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Beweissicherungsverfahren Wohnungseigentümergemeinschaft

Oberlandesgericht Koblenz

Az: 14 W 659/07

Beschluss vom 21.09.2007

Vorinstanz: Landgericht Koblenz, Az.: 4 O 194/06


In Sachen wegen Kostenerstattung hier: Umfang des Kostenerstattungsanspruchs eines einzelnen Wohnungseigentümers nach vorausgegangenem Beweisverfahren der Eigentümergemeinschaft hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz am 21. September 2007 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Koblenz vom 28. Juni 2007 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die nach dem Vergleich des Landgerichts Koblenz vom 19. März 2007 von den Beklagten als Gesamtschuldnern an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.006,11 Euro festgesetzt.

Der weiter greifende Kostenfestsetzungsantrag des Klägers wird abgelehnt.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

3. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben zu tragen:
Der Kläger 68,24 %;
Die Beklagten als Gesamtschuldner 31,76 %.

Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils der Beschwerde werden den Beklagten auferlegt, jedoch wird die Beschwerdegebühr auf die Hälfte ermäßigt.

4. Der Beschwerdewert beträgt 1.347,96 € (1/2 der Kosten der Beweissicherung von 2.695,92 €)

G r ü n d e:

Der Kläger ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie strengte gegen die beiden Beklagten wegen Hochwasserschäden im Keller des Gebäudes (Gemeinschaftseigentum) ein selbstständiges Beweisverfahren an. Dadurch wurde die Gemeinschaft mit Gerichtskosten von insgesamt 2.695,92 € belastet.

Der allein vom Kläger angestrengte Rechtsstreit (großer Schadensersatz wegen der Hochwasserschäden) endete mit einem Vergleich, der die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufhebt. Dem Prozess vorausgegangen war ein Beschluss der Wohnungseigentümer, „die Geltendmachung von Ansprüchen den betroffenen Eigentümern zu überlassen“ (Bl. 6 GA).

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger die gesamten Kosten der Beweissicherung hälftig zur Festsetzung gegen die Beklagten angemeldet. Diesem Antrag hat der Rechtspfleger entsprochen.

Mit ihrem als Erinnerung bezeichneten Rechtsbehelf rügen die Beklagten, es fehle an der Identität der Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens und des Klageverfahrens. Kosten der Beweissicherung dürften daher nicht festgesetzt werden.

Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt die erforderliche Identität sei gegeben, weil nicht verlangt werde, dass „alle Parteien exakt identisch sind“. Der Kläger meint, der Rechtsbehelf der Beklagten könne nicht als sofortige Beschwerde behandelt werden, weil er als bloße Erinnerung bezeichnet sei.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde zulässig. Der Wille, den Kostenfestsetzungsbeschluss mit dem zulässigen Rechtsmittel anzufechten, ergibt sich zweifelsfrei aus dem mit „Erinnerung“ überschriebenen Schriftsatz der Beklagten. Die Falschbezeichnung ist unschädlich, weil auch dem Gesamtzusammenhang der weiteren Ausführungen nicht zu entnehmen ist, dass die Beklagten ausschließlich eine Entscheidung des Rechtspflegers erstrebten.

Die sofortige Beschwerde ist auch weitgehend begründet.

Im Ansatz zu Recht ist der Rechtspfleger allerdings davon ausgegangen, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens gehören und von der darin getroffenen Kostenentscheidung mit umfasst werden. Nichts anderes gilt, wenn die Parteien – wie im vorliegenden Fall – eine Kostenvereinbarung treffen.

Voraussetzung der Festsetzung der Beweissicherungskosten ist allerdings, dass die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind (vgl. BGH NZBau 2003, 276, 278). Dies ist dann der Fall, wenn im Hauptsacherechtsstreit vom Antragsteller des Beweisverfahrens ein dortiger Antragsgegner nunmehr als Beklagter hinsichtlich eines Mangels in Anspruch genommen wird, wegen dessen sich auch das Beweisverfahren bereits gegen diesen Antragsgegner gerichtet hatte.

Die erforderliche Identität ist auch dann noch gegeben, wenn Beteiligte der Beweissicherung nicht an der Hauptsache beteiligt sind, etwa weil zwischenzeitlich einer der Antragsteller oder Antragsgegner verstorben ist und der Rechtsnachfolger davon absieht, weitere gerichtliche Schritte zu unternehmen.

Nichts anderes gilt wenn von mehreren Antragstellern der erfolgreichen Beweissicherung sich lediglich einer entschließt, seine Ansprüche auf dem Klageweg weiter zu verfolgen. Die erforderliche Identität ist schließlich auch dann noch gegeben, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer seine Gewährleistungsansprüche wegen solcher Mängel verfolgt, die zuvor Gegenstand einer von der Gemeinschaft angestrengten Beweissicherung waren. Nach Auffassung des Senats kommt es nämlich nicht auf eine streng formale Sicht der Dinge an. Maßgeblich ist vielmehr, ob in der Beweissicherung und der Hauptsache dieselben Beteiligten einander gegenüberstanden. Das lässt sich nicht verneinen, wenn nach einer von der Gemeinschaft angestrengten Beweissicherung einzelne Mitglieder dieser Gemeinschaft davon absehen, etwaige Ansprüche mit einer Klage weiter zu verfolgen. Es ist nämlich anerkannt, dass die Gemeinschaft (nach Ausübung eines Wahlrechts hinsichtlich der Mängelgewährleistungsansprüche) den einzelnen Wohnungseigentümer ermächtigen kann, die Minderung entsprechend seinem Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum selbst durchzusetzen (vgl. BGH NJW 1983, 453). Ist einem derartigen Rechtsstreit eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft angestrengte Beweissicherung vorausgegangen, sind schützenswerte Rechte des Antragsgegners der Beweissicherung nicht berührt, wenn man das Beweisergebnis im Rechtsstreit des einzelnen Wohnungseigentümers verwertet. Ähnlich liegt es hier. Die Gemeinschaft hat den einzelnen Wohnungseigentümern überlassen, Ansprüche wegen der Hochwasserschäden am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen.

Nach alledem ist der Rechtspfleger zu Recht davon ausgegangen, dass die erforderliche Identität besteht.

Gleichwohl hat die Beschwerde einen Teilerfolg. Der Rechtspfleger hat nämlich nicht bedacht, dass bei einer von der Wohnungseigentümergemeinschaft angestrengten Beweissicherung davon auszugehen ist, dass jeder Wohnungseigentümer die Kosten nur anteilig entsprechend seiner Beteiligung am Gesamtobjekt getragen hat. Die Auffassung des Rechtspflegers kann im Endergebnis dazu führen, dass jeder klagende Wohnungseigentümer eine Gesamterstattung erhält, wodurch der Antragsgegner die Kosten der Beweissicherung mehrmals zahlen müsste. Zu Gunsten des Klägers sind nur solche Kosten festzusetzen, die er tatsächlich getragen hat.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger entsprechend seiner Beteiligung am Gesamtobjekt (317,60/ 1000) von den Kosten der Beweissicherung (2.695,92 €) lediglich 856,22 € gezahlt hat. Die Kostenaufhebung im Vergleich bedeutet, dass die Beklagten dem Kläger die Hälfte dieses Betrages, mithin 428,11 € erstatten müssen. Hinzu kommt die Hälfte der Gerichtskosten der Hauptsache, was im Endergebnis zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Erstattungsbetrag führt.

Da die Parteien im Beschwerdeverfahren teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, mussten die Kosten verhältnismäßig geteilt werden (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Dass die Beklagten die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils der Beschwerde zu tragen haben, folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1812 KV zum GKG. Der Senat hält wegen des Teilerfolgs des Rechtsmittels eine Halbierung der Beschwerdegebühr für sachgemäß.

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