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Betriebsrat – Mitbestimmungsrechte bei Entgeltrahmen-Tarifvertrag II

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Az.: 4 TaBV 1/09

Beschluss vom 02.02.2009


Leitsätze:

Bei der Zuordnung der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppen nach den §§ 4 ff. ERA-TV Nordwürttemberg/Nordbaden steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu. Die Tarifvertragsparteien haben eine tarifliche Regelung vereinbart, wonach die Entgeltfindung von der abstrakten Einstufung der Arbeitsaufgabe abhängt und damit ohne Ein- bzw. Umgruppierungsvorgang stattfindet.


1. Die Beschwerde des Beteiligten Ziff. 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 16.05.2008 – 26 BV 116/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Beschwerdeverfahrens noch über die Frage, ob der Beteiligte Ziff. 2 bei der Zuordnung von Arbeitnehmern in die Entgeltgruppen des Entgeltrahmen-Tarifvertrag der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden ein Beteiligungsrecht wegen Ein- oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG hat.

Die Beteiligte Ziff. 1/Antragstellerin (im folgenden: Arbeitgeberin) unterhält am Standort in B. einen Betrieb mit ca. 640 Arbeitnehmern. Die Antragstellerin produziert Lenkungen, Pumpen, Lenksäulen und Lenksysteme für Kraftfahrzeuge. Der Beteiligte Ziff. 2 (im folgenden: Betriebsrat) ist der im Werk B. gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin wendet in ihrem Betrieb das Tarifwerk für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden an. Die Tarifparteien schlossen am 16.09.2003 einen Entgeltrahmen-Tarifvertrag (im folgenden: ERA-TV) sowie einen Einführungstarifvertrag zum ERA-TV (im folgenden: ETV ERA) ab. Nach der Protokollnotiz zu § 2.1.2 ETV ERA wurde die Einführungsphase für den neuen Entgeltrahmen-Tarifvertrag auf die Zeit vom 01.03.2005 bis 29.02.2008 festgelegt. Nach Abschluss der Einführungsphase gilt der ERA-TV für alle Betrieb verbindlich. Bei der Arbeitgeberin fand die Einführung des ERA-TV am 01.07.2007 statt.

Die maßgeblichen Regelungen des ERA-TV haben folgenden Inhalt:

§ 4 Grundsätze der Grundentgeltermittlung

4.1 Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ist die eingestufte Arbeitsaufgabe.

4.2 Die Arbeitsaufgabe wird durch die Arbeitsorganisation bestimmt. Sie wird ganzheitlich betrachtet. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.

§ 5 Einstufung der Arbeitsaufgabe

5.1 Gegenstand der Bewertung

5.1.1 Gegenstand der Bewertung und Einstufung sind die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe.

5.1.2 Bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe sind alle Teilaufgaben zu berücksichtigen, soweit sie die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen.

5.2 Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe

5.2.1 Die Bewertung der Arbeitsaufgabe erfolgt unter Anwendung des im Folgenden dargestellten Stufenwertzahlverfahrens als Methode der Arbeitsbewertung gemäß § 6.

5.2.2 Das Stufenwertzahlverfahren kann unmittelbar (§ 6.4.1) oder in der Form einer Vergleichsbewertung, bezogen auf die tariflichen Niveaubeispiele (§ 6.4.2) oder bezogen auf die betrieblichen Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3), angewendet werden.

Bestandteil des Systems der Bewertung und Einstufung ist der im Anhang beigefügte Katalog von tariflichen Niveaubeispielen.

5.2.3 Die Tarifvertragsparteien werden den Katalog der Niveaubeispiele, ausgehend von der technischen und organisatorischen Entwicklung, auf die Notwendigkeit der Aufnahme neuer Beispiele hin überprüfen und eventuell Ergänzungen möglichst unverzüglich vereinbaren.

§ 6 System der Bewertung und Einstufung

6.1 Stufenwertzahlverfahren

6.1.1 Grundlage der Bestimmung des Werts einer Arbeitsaufgabe sind folgende Bewertungsmerkmale für Arbeitsanforderungen (Definition siehe Anlage 1):

1. Wissen und Können

1.1 Anlernen

1.2 Ausbildung und Erfahrung

2. Denken

3. Handlungsspielraum/Verantwortung

4. Kommunikation

5. Mitarbeiterführung

6.1.2 Die Anforderungsniveaus der Bewertungsmerkmale werden durch Stufen differenziert (Anlage 1).

6.1.3 Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen ergibt sich aus den zugeordneten Punkten (in Anlage 1).

6.1.4 Die Gesamtpunktzahl einer Arbeitsaufgabe ergibt sich aus der Addition der Punkte aus den einzelnen Bewertungsmerkmalen.

6.1.5 Die Gesamtpunktzahl wird wie folgt 17 Entgeltgruppen zugeordnet:

Entgeltgruppe Gesamtpunktzahl Entgeltgruppe Gesamtpunktzahl

1        6        10    35 – 38

2        7 – 8 11    39 – 42

3        9 – 11 12    43 – 46

4        12 – 14 13    47 – 50

5        15 – 18 14    51 – 54

6        19 – 22 15    55 – 58

7        23 – 26 16    59 – 63

8        27 – 30 17    64 – 96

9        31 – 34

6.2 Die tariflichen Niveaubeispiele (Anhang) sind unter Anwendung des Stufenwertzahlverfahrens (§ 6.4.1) gemäß Anlage 1 verbindlich bewertet und eingestuft.

6.3 Belastungen werden außerhalb des Stufenwertzahlverfahrens durch eine Zulage gesondert berücksichtigt (siehe Anlage 2).

6.4 Systemanwendung

Folgende Verfahren sind anwendbar:

6.4.1 Das Stufenwertzahlverfahren nach § 6.1 kann unter Beachtung der Einstufungen der tariflichen Niveaubeispiele zur Bewertung der Arbeitsaufgabe direkt angewendet werden.

Grundlage der Einstufung ist eine Beschreibung der Arbeitsaufgabe.

Auf die Beschreibung kann mit Zustimmung beider Seiten verzichtet werden.

Die Ergebnisse der Bewertung sind mit einer Begründung für jedes Bewertungsmerkmal zu versehen.

6.4.2 Eine Arbeitsaufgabe kann durch Vergleichen mit tariflichen Niveaubeispielen bewertet werden.

Die Einstufung der Arbeitsaufgabe erfolgt dabei in Bezug zu einem tariflichen Niveaubeispiel. Eine abweichende Bewertung ist in Bezug auf die Arbeitsaufgabe schriftlich zu begründen.

6.4.3 Unter Beachtung der tariflichen Niveaubeispiele können durch die Paritätische Kommission (§ 7) einvernehmlich betriebliche Ergänzungsbeispiele erstellt werden. Die Zustimmung einer Seite der Paritätischen Kommission kann nicht ersetzt werden.

Betriebliche Ergänzungsbeispiele können einvernehmlich durch eine Paritätische Kommission auf Unternehmensebene einheitlich festgelegt werden. Die Mitglieder dieser Paritätischen Kommission werden durch den Gesamtbetriebsrat bzw. durch die Unternehmensleitung bestimmt.

§ 7 Paritätische Kommission

7.1 In den Betrieben wird eine paritätisch besetzte Einstufungs- bzw. Reklamationskommission (im Folgenden: Paritätische Kommission) gebildet (siehe auch § 8).

7.1.1 Die Paritätische Kommission besteht aus je drei Vertretern des Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits. Mindestens ein Vertreter der Beschäftigten muss dem Betriebsrat angehören.

7.1.2 Die Vertreter des Arbeitgebers werden von diesem, die Vertreter der Beschäftigten vom Betriebrat bestimmt. Beide Seiten benennen eine entsprechende Anzahl von Stellvertretern.

7.2 Aufgaben der Paritätischen Kommission

7.2.1 Der Paritätischen Kommission obliegt die

– Einstufung bestehender, aber nicht bewerteter Arbeitsaufgaben,

– Einstufung neu entstehender oder veränderten Arbeitsaufgaben,

soweit dieser Tarifvertrag ihr nicht weitere Aufgaben zuweist.

7.2.2 Sie ist darüber hinaus berichtigt, von Fall zu Fall bestehende Einstufungen zu überprüfen, sofern dargelegt werden kann, dass sich auf Grund veränderter Anforderungen eine Veränderung der Einstufung ergeben könnte.

7.3 Entscheidungsfindung in der Paritätischen Kommission

7.3.1 Der Arbeitgeber übergibt der Paritätischen Kommission zur Vorbereitung der Entscheidung die entsprechenden Unterlagen (§ 6.4) und teilt die vorläufige Einstufung mit.

7.3.3 Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, so wird auf Antrag einer Seite je ein sachkundiger stimmberechtigter Vertreter der Tarifvertragsparteien hinzugezogen (erweiterte Paritätische Kommission).

7.3.4 Kommt nach eingehender Beratung in dieser erweiterten Paritätischen Kommission eine einheitliche oder mehrheitliche Meinung nicht zu Stande, wird auf Antrag einer Seite eine Schiedsstelle gebildet.

7.3.5 Der Arbeitgeber kann festlegen, dass die Entscheidung anstatt durch die Schiedsstelle durch Losentscheid in der erweiterten Paritätischen Kommission herbeigeführt wird.

7.3.7 Mit der Entscheidung der Paritätischen Kommission nach § 7.3.1, der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.3, der Schiedsstelle nach § 7.3.4 oder der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.5 ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.

Die Entscheidung ist damit verbindlich, sofern nicht – binnen einer Frist von zwei Wochen nach der Entscheidung bzw. dem Vorliegen der Begründung – Arbeitgeber oder Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung unverbindlich ist, weil ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze in §§ 4 – 6 vorgenommen worden ist.

§ 9 Grundentgeltanspruch der Beschäftigten

9.1 Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Grundentgelt derjenigen Entgeltgruppe, die der Einstufung der im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführten Arbeitsaufgabe entspricht.

Protokollnotiz zu § 9.1:

Es besteht Einigkeit, dass der Grundentgeltanspruch des Beschäftigten ausschließlich davon bestimmt ist, wie die Arbeitsaufgabe im betrieblichen Verfahren nach den Bestimmungen des Tarifvertrages bewertet worden ist.

Da ein besonderer Eingruppierungsvorgang, also die Zuordnung des Beschäftigten zu einer bestimmten Entgeltgruppe, nicht mehr stattfindet, gehen die Tarifvertragsparteien ebenso übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorliegen.

§ 10 Reklamation

10.1 Beschäftigte oder Betriebsrat können die mitgeteilte Entgeltgruppe (siehe § 9.2) schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren.

10.3 Wird über das Ergebnis der Überprüfung kein Einverständnis erzielt, erfolgt eine weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission (§ 7.1 bzw. § 8.3).

10.7 Der Beschäftigte kann im Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung den Rechtsweg beschreiten.

Er kann jedoch nur geltend machen, dass ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze der §§ 4 – 6 vorgenommen worden ist.

Am 25.07.2007 schlossen die Betriebsparteien eine „Vereinbarung zur Einführung des Entgeltrahmentarifvertrags bei der Z. GmbH“. Wegen der Einzelheiten wird auf Abl. 69 ff. der erstinstanzlichen Akte verwiesen. Nach Ziff. 3 der Vereinbarung sind die tariflichen Niveaubeispiele des ERA-TV zur Bewertung betrieblicher Arbeitsaufgaben unter Berücksichtigung des jeweiligen Niveaus der Anforderungen durch Vergleich soweit wie möglich heranzuziehen. Außerdem wird in Ziff. 3.1 auf eine Anlage 2 Bezug genommen, wonach die Einstufung von Arbeitsaufgaben, die während der Einarbeitungszeit noch nicht vollständig ausgeführt werden, nach einer Tabelle vorgenommen wird. Die Zuordnung der Mitarbeiter zu den einzelnen Entwicklungsstufen erfolgt durch die jeweilige Führungskraft in Abhängigkeit von Einarbeitung und Abdeckungsgrad der Arbeitsaufgabe.

Am 07.09.2007 schrieb die Arbeitgeberin den Arbeitsplatz eines Qualitätstechnikers m/w in der Qualitätsplanung aus. Auf die Ausschreibung bewarb sich u.a. der Arbeitnehmer A. Mit Veränderungsmeldung vom 08.11.2007 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat ihre Absicht mit, Herrn A. auf eigenen Wunsch ab dem 01.12.2007 von der Kostenstelle 448 (Qualitätssicherer, Entgeltgruppe 11, keine Entwicklungsstufe) in die Kostenstelle 412 (Qualitätssachbearbeiter, Entgeltgruppe 11, eine Entwicklungsstufe) zu versetzen. Mit Schreiben vom 14.11.2007 widersprach der Betriebsrat sowohl der Veränderungsmeldung als auch der Eingruppierung. Zur Begründung führte der Betriebsrat an, die Eingruppierung für den Arbeitsplatz sei bereits reklamiert worden. Mit Mail vom 22.11.2007 wiederholte die Arbeitgeberin die Veränderungsmitteilung mit gleichem Inhalt. Mit Schreiben vom 26.11.2007 teilte der Betriebsrat mit, er widerspreche erneut der Veränderungsmitteilung und der Eingruppierung. Zur Begründung des Widerspruchs zur Eingruppierung teilte der Betriebsrat u.a. mit, dass er die Eingruppierung nicht nachvollziehen könne. Mit Schreiben vom 30.11.2007 antwortete die Arbeitgeberin, dass sie die geplante Versetzung vorläufig nach § 100 BetrVG durchführe. Dem widersprach der Betriebsrat mit Schreiben vom 03.12.2007.

Mit ihrem am 06.12.2007 eingeleiteten Antrag hat die Arbeitgeberin die Feststellung begehrt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers A. als erteilt gelte. Hilfsweise hat sie die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats sowie die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit nach § 100 BetrVG begehrt. Der Betriebsrat hat die Antragsabweisung beantragt. Zugleich hat er den Gegenantrag gestellt, der Arbeitgeberin aufzugeben, wegen der Eingruppierung des Arbeitnehmers A. das Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

Zur Begründung des Gegenantrags trug der Betriebsrat vor, der ERA-TV habe eine völlig neue und von der Person des Beschäftigten unabhängige Entgeltfindung eingeführt. In der Protokollnotiz zu § 9.1 hätten die Tarifparteien festgehalten, dass nach ihrer übereinstimmenden Auffassung die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorlägen. Damit diese Annahme der Tarifparteien konkret Anwendung finde, müsse zunächst jeder Arbeitsplatz im Betrieb verbindlich eingestuft sein. Dies sei im Betrieb der Arbeitgeberin jedoch bislang nicht der Fall.

Der Grund hierfür sei, dass die tariflichen Niveaubeispiele sehr allgemein gefasst seien. Weder für den Betriebsrat noch für die Paritätische Kommission sei erkennbar, welcher konkrete Arbeitsplatz jeweils gemeint sei. Es fehle bei der Arbeitgeberin eine umfassende Matrix, die jeden einzelnen Arbeitsplatz erfasse. Damit könne derzeit von der Annahme der Tarifparteien nicht ausgegangen werden. Nach wie vor finde ein Eingruppierungsvorgang statt, an dem der Betriebsrat gemäß § 99 zu beteiligen sei.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Gegenantrag abzuweisen. Sie trug vor, im Geltungsbereich des ERA-TV gebe es keinen Ein- oder Umgruppierungsvorgang mehr. Dies hätten die Tarifparteien in der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV ausdrücklich festgehalten. Die Findung des Grundentgelts sei im ERA-TV so ausgestaltet, dass das Grundentgelt nicht mehr durch Subsumtion eines Sachverhalts unter unbestimmte Rechtsbegriffe ermittelt werde. Vielmehr würden nach dem ERA-TV personenunabhängig die wertigkeitsprägenden Teilaufgaben einer Arbeitsaufgabe vom Arbeitgeber entsprechend der von ihm vorgegebenen Arbeitsorganisation bewertet und eingestuft. Das in § 7 ERA-TV geregelte Verfahren vor einer paritätischen Kommission münde in einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers, der unmittelbar aus der von ihm ausgeübten Arbeitsaufgabe resultiere. Es gebe somit keinen Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers mehr. Der Rechtsschutz gegen unzutreffende Einstufungen sei durch das Verfahren vor der Paritätischen Kommission und das Reklamationsverfahren nach § 10 ERA-TV gewährleistet.

Mit Beschluss vom 16.05.2008 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers A. als erteilt gilt. Den Gegenantrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung über den Gegenantrag hat das Arbeitsgericht ausgeführt, mit der Einführung des ERA-TV sei die Notwendigkeit für eine Eingruppierung als Akt der Rechtsanwendung bei einer Neueinstellung oder Versetzung entfallen. Die Einschätzung der Tarifparteien, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorlägen, sei zutreffend. Ein Bedürfnis für eine Eingruppierung bestehe nicht mehr, weil der arbeitsaufgabenbezogene Bewertungsakt bereits im Einstufungsverfahren über die Paritätische Kommission vorgenommen werde. Für eine nochmalige Beteiligung des Betriebsrats bestehe kein Bedürfnis. Der Einwand des Betriebsrats, im Betrieb existiere noch keine umfassende Matrix, ändere hieran nichts. Dem Betriebsrat stehe der Weg über § 7.3 ERA-TV mit dem Ziel einer verbindlichen Entscheidung offen. Auch die Vereinbarung über die Einführung von Entwicklungsstufen führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Betriebsrat habe sich durch die Vereinbarung der Entwicklungsstufen seiner Mitwirkung selbst begeben.

Gegen den ihm am 12.06.2008 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 11.07.2008 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist am 11.09.2008 begründet. Er hat ausgeführt, er beschränke die Beschwerde auf die Entscheidung über den gestellten Gegenantrag. Die entscheidende Frage sei, ob ein Einstufungsverfahren entsprechend den Regeln des ERA-TV stattgefunden habe und die Arbeitgeberin bereit sei, umfassenden Rechtsschutz zu gewähren. Beides sei nicht der Fall. Das tarifliche Einstufungsverfahren setze voraus, dass die zu übertragende Arbeitsaufgabe umfassend beschrieben und bewertet worden sei. Über die umfassende Beschreibung der Arbeitsaufgaben bestehe jedoch zwischen den Betriebsparteien Streit. Das Arbeitsgericht habe hierzu die Auffassung vertreten, das Problem könne im Rahmen des Verfahrens vor der paritätischen Kommission geklärt werden. Dies sei jedoch unzutreffend. Aus der Argumentation des Arbeitsgerichts ergebe sich, dass eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung vorliege, wenn keine entsprechend den Regeln des Tarifvertrags vorgenommene Einstufung vorgenommen worden sei. Im Falle von Herrn A. liege bislang keine konkrete Beschreibung der Arbeitsaufgabe vor. Die von den Tarifparteien unterstellten Bedingungen lägen somit nicht vor. Es könnten die Reklamationsgründe auch derzeit nicht umfassend abgearbeitet werden. Denn die Arbeitgeberin vertrete die Auffassung, dass die Paritätische Kommission für die Frage, ob die übertragene mit der beschriebenen Arbeitsaufgabe übereinstimme, nicht zuständig sei. Diese Rechtsauffassung sei zwar grob fehlerhaft, führe aber im Moment dazu, dass die vom Arbeitsgericht unterstellte Rechtsweggarantie nicht vorliege.

Der Betriebsrat beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 16.05.2008, Az.: 26 BV 116/07 wird abgeändert.

2. Der Beteiligten zu 1. wird aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Arbeitnehmers A. nachträglich einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, nach der Vorstellung des Betriebsrats solle ein (angeblich) tarifvertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers zu einem tarifvertraglich nicht vorgesehenen Mitbestimmungsrecht führen. Dieser Ansatz könne jedoch nicht tragfähig sein. Allein streitentscheidend sei, ob unter dem ERA-TV die Voraussetzungen für eine Ein-/Umgruppierung tatbestandlich noch vorlägen oder nicht. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass ihre Vorgehensweise nicht tarifvertragswidrig sei. Dieser Vorwurf resultiere aus einem falschen Verständnis der Einstufungssystematik des ERA-TV. Unter dem ERA-TV werde nicht die Entgeltgruppe des Arbeitnehmers, sondern die Bewertung einer Arbeitsaufgabe konstitutiv festgelegt. Die tarifvertragliche Konstruktion gehe maßgeblich auf ein Gutachten des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Bundesarbeitsgericht Dr. h.c. Matthes zurück. Es sei ein Verfahren gewählt worden, das den Konflikt zwischen Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren zugunsten des letzteren aufgelöst habe, ohne die kollektivrechtlichen Interessen im Vergleich zu einem herkömmlichen Eingruppierungsverfahren zu beschränken.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die Anhörungstermine verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 ArbGG, § 89 Abs. 2 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Gegenstand der Beschwerde ist ausschließlich der vom Betriebsrat gestellte Gegenantrag, den das Arbeitsgericht in vollem Umfang abgewiesen hat.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Betriebsrat im Zusammenhang mit der Zuordnung des Arbeitnehmers A. in die Entgeltgruppe 11 zuzüglich einer Entwicklungsstufe nach den §§ 4 ff. ERA-TV kein Beteiligungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG zusteht.

1.

Der erstinstanzliche Gegenantrag und jetzige Beschwerdeantrag des Betriebsrats ist zulässig. Er ist auf die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur nachträglichen Einholung der Zustimmung des Betriebsrats und im Falle der Zustimmungsverweigerung zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens wegen der Umgruppierung des Arbeitnehmers A. gerichtet. Der Antrag entspricht damit der Antragsformulierung, die das Bundesarbeitsgericht in vergleichbaren Fällen als zulässig und sachdienlich erachtet hat (zuletzt BAG 17.06.2008 – 1 ABR 37/07 – juris; BAG 26.10.2004 – 1 ABR 37/03 – und BAG 12.12.2006 – 1 ABR 13/06 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29 und 32 mit zahlreichen Nachweisen). Die jetzige Antragsformulierung entspricht einer Anregung der Kammer. Aus der Veränderungsmeldung der Arbeitgeberin vom 08.11.2007 lässt sich zwar nicht mit der erforderlichen Gewissheit erkennen, ob sich die Einholung der Zustimmung auch auf eine Umgruppierung des Arbeitnehmers A. beziehen sollte. Aufgrund des Rechtsstandpunkts der Arbeitgeberin, wonach es bei der Zuordnung der Arbeitnehmer in eine der Entgeltstufen des ERA-TV an einer Ein- bzw. Umgruppierung fehlen soll, ist die Veränderungsmitteilung aber dahingehend zu verstehen, dass ihr Gegenstand nicht die Umgruppierung des Arbeitnehmers A. sein sollte. Die geänderte Fassung des Beschwerdeantrags trägt dieser Sachlage Rechnung.

2.

Der Antrag des Betriebsrats ist unbegründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch, gemäß § 101 BetrVG an der Zuordnung des Arbeitnehmers A. in die Entgeltgruppe 11 zuzüglich einer Entwicklungsstufe nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt zu werden. Bei der Zuordnung der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppen nach den §§ 4 ff. ERA-TV steht dem Betriebsrat generell kein Beteiligungsrecht unter dem Gesichtspunkt der (Ein- bzw.) Umgruppierung zu.

a) Umgruppierung im Sinne von § 95 Abs. 1, § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Neueinreihung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Feststellung, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen der Vergütungsgruppe entspricht, in die er bisher eingruppiert ist, sondern den einer anderen (BAG 10. Dezember 2002 – 1 ABR 27/01 – AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 42, zu B III 3 c cc (1) der Gründe; BAG 13. Februar 2003 – 8 ABR 53/01 – EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 54, zu II 2 a der Gründe). Eine Umgruppierung findet nicht nur statt, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, sondern auch, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert (BAG 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 110, zu B II 1 der Gründe). Eine Umgruppierung kann auch dann vorliegen, wenn die Arbeitgeberin aufgrund einer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, der Arbeitnehmer sei nicht mehr in eine der Gehaltsgruppen der maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren (BAG 26. Oktober 2004 – 1 ABR 37/03 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29, zu B II 2 a der Gründe).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG in den Fällen der (Ein- und) Umgruppierung in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Die konkrete Einreihung des Arbeitnehmers in einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung ist keine in das Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der Vergütungspraxis (BAG 28. April 1998 – 1 ABR 50/97 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 18, zu B I 1 der Gründe; BAG 03.05.2006 – 1 ABR 2/05 – AP BetrVG § 99 Eingruppierung Nr. 31).

Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG reicht dabei nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Wenn es der Anwendung abstrakter Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsordnung auf die mit einer konkreten Arbeitsstelle verbundenen Tätigkeitsaufgaben zur konkreten Einreihung des Arbeitnehmers nicht bedarf, besteht kein Erfordernis der Beurteilung der Rechtslage durch die Arbeitgeberin und damit kein Erfordernis der Mitbeurteilung durch den Betriebsrat. Ein solches Erfordernis der Rechtsanwendung fehlt etwa dann, wenn schon die Urheber der Vergütungsordnung selbst die betreffende Stelle mit bindender Wirkung für die Arbeitgeberin in ein abstraktes Vergütungsschema eingereiht haben.

b) Nach diesen Grundsätzen fehlt es bei der Zuordnung eines Arbeitnehmers in eine der Entgeltgruppen der §§ 4 ff. ERA-TV an einer Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Die Auslegung der tariflichen Bestimmungen ergibt, dass die Tarifparteien des ERA-TV ein tarifliches Konzept geschaffen haben, bei dem die Entgeltfindung ohne einen Ein- bzw. Umgruppierungsvorgang stattfindet.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 24.09.2008 – 10 AZR 669/07 – NZA 2009, 45) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifparteien liefert. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen.

bb) Nach dem Wortlaut des ERA-TV ist Ausgangspunkt zur Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des Beschäftigten ist nach § 4.1 ERA-TV die eingestufte Arbeitsaufgabe. Diese wird gemäß § 4.2 ERA-TV durch die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers bestimmt. Die Arbeitsaufgabe ist ganzheitlich zu betrachten. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt. Nach § 5.1.1 ERA-TV sind Gegenstand der Bewertung und Einstufung die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe. Die Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe erfolgt unter Anwendung des Stufenwertzahlverfahrens nach § 6.1 ERA-TV. Grundlage für die Bewertung der Arbeitsaufgabe sind hierbei fünf Merkmale: 1. Wissen und Können (1.1 Anlernen, 1.2 Ausbildung und Erfahrung), 2. Denken, 3. Handlungsspielraum / Verantwortung, 4. Kommunikation und 5. Mitarbeiterführung. Die Anforderungsniveaus werden durch in der Anlage 1 aufgeführten Stufen differenziert. Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen ergibt sich aus zugeordneten Punkten. Aus der hiernach ermittelten Gesamtpunktzahl folgt nach der Tabelle zu § 6.1.5 ERA-TV die Zuordnung in eine der 17 Entgeltgruppen.

Erforderlich für die Durchführung des Verfahrens zur Ermittlung des Grundentgeltsanspruchs des Beschäftigten ist die Beschreibung der jeweiligen Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber. Da die Arbeitsorganisation Sache des Arbeitgebers ist, legt dieser zunächst personenunabhängig die Arbeitsaufgabe fest. Nach § 5.1.2 ERA-TV werden hierbei – anders als beim Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I – nicht mehr sämtliche Teilaufgaben in die Beschreibung der Arbeitsaufgabe übernommen, sondern nur noch die „wertigkeitsprägenden Teilaufgaben“. Dies führt zu einer deutlich gröberen Darstellung der Arbeitsaufgaben als in Arbeitsplatz- bzw. Tätigkeitsbeschreibungen, die z.B. zum Zweck der Geschäftsverteilung angefertigt werden.

Das Stufenwertzahlverfahren kann nach § 5.2.2 ERA-TV unmittelbar (§ 6.4.1 ERA-TV), in Form einer Vergleichsbewertung bezogen auf tarifliche Niveaubeispiele (§ 6.4.2 ERA-TV) oder bezogen auf betriebliche Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3 ERV-TV) angewandt werden. Das zweitgenannte Verfahren stellt in der betrieblichen Wirklichkeit das in 95 % der Fälle angewandte Verfahren dar (Erläuterungen zum ERA-TV des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V., Stand März 2008, S. 21). Die Bewertung der vom Arbeitgeber beschriebenen Arbeitsaufgabe erfolgt hierbei durch Vergleich der jeweiligen Arbeitsaufgabe mit den 122 tariflichen Niveaubeispiele des Anhangs zu § 6 ERA-TV. Die Beschreibungen der 122 tariflichen Niveaubeispiele sind hierbei bewusst allgemein gefasst. Sie stellen keine Arbeitsplatzbeschreibung im hergebrachten Verständnis dar, sondern erfassen nur allgemein die Tätigkeiten, die die jeweilige Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen (vgl. § 5.1.2 ERA-TV).

Bei der Anwendung des Verfahrens nach § 6.4.2 ERA-TV ist es denkbar, dass eine vom Arbeitgeber beschriebene Arbeitsaufgabe ohne jede Veränderung einem der 122 tariflichen Niveaubeispiele zugeordnet werden kann (Erläuterungen, a.a.O., S. 21). So kann der Arbeitgeber, der die Arbeitsaufgabe eines Fahrers beschreibt, bei Erstellen der Aufgabenbeschreibung feststellen, dass seine Aufgabenbeschreibung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe des tariflichen Niveaubeispiels „Fahrer/-in“ (Kodierung: 05.03.07.15) entspricht. In diesem Fall kann das tarifliche Niveaubeispiel unmittelbar zur Bewertung der Arbeitsaufgabe angewendet werden. Die Arbeitsaufgabe des Fahrers im Betrieb ist dann verbindlich mit 18 Punkten bewertet (vgl. § 6.2 ERA-TV).

Es ist aber auch denkbar, dass die vom Arbeitgeber erstellte Beschreibung der Arbeitsaufgabe keinem der 122 tariflichen Niveaubeispiele vollständig zugeordnet werden kann, etwa weil einzelne wertigkeitsprägende Aufgaben bzw. Teilaufgaben im tariflichen Niveaubeispiel nicht erwähnt sind oder im tariflichen Niveaubeispiel aufgeführte wertigkeitsprägende Teilaufgaben aufgeführt werden, die im Rahmen der betrieblichen Organisation der entsprechenden Arbeitsaufgabe nicht zugeordnet werden. In diesem Fall ist das tarifliche Niveaubeispiel insoweit nach seinen Inhalten abzuändern bzw. einzelne wertigkeitsprägende Inhalte ergänzend hinzuzufügen (Erläuterungen, a.a.O., S. 22). Die im Vergleich zum tariflichen Niveaubeispiel geänderte Beschreibung der Arbeitsaufgabe hat der Arbeitgeber sodann ausgehend von den Bewertungsstufen der Anlage 1 zu § 6 ERA-TV zu bewerten.

Nach der Bewertung der Arbeitsaufgabe gemäß einem der drei geschilderten Verfahren übergibt der Arbeitgeber – soweit nicht das vereinfachte Einstufungsverfahren nach § 8 ERA-TV zur Anwendung kommt – die Unterlagen (Beschreibung der Arbeitsaufgabe und Bewertung derselben) der Einstufungs- bzw. Reklamationskommission (Paritätische Kommission nach § 7) und teilt die vorläufige Einstufung mit (§ 7.3.1 ERA-TV). Die Paritätische Kommission überprüft anhand der Aufgabenbeschreibung des Arbeitgebers, ob die vorgenommene Bewertung anhand der Anlage 1 zu § 6 ERA-TV ordnungsgemäß erfolgt ist. Das Verfahren in der Paritätischen Kommission ist im Einzelnen in § 7.3 ERA-TV geregelt. Die Paritätische Kommission kann unter Angaben von Gründen von der Arbeitgeberin die Überprüfung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der übertragenen Arbeitsaufgabe und gegebenenfalls die Überarbeitung der Beschreibung verlangen. Am Ende des Verfahrens vor der Paritätischen Kommission steht eine verbindliche Entscheidung über die Bewertung der Arbeitsaufgabe und damit einer verbindlichen Einstufung dieser Aufgabe einschließlich der Festlegung der Punktezahl.

cc) Bei Durchführung dieses Verfahrens und der am Ende stehenden verbindlichen Bewertung der Arbeitsaufgabe findet keine Ein- oder Umgruppierung im Rechtssinne statt. Die Beschreibung der Arbeitsaufgabe und ihre Bewertung erfolgen ohne jeden personalen Bezug. Damit fehlt es an einer Verbindung zwischen der Beschreibung der Arbeitsaufgabe, ihrer Bewertung und dem jeweiligen Arbeitnehmer. Eine auf einen einzelnen Arbeitnehmer bezogene Rechtsanwendung findet ebenso wenig statt. Die Zuordnung zu einer in § 6.1.5 ERA-TV aufgeführten 17 Entgeltgruppen erfolgt ausschließlich mittels der Vergabe von Punktwerten und die Feststellung einer Gesamtpunktzahl. Die Ermittlung der zutreffenden Entgeltgruppe beruht auf einer reinen Rechenoperation.

Eine Ein- und Umgruppierung liegt auch nicht in der Einstufung der Arbeitsaufgabe. Abgesehen davon, dass es hierbei am erforderlichen Personenbezug fehlt, handelt es sich nicht um einen Akt der Rechtsanwendung (a.A. ArbG Reutlingen 23.04.2008 – 5 BV 4/08 – juris). Daran ändert nichts, dass in den 122 tariflichen Niveaubeispielen, die zur Bewertung der Arbeitsaufgaben heranzuziehen sind, aufgrund ihrer hohen Standardisierung unbestimmte Begrifflichkeiten verwendet werden. So ist im tariflichen Niveaubeispiel des Fahrers (Kodierung: 05.03.07.15) angegeben, dass zu dessen wertigkeitsprägenden Tätigkeiten etwa „das Wählen von Routen entsprechend der Verkehrssituationen unter Beachtung wirtschaftlicher Belange“ zählt. Gleicht der Arbeitgeber im Verfahren nach § 6.4.2 ERA-TV die übertragene Arbeitsaufgabe mit dem tariflichen Niveaubeispiel ab, so handelt es um eine Tatsachenfeststellung. Ein Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats ergibt sich hieraus nicht. Selbst dann, wenn der Abgleich nicht durch bloßes „Abhaken“ erfolgt, sondern durch wertende Überlegungen ergänzt wird (siehe oben bb), geht es um eine Tatsachenfeststellung. Denn eine solche kann auch in einem Akt wertender Erkenntnis erfolgen (BAG 22.01.1997 – 10 AZR 468/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 146).

dd) Da es bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe zur unterschiedlichen Auffassungen kommen kann, haben die Tarifparteien zur Konfliktlösung besondere tarifrechtliche Instrumente entwickelt. Nach § 7.2 ERA-TV obliegt die Einstufung bestehender, aber noch nicht bewerteter Arbeitsaufgaben sowie die Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben der Paritätischen Kommission. Kommt es in der paritätischen Kommission über die Einstufung zu keiner Einigung, so wird auf Antrag einer Seite eine erweiterte Paritätische Kommission gebildet. Kommt auch in dieser keine Einigung zustande, so wird auf Antrag einer Seite nach § 7.3.4 ERA-TV eine Schiedsstelle gebildet. Nach § 7.3.5 kann der Arbeitgeber festlegen, dass die Entscheidung anstatt durch die Schiedsstelle durch Losentscheid in der erweiterten Paritätischen Kommission herbeigeführt wird. Mit der Entscheidung einer dieser Gremien ist nach § 7.3.7 ERA-TV das Einstufungsverfahren abgeschlossen. Die Entscheidung ist verbindlich, sofern nicht binnen einer Frist von 2 Wochen nach der Entscheidung bzw. nach dem Vorliegen der Begründung Arbeitgeber oder Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung unverbindlich ist, weil ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze in §§ 4-6 ERA-TV vorgenommen worden ist.

Neben dem Verfahren nach § 7 ERA-TV findet das sogenannte Reklamationsverfahren nach § 10 ERA-TV statt. Die vom Arbeitgeber nach § 9.2 ERA-TV mitgeteilte Entgeltgruppe können der Beschäftigte oder der Betriebsrat schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren. Wird nach einer Überprüfung kein Einverständnis erzielt, so erfolgt eine weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission. Das Verfahren richtet sich sodann nach § 7.3.3 ff. ERA-TV. Der Beschäftigte kann nach § 10.7 ERA-TV im Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung den Rechtsweg beschreiten. Er kann jedoch nur geltend machen, dass ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze der §§ 4-6 ERA-TV vorgenommen worden ist.

Mit diesem tariflichen Rechtsschutzsystem haben die Tarifparteien dem staatlichen Rechtsschutz ein innerbetriebliches Konfliktlösungsverfahren vorgeschaltet. Damit haben die Tarifparteien ersichtlich den Zweck verfolgt, den innerbetrieblichen Sachverstand bei der Bewertung der Arbeitsaufgaben zu nutzen. Anders als die staatlichen Gerichte, die sich den erforderlichen Sachverstand notfalls durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 144 ZPO verschaffen müssen, verfügen die Vertreter von Arbeitgeber und Beschäftigten in der Paritätischen Kommission, der erweiterten Paritätischen Kommission und dem Schiedsgericht aus eigener Anschauung über die notwendige Sachkenntnis zu den im Betrieb bestehenden Arbeitsaufgaben. Rechtlich ist die Bewertung der betrieblichen Arbeitsaufgaben durch die Paritätische Kommission als schiedsgutachterliche Tätigkeit einzuordnen (Becker, Festschrift für Löwisch, S. 17, 24). Aufgabe eines Schiedsgutachters ist es, die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Rechts oder eines Anspruchs verbindlich festzustellen (BAG 22.01.1997 – 10 AZR 468/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 146). Die Übertragung der Sachverhaltsermittlung auf einen Schiedsgutachter verstößt nicht gegen § 101 ArbGG. Eine unzulässige Schiedsgerichtsvereinbarung liegt erst vor, wenn einer dritten Stelle nicht nur die Feststellung von Tatsachen, sondern darüber hinaus auch deren verbindliche Subsumtion unter einzelne Tatbestandsmerkmale, etwas im Bereich der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe übertragen wird (BAG 20.01.2004 – 9 AZR 23/03 – Juris; BAG 20.01.2004 – 9 AZR 393/03 – AP BetrVG 1972 § 87 Vorschlagswesen Nr. 3; BAG 17.03.2005 – 8 AZR 179/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 13).

Hiernach handelt es sich bei der Entscheidung der Paritätischen Kommission nach § 7.3 ERA-TV um ein Schiedsgutachten. Denn die Paritätische Kommission hat nicht die Aufgabe, die jeweils übertragene Arbeitsaufgabe unter tarifliche Tätigkeitsmerkmale zu subsumieren. Ihr obliegt vielmehr die vorgelagerte Bewertung der abstrakten Arbeitsaufgabe, indem sie insbesondere eine Bewertung durch Vergleichen der jeweiligen Arbeitsaufgabe mit den tariflichen Niveaubeispielen vornimmt (vgl. § 6.4.2 ERA-TV). Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens kann nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur auf grobe Unbilligkeit sowie auf Verfahrensverstöße überprüft werden. Diese Rechtsprechung haben die Tarifparteien in § 7.3.7 und § 10.7 ERA-TV aufgegriffen. Um die innerbetrieblichen Konfliktlösung zu fördern, haben sie den staatlichen Rechtsschutz auf das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß beschränkt.

Mit der tariflichen Konzeption der innerbetrieblichen Konfliktlösung durch Entscheidung der Paritätischen Kommission würde das Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG in Widerspruch stehen. Hierdurch würde neben dem tariflichen Einstufungsverfahren und der stets zulässigen individualrechtlichen Eingruppierungsfeststellungsklage eine dritte Möglichkeit des Rechtsschutzes geschaffen, deren Verhältnis zu den anderen Rechtsschutzmöglichkeiten nicht klar wäre. Der vorliegende Fall zeigt dies augenfällig. Das innerbetriebliche Bewertungsverfahren stockt derzeit aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat; nach Angabe des Betriebsratsvorsitzenden im Anhörungstermin 2. Instanz sollen derzeit von 640 Arbeitsaufgaben gerade einmal 80 bewertet sein. Durch die Anrufung der staatlichen Gerichte will der Betriebsrat die Blockade überwinden. Da es bislang an einer Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe fehlt, müssten die Gerichte für Arbeitssachen die Einstufung an sich ziehen. Damit wäre die Absicht der Tarifparteien konterkariert, der innerbetrieblichen Konfliktlösung den Vorrang einzuräumen und den Prüfungsmaßstab der staatlichen Gerichte zu beschränken. Zudem bliebe das Verhältnis zwischen Einstufung und Eingruppierung offen. Ein solches Ergebnis würde dem Auslegungsgrundsatz, dass im Zweifel einer praktikablen Lösung der Vorzug zu geben ist, entgegenstehen.

ee) Die Entstehungsgeschichte unterstützt das Auslegungsergebnis, dass die Entgeltfindung nach den §§ 4 ff. ERA-TV ohne einen Ein- bzw. Umgruppierungsvorgang stattfindet. Dem Abschluss der ERA-Tarifverträge am 16.09.2003 ging ein jahrelanger Diskussionsprozess zwischen den Tarifparteien voraus. Die Arbeitgeberseite strebte im Rahmen der Verhandlungen u.a. eine Vereinfachung des Bewertungsprozesses an (Handbuch I „ERA-Wissen“ der IG Metall Bezirk Baden-Württemberg S. 19; Becker, a.a.O. S. 17). Im Februar des Jahres 2002 erstattete der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. h.c. Matthes im Auftrag beider Tarifparteien ein Gutachten zu einer Neukonzeption des Bewertungs- und Eingruppierungsverfahrens. Er stellte hierbei fest, dass der damals geltende Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I keine eindeutige Regelung dazu enthalte, in welchem Verhältnis die Bewertung der Arbeitsaufgabe zur Eingruppierung des Arbeitnehmers stehe und in welchem Verfahren Bewertung und Eingruppierung gerichtlich überprüft werden könnten. Die tarifliche Regelung sei in sich nicht immer stimmig (Gutachten S. 4 oben).

Der Gutachter unterbreitete den Tarifparteien sodann den Vorschlag, das Bewertungs- und Eingruppierungsverfahren „einspurig“ auszugestalten (S. 20 ff. des Gutachtens). Die Einspurigkeit könnte dadurch erzielt werden, dass der Lohnanspruch des Arbeitnehmers nicht mehr davon abhängig gemacht werde, ob die von ihm arbeitsvertraglich zu verrichtende Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Lohngruppe erfülle. Vielmehr solle der Lohnanspruch davon abhängig gemacht werden, wie die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit in einem innerbetrieblichen Verfahren bewertet worden sei. Werde der Lohnanspruch des Arbeitnehmers so ausgestaltet, gebe es keine Eingruppierung im Sinne von § 99 BetrVG mehr (Gutachten S. 23 unten). Hierin liege keine unzulässige Beschneidung oder Verkürzung von Mitbestimmungsrechten durch den Tarifvertrag. Denn der Tarifvertrag könne die materielle Rechtslage so ausgestalten, dass ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand nicht mehr gegeben sei (Gutachten S. 24).

Der vom Gutachter unterbreitete Textvorschlag für eine tarifliche Regelung hat in den §§ 4 ff. ERA-TV in allen wesentlichen Teilen seinen Niederschlag gefunden. In Übereinstimmung mit dem Gutachter haben die Tarifparteien in der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV ergänzend ihre Einschätzung der Rechtslage festgehalten, dass das Entgeltfindungsverfahren nach dem ERA-TV ohne einen gesonderten Eingruppierungsvorgang erfolgt. Die Protokollnotiz ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die Tarifparteien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei Ein- und Umgruppierungen beschränken wollten. Vielmehr haben die Tarifparteien lediglich ihre gemeinsame Rechtsauffassung bekundet.

c) Ein nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtiger Umgruppierungsvorgang kann im vorliegenden Fall auch nicht deswegen angenommen werden, weil das innerbetriebliche Bewertungsverfahren im Betrieb der Arbeitgeberin wegen Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit der Paritätischen Kommission stockt (vgl. hierzu den Hinweis bei Becker, a.a.0., S. 20). Selbst wenn bislang im Betrieb der Arbeitgeberin keine abschließende und verbindliche Bewertung sämtlicher Arbeitsaufgaben vorgenommen wurde, kann dies nicht dazu führen, dass nunmehr eine Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet würde, die der Konzeption des Tarifvertrags widerspräche. Bestehen zwischen den Betriebsparteien Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit der Paritätischen Kommission, so ist diese Rechtsfrage ggf. von den Gerichten für Arbeitssachen zu entscheiden. Bis zum Abschluss des Einstufungsverfahrens gelten die Regelungen des § 7.3 ERA-TV. Hiernach teilt der Arbeitgeber der Paritätischen Kommission seine vorläufige Einstufung mit. Diese vorläufige Einstufung gilt bei einem Widerspruch bis zu einer verbindlichen Entscheidung. Weicht die verbindliche Entscheidung von der vorläufigen Einstufung ab, so gilt nach § 7.3.1 diese neue Einstufung rückwirkend vom Zeitpunkt der Mitteilung an die Paritätische Kommission an. Dies bedeutet, dass die Verfahrensverzögerung, die zwangsläufig mit einem gerichtlichen Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit der Paritätischen Kommission verbunden ist, sich nicht zu Lasten derjenigen Arbeitnehmer auswirkt, deren Arbeitsaufgabe im später durchgeführten Einstufungsverfahren höher bewertet wird, als es der vorläufigen Einstufung durch den Arbeitgeber entsprochen hat.

d) Das Erfordernis einer Eingruppierung ergibt sich im Streitfall schließlich auch nicht daraus, dass im Betrieb der Arbeitgeberin eine Vereinbarung über die Einstufung von Arbeitsaufgaben während der Einarbeitungszeit (Entwicklungsstufen) geschlossen wurde (Vereinbarung vom 25.07.2006, Anlage 2). Hiernach erfolgte die Einstufung von Arbeitsaufgaben, die während der Einarbeitungszeit noch nicht vollständig ausgefüllt werden, anhand einer Entwicklungstabelle. Diese Tabelle sieht Regelentwicklungszeiten vor, wobei die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Entwicklungsstufen durch die jeweilige Führungskraft in Abhängigkeit von der Einarbeitung und dem Abdeckungsgrad der Arbeitsaufgabe erfolgt.

Bei dieser Zuordnung handelt es sich nicht um eine Eingruppierung im Rechtssinne. Denn bei der Einschätzung der jeweiligen Führungskraft, in welchem Umfang die Einarbeitung fortgeschritten ist, handelt es sich nicht um einen Akt der Rechtsanwendung, sondern um eine subjektive Beurteilung. Ebenso wie bei Prüfungs- und Beurteilungsentscheidungen könnten die Gerichte für Arbeitssachen die Einschätzung der Führungskraft allenfalls daraufhin überprüfen, ob die Einschätzung grob fehlerhaft ist oder Verfahrensfehler vorliegen. Um eine Anwendung abstrakter Tätigkeitsmerkmale handelt es sich nicht.

e) Die Regelungen des ERA-TV, in deren Umsetzung und Vollzug es keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 BetrVG mehr stattfindet, verstoßen nicht gegen das Betriebsverfassungsgesetz oder andere von den Tarifparteien zu beachtende Grenzen. Die Tarifparteien sind nicht verpflichtet, bei der Schaffung eines Entgeltfindungssystems Regelungen zu schaffen, in deren Folge und bei deren Umsetzung es zu einem Ein- bzw. Umgruppierungsvorgang und damit zu einem das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG auslösender Beurteilung der Rechtslage kommt. Die Einschränkung der Tarifmacht der Koalitionen aus Art. 9 Abs. 3 GG im Rahmen der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bedeutet nicht, dass die Tarifvertragsparteien verpflichtet sind, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats unangetastet lassen. Die Tarifparteien können zwar nicht das Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG ausschließen. Es gibt aber kein Verbot, eine tarifliche Regelung zu vereinbaren, die die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm entfallen lässt. Nichts anderes haben die Tarifparteien mit dem ERA-TV getan. Sie haben in den Grenzen ihrer Tarifmacht ein Regelungssystem entwickelt, in dessen Umsetzung und Vollzug der Entgeltanspruch des einzelnen Arbeitnehmers nicht mehr von einer Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers abhängt.

III.

In diesem Verfahren werden nach § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben.

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