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Betriebsstilllegung/Betriebsverlegung – betriebsbedingte Kündigung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az:10 Sa 323/09

Urteil vom 10.12.2009


1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 9. April 2009, Az.: 2 Ca 1747/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 28.11.2008 zum 30.06.2009 wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung.

Der Kläger ist seit dem 06.08.1984 bei der Beklagten als Disponent zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt € 6.422,88 beschäftigt. Er ist am 13.08.1958 geboren und verheiratet. Die Beklagte beschäftigte im November 2008 noch 15 Arbeitnehmer. Der Kläger ist Ersatzmitglied des Betriebsrates und hat vor Ausspruch der Kündigung an zwei Sitzungen teilgenommen.

Die Beklagte firmierte bis Ende November 2007 unter „X. GmbH“ mit Sitz in der W.-Straße in D-Stadt (AG D.-Stadt HRB 1364). Sie beschäftigte ursprünglich mindestens 45 Arbeitnehmer, die am 23.03.2006 einen dreiköpfigen Betriebsrat gewählt haben. Mit Beschluss vom 29.11.2007 änderte die Beklagte die Firma in „U. GmbH“ und verlegte den Sitz in die T.-Straße in D-Stadt (AG D.-Stadt HRB 1364). Am 25.06.2009 meldete ihr Geschäftsführer das Gewerbe wegen vollständiger Betriebsaufgabe zum 30.06.2009 bei der Stadt D. ab. Mit Beschluss vom 29.06.2009 änderte die Beklagte die Firma in „A.“ und verlegte ihren Sitz nach A-Stadt (AG M-Stadt HRB 18039). Herr S. R. ist Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Beklagten, die sich laut Eintragung im Handelsregister mit der Ausführung und Vermittlung von Kranarbeiten, Bergungen, Schwertransporten, Güterkraftverkehr und Speditionsgeschäften aller Art beschäftigt. Die Beklagte stellte am 18.09.2009 beim Amtsgericht M-Stadt einen Antrag auf Insolvenzeröffnung (Az. 113 IN 57/09) Das Insolvenzgericht hat mit Beschluss vom 24.09.2009 zur Aufklärung des Sachverhalts ein Sachverständigengutachten eingeholt und einen Gutachter beauftragt.

Am 15.11.2008 fasste Herr R. folgenden Beschluss, den er in einem Protokoll schriftlich festhielt:

„Vor dem Hintergrund der scharfen Wettbewerbssituation, der negativen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der aktuell stark angespannten Liquiditätssituation sowie den ungünstigen Ertragsaussichten wird zur Verhinderung eines bereits heute absehbar notwendigen Insolvenzantrags die Beendigung des aktiven Geschäftsbetriebs der Gesellschaft zum 30. Juni 2009 und die unmittelbar daran anschließende Liquidation der Gesellschaft beschlossen.“

Mit Schreiben vom 19.11.2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Das Schreiben hat – auszugsweise – folgenden Wortlaut:

„… die Geschäftsführung hat unwiderruflich beschlossen, den Betrieb bis zum 30.6.09 still zu legen, d.h. zu schließen. Die Schließung der Abteilung Vermietung von Gabelstaplern, Arbeitsbühnen und Reparatur eigener Fahrzeuge erfolgt zum 28.2.09, die Schließung der Abteilung Transporte und Maschinenumzüge zum 30.4.09 und der Kernbereich Kranvermietung zum 30.6.09. Die Termine ermöglichen die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen und der Arbeitnehmer hat ausreichend Zeit, eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Hiermit wird die Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung von C. … zum 30.06.09 beantragt.“

Der Betriebsrat widersprach der geplanten Kündigung mit Schreiben vom 26.11.2009 und führte zur Begründung aus:

„Herr C. ist Mitglied des Betriebsrats.

Herr C. kann als Disponent in anderen Teilen des Betriebs/Unternehmens eingesetzt werden (da noch Leiharbeiter als Disponenten für unsere Firma tätig sind).

Die Gründe für die Betriebsschließung wurden nicht ausreichend dargelegt.“

Mit Schreiben vom 28.11.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger. Das Kündigungsschreiben hat folgenden Wortlaut:

„…hiermit kündigen wir das Arbeitverhältnis fristgemäß zum 30.06.2009 wegen Schließung bzw. Stilllegung des Betriebes.“

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 09.12.2008 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Klage. Er bestreitet die beabsichtigte Betriebsstilllegung sowie die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten nicht durch die Kündigung vom 28.11.2008 zum 30.06.2009 aufgelöst wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 09.04.2009 stattgegeben und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Zwar könne der Arbeitgeber wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung kündigen, die betrieblichen Umstände müssten dann aber bereits konkrete und greifbare Formen angenommen haben. Hierzu habe die Beklagte keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen.

Die Beklagte, der das Urteil am 29.04.2009 zugestellt worden ist, hat am 29.05.2009 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 29.07.2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 28.07.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, sie habe in der Gesellschafterversammlung vom 15.11.2008 satzungsgemäß die Stilllegung des gesamten Betriebes beschlossen. Auslöser dieser Entscheidung sei eine Erörterung mit dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater über ihre wirtschaftliche Situation gewesen, die ebenfalls am 15.11.2008 erfolgt sei. Im Jahr 2008 sei bereits bis Mitte September 2008 ein Verlust in der Größenordnung von € 230.000,00 festzustellen gewesen. Aufgrund dieses Ereignisses habe sie vier Tage später die Anhörung des Betriebsrates zu allen beabsichtigten Kündigungen eingeleitet. Im Falle des Klägers habe sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 19.11.2008 ordnungsgemäß angehört. Im Rahmen der Umsetzung ihres Beschlusses, die aktive Tätigkeit der GmbH zum 30.06.2009 einzustellen, habe sie folgende Maßnahmen getroffen: Am 30.03.2009 habe sie die Mietverträge über zehn Arbeitsbühnen, neun Gabelstapler und die Ausrüstungsgegenstände der Werkstatt mit der Firma Q. zum 30.04.2009 gekündigt. Zu diesem Termin seien die Gegenstände abgeholt und vom früheren Betriebsgrundstück entfernt worden. Am 15.05.2009 habe sie den Mietvertrag mit der Firma P. GmbH über das Betriebsgrundstück zum 30.06.2009 gekündigt. Sie habe zu diesem Zeitpunkt das Betriebsgelände geräumt. Ebenfalls am 15.05.2009 habe sie die Mietverträge mit der Firma N. GmbH über vier große Kräne zum 30.06.2009 gekündigt. Die Kräne seien zu diesem Termin vom Vermieter abgeholt worden. Am 22.05.2009 habe sie die Mietverträge mit der Firma Autokrandienst R. über zwei Lkw-Arbeitsbühnen gekündigt. Am 27.05.2009 habe sie die Mietverträge mit der Firma Autokrandienst R. über weitere Arbeitsgeräte zum 30.06.2009 gekündigt. Schließlich habe sie am 25.06.2009 das Gewerbe wegen Betriebsaufgabe zum 30.06.2009 bei der Stadt D. abgemeldet. Die Frage, ob sie an einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen beteiligt sei, werde in dem vorgreiflichen Beschlussverfahren 2 BV 10/09 geprüft. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 28.07.2009, vom 21.09.2009 und vom 08.12.2009 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.04.2009, Az.: 2 Ca 1747/08, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte stehe seit Jahren in Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat. Ihr Geschäftsführer habe deshalb insgesamt sechs andere Gesellschaften um die Beklagte „gruppiert“, die mehr oder weniger stark Betriebsmittel, Personal und Aufträge untereinander austauschten. Der Gemeinschaftsbetrieb sei nicht stillgelegt worden, sondern weiterhin tätig. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 31.08.2009 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien verwiesen. Weiter wird auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll vom 10.12.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

In der Sache hat die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben erfolglos. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.11.2008 nicht zum 30.06.2009 aufgelöst worden.

1. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.11.2008 ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 134 BGB rechtsunwirksam. Der Kläger ist Ersatzmitglied des Betriebsrates und hat innerhalb der Jahresfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG an Betriebsratssitzungen teilgenommen. Eine ordentliche Kündigung ist gegenüber den durch § 15 KSchG besonders geschützten Funktionsträgern nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen des § 15 Abs. 4 KSchG und § 15 Abs. 5 KSchG im Falle einer Betriebsstilllegung bzw. einer Stilllegung einer Betriebsabteilung zulässig.

Ein Fall des § 15 Abs. 4 KSchG liegt nicht vor, so dass die Kündigung vom 28.11.2008 nicht zum 30.06.2009 wirksam ist.

Nach § 15 Abs. 4 KSchG ist eine Kündigung im Falle der Betriebsstilllegung frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung zulässig, es sei denn, dass die Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Sollte bei Ausspruch der Kündigung vom 28.11.2008 überhaupt eine unbedingte und endgültige Absicht der Beklagten vorgelegen haben, den Betrieb zum 30.06.2009 stillzulegen, so lagen jedenfalls keine hinreichend greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass mit dem 30.06.2009 der Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen würde.

2. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG einen Grund zur Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können, gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten (vgl. BAG Urteil vom 28.05.2009 – 8 AZR 273/08 – NZA 2009, 1267, m.w.N.).

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund, nämlich der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit, vorliegen. Das Gestaltungsrecht Kündigung kann nur bei Vorliegen eines im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorhandenen Kündigungsgrundes rechtswirksam ausgeübt werden. Dies hätte grundsätzlich zur Folge, dass betriebsbedingte Kündigungen erst möglich wären, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht mehr zur Verfügung stünde. Wegen der Zukunftsbezogenheit der Kündigung und aus Gründen der Praktikabilität erkennt das Bundesarbeitsgericht schon eine beabsichtigte Betriebsstilllegung ausnahmsweise als ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG an, wenn die für den künftigen Wegfall der Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgeblichen Entwicklungen bereits zum Kündigungszeitpunkt feststehen, insbesondere wenn die unternehmerische Organisationsentscheidung bereits getroffen war und sie sich zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert. Das heißt, in den Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch eine Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits gefallen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (vgl. BAG Urteil vom 13.02.2008 – 2 AZR 543/06 – NZA 2008, 821, m.w.N.).

Davon ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird. Dabei muss die der entsprechenden Prognose zugrunde liegende Entscheidung bereits zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein und die Schließung des Betriebs zum Kündigungszeitpunkt bereits feststehen und greifbare Formen angenommen haben. Ist dies nicht der Fall, kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes und zur fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit führende Prognose vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht erfolgreich gestellt werden. Vielmehr entfällt die Grundlage für die Kündigung. Es bedarf dann einer zweiten – endgültigen – unternehmerischen Organisationsentscheidung (vgl. BAG Urteil vom 13.02.2008, a.a.O.).

3. Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze hatte die beabsichtigte Betriebsstilllegung der Beklagten zum 30.06.2009 im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 28.11.2008 noch keine greifbaren Formen angenommen.

Zwar hat der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten am 15.11.2008 ausweislich des schriftlichen Protokolls der Gesellschafterversammlung den förmlichen Beschluss gefasst, den aktiven Geschäftsbetrieb zum 30.06.2009 zu beenden und im Anschluss daran die Arbeitsverhältnisse mit allen Arbeitnehmern gekündigt. Weitere organisatorische Maßnahmen sind von der Beklagten vor Ausspruch der Kündigungen jedoch nicht getroffen worden.

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Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass der Stilllegungsbeschluss des Alleingesellschafters zum 30.06.2009 zwar als solcher bereits am 15.11.2008 vorlag, dass aber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 28.11.2008 bis auf die Entlassung des Klägers und der anderer Arbeitnehmer, die teilweise am 16.12.2008 erfolgten, keine weiteren Maßnahmen zur beabsichtigten Stilllegung vorlagen. Dabei besagt die Entlassung von Arbeitnehmern allein für die beabsichtigte Betriebsstilllegung im Sinne eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes nichts, da es gerade um die Frage geht, ob diese Entlassungen gerechtfertigt sind (so auch BAG Urteil vom 19.06.1991 – 2 AZR 127/91 – NZA 1991, 891, m.w.N.).

Die Beklagte hat organisatorische Maßnahmen – Kündigung von Mietverträgen mit verschiedenen Gesellschaften, die teilweise zum Firmengeflecht ihres Alleingesellschafters gehören – erst mehrere Monate nach Ausspruch der Kündigung vom 28.11.2008 ab dem 30.03.2009 und teilweise sogar erst nach Verkündigung des erstinstanzlichen Urteils vom 09.04.2009 getroffen. Dies genügt nach den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht, um eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsentscheidung zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs anzunehmen. Die dringenden betrieblichen Gründe für die beabsichtigte Betriebsstilllegung haben sich nicht konkret und greifbar abgezeichnet. Die unternehmerische Entscheidung hätte im Kündigungszeitpunkt zumindest durch die konkrete Planung der zur Durchführung der Betriebsstilllegung erforderlichen Maßnahmen bereits greifbare Formen angenommen haben müssen.

Auch die spätere Entwicklung spricht nicht für eine Stilllegungsabsicht. Der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten hat den Betrieb nicht zum 30.06.2009 stillgelegt, sondern von D-Stadt in das ca. 85 Kilometer entfernte A-Stadt im Saarland verlegt und die Firma von „U. GmbH“ in „A.“ geändert.

Zwar kommt es für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs an. Das schließt aber, wenn dem Kündigungsgrund – wie hier – ein prognostisches Element innewohnt, nicht aus, dass der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (BAG Urteil vom 27.11.2003 – 2 AZR 48/03 – NZA 2004, 477, m.w.N.). In diesem Sinne ist es zulässig, auch die Entwicklung nach der Kündigung zu berücksichtigen. Im Streitfall hat die Beklagte den Betrieb nicht stillgelegt, sondern nach A-Stadt verlegt. Dies unterstreicht die Annahme, dass die Beklagte die Stilllegung des Betriebes zum 30.06.2009 bei Kündigungsausspruch tatsächlich nicht ernsthaft geplant hat. Der Standort eines Betriebes vermag nur dann etwas an der unveränderten Fortführung des arbeitstechnischen Zwecks zu ändern, wenn die Verfolgung des arbeitstechnischen Zweckes vom Standort abhängig ist (z.B. Steinbruch) (vgl. BAG Urteil vom 12.02.1987 – 2 AZR 247/86 – NZA 1988, 170). Derartige Abhängigkeiten vom Standort sind vorliegend nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Die Ausführung und Vermittlung von Kranarbeiten, Bergungen, Schwertransporten und Maschinenumzügen sowie die Vermietung von Gabelstaplern und Arbeitsbühnen sind nicht in einer ortsgebundenen betrieblichen Organisation zu erbringen.

4. Da die ausgesprochene Kündigung vom 28.11.2008 zum 30.06.2009 bereits nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG rechtsunwirksam ist, bedarf es keiner Erörterung möglicher Fehler bei der Betriebsratsanhörung im Sinne des § 102 Abs. 1 BetrVG.

III.

Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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