Bundesarbeitsgericht
Az: 3 AZR 1061/06
Urteil vom 17.09.2008
In Sachen hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 für Recht erkannt:
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. November 2006 – 10 Sa 544/06 B – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Berechnung der Betriebsrente des Klägers.
Der Kläger ist am 5. August 1941 geboren. Er war bei der Beklagten seit dem 1. Februar 1971 beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete am 31. Juli 2000 betriebsbedingt im Rahmen eines allgemeinen Personalabbaus durch Aufhebungsvertrag. Seit dem 1. November 2001 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Für die betriebliche Altersversorgung gilt bei der Beklagten die Pensionsordnung vom 1. Juli 1976 (hiernach: PO 76). Diese lautet auszugsweise:
„§ 1
Voraussetzung für die Gewährung von Renten
1. Rentenleistungen werden gewährt, wenn der Betriebsangehörige bei Eintritt des Versorgungsfalles die Mindestdienstzeit und das Mindestalter gemäß Ziffer 2 in den Diensten der Firma erreicht hat.
…
§ 2
Art der Rentenleistungen
Es werden gewährt:
1. Altersrente
Die Altersrente setzt ein, wenn der Versorgungsberechtigte nach Vollendung des 65. Lebensjahres (bei weiblichen Betriebsangehörigen nach Vollendung des 60. Lebensjahres) aus den Diensten der Firma ausscheidet und in den Ruhestand tritt.
…
§ 3
Höhe der Rentenleistungen
1. Altersrente
Die monatliche Altersrente beträgt für jedes vollendete Dienstjahr 0,8 %, höchstens insgesamt 20 % des Brutto-Grundlohnes bzw. des Brutto-Grundgehaltes. Die Dienstjahre zählen längstens bis zum Alter 65 (Männer) bzw. bis zum Alter 60 (Frauen). Unter dem Brutto-Grundlohn bzw. Brutto-Grundgehalt ist hierbei der Brutto-Grundlohn bzw. das Brutto-Grundgehalt des vierten Monats vor Rentenbeginn ohne Berücksichtigung von Sonderzahlungen wie Teuerungszulage, Treuezulage, Überstundenzulage, Gratifikationen usw. oder sonstige einmalige Zuwendungen und unter Zugrundelegung des monatlichen Durchschnittsstundensatzes nach tariflichen oder betrieblichen Vereinbarungen … zu verstehen.
…
§ 4
Flexible Altersgrenze
Macht ein Versorgungsberechtigter von der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Gebrauch und scheidet er aus diesem Grund vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma aus, so behält der Ausscheidende den gemäß § 3 bis zum Ausscheiden erreichten Anspruch auf Alters-, Invaliden- und Witwenrente. Auf Antrag erhält der Versorgungsberechtigte eine sofort beginnende lebenslängliche Rente. Diese Rente wird für jeden Monat, um den die Rentenzahlung vor Vollendung des 65. Lebensjahres beginnt, um 0,5 % ihres Betrages gekürzt. …
Erweiterung § 4
Voraussetzung für die vorgezogene Altersrente (flexible Altersgrenze) ist eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren.
…
§ 7
Vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses
Diese Pensionsordnung schränkt die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsrechte der Firma nicht ein. Scheidet der Versorgungsberechtigte vor Eintritt des Versorgungsfalles aus der Firma aus, so erlöschen seine Ansprüche. Der ausscheidende Arbeitnehmer behält jedoch gemäß § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung seine Anwartschaft, …“
Im vierten Monat vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielte der Kläger einen Bruttomonatsverdienst von umgerechnet 2.585,67 Euro.
Die Beklagte hat im Laufe des Verfahrens die dem Kläger zustehende Rente mit 372,34 Euro berechnet. Insoweit liegt ein im Laufe des Verfahrens erwirkter rechtskräftiger Titel zu Gunsten des Klägers vor. Er selbst errechnet die ihm zustehende monatliche betriebliche Altersversorgung mit 454,09 Euro. Dabei wendet er sich dagegen, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Betriebsrente Abschläge gemacht hat, insbesondere einen versicherungsmathematischen Abschlag wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme seiner Betriebsrente.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, über bereits rechtskräftig ausgeurteilte Beträge hinaus an ihn folgende Zahlungen zu leisten:
1. 4.169,25 Euro brutto rückständige Betriebsrente für den Zeitraum November 2001 bis Januar 2006 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 2.125,50 Euro seit dem 1. Januar 2004 und auf 2.043,75 Euro ab dem 1. Februar 2006.
2. ab dem 1. Februar 2006 monatlich weitere 81,75 Euro brutto betriebliche Altersrente.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage insoweit abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, sie dürfe sowohl für das vorzeitige Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis als auch für die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente Abschläge machen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
A. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen – entgegen der Ansicht der Beklagten – keine Bedenken. Insbesondere hat sich der Kläger aus seiner Sicht mit den Urteilsgründen des Landesarbeitsgerichts auseinandergesetzt und auf diese inhaltlich Bezug genommen. Damit ist die Revision ausreichend begründet (§ 551 ZPO).
B. Dem Kläger stehen keine weitergehenden als die bereits zu seinen Gunsten ausgeurteilten Betriebsrentenansprüche zu.
I. Aus der PO 76 kann der Kläger keine Ansprüche herleiten. § 7 Satz 2 der Pensionsordnung sieht vor, dass Ansprüche erlöschen, soweit der Versorgungsberechtigte vor Eintritt des Versorgungsfalles aus der Firma ausscheidet. Versorgungsfall in diesem Sinne ist die Gewährung der Altersrente nach § 2 Nr. 1 PO 76 mit Erreichen der dort vorgesehenen Altersgrenze von 65 Jahren oder die Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze nach § 4 PO 76 bei unmittelbarem Ausscheiden aus den Diensten der Arbeitgeberin. Beide Versorgungsfälle lagen nicht vor, als das Arbeitsverhältnis endete. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch keine 60 Jahre alt.
II. Ansprüche des Klägers können deshalb, wie sich auch aus § 7 Satz 3 PO 76 ergibt, allein aus den gesetzlichen Regelungen und Wertungen folgen. Danach steht dem Kläger eine Betriebsrente zu, weil er bereits eine unverfallbare Anwartschaft erworben hatte (unten 1.). Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass ihm für Zeiten nach der Verkündung des Urteils des EuGH im Verfahren „Barber“ (- C-262/88 – EuGH I 1990, 1889) am 17. Mai 1990 dieselbe Betriebsrente zusteht, wie sie nach der Versorgungsordnung einer Frau zustünde, so dass insoweit zwei Rentenstämme zu bilden sind (unten 2.). Nach den betriebsrentenrechtlichen Wertungen ist bei der Berechnung für jeden Rentenstamm jeweils zunächst festzustellen, ob der Kläger gemessen an der Versorgungsordnung vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und die Betriebsrente vorgezogen in Anspruch genommen hat; die Rente ist dann unter Anwendung der dafür geltenden Grundsätze zu berechnen (unten 3.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Revision keinen Erfolg haben (unten 4.).
1. Die Betriebsrentenansprüche des Klägers waren unverfallbar, da ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2001 zugesagt wurden, das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 35. Lebensjahres geendet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens bereits 10 Jahre bestanden hat (§ 30f Satz 1 Nr. 1 BetrAVG).
2. Bei der Berechnung der Betriebsrente sind zwei Rentenstämme zu bilden. Das folgt daraus, dass die PO 76 unterschiedliche feste Altersgrenzen vorsah: für Männer – 65 Jahre – und für Frauen – 60 Jahre -.
Für Beschäftigungszeiten bis zur Verkündung der EuGH-Entscheidung in Sachen „Barber“ am 17. Mai 1990 bleibt es bei der innerstaatlichen, deutschen Rechtslage. Danach verstießen unterschiedliche Altersgrenzen nicht gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Sie sind vielmehr, ebenso wie im Sozialversicherungsrecht, für eine Übergangszeit wirksam. Auf Grund des Gleichbehandlungsgebotes (Art. 3 Abs. 2 GG) dürfen die den Frauen bei der Altersversorgung bisher entstandenen Nachteile durch ein früheres Rentenalter ausgeglichen werden. Dem sich wandelnden Erwerbsverhalten der Frauen muss erst durch eine gesetzliche Neuregelung Rechnung getragen werden, die zwischenzeitlich beschränkt auf hier nicht einschlägige Fallgestaltungen erlassen ist (vgl. BVerfG 28. Januar 1987 – 1 BvR 455/82 – BVerfGE 74, 163; BAG 22. Januar 2002 – 3 AZR 554/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 2, zu V 1 der Gründe mwN).
Unterschiedliche Berechnungen einer Betriebsrente, die auf der Voraussetzung eines geschlechtsbezogenen unterschiedlichen Rentenalters beruhen, verstoßen jedoch gegen das im Art. 141 EG (früher Art. 119 EG-Vertrag) enthaltene europarechtliche Gebot der Entgeltgleichheit für die Geschlechter. Soweit nationales Recht dem Gemeinschaftsrecht entgegensteht, wird es verdrängt. Das Gemeinschaftsrecht ist vorrangig anzuwenden (EuGH 5. Februar 1963 – C-26/62 – [van Gend & Loos] EuGHE I 1963, 3; BVerfG 22. Oktober 1986 – 2 BvR 197/83 – BVerfGE 73, 339, 375 ff.). Das gemeinschaftsrechtliche Gebot der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen kann gegen die aus einer unterschiedlichen Altersgrenze resultierende Ungleichheit jedoch nur für den Teil der betrieblichen Rentenleistung in Anspruch genommen werden, der auf Beschäftigungszeiten nach dem Erlass des Barber-Urteils am 17. Mai 1990 beruht (vgl. EuGH 17. Mai 1990 – C-262/88 – [Barber] EuGHE I 1990, 1889; 28. September 1994 – C-200/91 – [Coloroll] EuGHE I 1994, 4389; ebenso das „Barber-Protokoll“: Protokoll Nr. 17 zum EG-Vertrag „zu Art. 141 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“).
Im Ergebnis bedeutet dies, dass für die Berechnung der Betriebsrente auch des Klägers zwei Rentenstämme zu bilden sind: Für Zeiten bis zum 17. Mai 1990 und für Zeiten danach. Es sind dabei die jeweils maßgeblichen Berechnungsregelungen heranzuziehen. Für Zeiten bis zum Stichtag ist von der nach der Versorgungsordnung für Männer geltenden festen Altersgrenze und für Zeiten danach von der für Frauen geltenden auszugehen (vgl. dazu BAG 22. Januar 2002 – 3 AZR 554/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 2, zu V 3 bis 5 der Gründe).
3. Für die unterschiedlichen Rentenstämme ergeben sich daraus unterschiedliche Folgerungen.
a) Für Zeiten bis zum 17. Mai 1990 ist die Betriebsrente nach der PO 76 zu berechnen. Es gilt:
aa) Heranzuziehen sind für diesen Zeitraum die Grundsätze, die gelten wenn jemand vorzeitig, vor Erreichung der festen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, ohne dass bereits ein Versorgungsfall vorliegt, und die Betriebsrente vorgezogen, also vor Erreichen der festen Altersgrenze, in Anspruch genommen hat. Feste Altersgrenze ist die für Männer geltende, sich aus § 2 Nr. 1 PO 76 ergebende Grenze von 65 Lebensjahren, wie sie als regelmäßiger Versorgungsfall in der Versorgungsordnung vorgesehen ist. § 4 der PO 76 ist insofern nicht einschlägig, da er lediglich Fälle der ausnahmsweise früheren, nach den Worten der Versorgungsordnung „flexiblen“ Inanspruchnahme regelt. Der dort geregelte Versorgungsfall betrifft in Übereinstimmung mit § 6 BetrAVG das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei Inanspruchnahme einer Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger ist sowohl vor Erreichen des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, als auch vor dem in § 4 PO 76 genannten Zeitpunkt in Rente gegangen.
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats, wie sie im Urteil vom 12. Dezember 2006 (- 3 AZR 716/05 – AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 32 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 88, zu II 3 der Gründe) bestätigt und zusammengefasst wurde, richtet sich die Berechnung der Betriebsrente in diesen Fällen nach allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentengesetzes. Danach ergibt sich eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten: Einmal wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebstreue bis zum Zeitpunkt der festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen ergibt sich eine Verschiebung des in der Versorgungsordnung festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung daraus, dass er die erdiente Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen, in Anspruch nimmt.
Der Senat hat dem ersten Gedanken dadurch Rechnung getragen, dass die bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare – fiktive – Vollrente nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen ist. Der zweite Gesichtspunkt ist entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung zu berücksichtigen. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als „Auffangregelung“ für die Fälle, in denen die Versorgungsordnung keinen versicherungsmathematischen Abschlag vorsieht, ohne ihn ihrerseits auszuschließen, einen „untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag“ entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung der bereits in einem ersten Schritt gekürzten Betriebsrente. Das geschieht in der Weise, dass die Zeit zwischen dem Beginn der Betriebszugehörigkeit und der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente in Bezug gesetzt wird zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze.
cc) Diese Grundsätze sind auch vorliegend anwendbar.
(1) Entgegen der Ansicht des Klägers liegt wegen seines vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Äquivalenzstörung vor. Unerheblich ist insoweit, dass er auf Grund seiner Beschäftigungszeit bereits den Höchstsatz der monatlichen Altersrente von 20 % des Bruttogrundlohnes nach § 3 Nr. 1 PO 76 erreicht hatte und diese Kappungsgrenze daher auf ihn anwendbar ist. Diese Bestimmung regelt lediglich, wie hoch die Rente desjenigen Arbeitnehmers höchstens ist, der mit der festen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Soweit die Voraussetzungen nach § 2 Nr. 1 PO 76 vorliegen, also der männliche Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausscheidet und in den Ruhestand tritt, ist die Rente entsprechend den Regeln nach § 3 Nr. 1 PO 76 zu berechnen. Demgegenüber legt § 3 Nr. 1 PO 76 nicht fest, ab welcher Betriebszugehörigkeit ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Ausscheidens die Höchstrente erreicht wird. Daraus ergibt sich also nicht, dass die Höchstrente unabhängig vom Zeitpunkt des Ausscheidens zu zahlen ist. Die Versorgungsordnung unterscheidet auch nicht nach den Gründen des Ausscheidens. Vielmehr betont sie in § 7 Satz 1 PO 76 ausdrücklich, dass Kündigungsrechte der Arbeitgeberseite nicht eingeschränkt werden. Für Aufhebungsverträge gilt Entsprechendes, soweit in ihnen keine besondere Regelung getroffen wurde. Das behauptet der Kläger nicht.
(2) Hinsichtlich des zweiten Schrittes enthält § 4 PO 76 entgegen der Ansicht des Klägers eine Wertung hinsichtlich der möglichen Abschläge bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente.
Diese Regelung beschränkt nicht etwa die Möglichkeit eines versicherungsmathematischen Abschlages auf die dort genannten Fälle des Ausscheidens wegen der Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze. Vielmehr gewährt sie nur für den Fall, dass ein Arbeitnehmer von der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Gebrauch macht und „aus diesem Grund vor Vollendung des 65. Lebensjahres“ aus den Diensten der Firma ausscheidet, überhaupt einen Anspruch auf eine Betriebsrente. Soweit danach ein Anspruch auf die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente besteht, legt die Regelung zugleich fest, in welcher Höhe ein versicherungsmathematischer Abschlag zu machen ist. Damit enthält diese Bestimmung eine Wertung darüber, welche Folgen sich für die Betriebsrente ergeben, wenn sie vorgezogen in Anspruch genommen wird.
Diese Wertung ist auch für den Kläger maßgeblich. Die Möglichkeit für den Kläger, eine Betriebsrente vorgezogen in Anspruch zu nehmen, ergibt sich dabei vorliegend allerdings nicht aus der Anwendbarkeit der PO 76, sondern allein aus den in § 6 BetrAVG niedergelegten Grundsätzen. Diese Regelung ermöglicht es, unabhängig vom Grund des Ausscheidens, bei Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung auch eine Betriebsrente in Anspruch zu nehmen. Sie enthält indes keine Regelung darüber, wie die Betriebsrente zu berechnen ist (BAG 23. September 2003 – 3 AZR 304/02 – BAGE 107, 358, zu I 2 a der Gründe mwN). Dies erfordert vielmehr den genannten Rückgriff auf die Wertungen der Versorgungsordnung. Der dort vorgesehene versicherungsmathematischer Abschlag von 0,5 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme ist nach der Rechtsprechung des Senats auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden (13. Dezember 2005 – 3 AZR 214/05 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 5, zu B II 2 b ff (3) der Gründe).
dd) Für den Kläger ist deshalb zunächst entsprechend den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG die fiktive Vollrente zeitanteilig zu kürzen. Die maßgebliche fiktive Vollrente ist auf der Basis der beim Ausscheiden geltenden Versorgungsordnung und der zu diesem Zeitpunkt geltenden Bemessungsgrundlagen zu berechnen. Die Bemessungsgrundlagen sind auf den Zeitpunkt des in der Versorgungsordnung vorgesehenen Versorgungsfalles hochzurechnen. Auszugehen ist von einem unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Bemessungsgrundlagen (vgl. BAG 11. Dezember 2007 – 3 AZR 127/07 – AP BetrAVG § 1 Nr. 51, zu II 1 der Gründe). Es steht nicht fest, welchen Bruttomonatsverdienst der Kläger im vierten Monat vor dem Ausscheiden auf Grund des 65. Lebensjahres erhalten hätte. Daher ist der Bruttomonatsverdienst im vierten Monat vor dem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis heranzuziehen. Der nach § 3 Nr. 1 PO 76 zu errechnende Prozentsatz beträgt auf Grund der Kappungsgrenze 20 %.
Die sich daraus ergebende Vollrente ist zeitratierlich zu kürzen im Verhältnis der Betriebszugehörigkeit von Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Stichtag – 17. Mai 1990 – zu der potentiellen Betriebszugehörigkeit zwischen dem Eintritt des Klägers in das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Die sich so ergebende Rente ist dann für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um 0,5 % zu verringern.
b) Für den Rentenstamm auf Grund einer Tätigkeit nach dem Stichtag – 17. Mai 1990 – ist ebenso vorzugehen. Zugrunde zu legen sind jedoch die für Frauen geltenden Regelungen. Diese sehen vor, dass Frauen bereits mit dem 60. Lebensjahr kürzungsfrei die nach § 3 Nr. 1 PO 76 zu errechnende Rente in Anspruch nehmen können.
Das bedeutet für den Kläger auf Grund seiner über 25-jährigen Beschäftigungszeit, dass sich die fiktive Vollrente nicht ändert. Bei der zeitratierlichen Kürzung ist jedoch als maximal erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zum Versorgungsfall nur die Zeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu berücksichtigen. Als tatsächliche Betriebszugehörigkeit bei der zeitratierlichen Kürzung ist die Zeit ab dem Stichtag bis zum tatsächlichen Ausscheiden zugrunde zu legen. Ein weiterer Kürzungsschritt entfällt. Der Kläger hat seine Betriebsrente bezogen auf das 60. Lebensjahr nicht vorgezogen in Anspruch genommen; nach der für Frauen geltenden Regelung fand bei Inanspruchnahme der Betriebsrente ab dem 60. Lebensjahr kein versicherungsmathematischer Abschlag statt.
4. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende Betriebsrente unter Zugrundelegung der rechtlichen Vorgaben richtig berechnet. Dass es davon abgesehen hat, zwei Rentenstämme zu bilden und stattdessen die Auswirkungen der „Barber-Entscheidung“ des EuGH jeweils bei der Ermittlung der Kürzungsschritte – zeitratierliche Kürzung der fiktiven Vollrente nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG und versicherungsmathematischer Abschlag – berücksichtigt hat, hat zwar die Reihenfolge der Rechenschritte geändert, die rechtlichen Vorgaben aber vollständig umgesetzt. Zwischen den Parteien ist rechnerisch unstreitig, dass dem Kläger bei Anwendung der vom Senat und im Ergebnis auch vom Landesarbeitsgericht herangezogenen rechtlichen Vorgaben keine weiteren Ansprüche mehr zustehen.