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BSE – falsche Deklaration

Oberlandesgericht Oldenburg 13. Zivilsenat

Az.: 13 W 13/01

Beschluss: 09.03.2001

Vorinstanz: LG Onsabrück – Az.: 10 0 406/01


In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 9. März 2001 beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 12. Februar 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I. Ein Verfügungsgrund – also die objektiv begründete Besorgnis, durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes könnte die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden (vgl. Zöller/Vollkommer, 22. Aufl., § 935 ZPO, RN 10 -12) – ist nicht glaubhaft gemacht.

Der Antrag der Antragstellerin, einer Gewürzherstellerin, zielte darauf ab, der Antragsgegnerin, einer Fleischwurstfabrikantin zu verbieten, die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, die Antragstellerin habe an die Antragsgegnerin das Produkt Gewürz 37551 D Industrie Basic-Line Fleischwurst“ mit unzutreffender Deklaration der Bestandteile geliefert.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.

Die Antragstellerin hatte zunächst am 7.2.01 vorgetragen: (Zwar habe die Antragsgegnerin bisher eine solche Äußerung noch nicht getan), es bestehe (jedoch) eine entsprechende Erstbegehungsgefahr. Die Antragsgegnerin, die in Fernsehen und Presse am 11. und 12.1.01 als Verwenderin BSE verdächtiger Rinderderivate in ihrer Wurst angeprangert worden sei, habe nämlich in einem Schreiben vom 13.1.01 der Antragstellerin eine falsche Deklaration des von dieser gelieferten Fleischwurst-Gewürzes vorgeworfen, das – nicht erkennbar – Rinderfett enthalten habe, und die Antragstellerin aufgefordert, bis zum 15.01.01 zu erklären, sie werde für den der Antragsgegnerin daraus erwachsenden Schaden einstehen, anderenfalls die Antragsgegnerin nach dem 15.1.01 „Anwälte mit der Angelegenheit beauftragen und die Wahrheit als Gegendarstellung über Zeitung, Funk und Fernsehen betreiben“ werde.

Im Beschwerdeverfahren trägt die Antragstellerin nunmehr vor, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin habe, wie die Antragstellerin erst jetzt anhand eines Videobandes belegen könne, bereits am 29.01.01 in der Fernsehsendung „Markt im Dritten“ – offenbar unter namentlicher Benennung der Antragstellerin – erklärt: „ Anstatt der deklarierten pflanzlichen Fette ist in diesem Produkt (gemeint: das von der Antragstellerin gelieferte Gewürz) Rinderfett eingesetzt worden …… ohne jegliche Deklaration“. Der Moderator der Sendung habe dazu (ersichtlich auf eine entsprechende Instruktion des Vorgenannten) ausgeführt: „Für den Fleischwarenfabrikanten ist dies ein Ettikettenschwindel, eine mutwillige Täuschung.“

Demgemäß müsse nun, so die Antragstellerin, anstelle der bisher angenommenen Erstbegehungsgefahr eine Wiederholungsgefahr glaubhaft angenommen werden.

II.

Ein derartiger Verfügungsgrund ist hier jedoch nicht glaubhaft. Zwar begründet die Erstbegehung im allgemeinen eine Wiederholungsvermutung und sogar eine zusätzliche Begehungsgefahr (vgl. BGH GRUR 1987, 125 f), nämlich in den, Fällen, in denen sich der Antragsgegner einen weiteren Vorteil davon verspricht, also z.B. bei Werbebehauptungen (vgl. BGH aa0). Solches ist jedoch nicht ohnes weiteres anzunehmen in einem derartigen atypischen Fall wie hier, in dem die nach dem Begehren der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu verbietende Äußerung sich praktisch als Abwehräußerung darstellt. Diese (bisherige) Abwehräußerung durch den Geschäftsführer der Antragsgegnerin am 29.01.01 im Fernsehen ist nämlich getan worden im Abschluß an den von dritter Seite (Fernsehbericht vom 11.1.2001, Zeitungsartikel vom 12.01.01) gegen die Antragsgegnerin erhobenen Vorwurf. Daß aber bei der Schnelllebigkeit – insbesondere der Nachrichtenberichterstattung – in der heutigen Zeit solche journalistischen Äußerungen, die in erster Linie die Antragsgegnerin diskreditieren können, von dritter Seite fast zwei Monate später nochmals gemacht werden und daß die Antragsgegnerin dann in einer Entgegnung hierauf nochmals auf die Antragstellerin hinweisen würde, ist eher unwahrscheinlich. Die Antragstellerin hätte hierzu jedenfalls substantiiert vortragen müssen, der bloße Hinweis auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 13.0 1.01 reicht hierfür nicht aus.

Daß aber die Antragsgegnerin von sich aus , ohne damit zugleich einen gegen sie erhobenen Vorwurf abwehren zu müssen, das Thema von ihr produzierter Fleischwurst mit Rinder-DNA, was auf die täuschend deklarierte Gewürzmischung der Antragstellerin zurückzuführen sei, erneut zur Sprache bringt, ist nach der Lebenserfahrung eher unwahrscheinlich, weil in diesem Falle vor allem etwas an der Antragsgegnerin selbst „hängen bleiben“ würde.

Im übrigen ist aber auch ein entsprechender Verfügungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin mangels erkennbarer Rechtswidrigkeit deren Verhaltens nicht zu bejahen. Denn die Antragstellerin hatte mit Schreiben vom 30.01.01 an die Antragsgegnerin selbst dargelegt, sie habe der Antragsgegnerin am 15.01.01 mitgeteilt, ihre Speisewürze habe trotz insoweit fehlenden Hinweises im Produktionsetikett, der aber auch lebensmittelrechtlich nicht geboten gewesen sei„, schon immer ca. 7 % Rinderfett enthalten“, erst seit dem 20.12.00 enthalte die Würze Palmfett statt Rinderfett.

Diese von der Antragstellerin mitgeteilte Handhabung mag lebensmittelrechtlich zulässig (gewesen) sein in„ normalen Zeiten“, soweit nicht eine BSE-Gefahr auch für Menschen bei Verwendung von Rinderfett im Raum stand. Seither aber ist es, mag es auch eventuell noch an entsprechend ad hoc geänderten Vorschriften fehlen, anders. Im Bewußtsein der Wurstendverbraucher können der Wurst in welcher Form auch immer beigefügte Rinderprodukte gesundsheitsgefährend sein.

Vor diesem Hintergrund aber können der Antragsgegnerin Äußerungen, die darauf abzielen, ihre eigene Schuldlosigkeit darzutun am Vorhandensein bei Wurstuntersuchungen etwa festgestellter Rinderprodukte, nicht untersagt werden. Folglich können ihr in Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen abgegebene Äußerungen, wie sie die Antragstellerin verboten wissen will, nicht verboten werden. Dies deswegen nicht, weil tatsächlich die von der Antragstellerin gelieferte und bei der Antragsgegnerin bevorratete Würzmischung jedenfalls bis zum 20.12.00 nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin mit Rinderfett versetzt war, ohne daß dies für die Antragsgegnerin (und erst recht nicht für deren Kunden und die Endverbraucher) erkennbar war.

Im übrigen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im Nichtabhilfebeschluß des Landgerichts vom 26.02.01.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert wird auf 100.000 DM festgesetzt, gleiches gilt für den erstinstanzlichen Streitwert.

Das weitere Beschwerdeschreiben vom 2.3.2001 hat vorgelegen.

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