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Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen und Beherbergungsverbot zu privaten Zwecken

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 13 B 1707/20.NE – Beschluss vom 23.12.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Inhaber eines Hotels mit Frühstücksangebot. Er begehrt §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 vom 30. November 2020 (GV. NRW. S. 1060a) in der zuletzt durch die Verordnung vom 17. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1122d) geänderten Fassung (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) außer Vollzug zu setzen.

§ 14 Abs. 1 CoronaSchVO lautet:

Der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Kneipen, Cafés und anderen gastronomischen Einrichtungen ist untersagt. Betriebskantinen und Mensen in Bildungseinrichtungen dürfen zur Versorgung der Beschäftigten bzw. der Nutzerinnen und Nutzer der Bildungseinrichtungen betrieben werden.

§ 15 Abs. 1 CoronaSchVO lautet:

Übernachtungsangebote zu privaten Zwecken sind untersagt. Die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und so weiter ausschließlich durch die Nutzungsberechtigten bleibt zulässig. Beim Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen auf Campingplätzen und so weiter sowie bei der Beherbergung von Reisenden einschließlich ihrer gastronomischen Versorgung sind die Hygiene- und Infektionsschutzstandards nach § 4 zu beachten.

Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen und Beherbergungsverbot zu privaten Zwecken
(Symbolfoto: Von Jordan Feeg/Shutterstock.com)

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die streitgegenständlichen Regelungen verletzten ihn in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Da er überwiegend Touristen beherberge, wirkten die Regelungen faktisch wie ein Berufsausübungsverbot. Ihm drohe der wirtschaftliche Ruin. Der Eingriff in seine Berufsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Es fehle bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Gemäß § 31 IfSG könne gegen ihn kein berufliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden, weil er nicht zu der dort genannten Personengruppe – Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider – gehöre. Weil die Berufsfreiheit in § 32 IfSG nicht genannt sei, könne seine Berufsfreiheit auch nicht durch in einer Rechtsverordnung getroffene Regelungen nach §§ 28-31 IfSG eingeschränkt werden. Die Regelungen seien auch materiell rechtswidrig. Sie seien weder erforderlich, noch angemessen. Zur Eindämmung des Infektionsgeschehens reichten die geltenden Kontaktbeschränkungen und Quarantäneregelungen sowie die Befolgung geeigneter Hygienekonzepte aus. Für sein Hotel sei ein engmaschiges und striktes Hygienekonzept entwickelt worden, dass nahezu kontaktloses Nächtigen von Hotelgästen ermögliche. Das Infektionsgeschehen würde durch einen touristischen Hotelbetrieb nicht verstärkt. Der Reiseverkehr begründe kein erhöhtes Infektionsrisiko, weil ein unbeschwerter Urlaub ohne Beschränkungen am Reiseziel ohnehin nicht stattfinden könne. Demgegenüber berge das Verbot von Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken die Gefahr, dass Touristen bei Freunden oder Familie mit der Folge entsprechender infektionsbegünstigender Kontakte unterkämen. Auch hinsichtlich seines gastronomischen Angebots erweise sich der Eingriff als unverhältnismäßig, weil jedenfalls bei einem am Tisch oder auf dem Zimmer servierten Frühstück kein beachtenswertes Infektionsrisiko bestehe. Eine offensichtliche Ungleichbehandlung liege zu nicht von der Coronaschutzverordnung erfassten Betrieben vor. Diese dürften ihren Betrieb fortführen, obwohl sie nicht über ein Hygienekonzept verfügten, sondern allein die geltenden Arbeitsschutzmaßnamen einzuhalten hätten. Auch überzeuge nicht, dass nichttouristische Gäste beherbergt werden dürften. Ferner hätte Berücksichtigung finden müssen, dass sein Gastronomiebetrieb sich auf ein Frühstücksangebot für Hotelgäste beschränke und deswegen mit anderen Bereichen der Gastronomie nicht vergleichbar sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug von §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO bis zu einer Entscheidung über seinen Normenkontrollantrag auszusetzen.

Der Antragsgegner verteidigt die angegriffene Regelung und beantragt, den Antrag abzulehnen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Der gemäß § 47 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen nicht dringend geboten. Erweist sich dagegen der Antrag als zulässig und (voraussichtlich) begründet, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachenentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2019 – 4 B 1019/19.NE -, juris, Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 17. Februar 2020 – 2 MN 379/19 -, juris, Rn. 24, m. w. N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395.

Nach dieser Maßgabe ist der Erlass einer normbezogenen einstweiligen Anordnung nicht dringend geboten, weil der in der Hauptsache gestellte Normenkontrollantrag nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht offensichtlich begründet ist (A.) und die deswegen anzustellende Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfällt (B.).

A. Die mit dem in der Hauptsache gestellten Normenkontrollantrag angegriffenen Regelungen sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers nicht offensichtlich rechtswidrig.

1. Es bestehen keine offensichtlich durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die maßgeblichen Vorschriften in §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 1 Nr. 12, 13 IfSG eine hinreichende, dem Parlamentsvorbehalt genügende Ermächtigungsgrundlage für das Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen und das Verbot der Beherbergung zu privaten Zwecken, die unmittelbar erneut und andauernd in die Berufsfreiheit des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen, darstellen.

Vgl. für in der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. November 2020 geregelte Kontaktbeschränkungen und Gastronomieschließungen im Ergebnis ebenso: Bay. VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2020 – 20 NE 20.2461 -, juris, Rn. 22 ff.

Nachdem die Maßnahmen aus den inzwischen außer Kraft getretenen Coronaschutzverordnungen im Wesentlichen allein auf die Generalklausel des § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt wurden und einige daran bestehende verfassungsrechtliche Bedenken mit Fortdauer der Pandemielage und Wiederholung der verordneten Verbote zunehmend Gewicht gewonnen hatten,

vgl. zuletzt z. B. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 B 1675/20.NE -, juris, Rn. 20 ff.,

stützt sich die derzeit geltende Coronaschutzverordnung auf § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 und dem vom Gesetzgeber in Art. 1 Nr. 17 des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) neu geschaffenen § 28a IfSG.

Nach § 32 Satz 1 IfSG können die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen. Sie können gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung – oder wie hier nach § 10 IfSBG-NRW durch verordnungsvertretendes Gesetz (Art. 80 Abs. 4 GG) – auf andere Stellen übertragen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Der neu geschaffene § 28a Abs. 1 Satz 1 IfSG listet in 17 Nummern auf, um welche Maßnahmen es sich dabei insbesondere handeln kann. Hierzu gehören gemäß Nr. 12 auch die Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten und gemäß Nr. 13 die Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen. § 28a IfSG begrenzt ferner die Möglichkeit solcher Schutzmaßnahmen grundsätzlich (vgl. § 28a Abs. 7 IfSG) auf die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag.

§ 28a Abs. 2 Satz 1 IfSG sieht für in Nr. 1 bis 3 dieser Vorschrift aufgelistete besondere Maßnahmen (u. a. für Verbote von Versammlungen i. S. v. Art. 8 GG oder weltanschaulichen Zusammenkünften, Ausgangsbeschränkungen sowie Betretungsverbote hinsichtlich bestimmter Einrichtungen wie z. B. Altenheime oder Krankenhäuser) die zusätzliche Voraussetzung vor, dass ohne diese unter Berücksichtigung aller bisher getroffener anderer Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet wäre. § 28a Abs. 3 IfSG stellt – abhängig von der Anzahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – ein Stufensystem hinsichtlich der erforderlichen Intensität und Breite der zu treffenden Maßnahmen auf. Hier wird differenziert nach umfassenden Schutzmaßnahmen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (> 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in Landkreis, Bezirk oder kreisfreier Stadt), breit angelegten Schutzmaßnahmen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (> 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in Landkreis, Bezirk oder kreisfreier Stadt) und Schutzmaßnahmen, die eine Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen (< 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in Landkreis, Bezirk oder kreisfreier Stadt). Ferner sind nach der Vorschrift, wenn die Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen landes- bzw. bundesweit überschritten wird, landes- bzw. bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben.

§ 28a Abs. 6 IfSG bestimmt zum einen, dass verschiedene Schutzmaßnahmen auch kumulativ angeordnet werden können, soweit und solange es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist (Satz 1). Zum anderen sind nach dieser Vorschrift bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vereinbar ist (Satz 2). Dabei können einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnamen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung oder Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist (Satz 3).

Gemäß § 28a Abs. 5 IfSG sind Rechtsverordnungen, die nach § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen (Satz 1). Die Geltungsdauer beträgt grundsätzlich vier Wochen; sie kann verlängert werden (Satz 2).

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Es bestehen keine offensichtlich durchgreifenden Einwände dagegen, dass diese Regelungen dem Vorbehalt des Gesetzes genügen. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben (sog. Wesentlichkeitsdoktrin). Inwieweit es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands ab.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990 – 1 BvR 402/87 -, juris, Rn. 39, und Urteil vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 -, juris, Rn. 67 f., jeweils m. w. N.

Auch Gesetze, die zu Rechtsverordnungen und Satzungen ermächtigen, können den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssen aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage bei Delegation einer Entscheidung auf den Verordnungsgeber aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen, stellt insoweit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG führt als eine Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts den staatlichen Eingriff durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurück. Eine Ermächtigung darf daher nicht so unbestimmt sein, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u. a. -, juris, Rn. 54 f., und Urteil vom 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 u. a. -, juris, Rn. 198 ff.

Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich daher nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. Je schwerwiegender die grundrechtsrelevanten Auswirkungen für die von einer Rechtsverordnung potentiell Betroffenen sind, desto strengere Anforderungen gelten für das Maß der Bestimmtheit sowie für Inhalt und Zweck der erteilten Ermächtigung.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juli 2005 – 2 BvF 2/01 -, juris, Rn. 276, und vom 21. September 2016 – 2 BvL 1/15 -, juris, Rn. 55 f., jeweils m. w. N.

Zum anderen hängen die Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Determinierung von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Ist dies nicht der Fall, so kann es geboten sein, die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber. Bei vielgestaltigen, komplexen Lebenssachverhalten oder absehbaren Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse sind etwa geringere Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einfach gelagerten und klar vorhersehbaren Lebenssachverhalten. Dies ermöglicht sachgerechte, situationsbezogene Lösungen bei der Abgrenzung von Befugnissen des Gesetzgebers und der Exekutive.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 -, juris, Rn. 204, m. w. N.

Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass die Rolle des Gesetzgebers durch Einfügen des § 28a IfSG im Vergleich zur alten Rechtslage in signifikantem Umfang gestärkt worden ist.

Vgl. in diesem Sinne auch die Stellungnahmen der im Gesetzgebungsverfahren angehörten Sachverständigen Wollenschläger, S. 4, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/805844/09aa6cdba9932ca18a4a560e817817b1/19_14_0246-20-_ESV-Prof-Dr-Ferdinand-Wollenschlaeger-3-BevSchG-data.pdf, und Brenner, S. 3 ff., abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/805842/730992d71899fd11e76ee168d0c7fd0f/19_14_0246-19-_ESV-Dr-Michael-Brenner-3-BevSchG-data.pdf.

So setzen sämtliche in § 28a IfSG genannte Maßnahmen voraus, dass der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 feststellt, deren Voraussetzungen in § 5 Abs. 1 Satz 4 normiert sind. Mit der Feststellung einer solchen Lage gehen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 IfSG Berichtspflichten der Bundesregierung an den Bundestag einher. Ferner ist der Auflistung möglicher Schutzmaßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG zu entnehmen, dass der Bundestag diese jedenfalls im Grundsatz als zulässige Maßnahmen billigt. Damit ist die potentielle inhaltliche Reichweite der zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Instrumente durch den Gesetzgeber selbst abgesteckt und mit unmittelbarer demokratischer Legitimation durch das Parlament versehen. Auch hat der Gesetzgeber in § 28a Abs. 2 IfSG deutlich gemacht, welche Maßnahmen er als besonders eingriffsintensiv erachtet und deswegen an die strengere Voraussetzung knüpft, dass ohne diese Maßnahmen auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet würde. Ferner ordnet er in § 28a Abs. 6 IfSG an, welche Belange bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen Berücksichtigung finden müssen, und räumt dem Verordnungsgeber die Möglichkeit ein, dass einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden können, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist.

Zwar verbleibt dem Verordnungsgeber bei der Entscheidung über den Erlass von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auch weiterhin ein weiter Gestaltungsspielraum. Insbesondere sind die möglichen Maßnahmen – mit Ausnahme der in § 28a Abs. 2 IfSG genannten – außer an die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht an weitere besondere oder nach ihrer Eingriffsintensität differenzierende Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft. Die Auflistung in § 28a Abs. 1 IfSG lässt keine Bewertung oder ein Stufenverhältnis der möglichen Maßnahmen zueinander erkennen. Auch das Stufenmodell aus § 28a Abs. 3 IfSG gibt dem Verordnungsgeber keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen. Denn die in § 28a Abs. 1 IfSG gelisteten Maßnahmen lassen sich der nur abstrakt beschriebenen, vom Verordnungsgeber auszuwählenden Breite und Intensität der Maßnahmen (umfassende Schutzmaßnahmen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen, breit angelegte Schutzmaßnahmen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen, oder Schutzmaßnahmen, die eine Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen) nicht klar zuordnen. Es ist aber auch in Rechnung zu stellen, dass es dem Bundesgesetzgeber angesichts der Dynamik des Infektionsgeschehens, das sich zudem je nach Örtlichkeit wesentlich unterscheiden kann, kaum möglich sein wird, mit einer abstrakt-generellen und auf Dauer angelegten Regelung vorausschauend alle Konstellationen und Entwicklungen zu regeln.

Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2020 – 13 B 695/20.NE -, juris, Rn. 46.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der dem Verordnungsgeber verbleibende Gestaltungsspielraum schnellere exekutive Reaktionsmöglichkeiten auf aktuelle Entwicklungen erlaubt, als dies in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren aufgrund der dort gebotenen Einhaltung nötiger Verfahrensschritte möglich wäre. Eine abschließende Klärung der sich hieraus ergebenden Fragestellungen ist im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund der bestehenden Eilbedürftigkeit nicht möglich und muss einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Entsprechendes gilt, soweit im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 durch die dort angehörten Sachverständigen teils weitere Einwände gegen die Neuregelung geltend gemacht worden sind.

2. Der vom Antragsteller gerügte Verstoß der Verordnungsermächtigung gegen das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG besteht nicht. Ein solcher wird nicht dadurch begründet, dass § 32 Satz 3 IfSG weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 14 Abs. 1 GG als solche Grundrechte benennt, die durch die Rechtsverordnung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten eingeschränkt werden können. Gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG muss ein grundrechtseinschränkendes Gesetz das eingeschränkte Grundrecht ausdrücklich benennen. Die Regelung dient der Sicherung derjenigen Grundrechte, die aufgrund eines speziellen, vom Grundgesetz vorgesehenen Gesetzesvorbehalts über die im Grundrecht selbst angelegten Grenzen hinaus eingeschränkt werden könnten. Indem das Gebot den Gesetzgeber zwingt, solche Eingriffe im Gesetzeswortlaut auszuweisen, will es sicherstellen, dass nur wirklich gewollte Eingriffe erfolgen; auch soll sich der Gesetzgeber über die Auswirkungen seiner Regelungen für die betroffenen Grundrechte Rechenschaft geben. Von derartigen Grundrechtseinschränkungen werden in der Rechtsprechung andersartige grundrechtsrelevante Regelungen unterschieden, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundrecht vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenbeziehungen vornimmt. Hier erscheint die Warn- und Besinnungsfunktion des Zitiergebots von geringerem Gewicht, weil dem Gesetzgeber in der Regel ohnehin bewusst ist, dass er sich im grundrechtsrelevanten Bereich bewegt. Durch eine Erstreckung des Gebots auf solche Regelungen würde es zu einer die Gesetzgebung unnötig behindernden leeren Förmlichkeit kommen. Zu diesen grundrechtsrelevanten Regelungen zählen sowohl inhalts- und schrankenbestimmende Normen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG als auch berufsregelnde Gesetze i. S. v. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 1983 – 1 BvL 46/80 u. a. -, juris, Rn. 26 ff., und vom 18. Februar 1970 – 2 BvR 531/68 -, juris, Rn. 45; Urteil vom 18. Dezember 1968 – 1 BvR 638/64 u. a. -, juris, Rn. 99 ff. ; OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2020   13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 62 ff., jeweils m. w. N.

3. Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung nach § 28a Abs. 5 IfSG sind voraussichtlich eingehalten. Danach sind – wie bereits erwähnt – Rechtsverordnungen, die nach § 32 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, und § 28a Abs. 1 erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen.

Die Begründungspflicht dient nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen, und damit insbesondere der Verfahrensrationalität und der Legitimationssicherung. Sie soll als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren gewährleisten. Innerhalb der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen, ohne dass insoweit eine empirische und umfassende Erläuterung geschuldet wäre. Sie ist möglichst zeitnah nach Erlass der Rechtsverordnung zu veröffentlichen. Mit der Befristungspflicht wiederum soll sichergestellt werden, dass die jeweilige Rechtsverordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Sars-CoV-2-Pandemie fortgeschrieben werden muss.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, in: BT-Drs. 19/24334, S. 81 f.

Diesen Anforderungen ist voraussichtlich Genüge getan. Die auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales veröffentlichte Begründung zur Coronaschutzverordnung vom 30. November 2020, in der ab dem 16. Dezember 2020 gültigen Fassung,

https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/201217_begruendung_coronaschvo_ab_16.12.2020.pdf,

genügt bei vorläufiger Bewertung den vorstehenden Maßgaben. Die Verordnung ist zudem befristet und tritt mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft (§ 19 Abs. 1 CoronaSchVO in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1121a)), womit der Verordnungsgeber von der Verlängerungsmöglichkeit des § 28a Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 IfSG Gebrauch gemacht hat.

4. Die angegriffenen Regelungen in §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 CoronaSchVO dürften auch von der Verordnungsermächtigung in §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 1 Nr. 12, 13 IfSG gedeckt sein.

a. Dem steht zunächst der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht entgegen. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten nur gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider richten dürfen. Weil bei Menschenansammlungen Krankheitserreger besonders leicht übertragen werden können, stellt bereits § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG klar, dass Anordnungen auch gegenüber Veranstaltungen oder sonstigen Zusammenkünften von Menschen sowie gegenüber Gemeinschaftseinrichtungen ergehen können. Schließlich können nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG (sonstige) Dritte („Nichtstörer“) Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 -, juris, Rn. 26, unter Hinweis auf BT-Drs. 8/2468, S. 27; OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2020 – 13 B 539/20.NE -, juris, Rn. 28 ff., und vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 70 f., sowie OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 23. März 2020 – OVG 11 S 12/20 -, juris, Rn. 8.

Dies hat der Gesetzgeber nunmehr auch durch den Katalog der Maßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG bekräftigt, auf den § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verweist und der die Regelbeispiele in § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG speziell für die SARS-CoV-2-Pandemie klarstellend erweitert. Nach § 28a Abs. 1 Nr. 12 und 13 IfSG gehören zu den zulässigen Maßnahmen namentlich die Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten und die Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen, ohne dass der Betreiber selbst als Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider angesehen werden müsste. Die Möglichkeit zur Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten ist vielmehr durch die Erwägung getragen, dass die Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 besonders leicht im Wege der Tröpfcheninfektion und über Aerosole von Mensch zu Mensch erfolgt und deshalb eine Minimierung der physischen Kontakte zwischen den Menschen geboten sein kann. Außerdem dient die Regelung der Reduzierung der Mobilität in der Bundesrepublik und damit zur Sicherstellung der Verfolgbarkeit von Infektionsketten sowie allgemein zur Minimierung von Sozialkontakten.

Vgl. BT-Drs. 19/23944, S. 32.

Ähnliche Erwägungen gelten für die Möglichkeit zur Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen. Hier kommt hinzu, dass Gastronomiebetriebe sich auch dadurch auszeichnen, dass bei dem Genuss von Speisen und Getränken trotz geringen Abstands naturgemäß keine Alltagsmasken getragen werden können. Bei der geselligen Zusammenkunft im stationären Gastronomiebetrieb kann es zudem, gerade wenn auch Alkohol konsumiert wird, regelmäßig zur Unterschreitung von Mindestabständen und erhöhtem Aerosolausstoß kommen, da die Gäste gemeinsam eine geraume Zeit in einem geschlossenen Raum verbringen.

Vgl. BT-Drs. 19/23944, S. 34.

b. Der Deutsche Bundestag hat zudem – wie in § 28a Abs. 1 IfSchG vorausgesetzt – am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite von unbestimmter Dauer festgestellt, deren Fortbestehen er am 18. November 2020 bestätigt hat.

Vgl. Plenarprotokoll 19/154, S. 19169C und Plenarprotokoll 19/191, S. 24109C.

c. Das angegriffene Betriebsverbot sowie das Verbot der Beherbergung zu privaten Zwecken halten sich bei summarischer Prüfung auch im Übrigen an die gesetzlichen Vorgaben aus § 28a IfSG und verstoßen voraussichtlich weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (aa) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (bb).

aa. Die angegriffenen Verbote dienen dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems (vgl. 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG). Der Verordnungsgeber darf davon ausgehen, dass die SARS-CoV-2-Pandemie in der gegenwärtigen Situation eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründet, die staatliches Einschreiten aus den genannten Zwecken nicht nur rechtfertigt, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung auch gebietet.

Vgl. zu dieser Schutzpflicht BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u.a. -, juris, Rn. 69, m. w. N.

Nach der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts, der nach dem in den einschlägigen Regelungen im Infektionsschutzgesetz zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers im Bereich des Infektionsschutzes besonderes Gewicht zukommt,

vgl. dazu Bay. VerfGH, Entscheidung vom 26. März 2020 – Vf. 6-VII-20 -, juris, Rn. 16,

ist die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland durch Sars-CoV-2 inzwischen sehr hoch. Die Infektionszahlen in Deutschland konnten nach einem sehr starken Anstieg im Oktober durch den sog. Teil-Lockdown ab dem 1. November 2020 zwar zunächst in ein Plateau überführt werden. Die Anzahl neuer Fälle blieb aber auf sehr hohem Niveau und steigt seit Anfang Dezember wieder stärker an. Ebenfalls stark angestiegen ist die Zahl der auf den Intensivstationen behandelten Personen und der Todesfälle. Das Infektionsgeschehen ist zurzeit diffus, in vielen Fällen kann das Infektionsumfeld nicht ermittelt werden.

Vgl. Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19 vom 11. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html.

Die Krankenhäuser warnen vor diesem Hintergrund vor Kapazitätsengpässen bzw. -überschreitungen. Erste Engpässe in einigen Kliniken wurden bereits Anfang November gemeldet.

Vgl. https://www.ruhr24.de/nrw/intensivbetten-nrw-auslastung-aktuell-corona-krankenhaus-rki-divi-patienten-covid-19-klinikum-90090859.html (Stand 25. November 2020).

Gegenwärtig befinden sich 40 % mehr Covid-19-Intensivpatienten auf den Stationen als noch während der ersten Welle. In einzelnen Ländern wie z. B. Sachsen ist die Zahl der Intensivpatienten sogar fünfmal so hoch wie im April. Kliniken dort geraten an ihre Kapazitätsgrenzen oder haben diese bereits überschritten. Insbesondere der Personal- bzw. Fachkräftemangel bereitet erhebliche Sorgen.

Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/119092/Mehr-COVID-19-Patienten-auf-Intensivstation (Stand 7. Dezember 2020); vgl. auch zur Auslastung der Intensivkapazitäten: Tagesreport DIVI Intensivregister, abrufbar unter https://diviexchange.blob.core.windows.net/%24web/DIVI_Intensivregister_Report.pdf.

Auch für die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser befürchtet die Krankenhausgesellschaft NRW inzwischen angesichts einer stark steigenden Auslastung mit schwer erkrankten COVID-19-Patienten eine Überlastung der Intensivstationen, wenn die Infektionszahlen nicht wieder deutlich sinken.

Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/119212/Krankenhausgesellschaft-NRW-warnt-vor-Engpass-in-Kliniken (Stand 9. Dezember 2020).

Angesichts dessen sieht der Verordnungsgeber zu Recht einen dringenden Handlungsbedarf. Dass die Infektionszahlen trotz des Teil-Lockdowns im November nicht gesunken sind, sondern sich zunächst auf hohem Niveau stabilisiert haben und anschließend seit Anfang Dezember wieder deutlich angestiegen sind, belegt, dass die Maßnahmen zwar grundsätzlich Wirkung gezeigt haben, aber für sich genommen nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen nachhaltig abzubremsen. Ziel der Maßnahmen in dieser Situation ist es, durch eine allgemeine Reduzierung von Kontakten und ein erhebliches „Herunterfahren“ des öffentlichen Lebens das Infektionsgeschehen flächendeckend bis auf eine wieder nachverfolgbare Größe zu senken, um eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Vgl. Begründung zur Coronaschutzverordnung vom 30. November, in der ab 16. Dezember 2020 gültigen Fassung, abrufbar unter https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/201217_begruendung_coronaschvo_ab_16.12.2020.pdf; Mitschrift der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bundesminister Scholz, Bürgermeister Müller und Ministerpräsident Söder nach der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschef der Länder, abrufbar unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-bundesminister-scholz-buergermeister-mueller-und-ministerpraesident-soeder-nach-der-besprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-1827474.

Zur Erreichung dieses Ziels dürften die angefochtenen Maßnahmen geeignet (aaa), erforderlich (bbb) und angemessen sein (ccc). Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetz- bzw. im Rahmen der Ermächtigung dem Verordnungsgeber für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 – 1 BvR 1789/10 -, juris, Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6.15 -, juris, Rn. 49.

Diesen hat der Verordnungsgeber nicht erkennbar überschritten.

aaa. Dass Maßnahmen zur Reduzierung von Kontakten grundsätzlich geeignet sind, Infektionsrisiken zu reduzieren, ist angesichts des Hauptübertragungswegs, der respiratorischen Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen oder Niesen entstehen, nicht zweifelhaft.

Das Verbot von Übernachtungsangeboten zu privaten Zwecken verringert nicht nur infektionsbegünstigende Kontakte in den Unterkünften, sondern setzt der Mobilität Reisender Grenzen. Es sorgt dafür, dass die Zahl touristischer Aufenthalte und die damit im Zusammenhang stehenden möglichen infektionsrelevanten Sozialkontakte (Reiseweg, Aufenthalt am Ort und im Beherbergungsbetrieb, touristische Nutzung öffentlicher Angebote) verringert werden.

Vgl. OVG LSA, Beschluss vom 4. November 2020 – 3 R 218/20 -, juris, Rn. 90.

Das Beherbergungsverbot reduziert damit in nicht unerheblicher Weise die Attraktivität nicht notwendiger touristischer und sonstiger privater Aufenthalte. Auch wenn Touristen am Reiseziel wegen anderer Coronamaßnahmen nur begrenzte Freizeitmöglichkeiten haben, dient die Einschränkung der Mobilität dennoch dem Infektionsschutz. Dies dürfte auch nicht dadurch relativiert werden, dass einzelne Reisende am Reiseziel stattdessen Unterkunft bei Familie oder Freunden nehmen. Zwar wäre dies mit infektionsbegünstigenden Kontakten verbunden. Zum einen handelte es sich aber mit gewisser Wahrscheinlichkeit um bei einer solchen Reise ohnehin stattfindende Sozialkontakte. Zum anderen dürfte dies nur einen kleinen Anteil der geplanten Reisen betreffen. Es dürfte anzunehmen sein, dass ein Großteil der für die nächste Zeit geplanten Reisen stattdessen gänzlich unterbleibt. Dies wirkt einer unkontrollierten oder unbemerkten Verschleppung des Coronavirus entgegen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 B 1658/20.NE -, juris, Rn. 37 ff.

Auch das Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen trägt zur Kontaktreduzierung bei. In gastronomischen Einrichtungen, die in den Wintermonaten schwerpunktmäßig in geschlossenen Räumlichkeiten betrieben werden, kommt eine größere Zahl wechselnder Personen für einen längeren Zeitraum nicht nur zum Essen, sondern auch zum geselligen Beisammensein zusammen. Auch unter Beachtung der bereits bestehenden Hygienekonzepte und der aktuell geltenden zulässigen Gruppengrößen lässt sich eine Weiterverbreitung des Coronavirus in solchen Einrichtungen nicht ausschließen, weil die Gäste jedenfalls während des Essens und Trinkens keine Alltagsmaske tragen können und sich eine Verbreitung von potentiell virushaltigen Tröpfchen und Aerosolen in der Luft nicht verhindern lässt.

Vgl. hierzu bereits Beschluss des Senats vom 9. November 2020 – 13 B 1656/20.NE -, juris, Rn. 35.

Dies gilt grundsätzlich entsprechend, wenn es sich um ein gastronomisches Angebot allein für Gäste eines Beherbergungsbetriebs handelt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 B 1658/20.NE -, juris, Rn. 39.

Zur Klarstellung wird aber darauf hingewiesen, dass das Verbot gastronomischer Einrichtungen sich nicht auf die Bewirtung von Personen erstreckt, die nach den geltenden Regelungen noch beherbergt werden dürfen, wie z. B. Dienstreisende. Dies ist aus § 15 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO zu schließen, wonach bei der Beherbergung von Reisenden einschließlich ihrer gastronomischen Versorgung Hygiene- und Infektionsschutzstandards nach § 4 zu beachten sind. Auch hat der Verordnungsgeber mit der Regelung in § 15 Abs. 1a CoronaSchVO für die Übernachtung von Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern auf Rastanlagen und Autohöfen, die auf eine entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO verweist, zu erkennen gegeben, dass bei berufsbedingt genutzten Übernachtungsangeboten eine gastronomische Versorgung weiterhin möglich sein soll.

Vgl. die Begründung zu § 15 Abs. 1a CoronaSchVO vom 30. November 2020, in der ab 16. Dezember 2020 gültigen Fassung, abrufbar unter:https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/201217_begruendung_coronaschvo_ab_16.12.2020.pdf

Der Antragsteller ist demnach nicht gehindert, Personen, die er beherbergen darf, auch ein Frühstück zu servieren.

bbb. Das Verbot dürfte auch erforderlich sein. Dem Verordnungsgeber wird voraussichtlich nicht vorgehalten werden können, sich nicht für ein anderes, die Berufsfreiheit des Antragstellers weniger beeinträchtigendes Regelungsmodell entschieden zu haben. Angesichts der Diffusität des derzeitigen Infektionsgeschehens ist bei einer dem Verordnungsgeber erlaubten generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Betrachtung davon auszugehen, dass ein ausreichender Schutz vor unkontrollierter Ausbreitung des Virus bei uneingeschränkter Fortsetzung des Gastronomie- und Beherbergungsbetriebs auch unter Beachtung von Hygienekonzepten nicht gewährleistet ist.

Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 16. November 2020 – Vf. 90-VII-20 -, juris, Rn. 23, 32.

Deswegen, wie auch wegen des Umstands, dass sich Infektionsketten größtenteils nicht mehr zurückverfolgen lassen,

vgl. Risikobewertung zu COVID-19 vom 11. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html,

verfängt auch der Einwand, eine Schließung sei nicht erforderlich, weil Gastronomie und Hotellerie zum Infektionsgeschehen (vermeintlich) nichts beitrügen, nicht. Im Übrigen zielt das vom Verordnungsgeber verfolgte Schutzkonzept nicht nur auf die Schließung von in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht konkret gefährlichen Betrieben, sondern (auch) auf die Reduzierung nicht zwingend erforderlicher persönlicher Kontakte durch ein „Herunterfahren“ des öffentlichen Lebens. In diese Grundentscheidung fügt sich die streitige Regelung schlüssig ein.

ccc. Die Verbote dürften jedenfalls in der gegenwärtigen Situation, in der die Inzidenz in Nordrhein-Westfalen stetig ansteigt und derzeit (Stand 20. Dezember 2020) im landesweiten Schnitt 182 beträgt,

vgl. Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 20. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Dez_2020/2020-12-20-de.pdf?__blob=publicationFile, Seite 4,

auch angemessen sein. Angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren Sinne, ist eine freiheitseinschränkende Regelung, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Hierbei ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte dient, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig. Die Interessen des Gemeinwohls müssen umso gewichtiger sein, je empfindlicher der Einzelne in seiner Freiheit beeinträchtigt wird. Zugleich wird der Gemeinschaftsschutz umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können.

St. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15 -, juris, Rn. 265, m. w. N.

Davon ausgehend sind die fraglichen Regelungen bei vorläufiger Bewertung nicht zu beanstanden, weil die Schwere der damit erneut verbundenen Grundrechtseingriffe voraussichtlich noch nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Verordnungszweck steht. Das Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen und das Beherbergungsverbot zu privaten Zwecken greifen in ganz erheblicher Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und gegebenenfalls auch das von der Eigentumsgarantie erfasste Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 Abs. 1 GG) der betroffenen Betreiber ein. Dieser Eingriff erweist sich aber gemessen an dem damit bezweckten Gesundheitsschutz der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) voraussichtlich als gerechtfertigt angesichts der gravierenden und teils irreversiblen Folgen, die ein weiterer unkontrollierter Anstieg der Zahl von Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass die betroffenen Betriebe staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen können, die die finanziellen Einbußen in gewissem Maß abfedern. Hierzu gehört die November- bzw. Dezemberhilfe, die von Anfang November bis Ende Dezember 2020 für jeden Tag, an dem ein Unternehmen von dem Corona-bedingten Lockdown direkt, indirekt oder über Dritte betroffen war, in Form einer Pauschale i. H. v. bis zu 75 % des entsprechenden Vorjahresumsatzes geleistet wird.

Vgl. https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/FAQ/ausserordentliche-wirtschaftshilfe.html.

Außerdem kann Überbrückungshilfe II in Anspruch genommen werden. Diese unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen sowie Solo-Selbstständige und Freiberufler, die von den Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung besonders stark betroffen sind, mit nicht-rückzahlbaren Zuschüssen zu den betrieblichen Fixkosten. Die Überbrückungshilfe II wird durch die Überbrückungshilfe III bis Juni 2021 verlängert.

Vgl. https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/FAQ/FAQs/faq-liste-02.html.

Von Seiten des Landes Nordrhein-Westfalen wurde und wird das Bundesprogramm durch die NRW Überbrückungshilfe Plus ergänzt (1. Phase in den Fördermonaten Juni bis August 2020, 2. Phase von September bis Dezember 2020). Diese stellt zusätzliche Hilfen für Solo-Selbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit höchstens 50 Mitarbeitern in Nordrhein-Westfalen bereit. Berechtigte erhalten danach eine einmalige Zahlung in Höhe von 1.000 Euro pro Monat für maximal vier Monate.

Vgl. Übersicht des Wirtschaftsministeriums über Überbrückungshilfe (2. Phase), https://www.wirtschaft.nrw/ueberbrueckungshilfe2.

bb. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dürfte ebenfalls nicht vorliegen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 -, juris, Rn. 40.

Er verwehrt dem Normgeber nicht jegliche Differenzierungen. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 64.

Sachgründe können sich im vorliegenden Regelungszusammenhang aus dem infektionsrechtlichen Gefahrengrad der Tätigkeit, aber voraussichtlich auch aus ihrer Relevanz für das öffentliche Leben ergeben.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. Mai 2020 – 13 MN 156/20 -, juris, Rn. 36.

In Anwendung dieses Maßstabs drängt sich ein Gleichheitsverstoß des Verordnungsgebers nicht auf. Dieser darf im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der in Betracht kommenden Maßnahmen in seine Entscheidung einfließen lassen und muss nicht sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten – auch wenn diese Infektionsrisiken bergen – in gleicher Weise beschränken bzw. untersagen wie Beherbergungs- und Gastronomieangebote. Er ist auch nicht gehalten, Übernachtungsangebote zu privaten Zwecken genauso zu behandeln wie andere Übernachtungsangebote. Denn auch diese Differenzierung verfolgt den Zweck, Mobilität und Kontakte im Freizeitbereich durch entsprechende Regelungen zu reduzieren, das Wirtschaftsleben aber soweit wie möglich aufrechtzuerhalten und in diesem Zusammenhang auch Dienstreisen zu ermöglichen. Die Bewertung, wirtschaftlichen Aktivitäten in dieser Weise Vorzug gegenüber Freizeitaktivitäten zu geben, ist nicht zu beanstanden. Auch dass der Antragsteller, der seinen Gästen lediglich Frühstück anbietet, nicht anders behandelt wird als Gastronomiebetriebe mit einem umfassenderen Angebot, begegnet keinen Bedenken. Denn auch das Einnehmen eines Frühstücks in einem Frühstücksraum, in dem mehrere Personen aufeinandertreffen, birgt Infektionsgefahren.

B. Soweit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach den vorstehenden Erwägungen noch nicht in Gänze beurteilt werden können und insoweit eine ergänzende Folgenabwägung vorzunehmen ist, geht diese zu Lasten des Antragstellers aus. Die von ihm dargelegten wirtschaftlichen Einbußen müssen hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten. Angesichts der steigenden Zahl der Neuinfektionen und der vor diesem Hintergrund konkret bevorstehenden Überlastung der (intensiv)medizinischen Behandlungskapazitäten fallen die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm deutlich schwerer ins Gewicht als die durch die vorbeschriebenen Hilfsprogramme abgemilderten wirtschaftlichen Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs.

Vgl. zu dieser Abwägung auch VerfGH NRW, Beschluss vom 23. November 2020 – VerfGH 179/20.VB-1 -, juris, Rn. 41 ff.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Antrag zielt inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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