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Betriebskostenabrechnung – Einwendungsfrist des Mieters gegen Abrechnung

BGH

Az: VIII ZR 148/10

Urteil vom 12.01.2011


Leitsatz: Der Mieter muss dem Vermieter innerhalb von 12 Monaten seit Erhalt einer Betriebskostenabrechnung mitteilen, dass einzelne Betriebskosten mit Rücksicht auf eine hierfür vereinbarte Pauschale nicht abzurechnen sind (BGH, Urteil vom 12.01.2011, Az: VIII ZR 148/10).

Die aufeinander abgestimmten Ausschlussfristen für die Abrechnung des Vermieters (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB) und die Einwendungen des Mieters (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) verfolgen den Zweck, dass innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung erteilt und Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche erzielt wird. Die damit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht gewährleistet, wenn nach Ablauf der Frist noch Streitigkeiten darüber möglich wären, ob bestimmte Betriebskosten mit Rücksicht auf eine insoweit vereinbarte Pauschale zu Unrecht angesetzt worden sind.


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2011 für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Nachforderungen der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005.

Der Beklagte ist seit 1971 Mieter einer Wohnung der Klägerin in K. . Der Mietvertrag sieht für Heizung und Warmwasser monatliche Nebenkostenvorauszahlungen und für verschiedene weitere Nebenkosten eine monatliche Pauschale vor. Die Klägerin rechnete seit Beginn des Mietverhältnisses jeweils die gesamten im Mietvertrag genannten Betriebskosten ab; dabei errechnete Nachforderungen wurden vom Beklagten jeweils bezahlt.

Die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005 wurden von der Klägerin unter dem 16. Dezember 2005 und dem 16. Dezember 2006 erstellt und dem Beklagten vor Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres übermittelt. Die Abrechnungen wiesen hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten formelle Mängel auf. Nachdem die Klägerin diese Positionen aus den Abrechnungen herausgenommen hatte, ergaben sich aus den verbleibenden Positionen Nachforderungen in Höhe von 662,98 € für das Jahr 2004 und in Höhe von 1.350,82 € für das Jahr 2005. Der Beklagte erhob innerhalb von zwölf Monaten seit Zugang der Betriebskostenabrechnungen keine Einwendungen.

Die Klägerin hat Zahlung von 2.013,80 € nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der von der Klägerin geltend gemachte Nachzahlungsanspruch aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005 sei begründet. Der Beklagte sei mit seinen Einwendungen gegen diese Abrechnung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB ausgeschlossen, weil er sie nicht binnen zwölf Monaten seit Erhalt der jeweiligen Abrechnung erhoben habe.

Die Einwendungsfrist beginne mit dem Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung zu laufen. Die Abrechnungen vom 16. Dezember 2005 und vom 16. Dezember 2006 würden diesen Anforderungen mit Ausnahme der Positionen Warmwasser und Heizung gerecht. Da diese Kosten unschwer aus der Abrechnung herausgerechnet werden könnten, liege im Übrigen eine ordnungsgemäße Abrechnung vor. Die mit Schreiben vom 11. August 2008 vorgebrachten Einwendungen des Beklagten seien angesichts des Zugangs der Abrechnungen jeweils vor dem Jahresende 2005 und 2006 verspätet. Zu den Einwendungen, die innerhalb von zwölf Monaten seit Zugang der Abrechnung zu erheben seien, gehöre auch der Einwand, dass nach dem Mietvertrag für bestimmte Betriebskosten eine Umlage im Weg einer Pauschale vereinbart sei. Das gelte jedenfalls dann, wenn für einen Teil der Betriebskosten Vorauszahlungen mit der Pflicht zur Abrechnung vertraglich vorgesehen seien.

Der Beklagte sei auch nicht ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Erhebung der Einwendungen gehindert gewesen. Dies gelte selbst dann, wenn man darauf abstelle, dass er bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2007 (VIII ZR 279/06) nicht habe davon ausgehen müssen, dass auch der Einwand der fehlenden Umlagevereinbarung binnen der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB zu erheben sei. Ein sich etwa daraus ergebendes Hindernis sei jedenfalls mit der Veröffentlichung jener Entscheidung in der ersten Jahreshälfte 2008 entfallen, ohne dass die Einwendung in einer angemessenen Frist von zwei bis drei Wochen nachgeholt worden sei.

Der Beklagte könne sich bezüglich der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2004 auch nicht auf den Einwand der Verjährung berufen. Zwar sei der Mahnbescheidsantrag erst am 23. Januar 2009 eingegangen. Der Verjährungseinwand sei jedoch gemäß § 531 ZPO als verspätet zurückzuweisen, weil der Beklagte ihn bereits in der ersten Instanz hätte erheben können.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung – wenn auch teilweise nur im Ergebnis – stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

1.

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin die geltend gemachte Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 in Höhe von 1.350,82 € zusteht.

a)

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Betriebskostenpositionen, auf die die Klägerin ihre Nachforderung stützt, für sich betrachtet ordnungsgemäß abgerechnet; dies stellt auch die Revision nicht in Frage. Dass die Abrechnung vom 16. Dezember 2006 ursprünglich weitere Abrechnungspositionen (Heizung und Warmwasser) enthielt, die mit formellen Mängeln behaftet waren und deshalb von der Klägerin später fallen gelassen wurden, führt entgegen der Auffassung der Revision nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung insgesamt. Nach der vom Berufungsgericht zutreffend angewendeten Rechtsprechung des Senats führen formelle Mängel, die nur einzelne Kostenpositionen betreffen, nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Abrechnung, wenn diese Positionen – wie hier – unschwer aus der Abrechnung herausgerechnet werden können (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 – VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244 Rn. 11).

b)

Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass der Beklagte mit seinem Einwand, wegen der vereinbarten Pauschale schulde er für die von der Klägerin geltend gemachten Betriebskosten keine Nachzahlung, nach § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB ausgeschlossen ist.

(1)

Entgegen der Auffassung der Revision setzt der Einwendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB nicht voraus, dass im Mietvertrag Vorauszahlungen auf Betriebskosten mit entsprechender Abrechnungspflicht überhaupt vereinbart sind. Für den Fall der Inklusivmiete hat der Senat dies bereits entschieden (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81 Rn. 24 f.). Für den Fall, dass der Mietvertrag – wie hier – für bestimmte Betriebskosten eine Pauschale vorsieht, gilt nicht anderes. Die aufeinander abgestimmten Ausschlussfristen für die Abrechnung des Vermieters (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB) und die Einwendungen des Mieters (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) verfolgen den Zweck, dass innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung erteilt und Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche erzielt wird (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 279/06, aaO Rn. 25). Die damit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht gewährleistet, wenn nach Ablauf der Frist noch Streitigkeiten darüber möglich wären, ob bestimmte Betriebskosten mit Rücksicht auf eine insoweit vereinbarte Pauschale zu Unrecht angesetzt worden sind. Dass der Mietvertrag hier nur bezüglich Warmwasser und Heizung eine Abrechnung vorsah, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung.

(2)

Entgegen der Auffassung der Revision hatte der Beklagte die verspätete Geltendmachung betreffend die Vereinbarung einer Pauschale auch zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 6 BGB). Nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB ist der Mieter im eigenen Interesse gehalten, sämtliche Einwendungen gegen eine Betriebskostenabrechnung innerhalb von zwölf Monaten seit Zugang der Abrechnung vorzubringen. Dass der Beklagte gehindert gewesen wäre, diesen sich aus dem Mietvertrag ohne weiteres ergebenden Einwand innerhalb der Frist vorzubringen, ist nicht ersichtlich und ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass die Klägerin nach den Einwendungen des Beklagten zu den Heiz- und Warmwasserkosten auf die Abrechnung erst im Juli 2008 wieder zurückgekommen ist.

2.

Auch gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der Betriebskostennachforderung in Höhe von 662,98 € nebst Zinsen für das Jahr 2004 wendet sich die Revision ohne Erfolg. Insoweit gilt das zu 1. Ausgeführte entsprechend. Das Berufungsgericht hat auch die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede des Beklagten im Ergebnis zu Recht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Zwar ist die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, wenn die Erhebung der Verjährungseinrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 – GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 11). Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Dieser Fehler des Berufungsgerichts hat sich auf die Entscheidung im Ergebnis jedoch nicht ausgewirkt. Denn zwischen den Parteien war streitig, ob der Mahnbescheidsantrag für den am 29. Januar 2009 zugestellten Mahnbescheid am 23. Januar 2009 oder bereits am 23. Dezember 2008 beim Amtsgericht Coburg (zentrales elektronisches Mahngericht) eingereicht worden war.

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Der Umstand, dass der Ausdruck des Mahnverfahrens in der Gerichtsakte den 23. Januar 2009 als Datum der Einreichung des Mahnbescheidsantrags ausweist, führt nicht dazu, dass das Berufungsgericht den Verjährungseinwand hätte zulassen und die Nebenkostennachforderung für das Jahr 2004 auf der Grundlage des in der Akte befindlichen Ausdrucks des Mahnverfahrens als verjährt hätte abweisen müssen. Denn das Berufungsgericht hätte, wie die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrüge zu Recht geltend macht, auf diesen Umstand jedenfalls nicht ohne vorherigen Hinweis an die Parteien abstellen dürfen. Die Klägerin hätte daraufhin – wie nunmehr mit der Revisionserwiderung geschehen – unter Vorlage der Zwischenverfügung des Amtsgerichts Coburg vom 19. Januar 2009 vorgetragen, dass der am 23. Dezember 2008 eingereichte Mahnbescheidsantrag einen behebbaren Mangel (schlechte Druckqualität des Barcodes) aufgewiesen habe und daraufhin unverzüglich ein mangelfreier Antrag an das Mahngericht übersandt worden sei. Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Behebung eines Mangels nach einer Zwischenverfügung die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO heranzuziehen ist (BGH, Urteil vom 21. März 2002 – VII ZR 230/01, BGHZ 150, 221, 225), war die Erledigung der Zwischenverfügung nach den von der Klägerin eingereichten Unterlagen rechtzeitig erfolgt. Für die Hemmung der Verjährung wäre deshalb nach § 691 Abs. 2 ZPO, § 204 BGB auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Einreichung des Mahnantrags vom 23. Dezember 2008 abzustellen und mithin die Verjährung nach dem Sachvortrag der Klägerin noch nicht eingetreten. Somit waren die tatsächlichen Voraussetzungen der die Verjährung begründenden Umstände nicht unstreitig und ist die Zurückweisung der Verjährungseinrede nach § 531 Abs. 2 ZPO durch das Berufungsgericht im Ergebnis nicht zu beanstanden.

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