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Beweisgebühr: Anhörung des Klägers zu Beweiszwecken

Kammergericht

Az: 27 W 340/02

Beschluss vom 21.10.2002


In Sachen hat der 27. Zivilsenat des Kammergerichts am 21. Oktober 2002 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten wird bei einem Beschwerdewert von 394,41 € auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Der Kläger hat den Beklagten als seinen Kaskoversicherer auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes seines ihm in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 2000 gestohlenen Motorrades in Anspruch genommen. Der Beklagte verweigerte die Zahlung vor allem deshalb, weil ein Diebstahl in Zweifel gezogen und im Übrigen von einer Obliegenheitsverletzung des Klägers ausgegangen wurde.

Das Landgericht hat das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Im Termin am 27. März 2002 ist der Kläger persönlich gehört und seine Erklärung protokolliert worden. In dem auf diesen Termin ergangenen Urteil heißt es u. a., dass der Kläger das äußere Bild des Diebstahls durch seine persönliche Anhörung „bewiesen“ habe und auch keine Anhaltspunkte „ersichtlich (seien), die gegen eine Glaubwürdigkeit des Klägers sprechen“. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf Blatt 75 bis 79 der Akten Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 26. April 2002 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung von drei Gebühren, u. a. auch der Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO, beantragt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Festsetzung einer Beweisgebühr widersprochen hat, hat die bearbeitende Rechtspflegerin die Richterin um Aufklärung darüber gebeten, ob die Anhörung des Klägers zum Beweismittel erhoben worden sei und ob das im Urteil benannte Privatgutachten als Beweis verwertet worden sei. Dies wurde bejaht. Gegen den daraufhin am 30. Juli 2002 erlassenen Beschluss, wegen dessen Inhalt auf Blatt 89 der Akten Bezug genommen wird, und der dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 8. August 2002 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit am 16. August 2002 bei Gericht als Telefax eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen des Beschlusses vom 30. Juli 2002 nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Ziffer 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO).

Aber die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Rechtspflegerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Anhörung des Klägers zu Beweiszwecken erfolgt ist, und dass dies – jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung – eine Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO auslöst.

Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob eine Parteianhörung nach § 141 ZPO eine Beweisgebühr auslösen kann. Das Gesetz sieht dies ausdrücklich nur für § 613 ZPO vor. Anerkannt ist eine Beweisgebühr in der Rechtsprechung ferner bei der Anhörung einer Partei im Arzthaftungsprozess. Dies findet seine Begründung unter Verweisung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1990, 2928; NJW 1994, 2414) vor allem darin, dass die persönliche Anhörung der Partei nach § 141 ZPO im Arzthaftungsprozess auch dann erforderlich ist, wenn der schriftliche Sachvortrag unstreitig und vollständig ist, da die Anhörung der Überzeugungsbildung insbesondere zu der Frage dient, ob der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung seine Zustimmung zum ärztlichen Eingriff gegeben hätte (vgl.: OLG Nürnberg NJW-RR 1997, 127).

Im Übrigen verneint die wohl überwiegende Meinung den Anfall einer Beweisgebühr, selbst wenn das Gericht die Sachdarstellung der Partei im Urteil verwertet, weil die bloße Anhörung der Partei keine Beweisaufnahme darstelle, die förmlichen Voraussetzungen der Parteivernehmung nicht vorlägen und unter Verweisung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH MDR 1967, 834) eine bloß informatorische Anhörung nicht Beweiszwecken, sondern nur der Klarstellung und Ergänzung des Sachvortrages diene (OLG Stuttgart MDR 1981, 945; OLG Hamm MDR 1987, 417, 418; vgl. auch: Mümmler, Anmerkung zu OLG Karlsruhe JurBüro 1994, 350 m. w. N.).

Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass es für den Anfall der Beweisgebühr ausreiche, wenn sich klare Anhaltspunkte dafür ergäben, dass das Gericht seine Überzeugung nicht nur unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung gemäß § 286 ZPO, sondern gerade aus dem Inhalt der Angaben der Partei wie bei einer Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO gebildet habe, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass Sinn und Zweck der Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO sei, dem Mehraufwand des Rechtsanwalts an Zeit, Tätigkeit und Verantwortung Rechnung zu tragen (OLG Hamm MDR 2001, 414; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 133).

Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen:

Auch wenn eine Parteianhörung in der Regel eine Beweisgebühr nicht auslöst, weil diese vor allem der Klärung und Ergänzung offener Punkte im Parteivortrag dient, und diese Klärung auch durch eine Auflage nach § 273 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO herbeigeführt werden könnte, was eine Beweisgebühr in keinem Fall rechtfertigen würde, kann im Einzelfall eine Parteianhörung als Beweisaufnahme zu werten sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch die Anhörung als Partei ein gegensätzlicher Parteivortrag zur Überzeugung des Gerichts geklärt worden ist und das erkennende Gericht das Ergebnis der Parteianhörung wie einen erhobenen Beweis verwertet, wobei auch der Sinn und Zweck der Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO zu berücksichtigen ist, dass nämlich der Rechtsanwalt den Mehraufwand, der ihm durch eine Beweisaufnahme erwächst, vergütet erhalten soll (vgl.: OLG Hamm MDR 2001, Rdnr. 414; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002, 133). Aus diesem Grund verbietet sich auch eine reinförmliche Betrachtungsweise, die darauf abstellt, ob ein Beweisbeschluss erlassen worden ist oder nicht. Der Zweck der Beweisgebühr gebietet es vielmehr, dass der Rechtsanwalt die Beweisgebühr immer dann erhält, wenn inhaltlich eine Beweisaufnahme vorliegt, die durch das Gericht auch verwertet wurde (OLG Düsseldorf, a. a. O., m. w. N.).

So liegt der Fall hier:

Auch wenn der Kläger nur zum Zwecke der Parteianhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO geladen worden war, hat im Termin am 27. März 2002 im Ergebnis eine Beweisaufnahme stattgefunden, die im auf diesen Termin ergangenen Urteil verwertet wurde. Insbesondere auch die Frage, ob das Motorrad gestohlen worden war, war zwischen den Parteien streitig, so dass die Klage ohne den Beweis dieser erheblichen Frage durch den beweispflichtigen Kläger keinen Erfolg hätte haben können. Aufgrund der Bekundungen des Klägers im Termin ist das Landgericht in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass der Diebstahl „bewiesen“ sei und hat aufgrund dieser Feststellung der Klage stattgegeben. Dies, und der Umstand, dass – wie bei der Beweiswürdigung nach einer Parteianhörung oder Vernehmung von Zeugen üblich – ausdrücklich dazu Stellung genommen wurde, ob der Kläger glaubwürdig sei, zeigt deutlich, dass die Richterin eine Beweisaufnahme durchgeführt hat und dies auch wollte. Bestätigt wird dies ferner durch die – wenn auch kurze – Stellungnahme der Richterin, die die Anfrage, ob die Anhörung des Klägers zum Beweismittel erhoben worden sei, bejaht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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