abs. 2 BGB komme wegen ihres geringen Einkommens nicht in Betracht. Die sich aus dem in Schleswig-Holstein geltenden Bestattungsgesetz ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht beruhe auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen eigenständigen Rechtsgrund (Gefahrenabwehr). Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes sei es allein Aufgabe der für den Sterbe- und Auffindungsort zuständigen Gemeinde, für eine Bestattung zu sorgen und gegebenenfalls im Wege der öffentlich-rechtlichen Ersatzvornahme vorzugehen. Anschließend könne nur durch Verwaltungsakt die Haftung bestattungspflichtiger Hinterbliebener geltend gemacht werden. Ein Bestattungsunternehmen könne dagegen nicht durch eine selbst initiierte Beisetzung die gemeindliche Entschließung ersetzen und vermutete Bestattungspflichtige unbeschränkt auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen, zumal, wenn diese nicht leistungsfähig seien. Schließlich scheide auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus; der Kläger gehe selbst davon aus, dass es der Beklagten nach § 74 SGB XII nicht zumutbar sei, die Beerdigungskosten zu tragen; insoweit sei sie durch sein eigenmächtiges Handeln nicht von einer Verbindlichkeit befreit worden.
II.
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Annahme, zwischen den Parteien sei kein – als Werkvertrag zu qualifizierender – Bestattungsvertrag zustande gekommen, § 632 Abs. 1 BGB übersehen, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Vorliegend war die Frage der Vergütung Gegenstand des zwischen den Parteien geführten Gesprächs. Dabei hatten die Beklagte und die Tochter des Verstorbenen die Zahlung einer Vergütung unter Hinweis auf ihre fehlende Leistungsfähigkeit ausdrücklich abgelehnt. Bei dieser Sachlage wird die tatrichterliche Würdigung der Vorinstanzen, die Beklagte habe den Abschluss eines Werkvertrags abgelehnt, auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese sich – entsprechend dem bereits bei dem Gespräch zwischen den Parteien gegebenen Hinweis – später dazu bereitfand, beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der ihr in Rechnung gestellten Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII zu stellen.
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der für die Bestattung angefallenen Kosten nach §§ 677, 683, 679, 670 BGB zu.
a) Der Kläger hat dadurch, dass er die Beisetzung des Verstorbenen vornahm, ein objektiv fremdes Geschäft geführt. Dabei ist, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, als Geschäftsherr nicht derjenige anzusehen, der letztlich die Beerdigungskosten zu tragen hat – also im Regelfall der Erbe (§ 1968 BGB) oder auch eine unterhaltspflichtige Person (§ 1615 Abs. 2 BGB) -, sondern derjenige, dem es obliegt, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Dies war hier nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein (BestattG Schl.-H.) vom 4. Februar 2005 (GVBl. Schl.-H. S. 70) die Beklagte als Ehefrau des Verstorbenen.
aa) Die vom Berufungsgericht für die Bestimmung des Geschäftsherrn für maßgeblich erachteten Vorschriften, insbesondere § 1968 BGB, befassen sich nur mit der Frage, wer die Kosten der Beerdigung zu tragen hat. Dazu, wer das Recht und gegebenenfalls die Pflicht hat, die Beerdigung vorzunehmen (Totenfürsorge), verhalten sie sich nicht.
In der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs ist durchgängig anerkannt, dass über den Ort der letzten Ruhestätte und die Art der Bestattung in erster Linie der Verstorbene selbst zu bestimmen hat. Ist insoweit, wie hier, ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar, so ging zunächst – im Einklang mit den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, S. 483) in Rechtsprechung und Literatur die Tendenz dahin, das Recht zur Verfügung über den Leichnam dem zur Kostentragung verpflichteten Erben zuzusprechen (vgl. RGZ 108, 217, 220; Staudinger/Herzfelder, BGB, 1. Aufl. 1902, § 1922 Anm. IV 2 d und fortlaufend bis zur 9. Aufl. 1928). Später, durch Urteil vom 5. April 1937 (RGZ 154, 269, 270 f), hat das Reichsgericht ausgesprochen, dass dieses Recht, wenn der Verstorbene einen Willen nicht geäußert hat, den nächsten Angehörigen „als Nachwirkung des familienrechtlichen Verhältnisses“ zuzubilligen sei. Auch der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung im Anschluss an diese Entscheidung des Reichsgerichts davon aus, dass „nach gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen“ den nächsten Angehörigen das Recht der Totenfürsorge zustehe (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Februar 1992 – XII ZR 58/91, NJW-RR 1992, 834 mwN).
Inwieweit diesem Recht eine (bürgerlich-rechtliche) Rechtspflicht zur Ausübung des Totenfürsorgerechts entspricht und wie diese Pflicht im Näheren ausgestaltet ist (Kreis der zu den nächsten Angehörigen zählenden Personen; Rangfolge ihrer Verpflichtung), oder ob es sich bei der Bestattungspflicht von vornherein nur um eine – in den Bestattungsgesetzen der Länder geregelte – öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt (dahin ging wohl die Auffassung des historischen Gesetzgebers, vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, V. Band, S. 286; siehe auch Staudinger/Marotzke, BGB, Neubearb. 2008, § 1922 Rn. 118; Gaedke/Diefenbach, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Aufl., Kap. 2 Rn. 2) kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls dann, wenn sich – wie hier – keine Person, die als Totenfürsorgeberechtigte in Betracht kommt, dazu bereitfindet, die Bestattung vorzunehmen und deshalb ein Einschreiten der zuständigen Ordnungsbehörde zu gewärtigen ist, liegt es nahe, die Person des Bestattungspflichtigen nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen (Landes-)Bestattungsgesetze zu bestimmen, die ihrerseits – wie vorliegend § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 12 BestattG Schl.-H. (vgl. dazu auch die Begründung zum Entwurf eines Bestattungsgesetzes in Schleswig-Holstein, LT-Drucks. 15/3561, S. 32) – die Bestattungspflicht und die Reihenfolge der in Betracht kommenden Verpflichteten unter besonderer Berücksichtigung verwandtschaftlicher oder familiärer Beziehungen regeln.
bb) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl-H. haben die Hinterbliebenen oder eine von der verstorbenen Person zu Lebzeiten beauftragte Person oder Einrichtung (Bestattungspflichtige) für die Bestattung zu sorgen. Gemäß § 2 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, Satz 2 BestattG Schl.-H. ist der Ehegatte des Verstorbenen derjenige Hinterbliebene, der vor allen anderen aufgeführten Personen – zu denen auch (Buchst. c) die leiblichen und adoptierten Kinder gehören – der Bestattungspflicht zu genügen hat.
Die (öffentlich-rechtliche) Bestattungspflicht des Ehegatten besteht nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auch dann, wenn die Familienverhältnisse zerrüttet sind. Selbst wenn die Ehegatten getrennt leben und – wie von der Beklagten behauptet – ein Scheidungsverfahren anhängig ist, kommt die Bestattungspflicht nicht in Wegfall; sie erlischt erst mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils (vgl. OVG Münster, Urteil vom 30. Juli 2009 – 19 A 448/07, juris, Rn. 37 zu § 8 BestattG NW).
cc) Die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken dagegen, Aufwendungsersatzansprüche des Klägers nach Maßgabe der §§ 677 ff BGB auf die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bestattungsgesetzes zu stützen, greifen nicht durch. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auch öffentlich-rechtliche Pflichten eine Haftung als Geschäftsherr auslösen können (so schon Urteil vom 15. Dezember 1954 – II ZR 277/53, BGHZ 16, 12, 15 f). Allerdings sind die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag dann nicht anwendbar, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung vorsehen oder die Aufgabenerfüllung ausschließlich in die Zuständigkeit und das Ermessen einer Behörde legen (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1998 – III ZR 223/97, BGHZ 140, 102, 109 f und vom 2. April 1998 – III ZR 251/96, BGHZ 138, 281, 288 f; jeweils mwN). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trifft es jedoch nicht zu, dass es dann, wenn die von Gesetzes wegen Bestattungspflichtigen die Beerdigung eines Verstorbenen nicht vornehmen, allein Sache der für den Sterbe- und Auffindungsort zuständigen Gemeinde ist, im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung zu veranlassen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG Schl.-H. hat die Gemeinde, wenn Bestattungspflichtige nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen, erst und nur dann für die Beerdigung zu sorgen, wenn auch kein anderer die Bestattung veranlasst. Angesichts der Subsidiarität der gemeindlichen Verpflichtung (vgl. LT-Drucks. 15/3561 S. 47), wonach das Tätigwerden eines jeden Dritten – gleichgültig aus welchen Beweggründen und mit welchem (vermeintlichen oder tatsächlich vorliegenden) Rechtsgrund – die Gemeinde entlastet, hat sich der Kläger durch sein „eigenmächtiges“ Handeln keineswegs behördliche Kompetenzen angemaßt, sondern lediglich bewirkt, dass sich ein behördliches Einschreiten erübrigt hat.
b) Ein Anspruch aus § 683 BGB setzt weiter voraus, dass der Geschäftsführer das Geschäft auch subjektiv nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. Der Kläger hat mit der Erfüllung der öffentlich-rechtlich begründeten Bestattungspflicht der Beklagten ein objektiv fremdes Geschäft ausgeführt. Bei derartigen Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- und Geschäftskreis eingreifen, wird regelmäßig ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 – VIII ZR 302/07, BGHZ 181, 188 Rn. 18; Senatsurteil vom 2. November 2006 – III ZR 274/05, NJW 2007, 63 Rn. 15, jeweils mwN). Umstände, die diese Vermutung erschüttern könnten, sind nicht ersichtlich.
c) Dem Zahlungsbegehren steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte nicht bereit war, die Bestattung ihres verstorbenen Ehegatten selbst durchzuführen oder für entstandene Beerdigungskosten aufzukommen.
aa) Der der Geschäftsführung des Klägers entgegenstehende Wille der Beklagten ist gemäß § 679 BGB unbeachtlich, da an der alsbaldigen, innerhalb der gesetzlichen Bestattungsfrist von neun Tagen nach Todeseintritt (§ 16 BestattG Schl.-H.) erfolgenden Beerdigung des Verstorbenen ein dringendes öffentliches Interesse bestand. Dabei stellt die vorliegende Fallgestaltung nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers geradezu den Schulfall für die Anwendung des § 679 BGB dar (siehe Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, S. 483). Schon im römischen Recht wurde demjenigen, der eine Leiche beigesetzt hatte, selbst dann eine Klage – die sogenannte actio funeraria – gegen den zur Leichenbestattung verpflichteten Erben gewährt, wenn er gegen dessen ausdrückliches Verbot gehandelt hatte. Im gemeinen Recht wurde dieser Grundsatz auf die Fälle erweitert, in denen die Geschäftsführer in Erfüllung einer fremden gesetzlichen Verpflichtung tätig wurden, sofern die Verpflichtung zugleich auf einer sittlichen Vorschrift beruhte. § 679 BGB hat diesen Gedanken verallgemeinernd aufgegriffen (vgl. Staudinger/Bergmann, BGB, Neubearbeitung 2006, § 679 Rn. 1 mwN).
Das besondere öffentliche Interesse an der Erfüllung der Bestattungspflicht durch den Kläger wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass angesichts der gemeindlichen Bestattungspflicht auch ohne das Handeln des Klägers nicht ernsthaft zu befürchten stand, dass der Verstorbene unbeerdigt geblieben wäre. Einer solchen Sichtweise steht schon entgegen, dass, wie ausgeführt, die Amtspflicht der Gemeinde, nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG Schl.-H. notfalls selbst für die Beerdigung zu sorgen, in weitest gehendem Umfang subsidiär ist und auch hinter dem Tätigwerden eines Geschäftsführers ohne Auftrag zurücktritt.
bb) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, einer Anwendung des § 679 BGB stehe die fehlende Leistungsfähigkeit der Beklagten entgegen.
Die Inanspruchnahme der Beklagten nach §§ 683, 679 BGB ist trotz fehlender beziehungsweise eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht rechtsmissbräuchlich.
Wäre der Kläger nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig geworden, so hätte die Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung vornehmen lassen und anschließend wegen der Bestattungskosten gegen die Beklagte als „erstrangig“ Bestattungspflichtige einen Leistungsbescheid erlassen (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1995, 283). Ein derartiges Vorgehen der Gemeinde hätte die Beklagte nur dadurch vermeiden können, dass sie – durch Abschluss eines Bestattungsvertrags – die Beerdigung selbst hätte durchführen lassen. In beiden Fällen wäre sie „Kostenschuldnerin“ geworden. Freilich wären die daraus drohenden wirtschaftlichen Nachteile dadurch abgemildert worden, dass die Beklagte bei Unzumutbarkeit der (endgültigen) Kostentragung nach § 74 SGB XII vom zuständigen Sozialhilfeträger die Übernahme der Bestattungskosten hätte erlangen können (vgl. BVerwGE 114, 57, 58 f zu § 15 BSHG; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 74 Rn. 15). Gerade wegen der Möglichkeit einer Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger besteht im Übrigen auch kein Anlass, einen Angehörigen von seinen Bestattungspflichten freizustellen, wenn – wie hier – die Familienverhältnisse gestört sind (vgl. Berlit in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 74 Rn. 7). Für den Fall, dass sich der nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen Vorschriften Bestattungspflichtige dem Aufwendungsersatzanspruch eines Geschäftsführers ohne Auftrag ausgesetzt sieht, gilt nichts anderes. Auch dann hat der mittellose Bestattungspflichtige gegen den Sozialhilfeträger Anspruch auf Kostenübernahme nach § 74 SGB XII.
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 74 SGB XII sind vorliegend auf der Grundlage des Parteivortrags (fehlende Nachlassmittel und fehlende eigene Mittel) gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten eine Kostentragung wegen des Vorhandenseins zweier Töchter des Verstorbenen aus erster Ehe zugemutet werden könnte. Ungeachtet des Umstands, dass diese Töchter nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers ebenfalls nicht leistungsfähig(er) waren beziehungsweise sind, ist schon zweifelhaft, ob sich die Töchter als „nachrangig“ Bestattungspflichtige an den Beerdigungskosten überhaupt beteiligen müssten. Auf der Grundlage des Sach- und Streitstands im vorliegenden Zivilprozess steht mithin nicht zu befürchten, dass der zuständige Sozialhilfeträger die Beklagte erfolgreich auf die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegen Töchter des Hinterbliebenen verweisen könnte (vgl. zu diesem Problemkreis BSGE 104, 219, Rn. 20 ff).
Der Umstand, dass dem von der Beklagten gestellten Kostenübernahmeantrag bisher noch nicht entsprochen worden ist – unter Hinweis darauf, dass die Beklagte noch keine ausreichenden Nachweise über die Einkommensverhältnisse ihrer Töchter beigebracht habe (s. S. 5 des Widerspruchsbescheids des Kreises Nordfriesland vom 19. Mai 2008) -, kann nicht zu Lasten des Klägers gehen. Würde man dies, wie von der Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vertreten, anders sehen, so wäre eine unbillige Benachteiligung des Klägers die Folge. Dieser müsste, obwohl er eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe erfüllt hat, auf seinen Kosten „sitzen bleiben“: Da die Beklagte keiner Kostentragungspflicht (mehr) unterläge, würde ihr folgerichtig auch kein Kostenübernahmeanspruch gegen den Sozialhilfeträger (mehr) zustehen. Dem Kläger wiederum stünde, da er als Bestattungsunternehmer unter keinen Umständen als kostentragungspflichtige Person im Sinne des § 74 SGB XII angesehen werden könnte, kein Übernahmeanspruch aus eigenem Recht zu.
d) Der Kläger kann als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er zur Beisetzung des Verstorbenen für erforderlich halten durfte. Da er dieses fremde Geschäft im Rahmen seines Gewerbes als Bestattungsunternehmer durchgeführt hat, umfasst der Aufwendungsersatzanspruch auch die übliche Vergütung (vgl. Senatsurteil vom 21. Oktober 1999 – III ZR 319/98, BGHZ 143, 9, 16; BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639, 641; jeweils mwN). Wenn – wie hier – dem Geschäftsführer bekannt ist oder er damit rechnen muss, dass der bestattungspflichtige Geschäftsherr nicht oder nur eingeschränkt leistungsfähig ist, so beschränken sich die erforderlichen Kosten auf die Ausgaben, die nach § 74 SGB XII erstattungsfähig sind. Dies ist der Betrag, der üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende, einfache Beerdigung anfällt („Sozialbestattung“). Nicht erstattungsfähig sind etwaige weitergehende Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung (§ 1968 BGB); andererseits beschränkt sich der Kostenerstattungsanspruch nicht auf die Kosten einer von der Ordnungsbehörde im Wege der Ersatzvornahme veranlassten „Einfachstbestattung“ (vgl. zu dem Ganzen Grube aaO § 74 Rn. 30 ff; Berlit aaO § 74 Rn. 12 ff).
Durch die Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs auf die Kosten einer einfachen Beerdigung erweist sich im Übrigen auch die Befürchtung des Berufungsgerichts als unbegründet, bei Zuerkennung eines Aufwendungsersatzanspruchs nach Maßgabe der §§ 677, 683, 679 BGB könne ein Bestattungsunternehmer den Bestattungspflichtigen zivilrechtlich „unbeschränkt“ auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen.
3. Ob sich der Aufwendungsersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht nur daraus ergibt, dass diese bestattungspflichtig im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl.-H. ist, sondern auch darauf gestützt werden könnte, dass die Beklagte Erbin oder jedenfalls Miterbin geworden ist (§§ 1968, 1922 BGB), kann dahinstehen (siehe zu dieser Fallkonstellation OLG Saarbrücken, OLGR 2002, 228).
4. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da es bezüglich der Höhe des Zahlungsanspruchs keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen mehr bedarf. Der Behauptung des Klägers, die geltend gemachten – dem Betrag nach unbestrittenen – Kosten hielten sich im Rahmen des für eine „Sozialbestattung“ Üblichen, ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Auch der von der Beklagten vorgelegte Widerspruchsbescheid enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten unter dem Aspekt des § 74 SGB XII Bedenken bestehen könnten.