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Betreuerbestellung: Anhörung des Betroffenen und Erkrankung

Oberlandesgericht Köln

Az.:16 Wx 83/04

Vorinstanz: Landgericht Köln – Az.: 6 T 89/04


Das OLG Köln hat beschlossen:

Auf die weitere und sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 6 T 89/04 – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

Der Betroffenen wird für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin X bewilligt.

 

Gründe:

Die Rechtsmittel sind zulässig und insoweit begründet, als sie zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führen.

Die Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die von der Kammer getroffenen Feststellungen vermögen die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene wie auch die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht zu tragen.

Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB), wobei gegen den Willen des Betroffenen die Betreuerbestellung nur erfolgen darf, wenn der Betroffene krankheitsbedingt seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Voraussetzung ist, dass der Betroffene nicht imstande ist, seinen Willen unbeeinflusstvon der Krankheit zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten eigenverantwortlich zu handeln (vgl. OLG Köln FamRZ 2000, 908).

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P in dessen Gutachten vom 15.01.2004 leidet die Betroffene an einem leichten hirnorganischen Psychosyndrom „mit einem insgesamt etwas umständlichen und weitschweifigen Gedankengang, mit einer leichten Herabsetzung von Konzentration und Aufmerksamkeit und einer etwas deutlicheren Herabsetzung des Auffassungsvermögens“. Sie sei infolge dessen nicht in der Lage, ihre finanziellen Angelegenheiten in vollem Umfang zu überblicken, so könne sie ihre beschränkten finanziellen Mittel nicht langfristig konsequent so weitgehend einteilen, dass keine Verschuldung entstehe. Diese sachverständigen Feststellungen sprechen dafür, dass bei der Betroffenen eine nur geringe Normabweichung vorliegt. Es finden sich zwar in den Gutachten Hinweise auf ein mögliches Fehlen der freien Willensbestimmung. Diese sind jedoch nur sehr undeutlich und bedürfen einer Ergänzung. Dem Gutachten kann nicht entnommen werden, dass die Erkrankung der Betroffenen einen solchen Grad erreicht hat, dass ihre Fähigkeit zur Wahrnehmung ihres Selbstbestimmungsrechts ausgeschlossen oder erheblich beeinträchtigt ist und sie deshalb für die Aufgabenbereiche der Betreuung zu eigenverantwortlichen Entscheidungen nicht in der Lage ist. Auch das Landgericht hat sich mit diesen Fragen nicht befasst sondern schlicht festgestellt, dass die Betroffene infolge ihrer Erkrankung außerstande sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen.

Das Landgericht hat es zudem verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Betroffene persönlich anzuhören. Nach § 69 g Abs. 5 S. 1 FGG gelten für das Beschwerdeverfahren die Vorschriften über den ersten Rechtszug entsprechend, somit auch § 68 Abs. 1 S. 1 FGG, wonach das Gericht den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen hat. Gem. § 69 g Abs. 5 S. 3 FGG kann das Beschwerdegericht von der Anhörung absehen, wenn dies bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine Erkenntnisse zu erwarten sind. In diesem Fall hat das Beschwerdegericht die maßgebenden Gründe darzulegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Anhörung keinerlei verwertbare Erkenntnisse für die Entscheidung hätte erbringen können. Diese Grundsätze hat das Landgericht nicht beachtet. Abgesehen von dem Mangel der fehlenden Begründung durfte die Beschwerdekammer von der erneuten Anhörung der Betroffenen nicht absehen. Die wiederholte Anhörung war zwingend erforderlich, weil weder die Sitzungsniederschrift des Vormundschaftsgerichts noch die Beschlussgründe den persönlichen Eindruck von der Betroffenen ausreichend vermitteln. Bei dem Anhörungsprotokoll vom 18.02.2004 handelt es sich um ein Formularprotokoll, dem keinerlei Aussagewert zukommt.

Zur Nachholung dieser Anhörung war die Sache deshalb an das Landgericht zurück zu verweisen, das auf der Grundlage der Anhörung der Betroffenen das Gutachten des Sachverständigen Dr. P selbständig zu würdigen und ggfls. den Sachverständigen ergänzend zu befragen hat.

Diese Ausführungen gelten auch hinsichtlich der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts, der aus den genannten Gründen rechtlich gleichfalls zu beanstanden ist. Auch hier ist die fehlende Fähigkeit zur freien Willensbestimmung Voraussetzung, wobei außerdem eine erhebliche Gefahr für das Vermögen oder die Person der Betroffenen hinzukommen muss, die allerdings zu bejahen wäre, wenn der Vorbehalt erforderlich erschiene, den Lebensbedarf der Betroffenen zu sichern und sie vor dem Absinken ins soziale Abseits zu bewahren.

 

Da die Rechtsbeschwerde der Betroffenen Erfolg hat, war ihr die begehrte Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu bewilligen.

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