OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
Az.: 4 U 49/97
Verkündet am 3. März 1998
Vorinstanz: LG Kleve – Az.: 2 O 354/96
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 1998 für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Februar 1997 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25. September 1996 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
(Abgekürztes Urteil gemäß §313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO):
Die Berufung ist begründet.
Die Beklagte ist – über die von ihr kulanzhalber bereits gezahlten 25.000 DM hinaus – verpflichtet, auch die mit der Klage eingeforderten weiteren; der Höhe nach nicht bestrittenen Versicherungsleistungen aus der Hausratversicherung zu erbringen. Entgegen dem angefochtenen Urteil ist die Beklagte nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls (Brand, § 3 Nr. 1 VHB 84) leistungsfrei (§§ 61 VVG, 9 Nr. 1 a VHB 84). Dabei kann offenbleiben, ob der Wohnungsbrand darauf zurückgeht, daß die Adventskerzen nicht gelöscht worden waren, oder ob ein technischer Defekt zu dem Feuer geführt hat. Geht man davon aus, dass das Adventsgesteck Feuer gefangen hat, so mag der Klägerin objektiv der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sein, weil sie das Haus – wenn auch nur für kurze Zeit – verlassen hat, ohne die Kerzen zuvor gelöscht oder für eine Aufsicht gesorgt zu haben. Es läßt sich jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin subjektiv der Vorwurf trifft, sich unverzeihlich verhalten zu haben. Grobe Fahrlässigkeit setzt nämlich nicht nur einen objektiv besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die verkehrserforderliche Sorgfalt voraus, sondern darüber hinaus ein in subjektiver Hinsicht gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden, welches als schlechthin unentschuldbar anzusehen ist (vgl. BGH r + s 1989, 193; Senat r + s 1995, 424 m.w.N., Sache des beklagten Versicherers ist es, naheliegende Möglichkeiten, die das Verhalten in milderem Licht erscheinen lassen, zu widerlegen (vgl.. BGH VersR 1986, 254). Dies ist hier nicht gelungen.
Man kann nämlich Verständnis dafür aufbringen, dass die Klagerin an die brennenden Kerzen nicht mehr gedacht oder aber das Gefühl gehabt hat, die Kerzen seien schon gelöscht gewesen, als sie am 25. Dezember 1995 dem kranken, quengelnden Kind nachgab und sich bereit fand, den neuen Puppenwagen „mal eben“ vor der Tür auszuprobieren. Das Bewußtsein einer aktuellen Gefährdung durch das Adventsgesteck konnte überdies nachvollziehbarer Weise auch deshalb zurückgedrängt sein, weil die Klägerin ihren Mann noch im Hause wußte und angesichts der gerade erst um ein Viertel herabgebrannten „Kilokerzen“ leicht ein Gefühl trügerischer Sicherheit erwachsen konnte. Es ist durchaus denkbar, dass das Gesteck infolge Durchzugs etwa infolge Öffnens der Haustür (vgl. Grundriß BA 17 Js 218/96 StA Kleve B1. 40) – Feuer gefangen hat. Unter, den hier gegebenen Umständen ist es zwar als schuldhaft, aber eben nicht als unverzeihlich zu qualifizieren, einen solchen Hergang nicht von vornherein ins Auge gefaßt zu haben (vgl. BGH VersR 1986, 254 sowie VersR 1986, 671; OLG Hamm r + s.1989, 334; a.A. OLG Hamburg VersR 1994, 69 und Senat VersR 1986, 780) .
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 25.000 DM.