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Betriebsratswahl – Mitarbeiter öffentlicher Dienst

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Az: 3 TaBV 36/10

Beschluss vom 27.04.2011


Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 27.04.2011 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15.10.2010 – 4 BV 25 b/10 – abgeändert:

Der Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer am 27.04.2010 durchgeführten Betriebsratswahl und in diesem Zusammenhang darüber, ob überlassene Arbeitnehmer, auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, bei der Betriebsratsgröße mitzählen.

Bei der Beteiligten zu 1. ist am 27. April 2010 die turnusmäßige Betriebsratswahl durchgeführt worden. Dabei ist ein Betriebsrat mit der Größe von 5 Betriebsratsmitgliedern gewählt worden. Die am 25. März 2010 erstellte Wählerliste enthielt insgesamt 63 Personen. Neben 50 Arbeitnehmern, die einen Arbeitsvertrag mit der Beteiligten zu 1. haben, enthielt die Wählerliste weitere 13 Arbeitnehmer, die arbeitsvertraglich nicht mit der Beteiligten zu 1., sondern mit dem Kreis …. (4 Arbeitnehmer) und mit der konzerninternen Gesellschaft ….-Service-GmbH (9 Arbeitnehmer) verbunden sind . Über die Berücksichtigungsfähigkeit der vier arbeitsvertraglich mit dem Kreis …. und der neun arbeitsvertraglich mit der ….- Service- GmbH verbundenen Arbeitnehmer streiten die Beteiligten. Bei einer Anzahl von nur 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern würde der Betriebsrat lediglich aus 3 Betriebsratsmitgliedern bestehen.

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses und der Konstituierung eines 5-köpfigen Betriebsrates vom 28./29.04.2010 leitete die Beteiligte zu 1. mit Antrag vom 07. Mai 2010 das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren ein, mit dem Begehren, die Betriebsratswahl wegen Verkennung von §§ 8 und 9 BetrVG für unwirksam zu erklären. Insoweit hat sie sich u.a. auch auf die gleichgelagerte, anlässlich der Betriebsratswahl 2006 zu einem anderen Unternehmen der ….-Unternehmensgruppe ergangene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17.01.2007 – 3 TaBV 43/06 gestützt, die aber noch nicht unter dem Geltungsbereich des § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ergangen ist.

Hintergrund der Beschäftigungsstruktur bei der Beteiligten zu 1. ist Folgender:

Dem Kreis …. obliegt kraft Gesetzes die Aufgabe der Abfallentsorgung. Ursprünglich erledigte er die Aufgabe mit bei ihm angestellten Mitarbeitern selbst. Soweit hier von Interesse, übertrug der Kreis …. 1984 die Abfallentsorgung mittels entsprechender Verträge u.a. der …. (Gesellschaft für A… und A… GmbH), der Beteiligten zu 1.. Die …. war zu diesem Zeitpunkt eine hundertprozentige Tochter des Kreises ….. Der Kreis …. ist heute nur noch mit 51% an der „-Unternehmensgruppe“ beteiligt.

Sowohl der Kreis …. als auch die …. hatten bei Abschluss der Kooperationsverträge eigene Arbeitnehmer, die in den verschiedenen Bereichen der Abfallentsorgung tätig waren. Eine Vielzahl der beim Kreis …. beschäftigten Arbeitnehmer lehnte anlässlich der oben geschilderten Aufgabenübertragung einen Arbeitgeberwechsel ab und wollte als Vertragspartner den Kreis …. behalten. Diese Arbeitnehmer widersprachen dem Betriebsübergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Beteiligte zu 1.. Daraufhin wurde mit Vertrag vom 28.09.1984 zwischen dem Kreis …. und der Beteiligten zu 1. ein Personalüberlassungsvertrag geschlossen, mit dem Arbeitnehmer, die nicht zur Beteiligten zu 1. wechseln wollten, aber in dem Bereich der durch Kooperationsvertrag übertragenen Abfallentsorgung tätig waren, an diese gegen Erstattung der Personalkosten überlassen wurden (Anl. Ast. 1 – Bl. 135 ff d.A.). Auf den Inhalt dieses Vertrages wird verwiesen. Unter anderem vor diesem Hintergrund arbeiten die vier Arbeitnehmer seit vielen Jahren vertraglich zugeordnet zum Kreis …., eingegliedert in dem Betrieb der Beteiligten zu 1. Diese erteilt alle fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort, entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf etc. Im Überlassungsvertrag heißt es hierzu wie folgt:

§ 4 Fachaufsicht

(1) Die GmbH nimmt die Fachaufsicht wahr.

(2) Die Mitarbeiter unterliegen fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH“

(Bl. 136 d. A.)

Die neun Mitarbeiter der ……..mbH sind vor folgendem Hintergrund bei der Beteiligten zu 1. mit unterschiedlichen Eintrittszeiten (vgl. Bl. 40 d.A.) eingesetzt: Es existiert zwischenzeitlich eine Vielzahl von Unternehmen in der „….-Unternehmensgruppe“, und zwar die Beteiligte zu 1., die AVBKG, die AVG, die USN, die VKN, die AUE und die im Jahre 2008 gegründete …. Service GmbH (Bl. 42 d.A.) . Letztere ist gemäß § 4 der mit ihren Arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge befugt, ihre Mitarbeiter an die Beteiligte zu 1. sowie die weiteren Unternehmen der ….-Unternehmensgruppe zu verleihen und auf sämtlichen Standorten einzusetzen.

Diverse Betriebsparteien der „….-Unternehmensgruppe“ streiten nun schon mindestens seit zwei Wahlperioden über die Wählbarkeit der teilweise auf Jahre/Jahrzehnte mit unterschiedlicher vertraglicher Bindung überlassenen Arbeitnehmer und daraus resultierend über die Betriebsratsgröße. Vor diesem Hintergrund befinden sich im vorliegenden Verfahren auf der Wählerliste zur Betriebsratswahl vom 27.04.2010 nicht nur 50, sondern die tatsächlich im Betrieb tätigen 63 Personen und es wurde ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt und konstituiert.

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 28./29. April 2010 leitete die Beteiligte zu 1. am 7.Mai 2010 das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren ein und hat beantragt, die Betriebsratswahl vom 27. April 2010 für unwirksam zu erklären.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Wegen der in erster Instanz geäußerten streitigen Rechtsauffassungen über die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei der Staffel des § 9 BetrVG wird Bezug genommen auf die Darstellung im angegriffenen erstinstanzlichen Beschluss vom 15.10.2010.

Das Arbeitsgericht hat dem Anfechtungsbegehren der Beteiligten zu 1. stattgegeben. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, die überlassenen Arbeitnehmer der …. Service GmbH und des Kreises …. seien nicht wählbar und zählten hinsichtlich der Größe des Betriebsrates auch nicht mit. Es fehle der für ein Mitzählen bei der Betriebsratsgröße nach § 9 BetrVG erforderliche Arbeitsvertrag zur Beteiligten zu 1.. Die 13 Arbeitnehmer seien daher auch nicht wählbar. Wegen der weiteren Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen auf die dortigen Ausführungen.

Gegen diesen, dem Beteiligten zu 2. am 22.11.2010 zugestellten Beschluss hat er am 02.12.2010 Beschwerde eingelegt, die sofort begründet wurde.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 8, 9 BetrVG sei nicht gegeben. Alle 13 überlassenen Arbeitnehmer seien bei der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen. Dieses ergebe sich für die vier Arbeitnehmer mit arbeitsvertraglicher Bindung zum Kreis …. bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrV…. Aber auch bei den neun von der …. Service GmbH überlassenen Arbeitnehmern handele es sich um „in der Regel“ beschäftigte und auf Dauer überlassene Leiharbeitnehmer, die bei der Betriebsratswahl mitzählen müssten. Sie seien bereits zum ganz überwiegenden Teil lange Jahre bei der Beteiligten zu 1. tätig, auch tatsächlich eingegliedert und von den Stammarbeitnehmern nicht zu unterscheiden. Der Betriebsrat habe auch für diese Dauerleiharbeitnehmer dauerhaft beträchtlichen Arbeitsaufwand zu betreiben. Das müsse sich in der Betriebsratsgröße niederschlagen. Die Beteiligte zu 1. halte jedoch ihren Betriebsrat durch gezielte Personalpolitik systematisch klein. Die Stammbelegschaft werde systematisch durch Leiharbeitnehmer ersetzt. Der Betriebsrat weist auch darauf hin, dass sich nach den bisherigen Beschlüssen des 7. Senats die Situation durch Gesetzesänderungen und in tatsächlicher Hinsicht durch exzessiven Rückgriff auf Leiharbeit nachhaltig verändert habe. Auch sei die Nichtberücksichtigung dieser Leiharbeitnehmer nicht mit geltendem EU-Recht, vor allem nicht mit Art. 5 und 7 RL 2008/104 EG vom 19. November 2008 in Einklang zu bringen.

Der Beteiligte zu 2. beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15.10.2010, – 4 BV 25 b/10 – abzuändern und den Antrag der Antragstellerin vom 07.05.2010 zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 1. beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend und verweist u.a. auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2004 – 7 ABR 49/03 und vom 17.02.2010 – 7 ABR 51/08 sowie die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17.01.2007 – 3 TaBV 43/06 und vom 02.07.2009 – 4 TaBV 7/09. Auch aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ergäben sich keine Auswirkungen auf die Wählbarkeit der vier Arbeitnehmer des Kreises …. und die Schwellenwerte des § 9 BetrV…. Eine für sie zu schließende „vertretungsrechtliche Lücke“ ergebe sich gem. § 11 MBG Schleswig-Holstein nicht. Nur dann aber könne § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG Auswirkungen auf die Wählbarkeit und die Betriebsratsgröße haben.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die bei der Beteiligten zu 1. am 27.04.2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam. Gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit und die zu wählende Anzahl der Betriebsratsmitglieder ist nicht verstoßen worden. Mindestens die vier Mitarbeiter des Kreises …., die teilweise seit 1997 bei der Beteiligten zu 1. zur Erbringung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung eingesetzt sind, können auf Grund des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG auch im Betrieb der Beteiligten zu 1. Wählbarkeit im Sinne des § 8 BetrVG beanspruchen und zählen auch beim Schwellenwert des § 9 BetrVG mit. Ihre Berücksichtigung bei der Betriebsratswahl und der Ermittlung der zu wählenden Betriebsratsgröße stellt deshalb keinen zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führenden Verstoß gegen § 19 BetrVG dar. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG hat das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen. Deshalb war der angefochtene Beschluss abzuändern. Der Wahlanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1. war zurückzuweisen.

A. Die Beteiligte zu 1. hat die Betriebsratswahl form- und fristgerecht angefochten. Die Anfechtung ist gem. § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig. Das Wahlergebnis ist mit Schreiben vom 28./29. April 2010 bekannt gegeben worden. Mit dem am 07.05.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag ist die 2-wöchige Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt.

B. Ein Wahlanfechtungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG ist jedoch nicht gegeben. Bei der Betriebsratswahl vom 27.04.2010 wurden wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit und die Ermittlung der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach §§ 8,9 BetrVG nicht verletzt.

1. Gem. § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine rechtzeitige Berichtigung nicht erfolgt ist. Weitere Voraussetzung ist, dass der wesentliche Verstoß zu einem anderen Wahlergebnis geführt hat oder führen konnte, als es ohne den Verstoß zu verzeichnen gewesen wäre.

Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden. Eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären. Das Wahlverfahren beruht dann auf einem wesentlichen Mangel i.S. des § 19 Abs. 1 BetrVG, so dass die Betriebsratswahl wiederholt werden muss (BAG vom 29.05.1991 – 7 ABR 67/90 – zitiert nach Juris, LS 1 und 2 sowie Rz. 36 mwN).

2) Wahlberechtigt sind nach § 7 BetrVG die Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, und – soweit Arbeitnehmerüberlassung vorliegt – die länger als drei Monate in dem Betrieb eingesetzt sind. Wählbar sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb seit sechs Monaten angehören. Die Zahl der Betriebsratsmitglieder gem. § 9 BetrVG richtet sich nach der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Ob die nicht mit dem Betrieb arbeitsvertraglich verbundenen Arbeitnehmer hier mitzählen, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt.

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3. Es ist fraglich, ob die neun von der …. Service GmbH überlassenen Arbeitnehmer bei der Berechnung der Betriebsratsgröße berücksichtigt werden durften.

a) Denn nach der ständigen – nicht unumstrittenen – Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nur betriebszugehörige Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dabei wird davon ausgegangen, dass betriebszugehörige Arbeitnehmer nur die Arbeitnehmer sind, die in einem Arbeitsverhältnis zu dem Betriebsinhaber stehen und die in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind (so- genannte Kumulationstheorie). Diese Voraussetzungen erfüllen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die klassischen Leiharbeitnehmer nicht, denn die Arbeitnehmerüberlassung ist gekennzeichnet durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher (BAG vom 10.03.2004 – 7 ABR 49/03 -, BAG vom 20.4.2005 – 7 ABR 20/04; BAG vom 17.02.2010 – 7 ABR 51/08 – Rz 14ff, 25 ff – jeweils zitiert nach Juris; vgl. auch Dörner „Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung“, Festschrift für Wißmann, S. 286, 291 ff., 299 ff.). Zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit gehören danach ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber, das in der Regel durch einen Arbeitsvertrag, ausnahmsweise durch Gesetz (z.B. § 10 AÜG) zustande kommen kann, sowie die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers (zuletzt BAG vom 20.4.2005 – 7 ABR 20/04). Hierauf beruft sich die Beteiligte zu 1.

Weiter begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allein die tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation des Entleihers nach dem Willen des Gesetzgebers nicht die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Entleiherbetrieb. Das sei bereits § 14 Abs. 1 AÜG zu entnehmen. Danach bleiben Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher ausdrücklich Angehörige des entsendenden Betriebes mit im einzelnen gesetzlich ausdrücklich in § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 AÜG aufgezählten betriebsverfassungsrechtlichen Einzelrechten (BAG vom 10.3.2004 – 7 ABR 49/03). Danach sind gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG Leiharbeitnehmer bei der Betriebsratswahl im Entleiherbetrieb nicht wählbar. Dieser nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Gesetz entnommene Wille des Gesetzgebers soll für Regelfallkonstellationen nicht ignoriert werden.

b) Die gerichtsbekannte Vorgehensweise in der „….-Unternehmensgruppe“ im Zusammenhang mit der langfristig angelegten Zusammensetzung ihrer Beschäftigtenstruktur über Leiharbeitsverhältnisse und entsprechender arbeitsvertraglicher Gestaltung löst vorliegend in Bezug auf die neun Arbeitnehmer der …. Service GmbH durchaus Unbehagen bei der Kammer aus, die oben genannte BAG-Rechtsprechung anzuwenden. Das gilt umso mehr, als der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 10.03.2004 in der Begründung darauf hingewiesen hat, auch die längerfristige Überlassung führe mangels einer arbeitsvertraglichen Bindung zum Entleiher nicht dazu, dass die überlassenen Arbeitnehmer zu Betriebsangehörigen des Entleiherbetriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes würden, sofern sichergestellt sei, dass die Arbeitnehmer nicht auf Dauer überlassen würden (BAG vom 10.03.2004 -7 ABR 49/03 zitiert nach juris, Rnr. 19). Mit dieser Formulierung im Urteil des 7. Senates stellt sich einmal mehr die Frage, ob sich mit der Änderung des AÜG zum 01.01.2004 die Notwendigkeit einer anderen Betrachtung ergibt, weil mit dem Wegfall der 24-monatigen Höchstüberlassungsdauer zweifelsohne nicht mehr sichergestellt werden kann, dass der Leiharbeitnehmer nicht auf Dauer dem Betrieb überlassen wird. Auch in der „….-Unternehmensgruppe“ wird mit langfristiger Überlassung von Arbeitnehmern gearbeitet, zuletzt über die Gründung der …. Service GmbH.

c) Die Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann vorliegend in diesem Wahlanfechtungsverfahren jedoch dahingestellt bleiben, denn die Tatsache, dass die neun Arbeitnehmer der …. Service GmbH mitgezählt wurden, wirkt sich auf die maßgebliche Betriebsratsgröße gemäß § 9 BetrVG hier letztendlich nicht aus.

4. Die vier teilweise schon seit 1997 bei der Beteiligten zu 1. tätigen Arbeitnehmer mit arbeitsvertraglicher Bindung an den Kreis …. sind „Angehörige des Betriebes im Sinne des § 8 BetrVG“ und damit auch bei der Ermittlung der Betriebsratsgröße im Rahmen der Staffel des § 9 BetrVG zu berücksichtigen. Sie gelten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG kraft gesetzlicher Fiktion als Arbeitnehmer ihres Einsatzbetriebes und sind deshalb wählbar im Sinne des § 8 BetrVG, obgleich sie der Beteiligten zu 1. nur zur Arbeitsleistung überlassen sind und keine arbeitsvertragliche Bindung zur Beteiligten zu 1. haben. Es handelt sich nicht um unechte Leiharbeitnehmer im Sinne des AÜ…. Vielmehr ergibt sich ihre „Vertrags“- Beziehung aus der gesetzlichen Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrV…. Die für die Wählbarkeit und den Schwellenwert notwendige Betriebszugehörigkeit haben sie damit erfüllt, da sie dauerhaft bei der Beteiligten zu 1. in den betrieblichen Ablauf eingegliedert sind.

a) Die vier im Betrieb der Beteiligten zu 1. eingesetzten Arbeitnehmer des Kreises …. sind betriebsverfassungsrechtlich Arbeitnehmer ihres Einsatzbetriebes im Sinne des § 7 BetrVG und „Angehörige des Betriebes im Sinne des § 8 BetrVG“. Das ergibt sich kraft gesetzlicher Fiktion aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrV…. Die ab dem 04.08.2009 geltende gesetzliche Neuregelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG legt fest, dass Beamte, Soldaten und auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, als Arbeitnehmer dieses Betriebes im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten.

b) Bei dem Kreis …. handelt es sich um einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, sodass diese überlassenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen arbeitsvertraglich im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen. Nach der Ausgliederung der Abfallentsorgung auf die Beteiligte zu 1. im Jahre 1984 setzt der Kreis …. die vier Arbeitnehmer zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung unter Aufrechterhaltung ihres Status als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ohne arbeitsvertragliche Veränderungen bei der Beteiligten zu 1, die einen privatrechtlich organisierten Betrieb führt, dauerhaft ein. Damit sind die Voraussetzungen einer Tätigkeit in einem Betrieb eines privatrechtlich organisierten Unternehmens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG erfüllt.

c) Die in § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG genannte Beschäftigung in einem dem BetrVG unterfallenden Betrieb kann auf einer Zuweisung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, einer Personalgestellung oder einer Vereinbarung beruhen. Die Arbeitnehmereigenschaft wird mit der tatsächlichen Aufnahme einer weisungsgebundenen Tätigkeit begründet und besteht bis zum letzten Tag ihrer Beschäftigung bei dem privaten Arbeitgeber (ErfK-Koch, 10. Auflage, Rz. 3a zu § 5 BetrVG). Das hat bereits kraft gesetzlicher Fiktion nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht und damit einhergehend die Berücksichtigung bei der Betriebsratsgröße des § 9 BetrVG im Einsatzbetrieb zur Folge.

aa) Auch wenn § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dieses nicht ausdrücklich besagt, haben die dort genannten drei Personengruppen – Beamte, Soldaten und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht nur das aktive Wahlrecht. Sie sind auch zum Betriebsrat wählbar und zählen bei den Schwellenwerten für die Ermittlung der Betriebsratsgröße in ihrem Einsatzbetrieb mit (Fitting, BetrVG, 25. Auflage, Rz 311 zu § 5; GK-Kreutz, Rz. 16 zu § 8 BetrVG; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 18.11.2010 – 22 A 959/10 PV – zitiert nach Juris, Rz. 33; Richardi, BetrVG, 12. Aufl. 2010, Rz. 6 zu § 8; Trümmner, Änderung des BetrVG, AiB 2009, 539 ff; Heise/Fedder, Beamte und Soldaten – Einsatz im Betriebsrat, NZA 2009, 1069; Thüsing, Schnellschuss ins Ungewisse: Zur Änderung des § 5 BetrVG, NZA 2009 2036 f; Klimpe-Auerbach, PersR 2010, S. 437ff, S. 440).

bb) Das ergibt sich aus Systematik, Regelungszweck und Gesetzesbegründung. Mit der Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG sollte u.a. für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, die Wahlberechtigung und auch die Wählbarkeit herbeigeführt werde. Bereits in der Begründung des Regierungsentwurfes zum Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, der in seinem § 5 Abs. 1 das aktive und passive Wahlrecht für den mittels Personalgestellung eingesetzten Personenkreis ausdrücklich regelt, heißt es:

„Der überwiegende Teil des Personals …wird dauerhaft in der privatrechtlich organisierten Finanzagentur eingesetzt und vollständig in die Arbeitsabläufe eingegliedert. Mit der faktischen Eingliederung der Beamtinnen, Beamten, Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeiter … sind diese für den Bereich der betrieblichen Interessenvertretung …. den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Finanzagentur gleichzustellen“ (BT-Drucks. 16/1336, Seite 18).

Weiter wird ausgeführt, dass das AÜG keine Anwendung findet, weil es sich bei dem vorliegenden Gesetz um ein Spezialgesetz handele (vergl. BT-Drucks. 16/1336, Seite 16). Im Regierungsentwurf zur Neuregelung des § 5 BetrVG wird hierauf Bezug genommen. Dort heißt es:

„Mit den Änderungen in § 5 des Betriebsverfassungsgesetzes wird dem Wunsch des Bundesrates vom 26. April 2006 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz (Bundestagsdrucksache 16/1336) entsprochen, eine allgemeine Regelung in das Betriebsverfassungsgesetz aufzunehmen, nach der Beamte bei Zuweisung an privatrechtlich organisierte Einrichtungen generell für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als deren Arbeitnehmer gelten und damit auch aktiv und passiv bei den Betriebsratswahlen wahlberechtigt sind. Gleiches wird auch für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sichergestellt und entspricht den in den Spezialgesetzen, z. B. im Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu getroffenen Regelungen.“ (BT-Drucksache 16/11608, S. 21)

d) Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes stünden nicht in einem Arbeitsverhältnis zu ihrem Einsatzbetrieb, in dem die Betriebsratswahl erfolge. Schon deshalb seien sie nicht wählbar (vgl. zu Beamten nach altem Recht: BAG vom 28.03.2001 – 7 ABR 21/00 – zitiert nach Juris). Da dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Frage des Wahlrechts und der Wählbarkeit der zugewiesenen Beschäftigten gerade nichts zu entnehmen sei, müsse auf § 7 und § 8 BetrVG und die hierzu ergangene, oben unter 3) dargestellte Rechtsprechung zurückgegriffen werden, wonach wählbar nur derjenige sei, der einen Arbeitsvertrag mit dem Einsatzbetrieb habe und darüber hinaus dort eingegliedert sei. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 8,9 BetrVG auf „Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes“ sei daher ebenfalls die Existenz eines Arbeitsvertrages zum „-ten“ Betriebsinhaber. Das müsse zwar nicht für die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG erwähnten Soldaten und Beamten gefordert werden, aber für die Frage der Wählbarkeit der in privaten Betrieben tätigen „Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes“ (so Löwisch, Beamte als Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG, BB 2009, 2316f).

aa) Die Berücksichtigungsfähigkeit der vier bei der Beteiligten zu 1. eingesetzten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes setzt keinen Arbeitsvertrag zur Beteiligten zu 1. voraus.

(1) Wie bereits dargelegt, verlangt die langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zwar für den Regelfall als Voraussetzung für die Wählbarkeit im Sinne des § 8 BetrVG und die Ermittlung der Betriebsratsgröße nach § 9 BetrVG das Bestehen arbeitsvertraglicher Beziehungen und fordert außerdem eine tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation (vgl. BAG vom 14.5.1997 – 7 ABR 26/96 – Rz. 15 m.w.N., vgl. auch BAG vom 17.2.2010 – 7 ABR 51/08 – zitiert nach Juris, Rz. 15f).

(2) Ein solcher Regelfall liegt hier jedoch nicht vor. Das ergibt sich bereits aus der oben dargelegten Entstehungsgeschichte. Der Gesetzgeber hat nicht nur Wahlrecht, sondern auch Wählbarkeit gewollt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG erfüllt werden (BT-Drucksache 16/11608, S. 21). Der Gesetzgeber hat deshalb gerade durch die gesetzliche Fiktion den genannten Personenkreis mit den „echten Arbeitnehmern des Betriebs“ völlig gleichgestellt. Das führt zwingend zur Berücksichtigungspflicht im Rahmen der Ermittlung der Betriebsratsgröße nach § 9 BetrV…. Dieser Personenkreis kann daher nicht abweichend vom Regelungswillen des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als „Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers“ im Sinne des § 7 Satz 2 BetrVG bezeichnet werden.

(3) Schon gar nicht kann der in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannte einheitliche Personenkreis Beamte, Soldaten und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes „für die Beantwortung der Frage der Wählbarkeit auseinanderdividiert werden“. Das erlaubt die undifferenzierte, unterschiedslos aneinandergereihte Nennung von Beamten, Soldaten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes im Gesetzestext schon nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht. Alle drei Gruppen sind nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt. Für sie ist eine einheitliche Rechtsfolge festgelegt, nämlich dass sie als Arbeitnehmer des privaten Betriebes gelten, in dem sie tätig sind. Dann darf aber bei der Wählbarkeit und der Ermittlung der Betriebsratsgröße keine unterschiedliche Rechtsfolge für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Verhältnis zu den Beamten und Soldaten entstehen (so aber Löwisch aaO.). Für einen derartigen Willen des Gesetzgebers gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

(4) Die von Löwisch gewünschte Auslegung ist ausschließlich ergebnisbezogen und orientiert sich an einer gewünschten Einheitlichkeit der betriebverfassungsrechtlichen Behandlung „überlassener Arbeitnehmer“, ungeachtet des Gesetzestextes und der dokumentierten gesetzlichen Zielsetzung. Gerichte sind jedoch nicht befugt, bewusste Entscheidungen des Gesetzgebers nicht zu berücksichtigen und – weil es vielleicht aus rechtspolitischen Gründen wünschenswert sein könnte – den Anwendungsbereich einer Norm zu erweitern bzw. zu reduzieren, nur weil diese unpraktikabel oder unzulänglich erscheint. Auch § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mag Unbehagen auslösen. Dieses Unbehagen kann jedoch nur der Gesetzgeber beseitigen.

bb) Das AÜG und damit auch § 14 Abs. 2 AÜG soll zudem schon nach der zitierten Gesetzesbegründung ausdrücklich keine Anwendung finden (vergl. BT-Drucks. 16/1336, Seite 16). Es ist nicht zulässig, sich über diesen dokumentierten Willen einfach hinwegzusetzen. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist gegenüber dem AÜG ein Spezialgesetz.

cc) Ungeachtet dessen sind auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AÜG nicht erfüllt. Schon deshalb greift § 14 Abs. 2 AÜG – fehlende Wählbarkeit im Entleiherbetrieb – mit seinen Auswirkungen auf die Betriebsratsgröße nicht ein.

(1) Der Einsatz der vier Arbeitnehmer des Kreises …. im Betrieb der Beteiligten zu 1. ist keine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Abs.1 AÜG, vielmehr eine schlichte Personalgestellung. Die Zusammenarbeit des Kreises …. mit der Beteiligten zu 1 beschränkt sich auf das Zur-Verfügung-Stellen seiner für den Bereich der Abfallentsorgung eingestellten Arbeitnehmer unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Das ist ein klassischer Fall der Personalgestellung (vgl. BAG 23.09 2010 – 8 AZR 567/09 – zitiert nach Juris, RZ 42; BAG vom 16. April 2008 – 7 ABR 4/07 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 7; 13. August 2008 – 7 ABR 21/07 – mwN, NZA-RR 2009, 255; 17. Februar 2010 – 7 ABR 51/08 – EzA BetrVG 2001 § 8 Nr. 2).

(2) Der Einsatz der vier Beschäftigten des Kreises …. beruht auf der Ausgliederung ihrer Tätigkeitsbereiche auf die Beteiligte zu 1.. Diese Aufgaben und das entsprechende dort eingesetzte Personal sind auf die Beteiligte zu 1. verlagert und später in den neuen Untergliederungen der „….-Unternehmensgruppe“ weiter ausgegliedert worden. Die Gestellung der vier Arbeitnehmer ist auf Dauer angelegt. Die Beteiligte zu 1 ist dauerhaft an die unternehmerische Zusammenarbeit gekoppelt (§ 2 des Personalüberlassungsvertrages). Die sich aus § 613a BGB ergebenden Rechte und Pflichten sind vorliegend nicht tangiert.

(3) Diese Personalgestellung/Überlassung von Beschäftigten ist keine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 AÜ…. Es liegt schon keine Gewerbsmäßigkeit vor. Der Kreis …. erhält von der Beteiligten zu 1. als Gegenleistung lediglich die Personalkosten erstattet (§ 9 Personalüberlassungsvertrag – Bl. 136 d.A.). Zusätzliche Erlöse werden aus der Personal-„überlassung“ nicht generiert. Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des AÜG besteht insoweit nicht. Die Personalgestellung ist nur als Regelungsinstrument gewählt worden, um den betroffenen Arbeitnehmern nach deren Widerspruch den Arbeitsvertrag zum Kreis …. zu erhalten und das Erfordernis der Prüfung betriebsbedingter Kündigungen zu verhindern.

Zur Wählbarkeit der vier Arbeitnehmer des Kreises …. im Betrieb der Beteiligten zu 1. und damit einhergehend zur Berücksichtigung bei der Betriebsratsgröße bedarf es daher keines Arbeitsvertrages mit der Beteiligten zu 1.

e) Es ist unbeachtlich, ob sich konkret in dieser Fallkonstellation in Schleswig-Holstein für die betroffenen vier nicht beim eigenen Vertragsarbeitgeber eingesetzten Arbeitnehmer des Kreises …. eine mitbestimmungsrechtliche Lücke nach dem MBG Schleswig-Holstein auftut, die es zu schließen galt, oder nicht. Der Gesetzgeber hat insoweit nicht differenziert. Er hat ausnahmslos bundesweit ungeachtet der jeweiligen länderspezifischen mitbestimmungsrechtlichen Situation beim Vertragsarbeitgeber die gesetzliche Fiktion in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG normiert. Dem ist Rechnung zu tragen.

f) Schließlich sind die vier der Beteiligten zu 1 überlassenen Arbeitnehmer des Kreises …. dort zur Erfüllung des Betriebszwecks eingegliedert und verfügen zweifelsfrei über die notwendige Betriebszugehörigkeitsdauer, so dass auch insoweit die Voraussetzungen des § 8 BetrVG für die Wählbarkeit erfüllt sind.

aa) Für die Anwendbarkeit des §§ 7, 8 BetrVG ist erforderlich, dass die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes durch entsprechende Eingliederung in die Betriebsorganisation für das privatrechtlich organisierte Unternehmen und nicht weiterhin allein für seinen Arbeitgeber tätig werden. Die notwendige Eingliederung muss dergestalt erfolgen, dass die Arbeitnehmer dem Weisungsrecht des aufnehmenden Betriebsinhabers unterliegen. Dieses muss nicht umfassend sein. Vielmehr reichen Weisungsbefugnisse aus, soweit sie für die Ausübung der Tätigkeit in dem aufnehmenden Betrieb erforderlich sind (Hessisches LAG vom 10.05.2010 – 5/9 TaBV 175/09 – zitiert nach Juris, Rz. 38 f m.w.N; Heise, Fedder, NZA 2009, 1069 (1070); vgl. auch Hessischer Verwaltungsgerichtshof vom 18.11.2010 – 22 A 959/10 PV – zitiert nach Juris Rz. 35). Für eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation ist kennzeichnend, dass der Arbeitnehmer insbesondere hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der übernommenen Dienste einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. Fitting, Rz. 45 zu § 5 BetrVG). Ausreichend sind Weisungsbefugnisse des Inhabers des aufnehmenden Betriebs, die für die Erfüllung der Aufgaben in dem aufnehmenden Betrieb erforderlich sind (Hessisches LAG aaO., Rz 40).

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beteiligten zu 1. sind umfassende Weisungsbefugnisse gegenüber den ihr gestellten Arbeitnehmern eingeräumt worden. Sie erstrecken sich gem. § 4 des Überlassungsvertrages auf alle Weisungen, die erforderlich sind, um die Aufgaben der Beteiligten zu 1. erfüllen zu können. Sie umfassen das komplette fachliche Weisungsrecht.

cc) Auch die für die Wählbarkeit im Sinne des § 8 BetrVG notwendige Betriebszugehörigkeitsdauer ist gegeben. Unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik der Wahlrechts- und Wählbarkeitsvoraussetzungen des BetrVG ist es notwendig, für die Anwendbarkeit des § 8 BetrVG auf die gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in privaten Betrieben tätigen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes zu verlangen, dass ihr Einsatz in dem privatwirtschaftlichen Betrieb schon wegen der an sich gegenläufigen Wertung des § 7 Satz 2 BetrVG mehr als nur kurzzeitig sein muss. Er muss zudem auf Dauer angelegt sein und eine Rückkehr darf nicht schon eingeplant sein (vgl. Heise/Fedder, NZA 2009, 1070). Diese Frage wirft neben anderen auch Trümmner in AiB 2009, 539 auf. Eine detaillierte Stellungnahme zur notwendigen Eingliederungsdauer und deren Berechnungsweise erübrigt sich jedoch im vorliegenden Verfahren. Die Beschäftigten des Kreises …. sind unzweifelhaft dauerhaft bei der Beteiligten zu 1 eingesetzt. Sie arbeiten dort schon seit 1997, 1998, 2002 bzw. 2005 (Bl. 40 d.A.).

Damit liegen die Voraussetzungen der Berücksichtigung der vier arbeitsvertraglich mit dem Kreis …. verbundenen, aber bei der Beteiligten zu 1. eingesetzten Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Verbindung mit §§ 8,9 BetrVG hier vor.

5. Durch die gebotene Berücksichtigung dieser vier Arbeitnehmer des Kreises …., die bei der Beteiligten zu 1. tätig sind, wurde das Wahlergebnis entscheidend beeinflusst. Für die Größe des bei der Beteiligten zu 1. zu wählenden Betriebsrats waren mindestens 54 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Sinne der §§ 9, 8, 5 BetrVG vorhanden und zu berücksichtigen. Es war ein Betriebsrat mit 5 Mitgliedern zu wählen. Das ist geschehen. Damit ist ein Anfechtungsgrund nicht gegeben.

6) Auf etwaige Auswirkungen der Art. 5 oder 7 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit kommt es vorliegend nicht mehr an.

7) Die bei der Beteiligten zu 1. durchgeführte Betriebsratswahl vom 27.04.2010 ist nach alledem wirksam. Dem Anfechtungsbegehren der Beteiligten zu 1 ist daher zu Unrecht stattgegeben worden. Auf die Beschwerde des Betriebsrats war der angefochtene Beschluss abzuändern. Der Wahlanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1 war zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. §§ 92, 72 Abs. 2 BetrVG zuzulassen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

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