Bundesarbeitsgericht
Az: 10 AZR 97/07
Urteil vom 12.12.2007
Leitsätze:
1. Hat der Arbeitnehmer auf Grund einer Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien für jedes Kalenderjahr gemeinsam festzulegenden Ziele erreicht, steht ihm wegen entgangener Bonuszahlung Schadensersatz zu, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde.
2. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bildet die Grundlage für die Schadensermittlung.
3. Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, ist dieses Mitverschulden angemessen zu berücksichtigen.
In Sachen hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 12. Dezember 2007 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Dezember 2006 – 15 Sa 1135/06 – aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 11.420,00 Euro brutto zu zahlen.
2. Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revision noch über die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger für die Monate Januar bis März 2006 einen anteiligen Bonus zu zahlen.
Die Beklagte entwickelt für die Gastronomie Software für Kassensysteme und verkauft sie zusammen mit den entsprechenden Kassen an Gastronomen. Der Kläger war bei ihr auf Grund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 19. April 2005 ab dem 1. Mai 2005 gegen eine monatliche Bruttovergütung von 6.250,00 Euro als Leiter „Market Development“ beschäftigt. Zusätzlich zum Festgehalt war eine erfolgsabhängige Vergütung (Bonus) von jährlich 50.000,00 Euro brutto bei 100 %iger Erreichung der für das Kalenderjahr festgelegten Ziele vereinbart. In der vom Kläger geleiteten Abteilung Vertrieb und Marketing waren außer ihm noch zwei weitere Arbeitnehmer tätig. Beim Verkauf der Kassen war der Kläger Vermittlungsvertreter der Beklagten. Zum selbständigen Abschluss von Geschäften war er grundsätzlich nicht berechtigt. In § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags hat sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger eine andere oder zusätzliche Tätigkeit zu übertragen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags war die Beklagte berechtigt, den Kläger unter Fortzahlung der Bezüge mit Ausspruch einer Kündigung unter Anrechnung restlicher Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freizustellen. In § 9 des Arbeitsvertrags heißt es zur Bonuszahlung:
„§ 9
Provision
(1) Der Arbeitnehmer erhält für jedes Geschäftsjahr einmal pro Jahr eine erfolgsabhängige Vergütung (Bonus). Diese ist fällig bis zum 31.03. des Folgejahres. Die Prämie wird anhand von für das Kalenderjahr festzulegenden Zielen ausgezahlt und soll bei einer 100% Erreichung der Ziele EUR 50.000 brutto betragen. Im ersten Jahr wird der Bonus entsprechend der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmer pro rata temporis geringer ausfallen. Eine Unter- oder Übererfüllung des definierten Zieles wird mit der gleichen Quote auf die Zielprovision aufgeschlagen oder von ihr abgeschlagen.
(2) Die Ziele für das erste Kalenderjahr werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter bis zum Ende der Probezeit festgelegt.
(3) Der Mitarbeiter erhält von diesem Bonus monatlich 2.050 Euro brutto als Abschlag mit der Lohnabrechnung ausgezahlt; diese Vorauszahlung wird auf den Bonus angerechnet und die Auszahlung im Folgejahr verringert sich entsprechend.
(4) Endet das Arbeitsverhältnis in der Probezeit, hat der Mitarbeiter keinen Anspruch auf den variablen Gehaltsanteil. Bei Beendigung dieses Vertrages wird der Bonus gemäß den vorstehenden Absätzen pro rata temporis gezahlt. Ein Anspruch auf den Bonus für Zeiträume nach Beendigung des Vertrages besteht nicht.
…“
Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Monate Mai bis August 2005 gemäß der in § 9 Abs. 3 des Arbeitsvertrags getroffenen Regelung als Bonusvorauszahlung jeweils 2.050,00 Euro brutto. Am 1. September 2005 beendeten die Parteien in einer schriftlichen Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag die Probezeit und verminderten die monatliche Vergütung des Klägers auf 5.000,00 Euro brutto. Darüber hinaus hoben sie die Abrede über die Bonusvorauszahlung auf und vereinbarten, dass die Bonuszahlung nicht mehr am 31. März, sondern erst am 30. Juni des Folgejahres fällig ist. Die in § 9 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertrags getroffenen Regelungen änderten sie nicht.
In einem Ergebnisprotokoll „Market Development“ vom 26. September 2005 sind ua. Ziele für den Vertrieb und für den Kläger für das Kalenderjahr 2005 aufgeführt. Als Teamziel ist in diesem Protokoll der Verkauf von 140 Kassen genannt. Am 31. Oktober 2005 wurden die Ziele für den Vertrieb für das Jahr 2005 neu definiert. Im Ergebnisprotokoll „Market Development“ vom 31. Oktober 2005 heißt es bezogen auf den Kläger zur Zielerarbeitung und Zielabstimmung:
„Als Ziele für den indirekten Vertrieb, G, wurden abgestimmt:
Jahresziele:
– 140 Kassen
– Durchführung eines Gastroforums in P im Dezember
– Finalisierung der Vorbereitung für ein Gastroforum in B im Januar 2006
– Organisation Kunden werben Kunden Aktion im November
– Veröffentlichung von 3 Presseartikeln (wovon einer bereits erschienen ist)
– Veröffentlichung eines Artikels im Bi Magazin
– Vereinbarung eines LOI mit Bi
– Produktion eines Starterkits Wochenziele:
– 30 Kontakte
– 15 neue Leads
– 5 Termine
– 3 Angebote
– 1,5 Abschlüsse
– 3 Kassen
Vorhanden Opportunities werden in der Regel 1 Mal pro Woche kontaktiert, min. 1 Mal alle 2 Wochen.
Regionaler Schwerpunkt: B und M“
Bis zum Ende des Jahres 2005 wurden von der Beklagten insgesamt 134 Kassen verkauft. Mit einem Schreiben vom 17. Dezember 2005 kündigte die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 31. März 2006. Ende des Jahres 2005 löste die Beklagte die Abteilung Vertrieb und Marketing auf und überließ ab Januar 2006 selbständigen Handelsvertretern den Verkauf der Kassen. Für die Monate Januar bis März 2006 trafen die Parteien keine Zielvereinbarung. Die Beklagte stellte den Kläger ab dem 8. März 2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, für die Monate Mai bis Dezember 2005 stünden ihm 8/12 der Jahresbonuszahlung von 50.000,00 Euro brutto und somit 33.333,33 Euro brutto zu. Für die Monate Januar bis März 2006 habe er Anspruch auf einen anteiligen Bonus iHv. 12.500,00 Euro brutto. Er habe die für das Jahr 2005 vereinbarten Ziele zu 100 % erreicht. Im Januar 2006 habe er den Geschäftsführer der Beklagten wiederholt aufgefordert, Ziele zu nennen und mit ihm eine Zielvereinbarung abzuschließen. Dem sei der Geschäftsführer der Beklagten jedoch nicht nachgekommen. Im Übrigen habe es der Beklagten oblegen, die Initiative bezüglich des Abschlusses einer Zielvereinbarung für das Jahr 2006 zu ergreifen. Die Aufgaben, die ihm die Beklagte nach dem Wegfall seines Aufgabenbereichs als Leiter der Abteilung Vertrieb und Marketing übertragen habe, habe er zu 100 % erfüllt. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte als Arbeitgeberin einerseits ihrer Initiativpflicht für den Abschluss einer Zielvereinbarung nicht nachkomme und sich andererseits darauf berufe, er habe keinen Anspruch auf eine Bonuszahlung, weil er mangels einer Zielvereinbarung keine Ziele habe erreichen können.
Der Kläger hat, soweit für die von ihm beanspruchte Bonuszahlung von Bedeutung, beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Dezember 2005 Provision in Höhe von 25.133,33 Euro brutto mit Fälligkeit zum 30. Juni 2006 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. März 2006 Provision in Höhe von 12.500,00 Euro brutto mit Fälligkeit zum 30. Juni 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, nach der Neudefinition der Ziele am 31. Oktober 2005 sei der Verkauf von 140 Kassen bis Ende des Jahres 2005 ein persönliches Ziel des Klägers gewesen. Dieses Ziel habe der Kläger mit nur vier von ihm selbst verkauften Kassen nicht erreicht und deshalb insoweit keinen Anspruch auf einen Bonus. Auch für die Monate Januar bis März 2006 stehe dem Kläger ein anteiliger Bonus nicht zu. Für diesen Zeitraum sei eine Zielvereinbarung nicht getroffen worden. Eine solche könne den Parteien auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung rückwirkend aufgezwungen werden. Der Zweck jeder Zielvereinbarung, das Setzen eines Leistungsanreizes, sei nicht mehr erreichbar. Jedenfalls bei einem jungen Unternehmen wie ihrem könnten schon auf Grund ständiger personeller Veränderungen auch nicht die im Vorjahr festgelegten Ziele erneut herangezogen werden. Hinzu komme, dass die Abteilung Vertrieb und Marketing Ende des Jahres 2005 geschlossen worden sei und somit das im Jahre 2005 für die Mitarbeiter in dieser Abteilung wesentliche Ziel, so viele Kassen wie möglich zu verkaufen, weggefallen sei. Deshalb hätten die Parteien für das Jahr 2006 völlig neue Ziele festlegen müssen, die mit dem Verkauf von Kassen nichts zu tun gehabt hätten. Da der Kläger eine Bonuszahlung beanspruche, hätte es ihm oblegen, anhand von Tatsachen darzulegen, welcher Art die neuen Ziele hätten sein können und in welchem Umfang er diese erfüllt hätte. Der Arbeitsvertrag weise keiner Partei eine Initiativpflicht bezüglich des Abschlusses einer Zielvereinbarung zu. Deshalb habe es dem Kläger oblegen, die Initiative zu ergreifen und Ziele für eine Zielvereinbarung zu nennen, wenn er eine Bonuszahlung erhalten und deshalb Ziele vereinbaren wollte. Dieser Obliegenheit sei der Kläger nicht nachgekommen. Jedenfalls treffe ihn ein Mitverschulden daran, dass keine Zielvereinbarung für die Monate Januar bis März 2006 abgeschlossen worden sei. Wegen der von ihr geleisteten Bonusvorauszahlungen habe der Kläger an sie 3.295,33 Euro zurückzuzahlen.
Die Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an sie 3.295,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. April 2006 zu zahlen.
Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage der Beklagten beantragt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 14.420,05 Euro brutto stattgegeben, soweit der Kläger für die Monate Mai bis Dezember 2005 eine restliche Bonuszahlung iHv. 25.133,33 Euro brutto verlangt hat. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert, dem Kläger für die Monate Mai bis Dezember 2005 eine weitere Bonuszahlung iHv. 7.829,94 Euro brutto sowie für die Monate Januar bis März 2006 einen anteiligen Bonus iHv. 11.420,00 Euro brutto zugesprochen und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für die Beklagte zugelassen, soweit es diese zur Bonuszahlung iHv. 11.420,00 Euro brutto für die Monate Januar bis März 2006 verurteilt hat. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger für die Monate Januar bis März 2006 ein anteiliger Bonus iHv. 11.420,00 Euro brutto nicht zugesprochen werden. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, inwieweit der Kläger wegen der entgangenen anteiligen Bonuszahlung Anspruch auf Schadensersatz hat.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, einem Anspruch des Klägers auf einen Bonus für die Monate Januar bis März 2006 stehe nicht entgegen, dass die Parteien für diesen Zeitraum keine Zielvereinbarung abgeschlossen hätten. Ebenso wie für die Monate Mai bis Dezember 2005 hätten die Parteien Ziele nur gemeinsam festlegen können. In Rechtsprechung und Literatur sei umstritten, was gelte, wenn die Arbeitsvertragsparteien ihrer Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag zum Abschluss einer Zielvereinbarung nicht nachgekommen seien. Maßgebend sei, dass der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts dem Arbeitnehmer Weisungen erteilen könne, wie dieser seine Arbeitsaufgaben zu erfüllen habe. Dieses Weisungsrecht des Arbeitgebers schlage sich auch in der Zielvereinbarung nieder. Bei den Verhandlungen über eine Zielvereinbarung lege in der Regel der Arbeitgeber die Ziele fest, während sich der Arbeitnehmer darauf beschränke, die quantitativen Anforderungen auf ein realistisches Maß zu begrenzen. Mangels des Vorliegens anderer Anhaltspunkte sei deshalb davon auszugehen, dass es der Beklagten als Arbeitgeberin oblegen habe, die Initiative zu ergreifen und mit dem Kläger ein Gespräch über eine Zielvereinbarung für die Monate Januar bis März 2006 zu führen. Daher komme es nicht darauf an, ob die Behauptung des Klägers zutreffe, wonach er den Geschäftsführer der Beklagten im Januar 2006 wiederholt zum Abschluss einer Zielvereinbarung aufgefordert habe. Nach Ablauf der Zielperiode sei die Höhe der dem Arbeitnehmer zustehenden Bonuszahlung zu schätzen und bezüglich der von ihm zu erreichenden Ziele eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Hierbei sei davon auszugehen, dass die Parteien, unabhängig von den Regelungen im Detail, Ziele vereinbart hätten, die der Arbeitnehmer ähnlich wie im Vorjahr hätte erfüllen können. Eine Abweichung von dieser Vertragsergänzung komme nur in Betracht, wenn die Parteien zu ihren Gunsten Tatsachen für einen abweichenden Geschehensverlauf dargelegt und nachgewiesen hätten. Daran fehle es. Da der Kläger im Jahr 2006 nur in den ersten drei Monaten beschäftigt gewesen sei, stünde ihm maximal ein anteiliger Bonus iHv. 12.500,00 Euro brutto zu. Der Zielerreichungsgrad von 91,36 % im Jahr 2005 führe zu einem Bonusanspruch des Klägers iHv. 11.420,00 Euro brutto für die Monate Januar bis März 2006.
B. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zutreffend erkannt, dass die Zahlungsklage, soweit sie den Anspruchszeitraum Januar bis März 2006 betrifft, nicht schon deshalb abzuweisen ist, weil für diesen Zeitraum eine Zielvereinbarung fehlt. Der Arbeitgeber kann bei einer nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1, § 252 BGB verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Bonuszahlung Schadensersatz zu leisten.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Bonusregelung mit Recht als Abrede über den Abschluss von Zielvereinbarungen und nicht als Rahmenvereinbarung über von der Beklagten als Arbeitgeberin einseitig zu treffende Zielvorgaben ausgelegt (vgl. zur Abgrenzung zwischen Zielvereinbarungen und Zielvorgaben: Deich Die rechtliche Beurteilung von Zielvereinbarungen im Arbeitsverhältnis S. 56 f.; Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 2. Aufl. II Z 5 Rn. 2; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 77 Rn. 4 und 5; Plander ZTR 2002, 155, 157 f.; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 786; Hergenröder in AR-Blattei SD Nr. 1855 Rn. 10 ff.). Die Unterscheidung ist für die gerichtliche Kontrolle und die Frage von Bedeutung, wer die Initiative zur Festlegung von Zielen zu ergreifen hat.
1. Eine Zielvorgabe, mit der ein Arbeitgeber einseitig die Ziele in Ausübung seines Direktionsrechts bestimmt (MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 611 Rn. 769), unterliegt der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB. Ist vereinbart, dass die Zahlung des Bonus durch die Erreichung von Zielen innerhalb einer Zielperiode aufschiebend bedingt ist (§ 158 Abs. 1 BGB), und sind nach der vertraglichen Regelung die Ziele von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam festzulegen, unterliegt diese Vereinbarung als Entgeltregelung grundsätzlich keiner allgemeinen Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB (vgl. Annuß NZA 2007, 290; Schaub/Linck § 77 Rn. 4). Es finden die Grundsätze über die freie Entgeltvereinbarung uneingeschränkt Anwendung (Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 884; Bauer FA 2002, 295, 297). Allerdings muss die Zielvereinbarung dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) entsprechen (Däubler ZIP 2004, 2209, 2212).
2. Die Unterscheidung zwischen einer Zielvorgabe und einer Zielvereinbarung ist auch von Bedeutung, wenn entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede für eine bestimmte Periode keine Ziele festgelegt worden sind (Röder FS ARGE Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 147). Hat allein der Arbeitgeber vor Beginn einer Zielperiode Ziele aufzustellen, bedarf es anders als bei einer arbeitsvertraglichen Abrede über Zielvereinbarungen keiner Mitwirkung des Arbeitnehmers. Gibt der Arbeitgeber keine Ziele vor, verletzt der Arbeitnehmer bei einer Rahmenvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über Zielvorgaben keine eigenen Pflichten, wenn er den Arbeitgeber nicht auffordert, ihm Ziele vorzugeben. Die Initiativlast trägt allein der Arbeitgeber. Ist für die Festlegung von Zielen eine Zeit nach dem Kalender bestimmt und gibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Ziele vor, bedarf es für den Verzug des Arbeitgebers auch keiner Mahnung des Arbeitnehmers (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
3. Zwar spricht § 9 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsvertrags im Gegensatz zu der für das erste Kalenderjahr in § 9 Abs. 2 des Arbeitsvertrags getroffenen Regelung nicht ausdrücklich davon, dass die Ziele von den Parteien „gemeinsam“ festgelegt werden, sondern nur von „für das Kalenderjahr festzulegenden Zielen“. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Parteien hätten die gemeinsame Festlegung von Zielen nicht nur für das erste Kalenderjahr, sondern auch für die künftigen Jahre vereinbart, ist jedoch möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Auslegung des Landesarbeitsgerichts auch nicht mit Revisionsrügen angegriffen. Hätte es entgegen der Auslegung des Landesarbeitsgerichts nach der Bonusregelung der Beklagten oblegen, dem Kläger einseitig für jedes Kalenderjahr Ziele vorzugeben, bestünde auch kein Zweifel an der Initiativpflicht. In diesem Fall hätte der Kläger der Beklagten von vornherein nicht Ziele vorschlagen oder die Beklagte auch nur zu Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung auffordern müssen. Nur die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, für jede Zielperiode konkrete Ziele aufzustellen.
II. Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass einem Bonusanspruch des Klägers nicht entgegensteht, dass dieser nicht im gesamten Kalenderjahr 2006 beschäftigt war. In § 9 Abs. 3 Satz 2 der Ergänzungsvereinbarung haben die Parteien geregelt, dass der Bonus bei Beendigung des Vertrags „pro rata temporis“ gezahlt wird. Auf Grund dieser Abrede steht dem Kläger grundsätzlich auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahres ein anteiliger Bonus zu.
III. Hat sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag verpflichtet, dem Arbeitnehmer unter der Bedingung einen Bonus zu zahlen, dass dieser die vereinbarten Ziele erreicht, und kommt eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die vom Arbeitnehmer innerhalb einer Zielperiode zu erreichenden Ziele nicht zustande, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer ein Bonus zusteht oder dieser Anspruch auf Schadensersatz hat.
1. Weitgehend Einigkeit besteht allerdings darüber, dass allein das Fehlen einer Zielvorgabe oder Zielvereinbarung noch nicht stets dazu führt, dass der Arbeitnehmer den Bonus nicht beanspruchen kann (vgl. BSG 23. März 2006 – B 11a AL 29/05 R -NZA-RR 2007, 101; BGH 9. Mai 1994 – II ZR 128/93 – ZIP 1994, 1017; LAG Köln 1. September 2003 – 2 Sa 471/03 -; Mauer NZA 2002, 540, 547; Schmiedl BB 2004, 329, 330; aA für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht zum Abschluss der konkreten Zielvereinbarung aufgefordert hat: Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 883; Berwanger BB 2003, 1499, 1503; Deich S. 266; für den Fall, dass eine Einigung auf ein Ziel nicht möglich ist: Bauer FA 2002, 295, 296). Ansonsten hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch die Verweigerung einer Zielvereinbarung den Anspruch des Arbeitnehmers auf den Bonus zu beseitigen. Eine derartige Möglichkeit widerspräche dem Grundsatz, dass vorbehaltlos vereinbarte Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber nicht einseitig geändert oder widerrufen werden können (BSG 23. März 2006 – B 11a AL 29/05 R – aaO).
2. Die Arbeitsvertragsparteien können allerdings eine Rahmenvereinbarung über Zielvereinbarungen grundsätzlich stillschweigend aufheben und damit bewusst von der Festlegung von Zielen absehen. Dies kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn ein in Aussicht gestellter Bonus im Vergleich zur nicht erfolgsabhängigen Vergütung des Arbeitnehmers gering ist und der Arbeitnehmer während mehrerer Zielperioden die vereinbarten Ziele deutlich verfehlt hat. In einem solchen Fall kann die unterbliebene Festlegung von Zielen trotz des damit verbundenen Verzichts auf den in Aussicht gestellten Bonus auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen, wenn dieser zB befürchtet, der Arbeitgeber könnte an seinen Leistungen zweifeln oder gar das Arbeitsverhältnis auf Grund einer Minderleistung beenden wollen, wenn er vereinbarte Ziele wieder nicht erreicht (zur Zulässigkeit arbeitsrechtlicher Maßnahmen bei Nichterreichen vereinbarter Leistungsziele vgl. Plander ZTR 2002, 402, 405). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
IV. Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung soll bei einer unterbliebenen Aufstellung von Zielen die Festlegung der Ziele bei Zielvorgaben gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und bei Zielvereinbarungen in analoger Anwendung dieser Vorschrift durch Urteil erfolgen (vgl. Hessisches LAG 29. Januar 2002 – 7 Sa 836/01 – AiB 2002, 575; ArbG Düsseldorf 13. August 2003 – 10 Ca 10348/02 – DB 2004, 1103; Küttner/Griese Personalbuch 2006 Stichwort Zielvereinbarung Rn. 14; Mauer aaO; Brors RdA 2004, 273, 277; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 791; Behrens/Rinsdorf NZA 2006, 830, 835; dies. FS ARGE Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 449, 466 für den Fall unwirksamer Zielvorgaben gegenüber Vorständen). § 315 Abs. 1 BGB regelt, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist, wenn die Leistung durch einen Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Entspricht die getroffene Bestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie nach § 315 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. BGB durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. BGB, wenn die Bestimmung verzögert wird. Zur Begründung der direkten oder analogen Anwendung von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB wird vielfach auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage einer Tantieme zurückgegriffen, wenn diese entgegen der vertraglichen Abrede nicht „erarbeitet“ wurde (9. Mai 1994 – II ZR 128/93 – ZIP 1994, 1017). Dem Arbeitgeber wird bei Zielvorgaben dabei allerdings zum Teil auch dann noch das Leistungsbestimmungsrecht zugestanden, wenn die Zielperiode bereits abgelaufen und wegen der Bonuszahlung ein Rechtsstreit anhängig ist (LAG Düsseldorf 29. Oktober 2003 – 12 Sa 900/03 -; Annuß NZA 2007, 290, 295). Ob bei unterbliebenen Zielvorgaben das Gericht die Ziele gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auch nach Ablauf der Zielperiode noch zu bestimmen hat, ist hier nicht zu entscheiden. Bei unterbliebenen Zielvereinbarungen sind nach Ablauf der Zielperiode die Ziele und deren Gewichtung nicht in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzulegen.
1. Haben die Arbeitsvertragsparteien vereinbart, die Ziele und deren Gewichtung gemeinsam aufzustellen, entspricht es nicht ihrem Willen, dass die Ziele durch einen der Vertragsschließenden allein bestimmt werden. Die in § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelte richterliche Ersatzleistungsbestimmung ist nicht für eine allgemeine richterliche Vertragshilfe nutzbar zu machen. Die Vertragshilfe des § 315 BGB greift nur dort, wo die Parteien das vereinbart haben, sich also autonom der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen haben (Staudinger/Rieble BGB (2001) § 315 Rn. 46; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 792; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Dies ist bei einer Rahmenvereinbarung, die regelt, dass die Ziele und deren Gewichtung gemeinsam festgelegt werden, nicht der Fall.
2. Eine Festsetzung von Zielen nach Ablauf der Zielperiode durch Urteil wird auch dem Motivationsgedanken nicht gerecht, der für Zielvereinbarungen maßgebend ist. Zweck von Zielbonussystemen ist die Förderung der Mitarbeitermotivation. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus als zusätzliche Vergütung dient als Anreiz. Diese Funktion kann ein an das Erreichen von Zielen geknüpfter Bonus nur erfüllen, wenn der Arbeitnehmer die von ihm zu verfolgenden Ziele bereits bei Ausübung seiner Tätigkeit kennt.
3. Es kommt hinzu, dass die nachträgliche Ermittlung angemessener, fallbezogener Ziele durch die Gerichte angesichts der Vielzahl und der unterschiedlichen Gewichtung möglicher Ziele und auf Grund sich ständig ändernder Rahmenbedingungen in der Regel zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder überhaupt nicht möglich ist. Die Arbeitsvertragsparteien können Unternehmensziele und damit Ziele festlegen, die an den Erfolg des Unternehmens, zB den Gewinn oder den Umsatz, anknüpfen. Sie können bestimmen, dass für die Zielerreichung der Erfolg einer Abteilung oder eines „Teams“ maßgebend sein soll. Gegenstand einer Zielvereinbarung können aber auch persönliche Ziele sein, die individuelle Leistungen im Blick haben. Den Arbeitsvertragsparteien steht es auch frei, ob sie sogenannte „harte“ Ziele festlegen, deren Erreichung objektiv messbar ist, oder sogenannte „weiche“ Ziele, die ähnlich wie unbestimmte Rechtsbegriffe bei der Feststellung der Zielerreichung im konkreten Fall ausfüllungsfähige und ausfüllungsbedürftige Beurteilungsspielräume lassen, indem sie zB auf die Reputation des Unternehmens oder die Motivation der Mitarbeiter abstellen (zu diesen und weiteren Zieltypen vgl. Behrens/Rinsdorf FS ARGE Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 450 ff.; Röder FS ARGE Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 141 ff.). Dass eine nachträgliche, an den Besonderheiten des jeweiligen Falles ausgerichtete Ermittlung billigem Ermessen entsprechender Ziele und deren Gewichtung für eine bestimmte Zielperiode durch die Gerichte nicht möglich sein kann, wird insbesondere dann deutlich, wenn, wie im Entscheidungsfall, der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch während einer Zielperiode nicht nur andere oder zusätzliche Tätigkeiten übertragen kann, sondern den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellen darf und von diesen Befugnissen Gebrauch macht. Hätte die Beklagte den Kläger bereits unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung vom 17. Dezember 2005 oder sofort nach der Schließung der vom Kläger geleiteten Abteilung Vertrieb und Marketing Ende des Jahres 2005 und nicht erst ab dem 8. März 2006 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt, wäre die Ermittlung billigem Ermessen entsprechender Ziele und deren Gewichtung von vornherein nicht möglich. Die Bestimmung von Zielen und deren Gewichtung setzt jedenfalls die Kenntnis der vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeit voraus.
4. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 1994 (- II ZR 128/93 – ZIP 1994, 1017) folgt nichts anderes. In dieser Entscheidung ging es um eine einem Geschäftsführer zugesagte Tantieme, für deren Höhe die Gesellschaft erst noch eine Bemessungsgrundlage zu „erarbeiten“ hatte. Wenn der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass in einem solchen Fall die Höhe der Tantieme gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen ist, solange es an einer Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage fehlt, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass auch von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam festzulegende Ziele und deren Gewichtung nach Ablauf der Zielperiode nach dieser Vorschrift zu bestimmen sind, wenn die Aufstellung von Zielen unterblieben ist.
V. Andere Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur wollen wie das Landesarbeitsgericht die Ziele nachträglich im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung bestimmen (vgl. LAG Köln 23. Mai 2002 – 7 Sa 71/02 – DB 2003, 451; 1. September 2003 – 2 Sa 471/03 -; 14. März 2006 – 9 Sa 1152/05 -; LAG Hamm 24. November 2004 – 3 Sa 1325/04 – LAGReport 2005, 165; Hümmerich NJW 2006, 2294, 2298; Schmiedl BB 2004, 329, 331; Deich S. 274 für den Fall, dass keiner Partei das Leistungsbestimmungsrecht zugewiesen ist; Klein NZA 2006, 1129, 1130 für den Fall, dass die Parteien zwar über Ziele verhandelten, eine Vereinbarung jedoch nicht zustande kam). Unabhängig davon, dass eine erst nach Ablauf der Zielperiode erfolgte Bestimmung der Ziele dem Motivationsgedanken und damit dem Zweck von Zielbonussystemen nicht gerecht wird, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und dieser in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht in aller Regel eine nachträgliche Bestimmung der Ziele im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung jedoch nicht möglich.
1. Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt eine unbewusste Lücke einer vertraglichen Regelung voraus. Bei ihrer Schließung ist zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lücke bewusst gewesen wäre, wobei nicht die subjektive Vorstellung einer Vertragspartei maßgebend ist, sondern das, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (BAG 11. Oktober 2006 – 5 AZR 721/05 – AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 12. Januar 2005 – 5 AZR 364/04 – BAGE 113, 140). Bei der ergänzenden Vertragsauslegung muss die Antwort auf diese Frage innerhalb des durch den Vertrag selbst gezogenen Rahmens gesucht werden (BAG 24. Oktober 2007 – 10 AZR 825/06 -). Das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung darf nicht im Widerspruch zu dem im Vertrag ausgedrückten Parteiwillen stehen (BAG 13. November 2002 – 4 AZR 393/01 – BAGE 103, 364 mwN).
2. Kommt eine nach der arbeitsvertraglichen Rahmenregelung abzuschließende Zielvereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien bis zum Ablauf der Zielperiode nicht zustande, fehlt es an einer unbewussten, ausfüllungsbedürftigen Lücke im Arbeitsvertrag. Haben die Parteien im Arbeitsvertrag eine Rahmenvereinbarung bezüglich der Bonuszahlung getroffen und bewusst davon abgesehen, bereits im Arbeitsvertrag Ziele zu nennen, weil sie diese und deren Gewichtung für jede Zielperiode gesondert vereinbaren wollten, haben sie deutlich zwischen der allgemeinen Regelung im Arbeitsvertrag und den für jede Zielperiode gesondert abzuschließenden Zielvereinbarungen unterschieden (vgl. Mohnke Zielvereinbarungen im Arbeitsverhältnis S. 316; ähnlich Gehlhaar NZA-RR 2007, 113, 115). Legen die Arbeitsvertragsparteien entgegen der im Arbeitsvertrag getroffenen Rahmenvereinbarung keine Ziele fest, sei es aus Vergesslichkeit oder weil sie sich nicht auf Ziele verständigen können, wird dadurch der Arbeitsvertrag nicht nachträglich lückenhaft. Eine nachträgliche Bestimmung von Zielen im Rahmen des durch den Arbeitsvertrag gezogenen Rahmens ist nicht möglich, wenn die Festlegung der Ziele nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien bewusst nicht im Arbeitsvertrag erfolgt ist. Das wird auch aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts deutlich. Dieses legt seiner ergänzenden Vertragsauslegung nicht den Arbeitsvertrag oder die Ergänzungsvereinbarung der Parteien zu Grunde. Es stellt vielmehr für die für die Monate Januar bis März 2006 zu bestimmenden Ziele auf die von den Parteien für das Jahr 2005 zuletzt getroffene Zielvereinbarung ab, wenn es annimmt, bei der ergänzenden Vertragsauslegung sei davon auszugehen, dass die Parteien unabhängig von den Regelungen im Detail Ziele vereinbart hätten, die der Kläger ähnlich wie im Vorjahr hätte erfüllen können.
a) Haben die Arbeitsvertragsparteien bei der Bonusregelung bewusst zwischen der Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag und den Zielvereinbarungen für die jeweiligen Zielperioden unterschieden, ist dieser Wille zu achten. Hätten sie für alle Zielperioden dieselben Ziele vereinbaren wollen, hätte es dieser Differenzierung nicht bedurft. Haben sie Ziele und deren Gewichtung nur für eine bestimmte Zielperiode gemeinsam festgelegt, bezieht sich ihre Verständigung auch nur auf den Zeitraum dieser Periode. Eine solche für eine bestimmte Zeit abgeschlossene Zielvereinbarung enthält keine unbewusste Lücke für die Zeit nach Ablauf der Zielperiode, die durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden könnte und müsste. Halten Arbeitgeber und Arbeitnehmer es für angemessen, an den bisherigen Zielen und deren Gewichtung auch in der nachfolgenden Zielperiode festzuhalten, werden sie sich in der Regel darauf verständigen und eine entsprechende Zielvereinbarung abschließen. Besteht dagegen, wie im Entscheidungsfall, über den Inhalt einer Zielvereinbarung für eine abgelaufene Zielperiode und den Grad der Zielerreichung Streit, kann bei einer unterbliebenen Zielfestsetzung für die nachfolgende Periode regelmäßig nicht angenommen werden, dass die Parteien dieselben oder ähnliche Ziele vereinbart hätten. Es kann auch nicht aus dem Grad der Zielerreichung gefolgert werden, der Arbeitnehmer hätte in der nachfolgenden Zielperiode vereinbarte Ziele im selben Umfang erreicht.
b) Gegen die Heranziehung des letzten Zielerreichungsgrades für die Berechnung der Bonuszahlung spricht im Entscheidungsfall schon, dass der Kläger nach der Schließung der von ihm geleiteten Abteilung Vertrieb und Marketing Ende des Jahres 2005 ab dem 1. Januar 2006 bis zu seiner Freistellung mit anderen Tätigkeiten beschäftigt wurde.
aa) Auch wenn zwischen den Parteien darüber Streit besteht, wie viele von den insgesamt 134 im Jahr 2005 verkauften Kassen der Kläger selbst verkauft hat, besteht doch Einigkeit, dass es im Jahr 2005 anders als in den Monaten Januar bis März 2006 Hauptaufgabe des Klägers war, zusammen mit den zwei anderen in der Abteilung Vertrieb und Marketing beschäftigten Arbeitnehmern möglichst viele Kassen zu verkaufen. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsvertragsparteien für die Einarbeitungszeit in den ersten Monaten des Arbeitsverhältnisses häufig andere, meist weniger anspruchsvolle Ziele festlegen oder berücksichtigen, dass sich die Entscheidungen des Arbeitnehmers und die von ihm getroffenen Maßnahmen in der ersten Zielperiode oft noch nicht auswirken und sein Erfolg oder Misserfolg noch durch die Tätigkeit eines Vorgängers bestimmt ist. Denkbar ist auch, dass sich die Arbeitsvertragsparteien auf Grund veränderter äußerer Bedingungen, zB einem verschärften Wettbewerb, oder auf Grund einer veränderten innerbetrieblichen Organisation auf im Vergleich zur abgelaufenen Zielperiode weniger ehrgeizige Ziele verständigen. Da Zielvereinbarungen regelmäßig für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden, kann es schon vor Ablauf der Zielperiode dazu kommen, dass die Parteien feststellen müssen, dass die festgelegten Ziele auf Grund der Dynamik der Ziele bis zum Ende der Zielperiode nicht realisierbar sind oder ihre Realisierung keinen Sinn mehr macht (Preis/Preis II Z 5 Rn. 36; zur Erforderlichkeit einer Zielanpassung oder Zielkorrektur vgl. auch Hergenröder in AR-Blattei SD Nr. 1855 Rn. 94).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass die Parteien nach seinen eigenen Feststellungen für das Jahr 2005 unterschiedliche Ziele festgelegt hatten. Sie haben die am 26. September 2005 für den Vertrieb vereinbarten Jahresziele bereits am 31. Oktober 2005 neu definiert. Mit Erfolg rügt die Beklagte, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht für den anteiligen Bonus für die Monate Januar bis März 2006 auf den von ihm für das Kalenderjahr 2005 angenommenen Zielerreichungsgrad von 91,36 % abgestellt. Dieser ist ebenso wie die für das Jahr 2005 zuletzt getroffene Zielvereinbarung für einen anteiligen Bonus für die Monate Januar bis März 2006 ohne Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat auf Grund seiner Annahme, der Verkauf von 140 Kassen im Jahr 2005 sei ein Unternehmensziel gewesen, keine Feststellungen dazu getroffen, wie viele von den insgesamt 134 im Jahr 2005 verkauften Kassen der Kläger selbst verkauft hat. Sollte die Behauptung der Beklagten zutreffen, wonach der Kläger nur vier Kassen verkauft hat, käme es nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts letztlich für die Zielperiode Januar bis März 2006 gar nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang der Kläger im Jahr 2005 Ziele erreicht hat, sondern nur darauf, dass in diesem Jahr das Unternehmensziel „Verkauf von 140 Kassen“ mit 134 verkauften Kassen weitgehend erreicht worden ist.
VI. Entgegen der von einem anderen Teil der Rechtsprechung und der Literatur vertretenen Auffassung muss auf den in § 162 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, dass niemand aus seinem treuwidrigen Verhalten Vorteile ziehen darf, nicht zurückgegriffen werden, wenn die Parteien keine Zielvereinbarung für eine Zielperiode getroffen haben (vgl. zu diesem Rückgriff auf den Gedanken der Bedingungsvereitelung bei unterlassenen Zielvorgaben und nicht abgeschlossenen Zielvereinbarungen LAG Köln 23. Mai 2002 – 7 Sa 71/02 – DB 2003, 451; LAG Düsseldorf 28. Juli 2006 – 17 Sa 465/06 – LAGE BGB 2002 § 611 Tantieme Nr. 2; Kolmhuber ArbRB 2003, 117, 119; Röder FS ARGE Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 148; Bauer FA 2002, 295, 296; Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 883; Berwanger aaO; Hergenröder in AR-Blattei SD Nr. 1855 Rn. 48; Klein aaO; Preis/Preis II Z 5 Rn. 38; Deich S. 267).
1. Eine unmittelbare Anwendung von § 162 Abs. 1 BGB kommt von vornherein nicht in Betracht.
a) Bei einer Zielvereinbarung handelt es sich nicht um eine Bedingung im Sinne dieser Vorschrift (so auch LAG Köln 14. März 2006 – 9 Sa 1152/05 -). Bedingung iSd. §§ 158 ff. BGB ist die durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig macht (Palandt/Heinrichs BGB 66. Aufl. Einf v § 158 Rn. 1; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 158 Rn. 10; Mohnke S. 313). Beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung über Zielvereinbarungen gehen die Parteien jedoch davon aus, dass sie sich über Ziele verständigen werden. Ungewiss ist nur, welche Ziele vereinbart werden und ob diese vom Arbeitnehmer erreicht oder verfehlt werden. Die Rechtswirkungen der Rahmenvereinbarung selbst sollen nicht von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig sein.
b) Zudem haben die Regelungen der §§ 158 ff. BGB die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts als Ganzes zum Gegenstand (Klein aaO). Fehlende Zielvereinbarungen wirken sich dagegen nur auf einen einzelnen Anspruch innerhalb des vereinbarten Arbeitsvertrags aus (vgl. Kolmhuber aaO; Mohnke S. 31; Deich S. 267; aA Rieble/Gutzeit JbArbR Bd. 37 S. 41, 46, wonach auch dann eine Bedingung iSd. §§ 158 ff. BGB vorliegt, wenn nicht das Rechtsgeschäft, sondern sein Inhalt bedingt wird).
2. Für eine analoge Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB fehlt es an einer Regelungslücke.
a) Es trifft zwar zu, dass die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens ist, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf (Palandt/Heinrichs § 162 Rn. 6; Staudinger/Bork BGB (2003) § 162 Rn. 2; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 162 Rn. 18; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Auch ist nicht zu verkennen, dass Fälle denkbar sind, in denen der Arbeitgeber nur deshalb nicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung bereit ist, um die für den Fall der Zielerreichung zugesagte zusätzliche Vergütung nicht zahlen zu müssen. So liegt die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses und während einer Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht im Interesse des Arbeitgebers. Dann besteht zwar eine Interessenlage, die mit der bei treuwidriger Verhinderung des Eintritts einer Bedingung durch eine Partei, zu deren Nachteil der Eintritt der Bedingung gereichen würde, vergleichbar ist. In aller Regel liegen eine zusätzliche Motivation des Arbeitnehmers und das Erreichen der vereinbarten Ziele aber vor allem auch im Interesse des Arbeitgebers. Dies leuchtet nicht nur bei Unternehmenszielen ein, die an den Gewinn oder Umsatz anknüpfen, sondern auch bei persönlichen Zielen. Auch individuelle Leistungen des Arbeitnehmers kommen letztlich dem Arbeitgeber zugute. Ein treuwidriges Handeln iSv. § 162 BGB liegt vor, wenn das Verhalten bei Würdigung von Anlass, Zweck und Beweggrund gegen Treu und Glauben verstößt. Hat ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer eine Rahmenvereinbarung über Zielvereinbarungen abgeschlossen, wird er nur in seltenen Ausnahmefällen wider Treu und Glauben nicht bereit sein, eine Zielvereinbarung mit dem Arbeitnehmer abzuschließen. Das Erreichen der aufgestellten Ziele gereicht dem Arbeitgeber in aller Regel nicht zu seinem Nachteil, sondern zu seinem Vorteil. Das gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass es den Anspruch des Arbeitnehmers auf den versprochenen Bonus auslöst.
b) Selbst wenn zur Annahme eines treuwidrigen Verhaltens iSv. § 162 Abs. 1 BGB ein objektiver Verstoß gegen Treu und Glauben ausreichte und schuldhaftes Verhalten nicht zu fordern wäre (Palandt/Heinrichs § 162 Rn. 3), könnte in einem Fall treuwidrig verhinderter Zielvereinbarungen in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 1 BGB nur die unterbliebene Festlegung von Zielen, nicht aber ohne weiteres auch eine vollständige Zielerreichung angenommen werden (vgl. Mohnke S. 316; Gehlhaar aaO). Über den Grad der Zielerreichung wäre damit bei einer analogen Anwendung von § 162 Abs. 1 BGB noch keine Aussage getroffen (vgl. LAG Hamm 24. November 2004 – 3 Sa 1325/04 – LAGReport 2005, 165; LAG Köln 14. März 2006 – 9 Sa 1152/05 -; Gehlhaar aaO; Schmiedl BB 2004, 329, 331). Würde ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalls und unter Außerachtlassung eines etwaigen Mitverschuldens des Arbeitnehmers bei nicht zustande gekommenen Zielvereinbarungen stets der Bonushöchstbetrag zugesprochen, würde § 162 BGB ein Sanktionscharakter beigemessen, der dieser Bestimmung nicht zukommt (Schmiedl BB 2004, 329, 331).
c) Gegen eine analoge Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB spricht entscheidend, dass eine unterbliebene Zielvereinbarung einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auslösen kann und eine analoge Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB zur Schließung einer unbewussten Regelungslücke deshalb nicht erforderlich ist.
VII. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer bei nicht getroffener Zielvereinbarung einen Schadensersatzanspruch wegen der ihm entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung hat, kann ohne die Berücksichtigung der Gründe für das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung nicht entschieden werden (vgl. BSG 23. März 2006 – B 11a AL 29/05 R – NZA-RR 2007, 101).
1. Oblag es dem Arbeitgeber, die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung zu ergreifen und hat er ein solches Gespräch nicht anberaumt, hat er eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Diese Pflichtverletzung kann einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen (vgl. LAG Köln 23. Mai 2002 – 7 Sa 71/02 – DB 2003, 451; ArbG Frankfurt 11. Dezember 2002 – 2 Ca 2816/02 – ZTR 2003, 577; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 792; Klein aaO; Deich S. 269; Mohnke S. 317 ff; Lischka Arbeitsrechtliche Zielvereinbarungen S. 130 f., dies. BB 2007, 552, 554). Auch wenn der Arbeitgeber nicht allein die Initiativpflicht hat, verletzt er eine vertragliche Nebenpflicht und kann deshalb zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er der Aufforderung des Arbeitnehmers nicht nachkommt, mit ihm eine Zielvereinbarung abzuschließen.
a) Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Dies gilt nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen einer Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung von Schadensersatz sind erfüllt, wenn dieser seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung, für jede Zielperiode gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, nicht nachkommt und nicht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nachweist, dass er es nicht zu vertreten hat, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist. Für einen Entlastungsbeweis des Arbeitgebers ist es dabei unzureichend, wenn er von Verhandlungen über eine Zielvereinbarung abgesehen hat, weil der Arbeitnehmer bisher die festgelegten Ziele nie erreicht hat.
b) Der Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt allerdings im Gegensatz zu den Ansprüchen aus den §§ 281 bis 283 BGB nicht an die Stelle, sondern neben den Erfüllungsanspruch (Bamberger/Roth/Unberath BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 280 Rn. 29; Erman/H. P. Westermann BGB 11. Aufl. § 280 Rn. 20; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18). Um einen Erfüllungsanspruch geht es aber nicht, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode den ihm für den Fall der Zielerreichung zugesagten Bonus verlangt. Der Arbeitnehmer beansprucht nicht die gemeinsame Festlegung von Zielen und verfolgt damit nicht einen Erfüllungsanspruch. Er begehrt statt der Leistung Schadensersatz. Dieser steht ihm gemäß § 280 Abs. 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des § 283 BGB zu. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele festzulegen, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode nach § 280 Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB einen Schadensersatzanspruch aus.
aa) Nach Ablauf der Zeit, für die ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer Ziele zu vereinbaren hatte, ist die Festlegung von Zielen nicht mehr möglich. Ziele können zwar an sich auch für einen vergangenen Zeitraum formuliert werden. Eine Zielvereinbarung, die bei Zielerreichung einen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Bonus begründet, kann entsprechend dem Motivationsgedanken ihre Anreizfunktion aber nur dann erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bereits bei der Ausübung seiner Tätigkeit die von ihm zu verfolgenden Ziele kennt und weiß, auf das Erreichen welcher persönlicher oder unternehmensbezogener Ziele der Arbeitgeber in dem jeweiligen Zeitraum besonderen Wert legt und deshalb bereit ist, bei Erreichen dieser Ziele den zugesagten Bonus zu zahlen. Eine dem Motivationsgedanken und damit dem Sinn und Zweck einer Zielvereinbarung gerecht werdende Aufstellung von Zielen für einen vergangenen Zeitraum ist nicht möglich. Die Festlegung von Zielen wird jedenfalls mit Ablauf der Zielperiode unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB, so dass der Arbeitnehmer nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen kann.
bb) Der Umfang des zu ersetzenden Schadens richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Gemäß § 252 Satz 1 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehört auch entgangener Verdienst aus abhängiger Arbeit und damit auch eine Bonuszahlung (vgl. Palandt/Heinrichs § 252 Rn. 8). Als entgangen gilt gemäß § 252 Satz 2 BGB der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Diese Bestimmung enthält für den Geschädigten eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Dieser hat nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt (BGH 18. Februar 2002 – II ZR 355/00 – NJW 2002, 2553). Da die Beweiserleichterung der §§ 252 BGB, 287 ZPO auch die Darlegungslast derjenigen Partei mindert, die Ersatz des entgangenen Gewinns verlangt, dürfen insoweit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden (BGH 18. Februar 2002 – II ZR 355/00 – aaO).
cc) Dem Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 ZPO unterliegen sowohl die Feststellung des Schadens als auch dessen Höhe (vgl. BGH 28. April 1982 – IVa ZR 8/81 -NJW 1983, 998). Die Vorschrift dehnt für die Feststellung der Schadenshöhe das richterliche Ermessen über die Schranken des § 286 ZPO aus (BGH 17. April 1997 – X ZR 2/96 – NJW-RR 1998, 331). Das Gesetz nimmt in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt (BAG 20. September 2006 – 10 AZR 439/05 – AP HGB § 60 Nr. 13 = EzA BBiG § 10 Nr. 12). Allerdings soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen. Über bestrittene Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen hat das Gericht Beweis zu erheben (BAG 20. September 2006 – 10 AZR 439/05 – aaO; BGH 15. März 1988 – VI ZR 81/87 – NJW 1988, 3016; 17. April 1997 – X ZR 2/96 – aaO).
dd) Hat der Arbeitgeber schuldhaft kein Gespräch mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung geführt, ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bei der abstrakten Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB Grundlage für die Ermittlung des dem Arbeitnehmer zu ersetzenden Schadens. Zwar müssen Zielvereinbarungen nicht stets die in Aussicht gestellte Bonuszahlung auslösen. Sie verfehlen jedoch ihren Motivationszweck und werden ihrer Anreizfunktion nicht gerecht, wenn die festgelegten Ziele vom Arbeitnehmer von vornherein nicht erreicht werden können. Auch kann sich ein Arbeitgeber der in der Rahmenvereinbarung zugesagten Bonuszahlung nicht dadurch entziehen, dass er vom Arbeitnehmer Unmögliches verlangt und nur bereit ist, Ziele zu vereinbaren, die kein Arbeitnehmer erreichen kann. Dem ist bei der Ermittlung des Schadens nach § 287 Abs. 1 ZPO Rechnung zu tragen. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hat der Arbeitgeber darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen.
2. Allerdings bedarf es anders als bei einer arbeitsvertraglichen Abrede über Zielvorgaben des Arbeitgebers bei Zielvereinbarungen der Mitwirkung des Arbeitnehmers bei der Aufstellung der Ziele für die jeweilige Zielperiode. Die Festlegung der Ziele ist damit nicht allein Aufgabe des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer verletzt eine vertragliche Nebenpflicht und hat weder einen Anspruch auf den Bonus noch einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Bonuszahlung, wenn allein aus seinem Verschulden eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist, weil er zB zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über mögliche Ziele nicht bereit war.
3. Ist in der Rahmenvereinbarung nicht ausdrücklich geregelt, dass der Arbeitgeber die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung zu ergreifen hat, und führt auch die Auslegung der Bonusregelung nicht zu einer alleinigen Pflicht des Arbeitgebers, die Verhandlungen über die Zielvereinbarung einzuleiten, ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bei einer nicht zustande gekommenen Zielvereinbarung nicht stets davon auszugehen, dass nur der Arbeitgeber die Initiative zu ergreifen und auf Grund seines Direktionsrechts ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer über mögliche Ziele und deren Gewichtung anzuberaumen hatte.
a) Zwar trifft die Erwägung des Landesarbeitgerichts zu, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nach § 106 Satz 1 GewO ua. den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen und dem Arbeitnehmer damit in den Grenzen des Arbeitsvertrags kraft seines Direktionsrechts Aufgaben zuweisen kann. Maßgebend ist jedoch, dass der Arbeitgeber bei einer arbeitsvertraglichen Abrede über Zielvereinbarungen anders als bei Zielvorgaben die Ziele nicht einseitig festlegen kann. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass bei den Verhandlungen über eine Zielvereinbarung in der Regel zunächst der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mögliche Ziele vorschlägt, auf die er besonderen Wert legt, während der Arbeitnehmer häufig nur in quantitativer Hinsicht reagiert, wie dies das Landesarbeitsgericht angenommen hat, liegt doch nicht nur eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers, sondern auch eine solche des Arbeitnehmers vor, wenn nicht geregelt ist, dass nur der Arbeitgeber den Anstoß für die Verhandlungen über die Zielvereinbarung geben muss, solche Verhandlungen nicht geführt werden und eine Zielvereinbarung deshalb nicht zustande kommt. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber keine möglichen Ziele nennen, wenn auch er die Verhandlungen über die Zielvereinbarung anzuregen hat. Es reicht aus, wenn er den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zielvereinbarung auffordert. Das hat auch der Kläger so gesehen. Er hat behauptet, im Januar 2006 den Geschäftsführer der Beklagten mehrfach zu einem Gespräch über eine Zielvereinbarung aufgefordert zu haben. Dass er dabei von sich aus mögliche Ziele vorgeschlagen hat, hat er nicht dargetan.
b) Beruht das Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung auf Gründen, die sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zu vertreten haben, ist ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen der entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung nicht ausgeschlossen (aA Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 883). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber nicht erst durch eine Mahnung des Arbeitnehmers mit den von ihm zu führenden Verhandlungen über die Zielvereinbarung in Verzug gerät, sondern die Zielvereinbarung nach der arbeitsvertraglichen Regelung vor Beginn der Zielperiode abzuschließen ist oder für den Abschluss der Zielvereinbarung eine andere Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden daran, dass eine Zielvereinbarung unterblieben ist, ist dieses Mitverschulden des Arbeitnehmers nach § 254 BGB angemessen zu berücksichtigen.
VIII. Das Landesarbeitsgericht hat auf Grund seiner unzutreffenden Annahme, die Beklagte sei schon auf Grund ihres Direktionsrechts verpflichtet gewesen, die Verhandlungen über die Zielvereinbarung zu initiieren, nicht geprüft, ob die Auslegung der vertraglichen Bonusregelung zu einer alleinigen Initiativpflicht der Beklagten führt oder beide Parteien zu Verhandlungen über eine Zielvereinbarung für die Monate Januar bis März 2006 anzuregen hatten. Diese Prüfung hat es jedenfalls dann nachzuholen, wenn der Kläger seine Behauptung nicht nachweist, wonach er im Januar 2006 den Geschäftsführer der Beklagten mehrfach zum Abschluss einer Zielvereinbarung aufgefordert hat. Für eine alleinige Initiativpflicht der Beklagten könnte sprechen, dass die Ziele „gemeinsam mit dem Mitarbeiter“ und nicht „gemeinsam mit dem Arbeitgeber“ festzulegen waren. Sofern nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bezüglich der Initiativpflicht bleibt, kommt auch ein Rückgriff auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB in Betracht, sofern die Beklagte die Bonusregelung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB vorformuliert haben sollte. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu beurteilen haben, ob nach der arbeitsvertraglichen Regelung für den Abschluss der Zielvereinbarung für die Monate Januar bis März 2006 eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war. War dies der Fall und oblag allein der Beklagten die Initiativpflicht, liegt ein Mitverschulden des Klägers an der unterbliebenen Zielvereinbarung auch dann nicht vor, wenn er nicht nachweist, dass er den Geschäftsführer der Beklagten im Januar 2006 zum Abschluss einer Zielvereinbarung aufgefordert hat. Bedurfte es einer Mahnung des Klägers und weist dieser die von ihm behauptete Aufforderung des Geschäftsführers der Beklagten nicht nach, wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 254 Abs. 1 BGB bei der Ermittlung des Schadens nach den §§ 252 BGB, 287 ZPO ein Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen haben.