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Alter Adventskranz an der Wohnzimmerdecke

Amtsgericht Frankfurt am Main

Az.: 32 C 2597/98-40

Verkündet am 08.12.1998


Im Rechtsstreit hat das Amtsgericht Frankfurt am Main, Abt. 32 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 1998 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die vorläufige Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.200,-abgewendet werden. Die Abwendbarkeit entfällt bei Sicherheitsleistung durch den Vollstreckenden in Höhe von DM 1.200,–.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin schloß mit dem Beklagten einen Vertrag über eine Wohngebäude-Versicherung für das Grundstück Distelstr. 5 in Altenstadt. Der Versicherungsvertrag, in welcher die VGB 62 einbezogen würden, führt auch Feuer als versicherte Gefahr auf. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Deckung wegen eines Feuerschadens in ihrer Wohnung im Hause Distelstr. 5 in Altenstadt in Anspruch.

Am 1.2.1998 fing ein an der Wohnzimmerdecke der Wohnung der Klägerin hängender Adventskranz, dessen Kerzen die Klägerin zuvor entzündet hatte, Feuer. Dem klägerischen Vorbringen zufolge fiel der brennende Adventskranz zu Boden und verursachte Brandschäden an einem Teppichboden im Wohnzimmer sowie Rußschäden an Decken und Wänden von Wohnzimmer und Küche, deren Beseitigung Kosten in Höhe von insgesamt 6.959,29 DM mit sich bringe.

In einer Schadensanzeige an den Beklagten vom 18.2.1998 schilderte die Klägerin den Vorfall wie folgt

„Über meinem Couchtisch hing der Adventskranz, auf dem die Kerzen brannten. Ich lag auf dem Sofa und las ein Buch. Dabei bekam ich nicht mit, daß der Adventskranz Feuer fing und explosionsartig in Flammen aufging. Ich rannte zur Küche, holte Wasser und versuchte den Kranz zu löschen, was mir aber erst beim dritten Versuch gelang. Inzwischen waren Teile des Kranzes auf den Couchtisch gefallen, dieser zerbrach und die Flammen entzündeten den Teppichboden und Teppich.“

Die Klägerin behauptet, daß der Adventskranz bis zu seinem Entflammen keine Anzeichen für eine Austrocknung gezeigt habe wie etwa Nadeln oder Verfärbung. Ihre Darstellung in der vorgerichtlichen Schadensanzeige, daß der Adventskranz „Feuer fing und explosionsartig in Flammen aufging“, stelle letztlich eine Schlußfolgerung dar. Tatsächlich habe weder die Klägerin noch irgend eine andere Person die Entflammung des Adventskranzes wahrgenommen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 6.959,29 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß er jedenfalls deshalb von einer Leistungsverpflichtung frei sei, weil die Klägerin den Schadensfall grob fahrlässig herbeigeführt habe (§§ 18 VGB 62, 61 WG).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen den Beklagten aus dem

Vorfall vom 1.2.1998 zu, weil der Beklagte gemäß §§ 61 WG, 18 VGB 62 von der Leistungspflicht frei ist. Die Klägerin hat den Schadensfall grob fahrlässig herbeigeführt. Der grobe Verstoß gegen eine Sorgfaltspflicht liegt darin, daß die Klägerin einen 2 Monate alten Adventskranz – genauer gesagt: die Kerzen auf einem 2 Monate alten Adventskranz – entzündet und den Adventskranz danach nicht ständig im Auge behalten hat. Trotz entsprechender Rüge in dem Schriftsatz der Beklagten vom 22.9.1998, der materiellen Klageerwiderung, hat die Klägerin nicht näher dargetan, wann sie den Adventskranz angeschafft oder selbst hergestellt hat. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte muß davon ausgegangen werden, daß der Adventskranz spätestens zu Beginn der Adventszeit Ende 1997, d.h. Ende November/Anfang Dezember 1997, hergestellt wurde. Offenkundig handelte es sich um einen Adventskranz aus echten Zweigen. Denn die Behauptung der Klägerin, der Kranz habe keine Anzeichen von adeln oder Verfärbung gezeigt, würde bei einem Kunst-Kranz aus Plastik keinen Sinn machen. Es ist nach aller Lebenserfahrung sehr naheliegend und – jedenfalls nach kürzestem Nachdenken ohne weiteres einsichtig, daß ein mindestens 2 Monate alter Adventskranz, der schon 2 Monate an der Zimmerdecke hängt, zwangsläufig trocken ist und deshalb sehr schnell in Flammen aufgehen kann. Diese Gefahr liegt auch dann nahe, wenn der Kranz erstaunlicherweise nach 2-monatiger Austrocknungsdauer weder nadelt noch sonstige Anzeichen von Austrockung zeigt, wie dies die Klägerin vorliegend für ihren Adventskranz behauptet. Wer die Kerzen auf einem so alten Adventskranz anzündet, muß den Adventskranz ständig im Auge behalten, um in dem sehr naheliegenden Fall, daß der ganze Kranz Feuer fängt, sofort adäquat reagieren und eine Inbrandsetzung weiterer Gegenstände verhindern zu können. Wer solche Vorsichtsmaßregeln mißachtet und sich der Einsicht in die alleine aufgrund des Alters, unabhängig von dem Aussehen, des Adventskranzes bestehende

Entzündungsgefahr verschließt, handelt nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv grob fahrlässig.

Im übrigen wäre auch dann grobe Fahrlässigkeit der Klägerin anzunehmen, wenn aufgrund ausreichend substantiierten Vortrages der Klägerin, welcher insoweit hier nicht vorliegt, die Möglichkeit zu erwägen wäre, daß der Adventskranz aufgrund späterer Anschaffung, regelmäßiger üppiger Befeuchtung oder anderer Gründe am 01.02.1998 noch nicht vertrocknet war. Denn die Klägerin befand sich ihrem eigenen Vortrag zufolge in dem Zimmer, in dem der Adventskranz von der Decke hing. Wäre der Kranz nicht ausgetrocknet gewesen und nicht „explosionsartig“ entflammt, sondern nach und nach allmählich in Brand geraten, so hätte dies der Klägerin schon aufgrund des dann wahrzunehmenden würzigen Geruches nicht verborgen bleiben können. Die Klägerin hätte auch in diesem, hier nur unterstellten, Falle eine Ausbreitung des Feuers verhindern können, wenn sie dem Adventskranz mit entzündeten Kerzen nur ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Hätte sie dies nicht getan, so hätte sie eine im Grunde selbstverständlich und sicherlich auch ihr einsichtige und verstehbare Verhaltensregel mißachtet und damit hinsichtlich der Ausbreitung des Feuers über den Adventskranz hinaus ebenfalls grob fahrlässig gehandelt.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht ,auf den §§ 708 Nr. 11, 711 und 108 ZPO.

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