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Bordellbetrieb – Lärmbelästigung und Duldung

Oberlandesgericht Oldenburg

Az.: 6 U 177/97

Urteil vom 09.01.1998

Vorinstanz: LG Oldenburg, AZ.: 13 O 448/97


Leitsatz:

Ein Bordellbetrieb in der benachbarten Doppelhaushälfte in einer Wohnstraße ist wegen der damit verbundenen Lärmbelästigung nicht zu dulden.


In dem Rechtsstreit hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 1997 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Juni 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Betrieb eines Bordells in dem Wohnhaus …in … nicht zu dulden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer einer Doppelhaushälfte in der … in … Er verlangt von dem Beklagten, dem Eigentümer der anderen Haushälfte, das dort von dessen Mietern betriebene Bordell nicht länger zu dulden.

Er hat behauptet, der Bordellbetrieb führe zu einem erhöhten Straßenverkehrsaufkommen, verbunden mit Türenschlagen und Motorenlärm. Auch die Geräusche aus der Doppelhaushälfte raubten ihm den Schlaf.

Der Beklagte meint, er sei weder berechtigt noch verpflichtet, auf seine Mieter einzuwirken.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht im einzelnen dargelegt habe, dass ein sittlich anstößiges Verhalten von Bewohnern oder Besuchern der Nachbarhaushälfte wahrnehmbar sei oder sonstige Beeinträchtigungen wie Lärmbelästigungen vorlägen.

Der Kläger trägt mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung zu den beanstandeten Beeinträchtigungen weiter vor.

Er beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft für den Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, die Duldung eines Bordellbetriebs in dem Wohnhaus … 11, …, zu unterlassen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Berufungsvorbringen entgegen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 17.10.1997 (Blatt 96 d. A.). Auf das Protokoll vom 12.12.1997 (Blatt 102 bis 103 d. A.) wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Der Kläger kann von dem Beklagten verlangen, dass dieser den Bordellbetrieb in der benachbarten Haushälfte nicht länger duldet.

Nach § 1004 Abs. 1 BGB ist der Beklagte als Grundstückseigentümer für Störungshandlungen seiner Mieter verantwortlich. Dass er derartige Störungen nicht unterbinden könnte, hat er nicht dargetan (vgl. zur Haftung des Vermieters Palandt/Bassenge, BGB, 57. Aufl., § 1004 Rdn. 20). Zu der begehrten Unterlassung ist er nach §§ 1004 Abs. 1, 906 BGB verpflichtet, wenn seine Mieter auf das Nachbargrundstück einwirken und die dort anwesenden Personen derart belästigen, dass ihr gesundheitliches Wohlbefinden gestört oder ein körperliches Unbehagen bei ihnen hervorgerufen wird (vgl. BGHZ 95, 307, 308 f). Das ist hier der Fall.

Dass die Mieter des Beklagten in dem Haus ein Bordell betreiben, wird in der Berufungsinstanz ernstlich nicht mehr bestritten. Jedenfalls ist der Beklagte dem dahingehenden substantiierten Berufungsvorbringen, insbesondere zu Werbemaßnahmen, nicht im einzelnen entgegengetreten.

Der Bordellbetrieb hat zu deutlich wahrnehmbaren Beeinträchtigungen des benachbarten Grundstückseigentümers, des Klägers, geführt. Davon ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Verbindung mit dem glaubhaften Klagvortrag auszugehen.

Die Eheleute …, Nachbarn der Parteien, haben bei ihrer Vernehmung vordem Senat erklärt, in ihrer Wohnstraße, einer Sackgasse, sei in den Abendstunden ein deutlich erhöhtes Fahrzeugaufkommen zu bemerken. Der Lagermeister … und die Zeugin …, die Mieter des Beklagten, haben bekundet, am Tag kämen lediglich zwei bis drei Kunden, und zwar über den ganzen Tag verteilt. Die meisten parkten nicht in der …, sondern in anderen Straßen in der Nähe und kämen zu Fuß. Der Zeuge … hat hinzugefügt, an den Wochenenden könne es sich um vier oder fünf Besucher handeln. Hinsichtlich der Zahl der mit einem Pkw anfahrenden Besucher ist nicht den abschwächenden Angaben der Zeugen … und … zu folgen, sondern den glaubhaften Bekundungen der Zeugin … Diese hat dem Senat ihre Beobachtungen während ihrer einwöchigen Krankheitszeit Ende November bis Anfang Dezember 1997 beispielhaft mitgeteilt und ihm einzelnen geschildert, dass vorwiegend in der Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.30 Uhr vier bis acht Besucherfahrzeuge, einmal sogar dreizehn, zu bemerken gewesen seien.

Die das Haus Nummer 11 betreffende Besucherzahl führt bei dem dort betriebenen Bordell zu einer erheblichen Lärmbelästigung. Insoweit erscheint es nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Kläger, der als Zivilkraftfahrer bei der Bundeswehr früh aufstehen muss, infolge des mit dem Bordellbetrieb verbundenen Lärms nur eine verkürzte Nachtruhe findet.

Die mit dem Bordellbetrieb (zwangsläufig) verbundene Lärmbelästigung muss der Kläger nicht hinnehmen.

Die … liegt in einem „allgemeinen Wohngebiet“. In der Straße, einer Sackgasse, stehen auf jeder Seite sechs Reihenhäuser mit jeweils zwei Wohneinheiten. In einer solchen Straße wirkt sich ein erhöhtes Fahrzeugaufkommen deutlich aus und beeinträchtigt benachbarte Bewohner in erheblicher, in diesem Wohnbereich unüblicher Weise.

Daher war der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

Die begehrte Androhung eines Ordnungsgeldes (gemäß § 890 Abs. 2 ZPO) musste allerdings unterbleiben. Die Verhängung eines Ordnungsgelds kommt nur in Betracht, wenn ein genau zu bezeichnendes Handeln unterbleiben soll. Davon kann vorliegend keine Rede sein. Wer das Unterlassen einer Duldung verlangt, verlangt der Sache nach kein Unterlassen, sondern ein Handeln. Abgesehen davon, dass ein Handeln nicht durch Ordnungsgeld erzwungen werden kann, sagt der Kläger auch gar nicht, welche Handlungen der Beklagte vornehmen soll. Angesichts dessen dürfte auch die praktische Bedeutung des Urteils sich in der Feststellung erschöpfen, dass der Kläger die von dem Bordellbetrieb ausgehenden Beeinträchtigungen nicht hinzunehmen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713ZPO.

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