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Beweisverfahren (selbständiges) – Beendigung durch Fristablauf und Frist

OLG Celle
Az.: 4 W 165/05
Beschluss vom 15.08.2005

Vorinstanz: Landgericht Stade – Az.: 2 OH 8/03


In dem selbstständigen Beweisverfahren hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 1. August 2005 gegen den ihm am 27. Juli 2005 zugestellten Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 6. Juni 2005 am 15. August 2005 beschlossen:

Der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade – Einzelrichter – vom 6. Juni 2005 wird aufgehoben. Dem Landgericht wird aufgegeben, über den weiteren Ergänzungsantrag des Antragstellers nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 3. Juni 2005 unter Beachtung der Gründe dieses Beschlusses erneut zu entscheiden.

Gründe
Die gemäß § 494 a Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Das Landgericht hat dem Antragsteller zu Unrecht die dem Antragsgegner entstandenen Kosten auferlegt. Die Voraussetzungen des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht erfüllt, weil die Beweiserhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO nicht beendet ist.
Das selbstständige Beweisverfahren ist im Sinne der §§ 494 a Abs. 1 ZPO, 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB entweder beendet, wenn – wie hier im Falle der Zustellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens – im engen zeitlichen Zusammenhang damit keine weiteren Anträge mehr gestellt oder Einwendungen erhoben werden oder dann, wenn eine nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO formgerecht gesetzte Frist abgelaufen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 492 Rn. 4 m. w. Nachw.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Zwar hat der Einzelrichter mit Verfügung vom 12. Januar 2005 zur Stellungnahme zum schriftlichen Gutachten des Sachverständigen B. vom 8. Januar 2005 – seine ergänzende Stellungnahme vom 17. Februar 2005 betraf ausschließlich Fragen des Antragsgegners – eine Frist zur Stellungnahme bis zum 2. Februar 2005 gesetzt (Bl. 37 R. d. A.), die mit weiterer Verfügung ohne Datum (Bl. 48 d. A.) auf Antrag des Antragstellers bis zum 16. Februar 2005 verlängert worden ist. Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller auch keine weiteren Anträge zur Ergänzung der vorliegenden Gutachten gestellt, sondern erstmals mit dem vom Landgericht als verspätet zurückgewiesenen Schriftsatz vom 3. Juni 2005. Gleichwohl konnte das Vorbringen des Antragstellers aus diesem Schriftsatz nicht, wie im angefochtenen Beschluss geschehen, gemäß § 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden. Denn die Fristsetzung zur Stellungnahme einschließlich ihrer Verlängerung war nicht ordnungsgemäß.
Da die nach den §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzte Frist bei fruchtlosem Ablauf gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. ZPO die Wirkungen des § 296 Abs. 1 ZPO hat, kann sie nämlich wirksam nur durch Zustellung gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzt werden. Außerdem muss die Fristsetzungsverfügung vom Richter mit vollem Namen unterzeichnet sein (Zöller/Greger a. a. O., § 296 Rn. 9, 9 d; OLG Schleswig in OLGReport Schleswig 2003, 470 f.).
Ob der Einzelrichter sowohl die ursprünglich die Frist setzende Verfügung vom 12. Januar 2005 als auch die Verlängerungsverfügung Bl. 48 d. A. mit vollem Namen unterschrieben oder nur paraphiert hat, lässt sich dem Akteninhalt nicht sicher entnehmen. Ein Vergleich des Schriftbildes in den genannten Verfügungen sowie auch der Unterzeichnung von Beschlüssen im Aktenstück (z. B. Bl. 59 R. d. A.) deutet daraufhin, dass zumindest die Ursprungsverfügung vom 12. Januar 2005 nur mit einer Paraphe abgezeichnet ist. Das kann jedoch auf sich beruhen, weil sowohl die Verfügung vom 12. Januar 2005 als auch die Fristverlängerungsverfügung ohne Datum (Bl. 48 d. A.) jedenfalls nicht gemäß § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO zugestellt, sondern ihr Inhalt von der Geschäftsstelle nur formlos mitgeteilt worden ist (vgl. Bl. 37 R, 48 d. A.). Eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO scheidet schon deshalb aus, weil eine Zustellung offenbar nicht beabsichtigt war (Zöller/Stöber a. a. O. § 189 Rn. 2, OLG Schleswig a. a. O.).

Da die Fristsetzung zur Stellungnahme zum Sachverständigengutachten nicht wirksam gesetzt war, konnte sie entgegen der Annahme des Einzelrichters im angefochtenen Beschluss auch keine Verspätungsfolge nach § 296 ZPO auslösen.
Der angefochtene Beschluss kann auch nicht unter allgemeinen Gesichtspunkten des Zeitablaufs aufrechterhalten werden. Sind – wie hier – unwirksame Fristen durch das Gericht gesetzt worden, kann es allein durch den Ablauf der unwirksam gesetzten Frist nicht zur Verfahrensbeendigung kommen. Das muss jedenfalls dann gelten, wenn der Antragsteller innerhalb angemessener Frist nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens Einwendungen zumindest ankündigt. Das ist durch den Schriftsatz des Antragstellers im Rahmen seines Fristverlängerungsantrags vom 1. Februar 2005 (Bl. 47 d. A.) und auch im weiteren Schriftsatz vom 2. Mai 2005 (Bl. 63 d. A.) geschehen. Die dadurch entstehende Ungewissheit kann das Gericht nur durch eine wirksame Fristsetzung oder durch Ablauf eines längeren Zeitraums (mindestens ca. 3 Monate) seit der Ankündigung beenden, an der es fehlt. Deshalb durfte auch kein Kostenbeschluss nach Maßgabe des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO ergehen, sodass dieser aufzuheben war.

Der Senat hat davon abgesehen, eine Abhilfeentscheidung der Kammer einzuholen, weil eine ordnungsgemäße Abhilfeentscheidung auch nach der Neuregelung keine Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem Beschwerdegericht ist (OLG Stuttgart OLG Report Stuttgart 2002, 363; Zöller/Gummer, a. a. O. § 572 Rdnr. 4). Der Senat hat deshalb selbst entschieden.

Eine Kostenentscheidung war entbehrlich, weil in selbstständigen Beweisverfahren grundsätzlich keine Kostenentscheidungen ergehen und einer der anerkannten Ausnahmefälle bei einer aufhebenden Beschwerdeentscheidung nicht vorliegt.

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