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Betriebsübergang – Wiedereinstellungsanspruch

ArbG Krefeld

Az: 1 Ca 2930/09

Urteil vom 28.01.2010


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Streitwert: 11.499,63 €.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Wiedereinstellungsanspruch infolge eines von dem Kläger behaupteten Betriebsübergangs.

Der Kläger, 43 Jahre alt und ledig, war seit dem 17.05.1993 bei der P. T. F. GmbH, vormals P. F. F. GmbH O., als kaufmännischer Angestellter im Customer Support sowie seit dem 01.06.2005 zusätzlich als Systemadministrator gegen ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 4..833,21 € beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der schriftliche Arbeitsvertrag vom 07.05.1993 (Blatt . ff. der Akte) in Verbindung mit der „Job Description“ vom 29.09.2006 (Blatt  ff. der Akte).

Mit Schreiben vom 23.03.2009 (Blatt 25 f. der Akte) kündigte die P. T. F. GmbH das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich fristgerecht zum 30.09.2009. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise wörtlich wie folgt:

„Sehr geehrter Herr T.,

wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, hat die Geschäftsleitung auf entsprechende Weisung aus K. die unternehmerische Entscheidung getroffen, die P. T. F. GmbH spätestens zum 30. Juni 2009 zu liquidieren.

Aus diesem Grund sind wir gezwungen, alle 22 Arbeitsplätze in unserem Betrieb in O. schnellstmöglich abzubauen. Auch Ihr Arbeitsplatz wird aufgrund der Liquidation endgültig wegfallen. Als Konsequenz sehen wir uns leider gezwungen, Ihr Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Gründen fristgemäß zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Das ist der 30. September 2009.

Sofern Sie diese Kündigung akzeptieren und die Klagefrist gemäß § 4 KSchG verstreichen lassen, können Sie eine Abfindung in Höhe von Euro 24.952 brutto beanspruchen (16 Monatsverdienste). Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens Ihres Arbeitsverhältnisses, wobei bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses nach § 1a Abs. 3. Satz 3. KSchG nur der Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden ist. …“

Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 23.03.2009 und erhielt dementsprechend im September 2009 die Abfindung in Höhe von 24.952,00 € brutto ausgezahlt (Blatt der Akte).

Mit Schreiben vom 30.09.2009 wandte sich der Kläger an die Beklagte, die S. T. GmbH mit Sitz in X., und machte wegen eines von ihm behaupteten Betriebsübergangs seinen Anspruch auf „Weiterbeschäftigung“ geltend (Blatt f. der Akte). Die Beklagte lehnte den „geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch“ mit Schreiben vom 16.10.2009 ab (Blatt f. der Akte).

Mit seiner am 21.10.2009 beim Arbeitsgericht Krefeld. eingegangenen Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Wiedereinstellung gerichtlich weiter. Er ist der Ansicht, die Beklagte habe den Betrieb der P. T. F. GmbH vollständig übernommen und sei daher verpflichtet, ihn mit Wirkung zum 01.10.2009 wieder einzustellen. Er behauptet, bereits am 25.02.2009 sei ein Schreiben an die Kunden der P. T. F. GmbH gerichtet worden, in dem mitgeteilt worden sei, die beiden Firmen seien darin übereingekommen, die aktuellen P. T. Sales Operations auf die Beklagte übergehen zu lassen. Zum damaligen Zeitpunkt habe man den „Übergang“ noch zum 31.03.2009 geplant (Blatt der Akte). Im Juli sei den Kunden dann mitgeteilt worden, dass ab dem 01.07.2009 die Beklagte die Verantwortung für den technischen Support und die Werbung für P. Produkte in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika übernehmen werde (Blatt der Akte). Nachdem schon am 26.02.2009 ein Treffen zwischen den Geschäftsführern der P. T. F. GmbH und der Beklagten stattgefunden habe, in welchem der „Business Transfer“ zur Beklagten sowie die Konsequenzen für die Arbeitsverhältnisse besprochen worden seien, seien in der Folgezeit nach Ausspruch der Kündigungen insgesamt sieben Mitarbeiter der P. T. F. GmbH zur Beklagten gewechselt. Diese habe ohne Unterbrechung die Tätigkeit der P. T. F. GmbH bei Übernahme der Kundschaft im Wesentlichen identisch fortgeführt und damit den Betrieb vollständig übernommen. Um P.-Produkte zu vermarkten, sei vorwiegend das entsprechende technische Know-How notwendig, das bei der Beklagten nicht vorhanden gewesen sei. Um dieses Know-How zu erhalten, habe die Beklagte die komplette Product-Management-Abteilung der P. T. F. GmbH übernommen.

Gleiches gelte für den Bereich Qualitätssicherung, wo der einzige zuständige Mitarbeiter, Herr H., übernommen worden sei. Der Kläger ist schließlich der Ansicht, dass Verstreichenlassen der Klagefrist gegen die Kündigung vom 23.03.2009 und die Entgegennahme der Abfindung hinderten ihn nicht, den Wiedereinstellungsanspruch wegen des von ihm behaupteten Betriebsübergangs gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Hier liege weder ein treuwidriges Verhalten noch ein Verzicht auf weitergehende Ansprüche gegenüber einem Betriebserwerber vor.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als kaufmännischer Angestellter im Customer Support und Systemadministrator zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07.05.1993 mit der P. T. F. GmbH in der zuletzt geltenden Fassung mit Wirkung zum 01.10.2009 anzunehmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es liege weder ein Betriebsübergang vor noch könne der Kläger selbst bei einem unterstellten Betriebsübergang erfolgreich einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen. Denn er habe die Klagefrist gegen die Kündigung vom 23.03.2009 verstreichen lassen und die in dem Kündigungsschreiben in Aussicht gestellte Abfindung nach § 1a KSchG entgegengenommen. Damit sei zum einen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 23.03.2009 bestandskräftig, zum anderen sei es treuwidrig, wenn der Kläger trotz Abfindung seines sozialen Besitzstandes nunmehr gleichwohl den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegenüber der Beklagten als angeblicher Betriebserwerberin geltend mache. Darüber hinaus bestreitet sie, den Betrieb und die betriebliche Tätigkeit der P. T. F. GmbH übernommen und im Wesentlichen unverändert fortgeführt zu haben. Sie habe auch keine Mitarbeiter übernommen, sondern lediglich sechs ehemalige Mitarbeiter der P. T. F. GmbH neu und mit geändertem Aufgabengebiet eingestellt. Der Kläger differenziere in seinem Sachvortrag nicht hinreichend zwischen den Vorgängen im K. bei den Muttergesellschaften und den vermeintlichen Vorgängen in Deutschland. So sei lediglich zutreffend, dass in K. die Firma S. Corporation Limited von der Firma P. F. J. Corporation Limited den Geschäftsbereich T. Division gekauft habe. Nach dem Kauf sei dieser Bereich in P. T. Corporation Limited umbenannt worden. Nach Übernahme und Neugründung der P. T. Corporation Limited durch die S. Corporation Limited in K. sei auch in Europa ein Namenswechsel der P.-Gesellschaft von P. F. F. GmbH in P. T. F. GmbH erfolgt. Die Beklagte habe mit der P. F. F. GmbH O. und auch mit der P. T. F. GmbH weder Verträge abgeschlossen noch Betriebsmittel oder Aktiva übernommen. Auch das von dem Kläger zur Akte gereichte Schreiben vom 25.02.2009 betreffe nicht die Beklagte, sondern die Mutterfirmen in K.. Zudem sei für die Beklagte nicht erkennbar, ob und an welche Kunden die von dem Kläger zitierten Schreiben versandt worden sein sollten. Soweit von der Beklagten sog. „P.-Produkte“ angeboten würden, geschehe dies auf Anweisung des japanischen S.-Konzerns. Von diesem erhalte die Beklagte die Informationen zu potenziellen Kunden und Absatzmöglichkeiten.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 28.01.2010 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Wiedereinstellung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein Betriebsübergang von der P. T. F. GmbH auf die Beklagte stattgefunden hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, erwiese sich die Klage aus mehreren Gründen als unschlüssig. Eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch ist nicht ersichtlich.

1. Der Sachvortrag des Klägers erweist sich zunächst schon deshalb als unschlüssig zur Begründung eines Wiedereinstellungsanspruchs, weil der Kläger sich nicht eindeutig festgelegt hat auf den Zeitpunkt des angeblichen Betriebsübergangs und darauf, ab wann dieser greifbare Formen angenommen haben soll. Denn ein Wiedereinstellungsanspruch kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn sich eine Kündigung als wirksam erweist, weil die ihr zugrunde liegende Prognose zum Zeitpunkt der Kündigung den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für den Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Kündigungstermins erwarten lässt und der Kündigungsgrund auch bereits greifbare Formen angenommen hat. Die Kündigung muss also sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 3. KSchG sein. Lediglich dann, wenn sich die der (betriebsbedingten) Kündigung zugrunde liegende Vorstellung des Arbeitgebers über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nachträglich als unzutreffend erweist, weil sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt, kommt ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht (vgl. BAG vom 25.10.2007 – 8 AZR 989/06, AP Nr. 3. zu § 613a BGB Wiedereinstellung).

War hingegen bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht etwa die vollständige und endgültige Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebsübergang geplant, erweist sich bereits die Kündigung als nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 3. KSchG. Ein Wiedereinstellungsanspruch scheidet in diesem Falle aus.

Akzeptiert allerdings in dieser Konstellation ein Arbeitnehmer die Kündigung, indem er keine Kündigungsschutzklage innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhebt, tritt die Rechtsfolge des § 7 KSchG ein. Die Kündigung ist kraft gesetzlicher Fiktion wirksam. Ein Wiedereinstellungsanspruch bleibt weiterhin von vornherein ausgeschlossen, da bereits seine tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (nachträgliche Veränderung der Umstände).

Der Kläger hat sich mit seinem Sachvortrag nicht festgelegt, wann der von ihm behauptete Betriebsübergang stattgefunden haben soll und wann er geplant worden sein soll. Indem er mehrfach darauf verweist, dass bereits im Februar, also noch vor Ausspruch der Kündigung der P. T. F. GmbH Schreiben an die Kunden versandt worden seien und ein Gespräch zwischen den Geschäftsführern der betroffenen Gesellschaften mit dem Ziel eines „Business Transfer“ auf die Beklagte stattgefunden habe, behauptet er, dass bereits zum Zeitpunkt der Kündigung im März 2009 nicht etwa die vollständige Stilllegung des Betriebes der P. T. F. GmbH beabsichtigt war, sondern der Übergang des Betriebs auf die Beklagte. Dann wäre jedoch die Kündigung vom 23.03.2009 nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 3. KSchG gewesen, sondern unwirksam. Denn die Betriebsstilllegung und ein beabsichtigter Betriebsübergang schließen sich systematisch aus (BAG vom 25.06.2009 – 8 AZR 258/08, NZA 2009, 1412 ff.; BAG vom 13.06.2006 – 8 AZR 271/05, AP Nr. 305 zu § 613a BGB).

Da der Kläger schon nicht schlüssig argumentiert hat, dass die einen Betriebsübergang ausmachenden Umstände erst unvorhergesehen nachträglich nach Ausspruch der Kündigung eingetreten sind, bleibt nach seinem eigenen Sachvortrag kein Raum für die erfolgreiche Geltendmachung eines Wiedereinstellungsanspruchs. Der Kläger hätte die Kündigung vom 23.03.2009 angreifen müssen, was er jedoch bewusst im Hinblick auf das Angebot nach § 1a KSchG unterlassen hat.

2. Selbst wenn man ohne entsprechenden Sachvortrag des Klägers hier unterstellen wollte, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der P. T. F. GmbH tatsächlich keine Betriebsveräußerung, sondern allein die Stilllegung beabsichtigt war und sich erst nachträglich ein Betriebsübergang auf die Beklagte ereignet hat, stünde dem Kläger gleichwohl auch dann ein Wiedereinstellungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu. Denn er hat ebenso wie die P. T. F. GmbH von § 1a KSchG Gebrauch gemacht und die Kündigung vom 23.03.2009 nicht gerichtlich angegriffen mit der Folge, dass ihm im September 2009 die Abfindung in Höhe von 24.952,00 € brutto ausgezahlt wurde. Bei einem solchen Sachverhalt besteht selbst dann kein Wiedereinstellungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers, wenn sich tatsächlich nachträglich unvorhergesehen ein Betriebsübergang ergeben sollte.

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Der Wiedereinstellungsanspruch ist gesetzlich nicht geregelt. Seine Notwendigkeit wird von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der ihr folgenden Literatur daraus hergeleitet, dass für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung der Zeitpunkt ihres Zugangs maßgebend ist und eine danach wirksame Kündigung auch dann wirksam bleibt, wenn der Kündigungsgrund bis zur oder nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegfällt. Die Verlagerung des Prüfungszeitpunktes vom Ende des Arbeitsverhältnisses auf den Zugang der Kündigung sei aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit geboten, könne aber eine Korrektur bei nachträglicher Änderung der maßgeblichen Umstände gebieten. Bei einer generellen Ablehnung eines Wiedereinstellungsanspruchs würde das durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz nicht grundlos zu verlieren, ausgehöhlt. Dementsprechend leitet das Bundesarbeitsgericht den Wiedereinstellungsanspruch vornehmlich aus den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und der staatlichen Schutzpflicht des Artikel 12 Abs. 1 GG ab. Daneben wird eine vertragliche Nebenpflicht zum erneuten Abschluss eines Arbeitsvertrages (§ 242 BGB) in diesen Fällen als Anspruchsgrundlage genannt, mit der die Pflicht, auf die berechtigten Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, konkretisiert werde (BAG vom 25.10.2007 – 8 AZR 989/06, AP Nr. 3. zu § 613a BGB Wiedereinstellung; BAG vom 28.06.2000 – 7 AZR 904/98, RdA 2001, 243, 246; KR/Griebeling, 9. Auflage, § 1 KSchG Rn. 729 m.w.N.).

Diese Begründung des Wiedereinstellungsanspruchs und insbesondere die bei der Abwägung mit dem Grundrecht des Arbeitnehmers aus Artikel 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigende allgemeine Vertragsfreiheit des Unternehmers aus Artikel 3. Abs. 1 GG gebietet eine differenzierende Betrachtung in den Fällen, in denen berechtigte Interessen des in Anspruch genommen Unternehmers der Wiedereinstellung entgegenstehen (BAG vom 28.06.2000 – 7 AZR 904/98, RdA 2001, 243, 246).

So hat das Bundesarbeitsgericht für den Fall, dass ein Arbeitnehmer zur Beilegung des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung mit dem Arbeitgeber eine Abfindungsvereinbarung schließt, angenommen, dass mit dieser ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch konkludent und wirksam ausgeschlossen sei. Das wird zum einen mit der Auslegung der Vereinbarung begründet. Vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich für den Verlust des mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Besitzstandes, so brächten sie damit regelmäßig zugleich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis nicht im Anschluss an seine Beendigung zu unveränderten Bedingungen fortsetzen zu wollen. Zum anderen führt das Bundesarbeitsgericht als weiteren Grund für den Ausschluss des Wiedereinstellungsanspruchs an, dass jedenfalls in einem solchen Fall die Interessenwahrungspflicht des Arbeitgebers regelmäßig auch bei nachträglicher Änderung des bei Ausspruch der Kündigung zugrunde gelegten Sachverhalts nicht den Abschluss eines Fortsetzungsvertrags gebiete (BAG vom 28.06.2000 – 7 AZR 904/98, RdA 2001, 243, 247).

Die Interessenlage ist keine andere als die im vorliegenden Fall, in dem nicht eine ausdrückliche Abfindungsvereinbarung zwischen den ehemaligen Vertragsparteien abgeschlossen wurde, sondern eine Kündigung nach § 1a KSchG ausgesprochen wurde, gegen die von dem Arbeitnehmer keine Klage eingereicht worden ist mit der Folge, dass der gesetzlich geregelte Abfindungsanspruch entstanden ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vorgehensweise nach § 1a KSchG nicht ohnehin bereits zu einer rechtsgeschäftlichen Einigung der Parteien im Sinne einer Abfindungsvereinbarung führt, sodass der Fall schon von daher identisch mit dem von dem Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 28.06.2000 entschiedenen Fall wäre (vgl. zum Streitstand insoweit KR/Spilger, 9. Auflage, § 1a KSchG Rn 34 ff. m.w.N.). Selbst wenn man annähme, in dem bloßen Verstreichenlassen der Klagefrist durch den Arbeitnehmer könne keine Willenserklärung gesehen werden, so dass eine rechtsgeschäftliche Einigung auf einen Abfindungsvergleich nicht zustande gekommen ist, sondern allein durch die Erklärung des Arbeitgebers und das Unterlassen des Mitarbeiters als „Realakt“ eine gesetzliche Rechtsfolge ausgelöst wurde, ist gleichwohl die Ausgangs- und Interessenlage mit der des ausdrücklichen Abschlusses einer Abfindungsvereinbarung vergleichbar.

Durch die Vorgehensweise nach § 1a KSchG ist zwischen den ehemaligen Vertragsparteien P. T. F. GmbH und dem Kläger ein angemessener Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes durch Zahlung der von dem Gesetzgeber als angemessen erachteten Abfindung (Ansatz 0,5) erzielt worden. Wenn dann nach dem Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung auch tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird, ist seinem durch das Grundgesetz verbürgten Recht, den Arbeitsplatz nicht grundlos zu verlieren, Genüge getan. Er hat für den Verlust dieses Arbeitsplatzes eine angemessene Entschädigung erhalten. Die verfassungsrechtlich begründete Notwendigkeit für einen Wiedereinstellungsanspruch bei nachträglich geänderten Umständen greift in diesem Falle nicht mehr. Vielmehr stellt sich nunmehr im Rahmen der Abwägung mit dem Grundrecht sowohl der P. T. F. GmbH als auch der Beklagten auf negative Vertragsfreiheit und damit darauf, selbst und frei entscheiden zu können, mit wem sie welchen (Arbeits-)Vertrag abschließen, letzteres als gewichtiger dar. Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen, die im Rahmen des § 242 BGB als gesetzlichem Anknüpfungspunkt und Grundlage des Wiedereinstellungsanspruchs vorzunehmen ist, führt hier dazu, dass selbst bei Annahme eines nachträglich unvorhergesehen eingetretenen Betriebsübergangs ein Wiedereinstellungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die Notwendigkeit hierfür ist infolge der an den Arbeitnehmer geflossenen Abfindung nach § 1a KSchG nicht mehr gegeben (ebenso HWK/Quecke, 4.. Auflage, § 1a KSchG Rn. 17; wohl auch KR/Spilger, 9. Auflage, § 1a KSchG Rn. 117).

Die Gegenansicht von Kortstock (NZA 2007, 297, 300) überzeugt demgegenüber nicht. Dass der Arbeitnehmer bei der Vorgehensweise nach § 1a KSchG keine Willenserklärung abgebe und daher keine identische Situation wie bei der von dem Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fallkonstellation des Abfindungsvergleichs gegeben sei, mag zwar zutreffen. Die Fälle sind gleichwohl aber vergleichbar und aufgrund gleicher Interessenlage auch gleich zu behandeln. Dementsprechend gilt bei der Vorgehensweise nach § 1a KSchG ebenso wie beim ausdrücklichen Abschluss einer Abfindungsvereinbarung, dass die Notwendigkeit und damit die Grundvoraussetzung für den Wiedereinstellungsanspruch dann nicht gegeben ist, wenn die Aufgabe des sozialen Besitzstandes des Arbeitnehmers durch Zahlung einer angemessenen Abfindung, die in beiden Fällen im Übrigen ja auch nicht gegen seinen Willen erfolgt ist und erfolgen könnte, hinreichend kompensiert wird (vgl. BAG vom 28.06.2000 – 7 AZR 904/98, RdA 2001, 243, 247).

Ferner weist Kortstock zwar zutreffend darauf hin, dass der Arbeitnehmer im Falle einer nach Ablauf der Klagefrist erhobenen Kündigungsschutzklage unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 5 KSchG vorliegen, in jedem Falle den Abfindungsanspruch verliert, ohne dass jedoch bereits die nachträglich erhobene Klage von vornherein unzulässig wäre. Das hat jedoch mit dem hier geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch gegenüber dem angeblichen Betriebserwerber nichts zu tun. Denn zum einen handelt es sich hierbei nicht um eine Klage nach § 4 Satz 1 KSchG auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist. Zum anderen ist die Klage nicht gegenüber dem Kündigenden, sondern gegenüber dem angeblichen Betriebserwerber erhoben worden. Dementsprechend geht es hier auch nicht darum, ob der Kläger die erhaltene Abfindung wieder zurück zahlen muss. Das muss er nach Ansicht des Gerichts nicht (a.A. aber Rolfs in Schwerpunkt-Kommentar Arbeitsrecht, § 1a KSchG Rn. 44 m.w.N.). Denn im Verhältnis zwischen dem Kläger und der kündigenden P. T. F. GmbH liegt eine einwandfrei gesetzeskonforme Vorgehensweise nach § 1a KSchG vor. Die P. T. F. GmbH hat gekündigt und die Kündigung mit „dringenden betrieblichen Erfordernissen“ begründet sowie unter Hinweis auf § 1a KSchG eine Abfindung für den Fall des Verstreichenlassens der Klagefrist angeboten. Der Kläger hat hierauf in der Weise reagiert, dass er keine Kündigungsschutzklage erhoben hat, weshalb die Abfindungszahlung im September 2009 völlig zu Recht erfolgt ist. Die Abfindung kann weder von der P. T. F. GmbH zurückgefordert werden noch ist allein deshalb ein Rücktrittsrecht oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben, weil von dem Kläger nunmehr im Verhältnis zu der Beklagten ein Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht wird.

Durch die Vorgehensweise nach § 1a KSchG ist eine angemessene Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes bei dem Kläger erfolgt, weshalb die Voraussetzungen für die Annahme eines Wiedereinstellungsanspruchs in seinem Fall selbst dann nicht vorlägen, wenn die Beklagte tatsächlich den Betrieb der P. T. F. GmbH nachträglich übernommen hätte. Hätte der Kläger sich solche Rechte offen- und vorbehalten wollen, hätte er innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der P. T. F. GmbH erheben müssen. Dann hätte er zum einen überprüfen lassen können, ob nicht schon die Kündigung aufgrund eines beabsichtigten Betriebsübergangs unwirksam war (siehe I.1). Zum anderen hätte ihm mangels angemessener Kompensation für die Aufgabe des Arbeitsplatzes selbst bei einem Unterliegen in dem Kündigungsschutzverfahren bei einem unvorhergesehenen nachträglichen Wegfall des Kündigungsgrundes dann der Wiedereinstellungsanspruch zugestanden. Denn dann wäre eine Schutzlücke festzustellen, die das Bundesarbeitsgericht unter Rückgriff auf Artikel 12 Abs. 1 GG über die Begründung eines Wiedereinstellungsanspruchs schließt. Im vorliegenden Fall besteht diese Schutzlücke jedoch ebensowenig wie im Falle eines ausdrücklich zustande gekommenen, hinsichtlich der Höhe angemessenen Abfindungsvergleichs, für den das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat, dass dort kein Wiedereinstellungsanspruch begründet ist (BAG vom 28.06.2000 – 7 AZR 904/98, RdA 2001, 243 ff).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 3. ArbGG, 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 3. ArbGG, 4. ff.  ZPO, 42 Abs. 4. GKG (drei Durchschnittsgehälter).

Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 64 Abs. 3. lit. a, Abs. 3a ArbGG. Die Berufung wurde hier, obwohl sie ohnehin bereits nach § 64 Abs. 3. lit. c zulässig ist, zusätzlich noch gemäß § 64 Abs. 4. Ziffer 1 ArbGG zugelassen, da der Rechtssache im Hinblick auf die streitige und bislang erkennbar höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage des Umfangs des Wiedereinstellungsanspruchs grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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