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Bolzplatz – Kinderlärm als Mangel einer Wohnung


Zusammenfassung:

Kommt eine Mietminderung in Betracht, wenn sich nach Anmietung einer Wohnung im Bereich einer Schule eine erhöhte Lärmbelastung entwickelt, weil neben der Schule ein Bolzplatz errichtet wird und dort regelmäßig Kinder und Jugendliche spielen? Kann der Vermieter für derartige Umweltveränderungen herangezogen werden? Muss der Mieter den durch den Bolzplatz entstehenden Lärm hinnehmen?


Bundesgerichtshof

Az: VIII ZR 197/14

Urteil vom 29.04.2015


Tenor

Auf die Revisionen der Kläger und ihrer Streithelferin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 7 – vom 26. Juni 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand

Die Beklagten sind auf Grund Mietvertrags vom 22. Februar 1993 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg gelegenen Erdgeschosswohnung der Kläger nebst Terrasse. Unmittelbar an das Wohngrundstück grenzte damals schon ein Schulgelände der Streithelferin an. Auf diesem Schulgelände errichtete die Streithelferin im Jahre 2010 in 20 m Entfernung zur Terrasse der Beklagten einen mit einem Metallzaun versehenen Bolzplatz, der nach einem dort angebrachten Hinweisschild Kindern im Alter bis zu 12 Jahren jeweils von Montags bis Freitags bis 18 Uhr zur Benutzung offenstehen soll.

Ab Sommer 2010 beanstandeten die Beklagten gegenüber den Klägern fortdauernde Lärmstörungen durch außerhalb der genannten Zeiten auf dem Bolzplatz spielende Jugendliche. Von der vereinbarten Gesamtmiete in Höhe von 586 € behielten sie schließlich im Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 durchschnittlich 117,20 € je Monat ein, was einer Mietminderung von 20 % entspricht.

Unter Verrechnung mit einem Betriebskostenguthaben der Beklagten aus dem Jahr 2011 von 359,06 € begehren die Kläger, die die Mietminderung für unberechtigt halten, von den Beklagten die Zahlung restlicher Miete in Höhe von 344,14 € nebst Zinsen; ferner beantragen sie die Feststellung, dass die Beklagten nicht berechtigt sind, wegen Lärms, der von dem angrenzenden Schulgelände ausgeht, die Miete zu mindern. Das Amtsgericht hat nach Erhebung von Zeugenbeweis eine Mietminderung um 20 % für gerechtfertigt gehalten und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger und ihre Streithelferin das Klagebegehren in vollem Umfang weiter.


Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (LG Hamburg, Urteil vom 26. Juni 2014 – 307 S 11/14, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Amtsgericht habe den geltend gemachten Anspruch auf Miete zu Recht wegen Bestehens eines Minderungsrechts der Beklagten (§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB) verneint und die Klage aus diesem Grunde abgewiesen. Denn die Beklagten hätten den von dem Schulgelände ausgehenden Lärm entgegen der Auffassung der Kläger und ihrer Streithelferin auch nicht mit Rücksicht auf § 22 Abs. 1a BImSchG und den von ihnen geltend gemachten Umstand hinnehmen müssen, dass die Errichtung des Bolzplatzes bereits bei Mietvertragsabschluss für die Beklagten vorhersehbar gewesen sei. Die Frage, ob ein „Umweltfehler“ einen mietrechtlichen Mangel darstelle, beurteile sich grundsätzlich nach der bei Vertragsschluss konkludent getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien.

Hiervon ausgehend stelle die gegenüber dem Zustand bei Vertragsschluss in der Wohnung vernehmbare erhöhte Lärmbelastung, die seit der Einrichtung des Bolzplatzes eingetreten sei, jedenfalls einen zur Minderung berechtigenden Mangel der Mietsache dar. Ohne Erfolg machten die Beklagten insoweit allerdings auch Lärmstörungen während des Schulbetriebs geltend. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei die angrenzende Schule bereits in Betrieb gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass auf dem Schulgelände keine Veränderungen stattfinden würden und die Nutzung des Schulhofgeländes in der bei Vertragsschluss bestehenden Weise unverändert fortdauern würde.

Anders zu beurteilen sei jedoch der Umstand, dass die Streithelferin das Schulgelände über den Schulbetrieb hinaus der Öffentlichkeit in der Weise zugänglich gemacht habe, dass die dortigen Spielplätze nach Schulschluss noch Kindern bis zu zwölf Jahren von Montags bis Freitags bis 18 Uhr sowie an Wochenenden zur Verfügung gestellt worden seien. Nach dem Ergebnis des erhobenen Zeugenbeweises stellten die vom Schulgelände ausgehenden Lärmstörungen außerhalb des Schulbetriebs eine erhebliche Lärmbelästigung dar. Danach stehe fest, dass auch an Wochenenden und nach 18 Uhr Spielbetrieb auf dem Schulgelände und namentlich auf dem Bolzplatz stattfinde, der etwa durch Schüsse mit dem Ball gegen den Metallzaun erhebliche Lärmbelästigungen zur Folge habe. Jedenfalls die über den Schulbetrieb hinausgehende weitergehende Nutzung ab 18 Uhr und an Wochenenden sei bei Abschluss des Mietvertrages von keiner Seite vorhersehbar gewesen. Insbesondere hätten die Parteien nicht damit rechnen können, dass eine derartig widmungswidrige weitergehende Nutzung an Wochenenden und ab 18 Uhr von der Streithelferin nicht unterbunden werde und nicht sichergestellt sei, dass über die der Öffentlichkeit gewidmeten Zeiten hinaus keine derartige Nutzung stattfinde.

Die Kläger und die Streithelferin könnten sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf § 22 Abs. 1a BImSchG berufen, selbst wenn diese Vorschrift den Zeitraum ab 18 Uhr und an Wochenenden erfassen sollte. Diese im Jahr 2011 in Kraft getretene Norm könne, da andernfalls ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 2 GG garantierte Vertragsfreiheit vorläge, nicht die bei Mietvertragsschluss im Jahr 1993 konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien verändern. Zwar entfalte diese Norm öffentlichen Rechts durchaus Rechtswirkungen in zivilrechtlichen Beziehungen, die – wie etwa § 906 BGB – nicht auf vertraglichen Vereinbarungen beruhten. Selbst wenn es dadurch den Klägern verwehrt wäre, die Streithelferin nach § 906 BGB in Anspruch zu nehmen, wirke sich dies nicht auf das Mietverhältnis der Parteien und die sich daraus ergebenden mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche aus. Denn die Voraussetzungen und der Umfang dieser Gewährleistung seien nicht davon abhängig, ob der Vermieter gegen einen Dritten, der den Mangel der Mietsache verursacht habe, einen Ausgleichs- oder Schadensersatzanspruch erlangt habe oder ihn verwirklichen könne. Dies liege vielmehr allein im Risikobereich des Vermieters. Insoweit könne auch nicht angenommen werden, dass in der Folge der Einführung des § 22 Abs. 1a BImSchG Mietverträge am gesellschaftlichen Wandel teilnehmen würden und angepasst werden könnten. Die genannte Bestimmung stelle vielmehr lediglich einen rechtlichen Umstand dar, der nicht unmittelbar und tatsächlich den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache selbst berühre und in diesen auch nicht eingreife.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei für die streitgegenständliche Zeit zwar nur eine Minderungsquote von 10 % angemessen. Gleichwohl wirke sich dies nicht entscheidungserheblich aus, da der sich danach ergebende Zahlungsrest das von den Klägern selbst in Abzug gebrachte Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung für 2011 nicht übersteige. Ebenso wenig wirke sich dies auf das Feststellungsbegehren aus. Insoweit sei darauf zu verweisen, dass es sich hinsichtlich der Minderungsquote nicht um eine starre und feste durchgängige Größe handle; sie sei vielmehr abhängig von der tatsächlichen Nutzung und den konkreten vom Schulgelände ausgehenden Störungen, die jahreszeitbedingt unterschiedlich ausfallen dürften.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Minderung der Miete nicht bejaht werden.

A

Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Zwar hat das Berufungsgericht nach den die Urteilsformel insoweit einschränkenden Gründen seiner Entscheidung die Revision ausdrücklich nur beschränkt auf die von ihm ersichtlich für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage zugelassen, ob § 22 Abs. 1a BImSchG auch auf mietrechtliche Beschaffenheitsvereinbarungen Rechtswirkungen entfalten kann, die vor Inkrafttreten dieser Norm getroffen worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2003 – XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324 unter I). Diese Beschränkung der Zulassung des Rechtsmittels ist indessen unzulässig. Denn die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte; unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteile vom 19. April 2013 – V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 17. November 2009 – XI ZR 36/09, BGHZ 183, 169 Rn. 6; vom 14. Juli 2004 – VIII ZR 367/03, WM 2005, 996 unter II 1; jeweils mwN).

Letzteres ist hier der Fall. Denn die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete Frage betrifft lediglich eine von ihm für entscheidungserheblich erachtete rechtliche Vorfrage des von den Beklagten beanspruchten Mietminderungsrechts und damit nur ein unselbständiges Element des zur Beurteilung anstehenden Streitstoffs. Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam; die Revision ist vielmehr unbeschränkt zugelassen (BGH, Urteile vom 19. April 2013 – V ZR 113/12, aaO Rn. 12; vom 17. November 2009 – XI ZR 36/09, aaO; vom 14. Juli 2004 – VIII ZR 367/03, aaO; jeweils mwN).

B

Die danach ohne Einschränkung eröffnete Revision ist auch begründet.

Die vom Berufungsgericht als in erster Linie entscheidungserheblich behandelte Frage, ob § 22 Abs. 1a BImSchG auch auf eine vor seinem Inkrafttreten bereits konkludent getroffene mietrechtliche Beschaffenheitsvereinbarung Rechtswirkungen entfalten kann, geht an den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des Falles vorbei. Abgesehen davon, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die von ihm angenommene Beschaffenheitsvereinbarung tragen, hat es verkannt, dass die Beklagten – wie sich aus den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts und einer im dortigen Rechtszug vorgenommenen Klarstellung der Beklagten ergibt – sich nicht gegen einen von ihnen als sozialadäquat hinnehmbar angesehenen Lärm spielender Kinder wenden, sondern gegen unzumutbare Lärmbelästigungen, welche insbesondere von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgrund der Benutzung des Bolzplatzes außerhalb der durch die Beschilderung der Streithelferin zugelassenen Zeiten ausgehen. Ob derartige Geräuschimmissionen einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung darstellen, kann deshalb nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht an § 22 Abs. 1a BImSchG gemessen werden. Solche Lärmbelästigungen beurteilen sich vielmehr anhand anderer rechtlicher Maßstäbe, zu deren Einhaltung das Berufungsgericht – folgerichtig – keine zureichenden Feststellungen getroffen hat.

1. Das Berufungsgericht ist unzutreffend vom Vorliegen einer konkludent getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung zur (höchst-)zulässigen Lärmbelastung des Mietgrundstücks und einem hiernach zur Minderung berechtigenden Mangel ausgegangen.

a) Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog. Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit allerdings Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (zum Ganzen: Senatsurteil vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680 Rn. 8 mwN).

b) Mit Erfolg wenden sich die Revisionen gegen die vom Berufungsgericht nicht näher begründete Annahme, die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrages im Wege einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung festgelegt, dass während der unbestimmten Dauer des Mietverhältnisses von dem benachbarten Schulgelände keine höheren Lärmeinwirkungen ausgehen dürfen als bei Vertragsbeginn.

Auch eine konkludente Vereinbarung setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Für die Annahme einer solchen Willensübereinstimmung bezüglich eines sogenannten Umweltfehlers reicht es jedoch nicht aus, dass der Mieter bei Vertragsschluss einen von außen auf die Mietsache einwirkenden Umstand – hier die von einem „normalen“ Schulbetrieb ausgehenden Geräuschimmissionen – als für ihn hinnehmbar wahrnimmt und er sich ungeachtet dieser von ihm als (noch) erträglich empfundenen Vorbelastung dafür entscheidet, die Wohnung anzumieten. Zur konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung wird dieser Umstand vielmehr nur, wenn der Vermieter aus dem Verhalten des Mieters nach dem objektiv zu bestimmenden Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) erkennen musste, dass der Mieter die Fortdauer dieses bei Vertragsschluss bestehenden Umstands über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansieht, und der Vermieter dem zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genügt für die Annahme einer diesbezüglichen Willensübereinstimmung selbst dann nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist jedenfalls, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 152/12, aaO Rn. 10; vom 23. September 2009 – VIII ZR 300/08, WuM 2009, 659 Rn. 14).

Soweit es um Lärmimmissionen geht, die von öffentlichen Straßen oder – wie hier – von einem Nachbargrundstück auf die Mietsache einwirken, ist im Übrigen der offensichtliche und beiden Parteien bekannte Umstand zu berücksichtigen, wonach der Vermieter regelmäßig keinen Einfluss darauf hat, dass die zu Mietbeginn bestehenden Verhältnisse während der gesamten Dauer des Mietvertrages unverändert fortbestehen. Der Mieter kann daher im Allgemeinen nicht erwarten, dass der Vermieter die vertragliche Haftung für den Fortbestand derartiger „Umweltbedingungen“ übernehmen will. Die Annahme einer dahingehenden konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung wird deshalb allenfalls in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen und jedenfalls konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme einer so weit gehenden und vom Vermieter nicht beherrschbaren Haftung voraussetzen.

Derartige Umstände sind entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung vom Berufungsgericht indes weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Insbesondere lassen sich auch der Mietvertragsurkunde keine Umstände entnehmen, die den sicheren Schluss auf die verbindliche Festlegung eines bestimmten Immissionsstandards über die Dauer der Mietzeit hinweg zuließen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. Oktober 2008 – XII ZR 1/07, NJW 2009, 664 Rn. 26).

2. Soweit danach konkrete Parteiabreden zur Beschaffenheit der Miet-sache fehlen, beantwortet sich die Frage, was im Einzelnen zu dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der in Rede stehenden Wohnung gehört, den der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB während der Miet-zeit zu erhalten hat, nach den gesamten Umständen des Mietverhältnisses und den daraus in – gegebenenfalls ergänzender – Auslegung abzuleitenden Standards, insbesondere nach der Mietsache und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – XII ZR 34/04, NZM 2006, 626 Rn. 13; vom 16. Mai 2007 – VIII ZR 207/04, WuM 2007, 381 Rn. 8; vom 23. September 2009 – VIII ZR 300/08, aaO Rn. 11; vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 152/12, aaO Rn. 8; jeweils mwN).

Aber auch nach den sich daraus ergebenden Maßstäben erweist sich das Berufungsurteil, das den Klägern einseitig das Risiko einer lärmintensiven Nutzungsänderung auf dem Nachbargrundstück zuweist, nicht als richtig. Es kommt vielmehr darauf an, welche Regelung die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als redliche Vertragspartner getroffen hätten, wenn ihnen bei Vertragsschluss die von ihnen nicht bedachte Entwicklung, also die künftige Errichtung eines Bolzplatzes auf dem benachbarten Schulgelände und dessen unbeschränkte Zugänglichkeit und Benutzung durch die Öffentlichkeit über den „normalen“ Schulbetrieb hinaus sowie die dadurch verursachte erhöhte Lärmbelastung, bewusst gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 2014 – VIII ZR 370/13, WM 2015, 306 Rn. 26 mwN). Das hätte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht notwendig zu einer unbedingten Einstandspflicht der Kläger für diese nachteilige Entwicklung und damit zu einem Mangel der Mietsache geführt, der die Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum ohne Weiteres zur Minderung der Miete berechtigt hätte.

a) Soweit das Berufungsgericht die Frage, ob die von ihm festgestellte erhöhte Lärmbelastung einen Mangel der Mietwohnung der Beklagten darstellt, im Wesentlichen nur an dem von ihm für erörterungswürdig erachteten § 22 Abs. 1a BImSchG und einem danach zu tolerierenden Kinderlärm gemessen hat, hat es nicht nur die hier heranzuziehenden Beurteilungsmaßstäbe unzulässig auf diesen Maßstab verengt. Es hat auch übersehen, dass nach den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts der als Mangel bewertete Lärm möglicherweise gar nicht oder nur unwesentlich von Kindern, sondern von Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen ausgeht und auf einem Bolzplatz entsteht, so dass ein Sachverhalt vorliegt, auf den § 22 Abs. 1a BImSchG nach seinem Anwendungsbereich nicht zugeschnitten ist.

aa) Der durch Art. 1 des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms vom 20. Juli 2011 (BGBl. I S. 1474) in § 22 BImSchG eingefügte Absatz 1a bestimmt, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, und dass bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden dürfen. Für den Begriff der Kinder, deren Lärm als Ausdruck eines besonderen Toleranzgebots der Gesellschaft durch die Vorschrift privilegiert werden soll, hat der Gesetzgeber die Definition in § 7 Abs. 1 SGB VIII heranziehen wollen, wonach Kind ist, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, und Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (BT-Drucks. 17/4836, S. 4, 6). Hinsichtlich der gegenständlich in die Privilegierung einbezogenen Kinder- und Ballspielplätze hat der Gesetzgeber mit Blick auf den Nutzerkreis zugleich klargestellt, dass davon zu unterscheiden sind Spiel- und Bolzplätze sowie Skateranlagen und Streetballfelder für Jugendliche, die großräumiger angelegt seien und ein anderes Lärmprofil hätten als Kinderspielplätze (BT-Drucks. 17/4836, S. 6). Dass die danach erforderlichen Privilegierungsvoraussetzungen des vom Berufungsgericht für einschlägig erachteten § 22 Abs. 1a BImSchG im vorliegenden Fall überhaupt gegeben sind, kann den getroffenen Feststellungen indes nicht entnommen werden.

bb) Wenn – was die Feststellungen des Berufungsgerichts bislang nicht tragen – von Kindern ausgehender Lärm eine wesentliche Ursache für die als Mangel beanstandeten Geräuschimmissionen gewesen sein sollte, wäre entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings § 22 Abs. 1a BImSchG zur Bewertung der Lärmeinwirkungen als Mangel der gemieteten Wohnung mit heranzuziehen. Denn diese Privilegierungsregelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers darauf angelegt, über seinen eigentlichen Anwendungsbereich und das damit vielfach verklammerte zivilrechtliche Nachbarrecht hinaus auch auf das sonstige Zivilrecht, insbesondere das Mietrecht und das Wohnungseigentumsrecht, auszustrahlen, sofern dieses jeweils für die Bewertung von Kinderlärm relevant ist (BT-Drucks. 17/4836, S. 7; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Juli 2012 – V ZR 204/11, WuM 2012, 515 Rn. 11).

Diese Ausstrahlungswirkungen, die zugleich die Verkehrsanschauung zu Art und Maß der als sozialadäquat hinzunehmenden Geräuschimmissionen prägen, würden sich insbesondere dahin äußern, dass bei einer – hier mangels abweichend vereinbarter Standards erforderlichen – Auslegung der beiderseitigen mietvertraglichen Rechte und Pflichten Kinderlärm der in § 22 Abs. 1a BImSchG beschriebenen Art jedenfalls bei Beachtung des Gebots zumutbarer gegenseitiger Rücksichtnahme (vgl. dazu OVG Koblenz, NVwZ 2012, 1347, 1349) in der Regel als den Mietgebrauch nicht oder nur unerheblich beeinträchtigend einzustufen wäre. Dass das hierin zum Ausdruck kommende Toleranzgebot erst im Jahr 2011 und damit lange nach Abschluss des Mietvertrages seinen gesetzlichen Niederschlag in § 22 Abs. 1a BImSchG gefunden hat, stünde – anders als das Berufungsgericht meint – seiner Berücksichtigungsfähigkeit nicht entgegen. Denn abgesehen davon, dass dieses Gebot ohnehin nur die Konkretisierung einer bereits bei Mietvertragsschluss zumindest angelegten Verkehrsanschauung enthält (vgl. BVerwG, NJW 1992, 1779, 1780), könnte eine Weiterentwicklung der Verkehrsanschauungen jedenfalls im Hinblick auf hinzunehmende Umwelteinwirkungen bei Fehlen konkreter vertraglicher Regelungen zum „Soll-Zustand“ auch zu gewissen Anpassungen des vertraglich geschuldeten Standards einer Gebrauchsgewährung führen (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – XII ZR 34/04, aaO; vom 10. Mai 2006 – XII ZR 23/04, NZM 2006, 582 Rn. 10).

b) Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Denn auf der Grundlage der vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Amtsgerichts, wonach die vom Schulgelände ausgehenden Lärmstörungen außerhalb des Schulbetriebs nach Schulschluss eine erhebliche Lärmbelastung darstellten, weil namentlich an Wochenenden und nach 18 Uhr ein Spielbetrieb auf dem Schulgelände und insbesondere auf dem Bolzplatz stattfinde, der etwa durch Schüsse mit dem Ball gegen den Metallzaun erhebliche Lärmbelästigungen zur Folge habe, lässt sich auch dann, wenn § 22 Abs. 1a BImSchG als heranzuziehender Beurteilungsmaßstab ausscheiden sollte, die Frage nicht abschließend beantworten, ob diese Geräusch-immissionen einen zur Minderung der Miete berechtigenden Mangel der Wohnung der Beklagten darstellen.

aa) Allerdings sind die Maßstäbe, die bei Fehlen konkreter Parteiabreden an eine Hinnahme von nachträglich entstehenden oder sich vergrößernden Geräuschimmissionen auf die Mietsache durch Dritte und die damit zusammenhängende Gebrauchserhaltungspflicht des Vermieters (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) anzulegen sind, umstritten.

(1) In Teilen der Instanzrechtsprechung (BayObLG, NJW 1987, 1950, 1951; OLG München, NJW-RR 1994, 654 f.; LG Itzehoe, Urteil vom 11. Okto-ber 2010 – 3 O 509/09, juris Rn. 24; LG Berlin, Urteil vom 13. März 2013 – 65 S 321/11, juris Rn. 20) sowie im mietrechtlichen Schrifttum (Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 536 Rn. 29a f. mwN; Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 536 Rn. 18; Lehmann-Richter, NZM 2012, 849, 852; ähnlich auch Kraemer, WuM 2000, 515, 519) wird maßgeblich darauf abgestellt, ob der Mieter bei Abschluss des Vertrages insbesondere aufgrund der Lage des Mietgrundstücks und der das Grundstück umgebenden Nachbarschaft bereits konkrete Anhaltspunkte für einen Eintritt oder eine Zunahme bestimmter Geräuschimmissionen hatte, aus diesem Grunde mit dem Entstehen einer später als Mangel gerügten Geräuschkulisse ohne Weiteres rechnen musste und dies deshalb bei Bemessung der Miethöhe (ermäßigend) berücksichtigen konnte (nur eine positive Kenntnis des Mieters für maßgeblich haltend: Blank, WuM 2012, 175, 178). Dabei wird zugleich ganz überwiegend angenommen, dass die im Nachbarschaftsrecht gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB bedeutsame Ortsüblichkeit keinen Maßstab für die mietrechtliche Gebrauchserhaltungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB bilden könne (BayObLG, aaO S. 1952; OLG München, aaO S. 654; LG Itzehoe, aaO; Lehmann-Richter, aaO S. 850; Blank, aaO S. 176; Börstinghaus, NZM 2004, 48, 49; aA LG Berlin, Urteil vom 27. September 2011 – 63 S 641/10, juris Rn. 27).

(2) Demgegenüber wird von einem anderen Teil der Instanzrechtsprechung eine abweichende Auffassung dahin vertreten, dass bei Fehlen konkreter Beschaffenheitsabreden nach der Verkehrsanschauung nicht schon jede nachteilige Veränderung des Wohnumfelds und der Geräuschsituation als Mangel der Mietsache angesehen werden könne. Vielmehr müsse ein Mieter grundsätzlich in Rechnung stellen, dass es im weiteren oder näheren Umfeld seiner Wohnung zu Veränderungen kommen könne, die sich auf die Mietsache nachteilig auswirken könnten. Es sei deshalb zu fragen, ob der Mieter bestimmte Eigenschaften seines Wohnumfeldes als unveränderlich habe voraussetzen dürfen oder ob er mit bestimmten nachteiligen Änderungen etwa wegen bestehender Gemengelagen grundsätzlich habe rechnen müssen (KG, NZM 2003, 718; LG Berlin, Urteil vom 27. September 2011 – 63 S 641/10, aaO Rn. 25 f.; LG Heidelberg, NJOZ 2010, 2557 f.; LG Hamburg, WuM 1998, 19).

bb) Der Senat hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung genommen. Er hat allerdings in einer Fallgestaltung, in der es darum ging, ob in der durch die zeitweilige straßenbaubedingte Umleitung des Verkehrs verursachten erhöhten Lärmbelastung ein zur Mietminderung berechtigender Mangel zu sehen ist, ausgesprochen, dass bei einer vermieteten Wohnung, die sich in einer bestimmten Innenstadtlage und damit in einer Lage befunden hat, bei der jederzeit mit Straßenbauarbeiten größeren Umfangs und längerer Dauer zu rechnen ist, die Mieter die mit den Arbeiten verbundene (erhöhte) Lärmbelastung redlicherweise hinzunehmen haben. Eine solche vorübergehende erhöhte Lärmbelastung stellt deshalb unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich innerhalb der in solchen Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel dar (Senatsurteil vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 152/12, aaO Rn. 12).

In einem weiteren Fall hat der Senat angenommen, dass die in einem Lichthof von den Zu- und Abluftleitungen ausgehenden Geräuschimmissionen auch bei ihrer nachträglichen Zunahme dann nicht zu einem Mangel der Mietsache führen, wenn bei Fehlen einer Abrede der Mietvertragsparteien zum Maß einer Immissionsbelastung der zum Lichthof hin gelegenen Räumlichkeiten die hierfür maßgeblichen technischen Normen eingehalten sind. Denn ein Mieter kann bei Fehlen gegenteiliger Abreden nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Vermieter Veränderungen, die durch die Nutzungsbedürfnisse anderer Mieter erforderlich werden, unterlässt, wenn dadurch die Geräuschimmissionen zwar steigen, die Belastung aber auch nach der Veränderung noch den technischen Normen genügt, deren Einhaltung vom Vermieter geschuldet ist. Weist das Gebäude im Zeitpunkt der Begründung des Mietverhältnisses tatsächlich einen Immissionsstandard auf, der besser ist als der, den der Mieter nach den maßgeblichen technischen Normen vom Vermieter verlangen kann, kann er gleichwohl im Allgemeinen nicht davon ausgehen, dass der Vermieter ihm gegenüber dafür einstehen will, dass dieser Zustand während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses erhalten bleibt (Senatsurteil vom 23. September 2009 – VIII ZR 300/08, aaO Rn. 15, 17).

cc) Der Senat führt diese Rechtsprechung nunmehr dahin fort, dass nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen durch Dritte jedenfalls dann grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung führenden Mangel der Mietwohnung begründen, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss.

(1) Die nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Mietvertrag entstehende Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, gestaltet § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum einen dahin aus, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat (Überlassungspflicht). Zum anderen trifft den Vermieter danach auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht beinhaltet, eine nach Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen (BGH, Urteile vom 19. November 2014 – VIII ZR 191/13, NJW 2015, 699 Rn. 25 mwN, vom 3. April 2003 – IX ZR 163/02, NZM 2003, 472 unter II 2).

(2) Das dem Vermieter durch diese Regelungen auferlegte Besitzverschaffungsrisiko (vgl. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB) hat jedoch nicht notwendig zur Folge, dass die Überlassungspflicht und die Erhaltungspflicht in jeder Hinsicht deckungsgleich sind. Während die Überlassungspflicht an einen gegenwärtigen Zustand der Mietsache anknüpft, über den der Vermieter sich ohne Weiteres vergewissern und dessen Beherrschung ihm deshalb auch ohne Weiteres zugemutet werden kann, bedarf es zur Erhaltungspflicht und der Beherrschbarkeit der dabei jedenfalls durch äußere Einflüsse auf die Mietsache einwirkenden Risiken eines prognostischen Blicks in die Zukunft, deren Entwicklung nicht in jeder Hinsicht überschaubar ist.

Dementsprechend bedarf es für den Umfang der Erhaltungspflicht einer differenzierteren Betrachtung. Denn auch für die Beurteilung eines übernommenen Beschaffungsrisikos ist es anerkannt, dass dieses sich bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte nicht darauf erstreckt, schlechthin für jedes Unvermögen zur Erfüllung der übernommenen Pflichten einstehen zu wollen, sondern nur auf die Fähigkeit zur Überwindung der typischen Beschaffungshindernisse bei Geschäften der fraglichen Art (BT-Drucks. 14/6040, S. 132; BeckOK-BGB/Lorenz, Stand: 1. März 2011, § 276 Rn. 42; Erman/Westermann, aaO, § 276 Rn. 19 mwN). Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos schließt deshalb insbesondere die Berücksichtigung des unvorhergesehenen Eintritts höherer Gewalt oder ähnlicher Umstände nicht aus, welche nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) das Verlangen des Gläubigers nach uneingeschränkter Leistung als unbillig und ungerechtfertigt erscheinen lassen (RGZ 99, 1, 2; vgl. auch Senatsurteile vom 12. Juli 1972 – VIII ZR 200/71, WM 1972, 1251 unter III 1 b; vom 1. Dezember 1993 – VIII ZR 259/92, WM 1994, 301 unter II 2 b). Es ist in diesen Fällen vielmehr bereits durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln, wie weit eine im Vertrag übernommene Beschaffungspflicht nach diesen Maßstäben reicht (MünchKommBGB/Grundmann, 6. Aufl., § 276 Rn. 179 mwN).

(3) Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der hier vorzunehmenden – ergänzenden – Auslegung des Mietvertrages der Parteien zur Beantwortung der Frage zu berücksichtigen, was im Einzelnen zu dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der in Rede stehenden Mietwohnung gehört, den die Kläger insbesondere nach deren Lage und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB während der Mietzeit in Bezug auf Geräuschimmissionen zu erhalten haben. Dabei ist namentlich zu fragen, ob die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluss die spätere Entwicklung der Verhältnisse auf dem benachbarten Schulgrundstück in Betracht gezogen hätten, diese als den geschuldeten Mietgebrauch nunmehr prägend hingenommen hätten, oder ob die Parteien die Kläger als verpflichtet angesehen hätten, den Mietgebrauch jedenfalls im Wesentlichen nach dem bei Vertragsschluss bestehenden Immissionsstandard aufrechtzuerhalten.

Insoweit ergibt eine Auslegung des Mietvertrags der Parteien, die der Senat selbst vornehmen kann, da das Berufungsgericht sie unterlassen hat und weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 2005 – VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004 unter II 4), dass Letzteres zu verneinen ist.

(a) Hätten die Parteien bei Vertragsschluss die eingetretene Entwicklung mit den daraus resultierenden erhöhten Geräuschimmissionen bedacht, hätte sich ihnen die Frage aufdrängen müssen, ob und mit welchem Ergebnis die Kläger überhaupt in der Lage sein würden, dem erhöhten Immissionsanfall zu begegnen. Zwar trifft einen Vermieter – und zwar unabhängig von etwaigen eigenen Abwehrmöglichkeiten des Mieters – im Rahmen seiner Verpflichtung zur Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache grundsätzlich auch die Pflicht, von Dritten ausgehende Störungen vom Mieter fernzuhalten und zu diesem Zweck gegen den Störer jedenfalls im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vorzugehen (vgl. Senatsurteile vom 23. Februar 1966 – VIII ZR 63/64, WM 1966, 763 unter II 1; vom 10. Dezember 1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 191). Hierbei wären aber zugleich die Gegebenheiten des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses und die in § 906 BGB konkretisierten Duldungspflichten sowie die daraus abgeleiteten Abwehr- und Ausgleichsmöglichkeiten zu bedenken gewesen, die auch bei Immissionen einer- wie hier – hoheitlich betriebenen Anlage den Maßstab bilden (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, BImSchG-Rspr. § 22 Nr. 187; VGH Mannheim, BImSchG-Rspr. § 22 Nr. 216; jeweils mwN).

Dass die Parteien vor diesem Hintergrund davon ausgegangen wären, die Kläger hätten den ursprünglich bestehenden Immissionsstandard ungeachtet etwa nach § 906 BGB bestehender Duldungspflichten unverändert gewährleisten sollen, kann redlicherweise nicht angenommen werden. Denn damit hätten die Beklagten ihnen eine Erhaltungspflicht abverlangt, deren Erfüllung gemäß § 275 Abs. 1, 2 BGB tatsächlich oder jedenfalls wirtschaftlich unmöglich gewesen wäre. Dass sich die Kläger hierauf eingelassen hätten oder billigerweise hätten einlassen müssen, liegt fern. Vielmehr hätten sich die Parteien nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) darauf verständigt, die Störung durch Geräuschimmissionen Dritter nur dann als Mangel der Mietwohnung anzusehen, wenn die Kläger selbst diese Immissionen gemäß § 906 BGB nicht oder jedenfalls nicht entschädigungslos dulden müssten. Im Falle einer Duldungspflicht gegen Entschädigung wäre diese Verständigung dahin gegangen, dass sich ein dann gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bestehender Ausgleichsanspruch in einer adäquaten Minderung der vereinbarten Miete hätte niederschlagen müssen.

(b) Entgegen einer verbreitet vertretenen Auffassung (BayObLG, aaO S. 1951 f.; OLG München, aaO; LG Itzehoe, aaO; Lehmann-Richter, aaO; Blank, aaO; Börstinghaus, aaO), die allerdings die vorstehend dargestellte Risikoverteilung außer Acht lässt, spricht gegen das dargestellte Auslegungsergebnis auch nicht, dass § 906 BGB im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander keine Anwendung findet (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2003 – V ZR 180/03, BGHZ 157, 188, 192 f.). Denn das schließt eine Beachtung der nachbarrechtlichen Ausstrahlungswirkungen dieser Norm zur näheren Bestimmung der mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien nicht aus. Vielmehr nimmt der einem Mieter zukommende Mietgebrauch bei Fehlen entgegenstehender Abreden an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks und der aus der Nachbarschaft entstammenden Einwirkungen einschließlich der damit verbundenen Veränderungsrisiken jedenfalls in einem Umfang teil, den der an § 906 BGB gebundene Vermieter angesichts des ihm danach billigerweise zuzumutenden Gebrauchsüberlassungsrisikos nicht beeinflussen kann.

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Das Berufungsgericht wird dabei insbesondere zu prüfen haben, ob es sich bei dem Bolzplatz nach seiner Größe und Gestaltung überhaupt um einen Kinder- oder Ballspielplatz im Sinne des § 22 Abs. 1a BImSchG handelt, ob und in welchem Ausmaß die von ihm ausgehenden Geräuschimmissionen von Kindern oder von anderen Personen verursacht werden und nach welchen (Lärmschutz-)Standards sich danach eine Wesentlichkeit der behaupteten Immissionen im Einzelnen bestimmt. Ferner wird es – gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien – zu prüfen haben, ob die Kläger nach den immissionsschutz- und bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten oder etwaigen sonstigen Emissionsumständen die Geräuschimmissionen zu dulden haben und ob ihnen bejahendenfalls zumindest ein Ausgleichsanspruch – etwa gegen die Streithelferin – zusteht. Denn danach beurteilt sich, ob ein Mangel vorliegt, der zur Minderung berechtigt.


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