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Grunderwerbsteuerlicher Vorgang gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen?

FINANZGERICHT MÜNSTER – 8. Senat

Az.: 8 K 4723/97 GrE

Urteil vom 31.01.2001


In dem Rechtsstreit der gegen Finanzamt wegen Grunderwerbsteuer hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 31.01.2001 im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 13.03.1997 sowie die Einspruchsentscheidung vom 10.07.1997 werden aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist, ob ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang gemäß § 3 Nr, 5 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist.

Mit notariellem Vertrag vom 18.02.1997 (UR-Nr. 7711997 des Notars) erwarb die Klägerin (Klin.) von ihrem geschiedenen Ehemann (E) den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück O. Der Vertrag ist mit „Grundstücksauseinandersetzungsvertrag nebst Auflassung“ überschrieben. Die Klin. verpflichtete sich, die Grundschulden und die zugrundeliegenden Darlehnsverpflichtungen sowie den für den Ausbau der O-Straße zu zahlenden Beitrag nach § 8 KAG zu übernehmen. Außerdem hatte sie einen Geldbetrag i.H.v. 230.357 DM zu zahlen.

Laut § 9 des Vertrages blieben die wechselseitigen Ansprüche der Vertragsbeteiligten (des E wegen Beteiligung an den von der Klin: aus der Grundbesitzung gezogenen Nutzungen und des Anspruches der Klin. gegen E wegen Aufwendungsersatz wegen durchgeführter Reparaturmaßnahmen an dem Vertragsobjekt) von dem Vertrag unberührt.

Laut § 4 des Vertrages verpflichteten sich die Vertragsbeteiligten wechselseitig zur Rücknahme der von ihnen gestellten Teilungsversteigerungsanträge in dem vor dem Amtsgericht – 31 K 80/96 – geführten Teilungsversteigerungsverfahren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages Bezug genommen (Grunderwerbsteuerakte BI. 4-17).

Das Grundstück hatten die früheren Ehegatten 1988 zu je 1/2 Miteigentumsanteil erworben. Die Eheschließung war am 07.03.1974., erfolgt und die Trennung der Eheleute erfolgte zunächst innerhalb des als Ehewohnung dienenden Hausgrundstückes O-str.. Unstreitig erfolgte die endgültige Trennung der früheren Eheleute im Juli 1994 durch Auszug des E aus der vormaligen Ehewohnung.

Mit notariellem Vertrag vom 23.09.1993 (UR-Nr. 3911993 des) vereinbarten die früheren Ehegatten, die zu jenem Zeitpunkt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, den Güterstand der Gütertrennung.

Laut I Nr. 4 des Vertrages sind sie vom Notar über die rechtliche Bedeutung der Gütertrennung belehrt worden. Sie wurden danach insbesondere auf den Wegfall jeglichen Zugewinnausgleichs bei Beendigung des Güterstandes einschließlich der Auswirkungen Im Erb- und Pflichtteilsrecht, auf den Wegfall der Verfügungsbeschränkungen und die Notwendigkeit hingewiesen, bei Zuwendungen der Ehegatten während der Ehe eine Rückforderung bei Beendigung des Güterstandes ausdrücklich vorzubehalten. Außerdem verzichteten die Vertragsbeteiligten wechselseitig auf Geschiedenenehegattenunterhalt für den Fall der Rechtskraft der Scheidung ihrer Ehe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages verwiesen (BI. 17 .- 23 der Gerichtsakte – GA – ).

Die Scheidung der Ehe erfolgte am 07.03.1996 vor dem Amtsgericht – Familiengericht – in W. . Gleichzeitig wurde vom Gericht der Versorgungsausgleich geregelt (Bl. 48 – 58 der GA).

Der Beklagte (Bekl.) – das Finanzamt – FA – setzte wegen des Grundstückserwerbes mit Bescheid vom 13.03,1997 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage i.H.v. 270.000 DM eine Grunderwerbsteuer i.H.v. 9.450 DM fest. Dem Antrag, die Grunderwerbsteuer gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG nicht zu erheben, entsprach das FA nicht.

Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klin. damit, hier greife § 3 Nr, 5 GrEStG ein. Vermögensauseinandersetzungen im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG bedeute die Bestimmung der endgültigen rechtlichen Zuordnung des gemeinsamen Grundstücks als Folge der Scheidung (Hinweis auf Urkeil des Finanzgerichts Hamburg vom 13.04.1989 il 105185 EFG 1990, 188). Nach herrschender Rechtsprechung sei der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung weit gespannt. Er beziehe die Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der geschiedenen Ehegatten ein. Eine zeitliche Befristung sei nicht vorgesehen. Lediglich nach Beendigung der Auseinandersetzung sei eine Befreiung von Erwer ben nach dieser Vorschrift nicht möglich. Im vorliegenden Fall sei im übrigen die Vermögensauseinandersetzung noch nicht gänzlich abgeschlossen gewesen, da der geschiedene Ehemann sich ausweislich des Vertragstextes die Geltendmachung von Früchten für die Vergangenheit vorbehalten habe. Die Scheidungsnebenfolgen Unterhalt und Vermögensauseinandersetzung hätten zwischen ihr und E außergerichtlich geregelt werden können. Hinsichtlich der Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft habe zunächst keine Einigung erzielt werden können, so daß unter dem 11.06.1996 die Teilungsversteigerung eingeleitet worden sei. Mit Vollzug des notariellen Vertrages vom 18,.02.1997 sei der Antrag auf Teilungsversteigerung zurückgenommen worden, so daß mit Beschluß vom 13.06.1997 das Verfahren auf Teilungsversteigerung aufgehoben worden sei (Bl. 37 GA).

Den Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 10.07.1997).

Zur Begründung führt es aus, die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG stehe der Klin. nicht zu. Gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG sei der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung von der Grunderwerbsteuer befreit. Der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidungende jedoch dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenüber treten würden, um einen Erwerb zu tätigen. Dies treffe im Streitfall zu, da der Grundstückskaufvertrag bis auf den Hinweis darauf, daß die Klin. seit dem 07.03.1996 geschieden worden sei und der Vertrag im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung geschlossen werden solle, in seinem gesamten Regelungsinhalt Verträgen unter fremden Miteigentümern zur einvernehmlichen Aufhebung der Gemeinschaft entsprechen würde. Daß der Anlaß dieser Aufhebung die Scheidung sei, reiche für eine Steuerbefreiung nach der o. g. Vorschrift nicht aus Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG sei die endgültige rechtliche Zuordnung des Grundstücks nach der Scheidung bzw. Auflösung der Ehe. Die Auseinandersetzung sei an keine Frist gebunden. Für die Befreiung aus § 3 Nr. 5 GrEStG sei allein entscheidend, daß der Erwerb Teil der Vermögensauseinan dersetzung sei. Die geschiedenen Ehegatten würden die Beweislast (Feststellungslast) dafür tragen, daß sich der Erwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung als Scheidungsfolge vollzogen habe.

Zur Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung würden insbesondere Regelungen über den Ausgleich des Zugewinns (§§ 1372 ff BGB), den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten (§§ 1569 ff BGB) und den Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff BGB) gehören. Die Klin. trage selbst vor, der Ausgleich des Unterhalts sei vor dem Grundstückskaufvertrag erfolgt und ein Ausgleich des Zugewinns habe nicht stattgefunden. Das FA meint, zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrages sei die Vermögensauseinandersetzung bereits abgeschlossen gewesen, Soweit die Klin. vortrage, die Teilungsversteigerung sei am 11 .06.1996 eingeleitet worden und der Antrag sei am 18.02.1997 zurückgenommen worden, so daß das Verfahren der Teilungsversteigerung aufgehoben worden sei, würden diese Tatsachen nicht belegen, daß eine Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG stattgefunden habe. Im Streitfall würde die Klin. als Erwerberin durch die Übernahme von Bankverbindlichkeiten und die Zahlung des Restbetrages eine Gegenleistung wie unter fremden Dritten erbringen. Weil durch diese Gegenleistung der volle Wert des Grundstücks ersetzt werde, scheide auch eine Versorgungsausgleichsregelung aus.

Zur Begründung der hier eingelegten Klage beruft sich die Klin. weiterhin darauf, daß hier die Voraussetzungen des § 9 Nr. 5 GrEStG für die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer vorliegen würden. Das Grundstück O-str. sei während des gesamten Ehescheidungsverfahrens das A und 0 gewesen, um das sich alles gedreht habe. Verglichen mit dem Versorgungsausgleich und dem geregelten Güterstand sowie dem Erwerb des Hauses seien die Erstgenannten „Peanuts“ gewesen. Im Rahmen des § 3 Nr. 5 GrEStG würden die vermögensrechtlichen Beziehungen der geschiedenen Eheleute sämtliche Beziehungen wirtschaftlicher Art, ohne Rücksicht auf die Abwicklung des jeweiligen Güterstandes, umfassen, Die eigentliche vermögensrechtliche Auseinandersetzung sei der Kauf des Grundstücksanteiles von E gewesen. Um das Grundstück sei es im Kern von Anfang der Ehescheidung (Ende 1993) bis zur Scheidung 1996 gegangen.

Zum Beweis hierfür, weist die Klin. auf die verschiedenen gewechselten Schriftsätze zwischen ihr und E bzw. ihren Anwälten – beginnend mit dem Schreiben ihres Rechtsanwaltes vom 26.05.1994. usw, – hin und legt diese Schriftsätze und weitere Unterlagen dem Gericht vor (Bl. 67 – 117 der GA).

Das FA versuche, die Verbundsachen im Ehescheidungsverfahren (Zugewinnausgleich, Geschiedenenunterhalt, Versorgungsausgleich) mit der Vermögensauseinandersetzung des § 3 Nr. 5 GrEStG gleichzusetzen. Diese Argumentation gehe fehl. Der Begriff Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG sei wesentlich umfassender als die Bereiche Zugewinn, Geschiedenenunterhalt und Versorgungsausgleich. In der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Wetter vom 07.03.1995 habe das hier streitige Grundstück gar nicht Gegenstand der Erörterung sein können, da es aufgrund hälftiger Miteigentümergemeinschaft der Ehegatten für einen eventuellen Zugewinn unerheblich und für eventuelle Unterhaltsansprüche und den Verfolgungsausgleich irrelevant gewesen sei. Im übrigen seien diese Verbundsachen auch nicht rechtsanhängig gewesen.

Mit Schriftsatz vom 11.09.2000 habe sie dargelegt und unter Beweis gestellt, daß die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils auf sie letztlich eine Auseinandersetzung des im Miteigentum beider Ehegatten stehenden Grundstücks gewesen sei, sich diese Auseinandersetzung aufgrund verschiedener Umstände jedoch auch nach Ausspruch der Scheidung noch einige Zeit hingezogen habe. Das pauschale Bestreiten des FA ergibt sich jedenfalls nicht, daß es sich im Streitfall um eine Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung handelt,“ sei nicht geeignet, die substantiiert dargelegte Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung zu widerlegen.

Die Klin. beantragt sinngemäß, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13.03.1097 sowie die Einspruchsentscheidung vom 10.07.1997 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist es auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 GrEStG lägen im Streitfall nicht vor. Da die Klin, den Hälfteanteil 11 Monate nach der Scheidung vom Veräußerer erworben habe, könne nur streitig sein, ob dies „im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung“ geschehen sei. Entgegen der Meinung der Klin. sei dies zu verneinen. Der Zusammenhang des Grunderwerbs mit der Scheidung vom Veräußerer ergebe sich weder aus dem Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 07.03.1996 noch aus dem Grundstückskaufvertrag vom 18.02.1997.

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Die Gütertrennung schließe eine befreiende Grundstücksübertragung nach § 3 Nr. 5 GrEStG nicht aus, wenn feststehe, daß die Übertragung im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung erfolge (Hinweis auf Urteil des Finanzgerichts Köln vom 0$.05.1991 1 K 2431 /87 FFG 1992, 27). Ein solcher Fall könne vorliegen, wenn im Zusammenhang mit der Scheidung die eheliche Grundstücksgemeinschaft in der Weise auseinandergesetzt werde, daß das Grundstück auf den einen Ehegatten gegen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt oder Versorgungsausgleich übertragen werde. Der Erwerb eines Grundstücks gegen Unterhaltsverzicht nach abgeschlossener Auseinandersetzung sei allerdings nicht nach § 3 Nr. 5 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 07.03.1998 seien die Klin. und E geschieden worden. Es habe auch eine Regelung bezüglich des Versorgungsausgleichs stattgefunden. In der Niederschrift des Amtsgerichts vom 97.03.1996 sei das hier umstrittene Grundstück nicht angesprochen worden.

Zur Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung würden insbesondere Regelungen über den Ausgleich des Zugewinns (§§ 1372 ff BGB), den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten (§ §§ 1 569 ff BGB) und den Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff BGB) gehören. Hinsichtlich der Punkte Zugewinn und Unterhalt der ge schiedenen Ehegatten hätten die Klin. und E bereits am 23.09.1993 in dem notariellen Ehevertrag eine Regelung getroffen. Eine Regelung bezüglich des Versorgungsausgleichs sei in dem Urteil des Amtsgerichts vom 07.03.1996 getroffen worden. Damit sei die Vermögensauseinandersetzung beendet gewesen.

Im Streitfall sei die Grundstücksübertragung weder zur Befriedigung des Zugewinns noch zur Abfindung von Unterhaltsansprüchen vorgenommen worden, Die Obertragung des Grundstücks sei auch nicht zur Abfindung eines Anspruchs auf Versorgungsausgleich erfolgt. Bereits aus diesen Gründen könne im Streitfall keine Vermögensauseinandersetzung stattgefunden haben.

Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG sei die endgültige rechtliche Zuordnung des Grundstücks nach der Scheidung (bzw, Auflösung der Ehe). Der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ende jedoch dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenüber treten würden, um einen Erwerb zu tätigen. Die Klin. gehe selbst davon aus, der Kaufvertrag entspreche in seinem gesamten Regelungsinhalt selbstverständlich einem Vertrag, wie er auch unter „fremden Dritten“ getroffen würde. Auch aus diesem Grunde könne keine Befreiung gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG gewährt werden Die Klin. habe bisher lediglich behauptet, es habe eine Vermögensauseinandersetzung stattgefunden. Entsprechende Nachweise habe die Klin, bisher nicht vorgelegt. Aus der chronologischen Sachverhaltsdarstellung ergebe sich jedenfalls nicht, daß es sich im Streitfall um eine Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Grunderwerbsteuerakte sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen (Schriftsätze der Klin. vom 11.07.1997, 01.09.1997, 11.09.2000 und vom 16.10.2000; Schriftsätze des FA vom 18.08.1997, 03.09.1997, 06.06,2000 und vom 10.10.2000) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet,

Der notarielle Vertrag vom 18.02,1997 unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer, er ist jedoch gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

Nach dieser Vorschrift ist der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung von der Besteuerung ausgenommen. Der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ist weit gespannt. Er endet dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenüber treten, um einen Erwerb zu tätigen. zur Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung gehören insbesondere Regelungen über den Ausgleich des Zugewinns (§§ 1372 ff BGB), den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten (§§ 1569 ff BGB) und den Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff BGB). § 3 Nr. 5 GrEStG sieht keine zeitliche Befristung der Befreiung vor, Der Wert auseinanderzusetzender vermögensrechtlicher Ansprüche muß allerdings die Übertragung des Grundstücks noch rechtfertigen, wenn der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nicht überschritten werden soll. Nach Beendigung der Auseinandersetzung ist eine Befreiung von Erwerben gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG nicht mehr möglich (Sack in Boruttau, GrEStG, 14. Aufl. § 3 Rdn. 379 und 386).

Die Voraussetzungen des § 3 Nr, 5 GrEStG liegen hier vor. Das FA weist zwar zutreffend darauf hin, daß E die Grundstückshälfte weder zur Befriedigung des Zugewinns noch zur Abfindung von Unterhaltsansprüchen auf die Klin, übertragen hat. Die Übertragung ist auch nicht zur Abfindung eines Versorgungsausgleichs erfolgt. Die Auffassung des FA, bereits aus diesem Grunde könne im Streitfall keine Vermögensauseinandersetzung stattgefunden haben, ist aber unzutreffend.

Der Begriff der Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG ist umfassender als die Bereiche Zugewinn, Geschiedenenunterhalt und Versorgungsausgleich. Er bezieht die Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der geschiedenen Ehegatten ein (vgl, Sack in Boruttau a.a.O. § 3 Rdn. 385).

Im vorliegenden Fall waren die Klin. und E zu je 1/2 Miteigentümer des von ihnen bis zu ihrer Trennung bewohnten Hausgrundstückes, Hinsichtlich dieses während des Bestehens der Ehe erworbenen und über die Scheidung hinaus gemeinschaftlich gehaltenen Vermögensgegenstandes haben sich die geschiedenen Eheleute durch den notariellen Vertrag vom 18.02.1997 auseinandergesetzt. Die Vermögensauseinandersetzung bedeutet im vorliegenden Fall die Bestimmung der endgültigen rechtlichen Zuordnung des gemeinsamen Grundstücks als Folge der Scheidung (vgl. auch Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 13.04,1989 II 105/85, EFG 1990, 188).

Dies gilt auch für die Miteigentumsanteile, die sich – wie hier – nach der erfolgten Gütertrennung im jeweiligen Eigentum der beiden Eheleute befinden. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung die Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der geschiedenen Ehegatten einbezieht, Zum anderen ist es gerade der Zweck der Befreiung der Ehegattenerwerbe, die im GrEStG 1940 vorhandene grunderwerbsteuerliche Diskriminierung bestimmter Güterstände zu beseitigen. Damit wäre es unvereinbar, die Auseinandersetzung etwa bezüglich des im Miteigentum der in Gütertrennung lebenden Ehegatten befindlichen Eigenheims grunderwerbsteuerrechtlich nicht gemäß § 3 Nr, 5 GrEStG zu fördern (vgl. Urteil des Finanzgerichts Köln vom 08.05.1991 1 K 2431/87 EFG 1992, 27).

Entgegen der Auffassung des FA war die Vermögensauseinandersetzung zwischen der Klin. und E im Zeitpunkt des notariellen Vertrages vom 18.02.1997 nicht beendet, Dies ergibt sich eindeutig aus den von der Klin, hinsichtlich des Streits zwischen ihr und E um die endgültige rechtliche Zuordnung des gemeinsamen Hausgrundstücks vorgelegten Unterlagen. Die KIin. hat E bereits am 26.05.1994 und damit lange Zeit vor der am 07.03.1996 erfolgten Scheidung durch Schreiben ihres Rechtsanwaltes mitteilen lassen, daß sie daran interessiert war, mit E eine einverständliche Lösung hinsichtlich des Hausgrundstücks für die Zeit der Trennung und der eventuellen Scheidung zu erarbeiten. Um diese Lösung haben – wie sich aus den von der Klin. vorgelegten weiteren Unterlagen ergibt – sich die früheren Eheleute in der Folgezeit fortdauernd vor und nach der Scheidung intensiv bemüht und auch heftig gestritten. Dies ging soweit, daß, weil sich eine einvernehmliche Lösung durch Über tragung der Grundstückshälfte durch E auf die Klin., die nach wie vor in dem Haus wohnte, nicht abzeichnete, beide früheren Ehegatten schließlich den Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt haben. Wie schwierig die Auseinandersetzung zwischen den früheren Eheleuten war, kann man auch daran sehen, daß die Auseinandersetzung hinsichtlich der wechselseitigen Ansprüche bezogen auf das Hausgrundstück mit der endgültigen rechtlichen Zuordnung des Grundstücks zur Klin. aufgrund des Vertrages vom 18.02.11997 nicht abschließend beendet sein sollte. Laut § 9 des Vertrages blieben nämlich die wechselseitigen Ansprüche der Vertragsbeteiligten (des E wegen der von ihm geforderten Beteiligung an den von der Klin. aus der Grundbesitzung für die Zeit des Getrenntlebens gezogenen Nutzungen und des Anspruchs der Klin. wegen Aufwendungsersatzes für durchgeführte Reparaturmaßnahmen an dem Hausgrundstück) von dem Vertrag unberührt.

Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Scheidung am 07.03.1996 und dem Vertrag vom 18.02.1997 spricht ebenfalls dafür, daß der Grundstückserwerb durch die Klin. von E im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung erfolgt ist.

Der Senat hat auch nicht feststellen können, daß bereits durch den Abschluß des notariellen Vertrages vom 23.09.1993 (Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung, wechselseitiger Verzicht auf Geschiedenenehegattenunterhalt) eine Vermögensauseinandersetzung im Rahmen der Scheidung erfolgt ist und diese damit abgeschlossen war. Abgesehen davon; daß dieser Vertrag vor und nicht – wie in § 3 Nr. 5 GrEStG vorgesehen – nach der Scheidung abgeschlossen worden ist, diente dieser Vertrag nach der Motivation der Beteiligten und seinem wirtschaftlichen Gehalt jedenfalls nicht der endgültigen Vermögensauseinandersetzung der Eheleute. Wenn eine endgültige Vermögensauseinandersetzung zwischen den Vertragsbeteiligten gewollt gewesen wäre, dann hätte man sich in diesem Vertrag nicht nur – wie geschehen – über die endgültige Zuordnung der verschiedenen beweglichen Haushaltsgegenstände geeinigt, sondern hätte auch eine Bestimmung der endgültigen Zuordnung über den wichtigsten gemeinsamen Vermögensgegenstand, nämlich über das beiden Ehegatten gehörende Hausgrundstück, getroffen. Der vor der Scheidung abgeschlossene Vertrag vom 23.09.1993 stellt sich als vorbereitende Regelung der durch die Scheidung notwendig werdenden späteren Vermögensauseinandersetzung dar.

Das FA kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, hier liege deshalb kein Grundstückserwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung vor, weil der Vertrag vom 18.02.1997 in seinem gesamten Regelungsinhalt einem Vertrag entspreche, wie er auch unter „fremden Dritten“ getroffen würde. Die Klin. weist insoweit zu Recht darauf hin, daß im allgemeinen nicht davon ausgegangen werden kann, daß ein geschiedener Ehegatte seinem ehemaligen Ehegatten beim Kaufpreis einen „Bonus“ einräumt. Gerade unter geschiedenen Ehegatten wird bei Aufhebung einer Rechtsgemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft, Gesellschaft) häufig erbitterter gestritten als bei Rechtsgemeinschaften von anderen Beteiligten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung Ober die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 155 FGO i.V.m. §§ 798 Nr. 11 und 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).

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