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Betriebsrentengesetz – Pflicht zur Entgeltumwandlung ist mit GG vereinbar

Bundesarbeitsgericht

Az: 3 AZR 14/06

Urteil vom 12.06.2007


In Sachen hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2007 für Recht erkannt:

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. August 2005 – 7 Sa 953/04 – wird zurückgewiesen.

II. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat.

Insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 10. November 2004 – 3 Ca 3685/04 – zurückgewiesen.

III. Der Tenor wird zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt,

1. das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Vereinbarung anzunehmen, wonach von dessen monatlichen künftigen Entgeltansprüchen mit Wirkung vom 1. April 2004 jeweils 50,00 Euro monatlich als betriebliche Altersversorgung in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umzuwandeln sind und bei einem Versicherungsunternehmen ihrer Wahl zugunsten des Klägers eine Direktversicherung, die die Fördervoraussetzungen der §§ 10a und 82 Abs. 2 EStG erfüllt, abzuschließen ist,

2. zur Durchführung dieser Vereinbarung bei einem Versicherungsunternehmen ihrer Wahl zugunsten des Klägers eine Direktversicherung, die die Fördervoraussetzungen der §§ 10a und 82 Abs. 2 EStG erfüllt, abzuschließen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Verlangen des Klägers nachzukommen, Teile seiner Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung zu verwenden.

Der Kläger ist am 12. Mai 1961 geboren. Er ist seit Oktober 1993 bei der Beklagten als Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes für eine monatlichen Bruttovergütung von 1.486,64 Euro tätig. Die Beklagte beschäftigt ca. 1.000 Arbeitnehmer.

Mit Rundschreiben vom 21. Januar 2004 setzte die Beklagte alle Beschäftigten darüber in Kenntnis, dass die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden sei, keine betriebliche Altersversorgung einzuführen. Unter dem 21. März 2004 forderte der Kläger die Beklagte auf, ab dem 1. April 2004 jeweils 50,00 Euro seines Bruttoentgeltes an eine Einrichtung, welche die betriebliche Altersversorgung nach dem BetrAVG anbietet, zu überweisen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21. April 2004 ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen gesetzlichen Anspruch auf Abschluss einer Direktversicherung gegen die Beklagte gem. § 1a Abs. 1 BetrAVG. Auch eine rückwirkende Verurteilung sei möglich.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, für ihn eine Direktversicherung abzuschließen, hilfsweise, von seinen monatlichen Entgeltansprüchen mit Wirkung ab 1. April 2004 jeweils 50,00 Euro monatlich als betriebliche Altersversorgung in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umzuwandeln und zu diesem Zweck zur Durchführung bei einem Versicherungsunternehmen ihrer Wahl zu seinen Gunsten eine Direktversicherung, die die Fördervoraussetzungen der §§ 10a und 82 Abs. 2 EStG erfüllt, abzuschließen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat § 1a BetrAVG für verfassungswidrig gehalten.

Erstinstanzlich hat der Kläger nur den Hauptantrag gestellt. Das Arbeitsgericht hat ihm stattgegeben. Vor dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger den Haupt- und Hilfsantrag gestellt und darauf hingewiesen, der Hilfsantrag formuliere den Hauptantrag präziser. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hilfsantrag stattgegeben, jedoch nur für die Zukunft, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Beide Parteien haben Revision eingelegt. Der Kläger erstrebt noch eine Verurteilung der Beklagten nach dem vormaligen Hilfsantrag auch für die Zeit ab 1. April 2004. Die Beklagte begehrt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die des Klägers ist begründet.

I. Der Antrag des Klägers und die daraufhin ergangenen Urteile der Instanzgerichte bedürfen allerdings der Auslegung. Dabei ist nicht an dem Wortlaut zu haften. Vielmehr hat das Gericht – auch das Revisionsgericht – den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind auch für die Auslegung von Klageanträgen anzuwenden. Dabei ist im Zweifel die Auslegung zu wählen, die dem Inhalt des mit der Klage verfolgten materiellen Anspruchs entspricht (BAG 3. April 2001 – 9 AZR 301/00 – BAGE 97, 241, zu I 1 a der Gründe mwN).

Das Prozessziel des Klägers besteht darin, in möglichst effektiver Weise seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung im Durchführungsweg der Direktversicherung nach § 1a Abs. 1 BetrAVG durchzusetzen. Nach Satz 1 und 3 dieser Bestimmung hat der Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Abschluss einer Direktversicherung. Aus Satz 2 ergibt sich, dass die Durchführung des Anspruchs durch Vereinbarung zu regeln ist. Um zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers auf Abschluss einer Direktversicherung zu kommen, ist also zunächst die Durchsetzung des Anspruchs auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung notwendig, aus der sich dann der Anspruch auf Abschluss der Direktversicherung ergibt (vgl. Welker Das Altersvermögensgesetz und seine Konsequenzen für die betriebliche Altersversorgung S. 184, 200, 243; Clemens Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersversorgung S. 113; Konzen in GedS Blomeyer S. 173).

Der Arbeitnehmer hat somit eine Klage auf Abschluss einer Vereinbarung mit dem von ihm gewünschten Inhalt der Entgeltumwandlung zu erheben, die nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO vollstreckt wird; die zum Vertragsschluss erforderliche Willenserklärung des Arbeitgebers wird also bei rechtskräftiger Verurteilung fingiert, so dass der Vertrag zustande kommt. Die so entstandene vertragliche Verpflichtung ist ihrerseits im Wege der Leistungsklage durchzusetzen. Dies kann, wenn der Anspruch aus dem Vertrag für den Fall der rechtskräftigen Verurteilung zur Annahme des Angebots auf Abschluss des Vertrages zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, im selben Verfahren geschehen, in dem die Verurteilung zum Vertragsschluss eingeklagt wird. Es geht um eine innerprozessuale Bedingung, die zulässig ist (vgl. BAG 8. April 1988 – 2 AZR 777/87 – AP BGB § 611 Weiterbeschäftigung Nr. 4 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 30, zu I 2 a der Gründe).

Beide Klageanträge sind deshalb in diesem Sinne auszulegen. Die Urteile der Vorinstanzen sind entsprechend zu verstehen; das Landesarbeitsgericht hat lediglich eine zeitliche Einschränkung vorgenommen.

Der so verstandene Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Er ist insbesondere nicht zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Nennung eines Versicherungsträgers ist nicht erforderlich, da dessen Auswahl dem Arbeitgeber obliegt (BAG 19. Juli 2005 – 3 AZR 502/04 (A) – EzA BetrAVG § 1a Nr. 1; BT-Drucks. 14/4595 S. 67). Das Verlangen einer wertgleichen Anwartschaft entspricht den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen (§ 1a Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG).

II. Die Klage ist insgesamt begründet. Sie scheitert nicht bereits teilweise daran, dass der Kläger einen rückwirkenden Vertragsschluss verlangt hat. Die gesetzlichen Voraussetzungen von § 1a Abs. 1 BetrAVG liegen vor. Die Verpflichtung aus dieser Bestimmung unterliegt auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

1. Soweit der Kläger den Abschluss eines Vertrages auch für die Zeit ab dem 1. April 2004, also für die Vergangenheit, verlangt, ist der Klageantrag nicht bereits deshalb unbegründet, weil wegen des Zeitablaufs und der Auszahlung des Arbeitsentgeltes die mit dem Vertrag erstrebte Verpflichtung sich nicht mehr auf die Verwendung „künftigen“ Arbeitsentgeltes erstreckt. Zwar richtet sich der Inhalt des Vertrages – Umwandlung „künftigen“ Arbeitsentgeltes ab April 2004 – damit insoweit auf eine unmögliche Leistung. Dies macht den Vertrag jedoch nicht nichtig, wie sich seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) zum 1. Januar 2002 aus § 311a Abs. 1 BGB ergibt (BAG 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – BAGE 110, 232, zu A II 1 der Gründe). Damit ist auch eine entsprechende rückwirkende Verurteilung möglich.

2. Der Kläger erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 BetrAVG.

Die Bestimmung ist auf ihn anwendbar, da er als Mitarbeiter im Sicherheitsdienst ein rentenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist (§ 1 Satz 1 Nr. 1 1. Halbsatz SGB VI) und damit dem persönlichen Geltungsbereich unterfällt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 BetrAVG). Der Betrag von 50,00 Euro monatlich, also 600,00 Euro jährlich, hält sich auch – worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht – in den für die Entgeltumwandlung insoweit in § 1a Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 BetrAVG vorgesehenen Grenzen.

3. Verfassungsrecht steht der Verpflichtung der Beklagten auf Abschluss einer Vereinbarung über die Entgeltumwandlung und der daran gebundenen Durchführungspflicht nicht entgegen.

a) Die Beklagte als Arbeitgeberin ist durch § 1a Abs. 1 BetrAVG nicht in ihren Grundrechten verletzt.

aa) Betroffen ist der Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nicht jedoch das Eigentumsrecht (Art. 14 GG). Die Berufsfreiheit ist sachnäher. Art. 14 GG schützt das Erworbene, die Ergebnisse geleisteter Arbeit, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst. Greift ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungsfähigkeit ein, so ist der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt; begrenzt er mehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter, so kommt der Schutz des Art. 14 GG in Betracht (BVerfG 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – BVerfGE 84, 133, zu C IV der Gründe). Der Anspruch auf Entgeltumwandlung löst zunächst Handlungspflichten des Arbeitgebers im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit aus. Damit handelt es sich um Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der damit zusammenhängenden Betätigung stehen, nicht jedoch mit dem Innehaben und der Verwendung bereits vorhandener Vermögensgüter.

Soweit dem Arbeitgeber der Abschluss eines Vertrages auferlegt wird, ist auch die allgemeine Vertragsfreiheit berührt. Diese umfasst die Freiheit zur unternehmerischen Betätigung und wird in erster Linie von Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Werden dem Arbeitgeber aber – wie durch die in § 1a Abs. 1 BetrAVG – Lasten mit dem Ziel auferlegt, ihn zum Abschluss bestimmter Verträge zu bewegen, wird damit auch in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit eingegriffen (vgl. BVerfG 9. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95 – GRUR 2001, 266, zu II 2 b aa (1) der Gründe). Auch insoweit ist der Eingriff deshalb am Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen.

bb) Der Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG schließt die Abwehr übermäßig belastender und nicht zumutbarer gesetzlicher Auflagen ein (BVerfG 15. Dezember 1987 – 1 BvR 563/85 -, – 1 BvR 582/85 -, – 1 BvR 974/86 -, – 1 BvL 3/86 – BVerfGE 77, 308, zu C II 2 b der Gründe). Gesetzliche Regelungen der Berufsausübung sind statthaft und bleiben im Rahmen der dem Gesetzgeber durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Regelungsbefugnis, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt wird. Das Grundgesetz lässt dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit Berufsausübungsregeln ein erhebliches Maß an Freiheit und räumt ihm bei der Festlegung der zu verfolgenden arbeits- und sozialpolitischen Ziele eine ebenso weite Gestaltungsfreiheit wie bei einer Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele ein. Der Gesetzgeber darf dabei Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund stellen. Seine Gestaltungsfreiheit ist in den Fällen noch größer, in denen die Regelung keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter hat (BVerfG 23. Januar 1990 – 1 BvL 44/86 -, – 1 BvL 48/87 – BVerfGE 81, 156, zu C II 1 a der Gründe). Dem Gesetzgeber kommt im Übrigen eine Einschätzungsprärogative (dazu BVerfG 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 – BVerfGE 102, 197, zu C II 1 c bb (2) der Gründe) zu.

cc) Bei der Prüfung, ob danach die Voraussetzungen eines gesetzgeberischen Eingriffs vorliegen, sind die für den Arbeitgeber möglichen Belastungen zu berücksichtigen. Dabei geht es hier um folgende Belastungen:

(1) Der Arbeitgeber erfüllt den Anspruch des Arbeitnehmers nur, wenn eine „Entgeltumwandlung“ vorliegt (§ 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Dafür müssen nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden. Der Anspruch ist deshalb nicht erfüllt, soweit es an dieser Wertgleichheit fehlt. Die Wertgleichheit zu ermöglichen, obliegt dem Arbeitgeber, der grundsätzlich den Versorgungsträger auszuwählen hat (oben I).

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(2) Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG steht der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Diese Regelung gilt auch im Rahmen von § 1a Abs. 1 BetrAVG, da es sich auch bei Entgeltumwandlung um betriebliche Altersversorgung handelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG). Betriebliche Altersversorgung liegt aber nur vor, wenn der Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zusagt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Eine reine Beitragszusage ist keine betriebliche Altersversorgung iSd. Betriebsrentengesetzes (vgl. BAG 7. September 2004 – 3 AZR 550/03 – BAGE 112, 1, zu B I 2 a der Gründe). Der Arbeitgeber trägt deshalb das Risiko, bei Schwierigkeiten im Durchführungsweg die Leistung selbst erbringen zu müssen – „Verschaffungsanspruch“ als Erfüllungsanspruch -.

Bei der Bewertung dieses Risikos ist aber zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber den gegen ihn gerichteten Anspruch auf Entgeltumwandlung auf einen der Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung beschränken darf (§ 1a Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Die dafür in Betracht kommenden Versorgungsträger unterliegen der Versicherungsaufsicht nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Diese erstreckt sich nicht nur auf eine Rechts-, sondern auch auf eine Finanzaufsicht, die die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen zu überwachen hat. Bei Direktversicherungen und bei Pensionskassen, die rechtlich selbständige Lebensversicherungsunternehmen sein müssen (§ 118a VAG), ergibt sich dies aus § 81 VAG. Für Pensionsfonds gilt diese Regelung nach § 113 Abs. 1 VAG im Wesentlichen entsprechend. Durch Sondervorschriften für Pensionsfonds und Pensionskassen (§ 113 Abs. 2 Nr. 7, § 118b Abs. 1 VAG) ist sichergestellt, dass auch die Belange der Versorgungsanwärter und Versorgungsempfänger bei der Durchführung der Aufsicht zu wahren sind. Durch diese Regelungen wird eine Insolvenz der beaufsichtigten Unternehmen zwar nicht ausgeschlossen, die Wahrscheinlichkeit verringert sich jedoch deutlich. Hinzu kommt, dass es grundsätzlich das Recht des Arbeitgebers ist, den Versicherungsträger auszuwählen (BT-Drucks. 14/4595 S. 67; BAG 19. Juli 2005 – 3 AZR 502/04 (A) – EzA BetrAVG § 1a Nr. 1). Er hat es deshalb in der Hand, weitere Maßnahmen zur Risikoverringerung zu treffen.

Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, die Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung abzuwickeln, gibt es nunmehr eine Absicherung über den Sicherungsfonds für die Lebensversicherer. Dieser wurde durch Gesetz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3416) mit Wirkung zum 21. Dezember 2004 eingeführt. Nach § 124 Abs. 1 VAG müssen (ua.) Lebensversicherer einem Sicherungsfonds angehören. Dieser dient der Sicherung der Ansprüche der Versicherungsnehmer und der versicherten Personen (§ 126 Abs. 2 VAG) und kommt damit auch dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer bei der Direktversicherung zugute. Droht Insolvenz, hat die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (§ 125 Abs. 1 und 2 VAG). Falls nötig, ordnet sie die Übertragung des gesamten Bestandes der Versicherungsverträge auf den Sicherungsfonds an (§ 125 Abs. 2 VAG). Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen gehen in diesen Fällen auch im Verhältnis zum Versicherungsnehmer auf den Sicherungsfonds über (§ 125 Abs. 3 VAG). Allerdings kann die Aufsichtsbehörde die Verpflichtungen aus diesen Verträgen um maximal 5 % herabsetzen (§ 125 Abs. 5 Satz 1 VAG) und kann der Sicherungsfonds einen Versicherer, der seine Beitrags- oder Mitwirkungspflicht langjährig nicht (richtig) erfüllt, mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom Sicherungsfonds ausschließen (§ 132 Abs. 1 VAG). Dabei wird es sich aber um einen äußerst seltenen Fall handeln. Den Arbeitgeber trifft also in aller Regel allenfalls das Risiko der Vorleistung.

Eine weitere Möglichkeit für den Arbeitgeber, sein Risiko zu begrenzen, besteht darin, bei der Entgeltumwandlung nicht alle Risiken – Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung -, sondern nur das Altersrisiko der Arbeitnehmer abzudecken.

dd) Die dadurch dem Arbeitgeber auferlegten Belastungen halten sich im Rahmen dessen, was die Berufsfreiheit dem Gesetzgeber ermöglicht.

(1) Die Einführung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung ist im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung der Bevölkerungsstruktur und der daran geknüpften Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung zu sehen.

Um die daraus entstehenden Versorgungslücken zu schließen, wollte der Gesetzgeber den eigenverantwortlichen Aufbau einer kapitalgedeckten privaten oder betrieblichen Altersversorgung fördern, den er als unerlässlich ansah (BT-Drucks. 14/4595 S. 1). Die Sicherung eines angemessenen Lebensstandards im Alter rechtfertigt sich dabei aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG).

(2) Dieser Förderzweck rechtfertigt es auch, sicherzustellen, dass durch die Teilnahme an der Entgeltumwandlung dem Arbeitnehmer letztlich kein Risiko entsteht. Bei einer auf Freiwilligkeit hin angelegten Regelung ist dies ein wichtiger Anreiz dafür, dass die Arbeitnehmer diese Art der Alterssicherung tatsächlich in Anspruch nehmen. Durch die Einbeziehung in die betriebliche Altersversorgung, die auf eine Leistungs- und nicht auf eine reine Beitragszusage hin ausgerichtet ist, wird zudem sichergestellt, dass sich das System tatsächlich an dem orientiert, worauf es bei der Alterssicherung ankommt: Das Leistungsniveau im Versorgungsfall, und nicht das Niveau des Anspruchs auf Beitragsabführung während des Berufslebens. Zur Erreichung dieses gesetzgeberischen Zwecks wäre eine Regelung, die den Arbeitgeber lediglich verpflichten würde, Arbeitsentgelt einzubehalten und dieses als Beitrag weiterzuleiten, nicht ausreichend. Darin wäre deshalb kein milderes Mittel zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks zu sehen.

(3) Die dem Arbeitgeber damit auferlegten Belastungen sind durch die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit gedeckt. Eine Gesamtabwägung der Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe zeigt, dass die Grenze der Zumutbarkeit für die Arbeitgeber nicht überschritten wird.

Soweit der Arbeitgeber das Risiko einer ordnungsgemäßen Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere des Merkmals der Wertgleichheit bei der Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG), trägt, geht es letztlich um die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechtsanwendung. Eine derartige Verpflichtung ist zumutbar.

Das Risiko des Arbeitgebers, nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG in Anspruch genommen zu werden, ist äußerst gering. Die Versorgungsträger (Versicherungsunternehmen, Pensionskassen und Pensionsfonds) unterliegen der Rechts- und Finanzaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Insolvenzfälle sind selten. Bei Insolvenz von Versicherungsunternehmen erbringt der Sicherungsfonds in aller Regel die garantierten Leistungen in voller Höhe. Zudem hat es der Arbeitgeber durch seine Entscheidungsmöglichkeiten in der Hand, das Risiko zu beeinflussen. Angesichts dessen ist es unbedenklich, dieses Restrisiko gerade dem Arbeitgeber aufzuerlegen, der ohnehin das Arbeitsentgelt schuldet (§ 611 Abs. 1 BGB) und damit die Verantwortung dafür trägt, dass das Entgelt dem Arbeitnehmer zufließt.

Der Gesetzgeber hat seine Gestaltungsfreiheit auch nicht dadurch überschritten, dass er dieses Restrisiko nicht abgesichert hat. Es obliegt ihm, zu entscheiden, ob die mit einer solchen Absicherung möglicherweise verbundenen Nachteile hinzunehmen sind.

b) Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch nicht deshalb, weil dem Arbeitgeber zu bestimmten Zeiten Tarife, bei denen Beitragsleistung und monatliche Rente für beide Geschlechter gleich waren – Unisex-Tarife -, möglicherweise nicht zur Verfügung standen. Dies ist unabhängig davon, wie diese Tarife unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Geschlechter zu beurteilen sind, ob sie also danach geboten, verboten oder nur neben anderen Gestaltungen zulässig sind (vgl. dazu Hensche NZA 2004, 828; Raulf/Gunia NZA 2003, 534, 537 f.; Körner NZA 2004, 760, 761 f.).

aa) Dem Arbeitgeber ist unter diesen Gesichtspunkten kein weiteres, bei der Grundrechtsabwägung im Rahmen des Art. 12 GG zu seinen Gunsten zu berücksichtigendes Risiko auferlegt. Das gilt auch vor dem Hintergrund des Entgeltgleichheitsgebotes in Art. 141 EG, der eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt (EuGH 8. April 1976 – C-43/75 – [Defrenne II] EuGHE I 1976, 455) und auch die betriebliche Altersversorgung erfasst (EuGH 13. Mai 1986 – 170/84 – [Bilka] EuGHE II 1986, 1607).

Gibt es solche Angebote neben anderen und sind sie unter Berücksichtigung von Risikoerwägungen als Zahlungswege für Arbeitsentgelt auch geeignet, dann ist der Arbeitgeber nicht gehindert, die Entgeltumwandlung so durchzuführen, dass das Gebot der Entgeltgleichheit nicht verletzt wird. Bestehen hingegen solche Angebote nicht und geht man davon aus, dass der Arbeitgeber deshalb bei der Umsetzung der Entgeltumwandlung das Gebot der Gleichbehandlung der Geschlechter nicht einhalten kann, so liegt dies nicht an ihm, sondern an der gesetzlichen Regelung, die er lediglich durchführt. Das Gebot der Gleichbehandlung in Art. 141 EG trifft aber nur den jeweiligen Regelungsgeber als Quelle der Ungleichbehandlung. Er ist für die Ungleichbehandlung verantwortlich und könnte die Gleichbehandlung wieder herstellen (EuGH 17. September 2002 – C-320/00 – [Lawrence ua.] Rn. 17 f., EuGHE I 2002, 7325; 13. Januar 2004 – C-256/01 – [Allonby] Rn. 45 ff., EuGHE I 2004, 873). Erfüllt der Arbeitgeber ausschließlich seine gesetzlichen Pflichten, ohne das Gebot der Entgeltgleichheit einhalten zu können, so ist nicht er Regelungsgeber, sondern der Gesetzgeber.

bb) Soweit sich tatsächlich ergibt, dass durch § 1a Abs. 1 BetrAVG der Arbeitgeber gezwungen wurde, gleichheitswidrige Formen der Entgeltumwandlung zu wählen, könnte darin auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG, Gleichberechtigung der Geschlechter, liegen, so dass das den Arbeitgeber belastende Gesetz gegen Art. 12 GG verstieße. Das Gesetz wäre dann möglicherweise wegen dieses Gleichheitsverstoßes verfassungswidrig. Dies würde aber nicht zu seiner Unanwendbarkeit führen, vielmehr wäre entsprechend der ständigen Praxis des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber ein Zeitraum zur Korrektur zu setzen; das Gesetz wäre in der Zwischenzeit weiter anzuwenden (vgl. BVerfG 18. November 2003 – 1 BvR 302/96 – BVerfGE 109, 64, zu D der Gründe).

cc) Zudem hat der Gesetzgeber inzwischen gehandelt. Durch das Alterseinkünftegesetz vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) wurde § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG; BGBl. I 2001 S. 1310, 1322) geändert. Nach dieser Vorschrift liegt nunmehr ein Altersvorsorgevertrag, der zertifizierungsfähig ist, nur dann vor, wenn er eine lebenslange und unabhängig vom Geschlecht berechnete Altersversorgung vorsieht. Eine Zertifizierung nach diesem Gesetz ist zwar nicht Voraussetzung für eine Förderung der Entgeltumwandlung (Höfer Das neue Betriebsrentenrecht Rn. 809). Es ist aber sichergestellt, dass zertifizierte Produkte auch förderfähig sind (§ 82 Abs. 1 EStG). Damit ist ein Anreiz für entsprechende Angebote geschaffen worden. Dem Arbeitgeber steht dieser Weg offen; eine möglicherweise vorher bestehende Gleichheitswidrigkeit ist damit bereinigt.

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