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Bürgschaftserklärungswiderruf – Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 9 U 45/05

Urteil vom 23.05.2006

Vorinstanz: Landgericht Darmstadt, Az.: 2 O 339/04


In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2006 für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 3.2.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin nimmt den Beklagten mit einem Teilbetrag aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin gewährte der – mittlerweile insolventen – A GmbH am 30.5.2000 ein Darlehen über insgesamt 1,2 Mio DM. In Höhe von 840.000,- DM handelte es sich dabei um ein im Rahmen eines von der Bundesregierung durchgeführten „Technologie-Beteiligungsprogramms“ von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) refinanziertes, im Übrigen (360.000,- DM) um ein von der Klägerin allein gewährtes Darlehen.

Am 8.6.2000 übernahm der Beklagte – einer von fünf Gesellschaftern der A GmbH – eine Bürgschaft bis zum Betrag von 240.000,- zur Absicherung „aller Forderungen der Sparkasse gegen die A GmbH“.

Das nicht refinanzierte Teildarlehen valutiert noch mit 226.174,89 €. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten in Bezug hierauf mit einem Teilbetrag von 50.000,- € aus der Bürgschaft in Anspruch.

Mit Urteil vom 3.2.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er Klageabweisung begehrt. Wegen seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 8.6.2005 Bezug genommen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z1; wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.5.2006 verwiesen. Auf die zunächst angeordnete Vernehmung des Zeugen Z2 haben beide Parteien verzichtet.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Die Klägerin kann vom Beklagten Zahlung von 50.000,- € aus der Bürgschaft vom 8.6.2000 verlangen (§ 767 BGB). Insoweit wird auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Dem stehen die mit der Berufung geltend gemachten Gründe nicht entgegen.

1.

Dass der Beklagte seine Bürgschaftserklärung nach § 1 HTWG widerrufen hat, befreit ihn nicht von seiner Leistungspflicht. Das HTWG ist nach der ständigen Rechtsprechung auf Bürgschaftsverträge nur dann anwendbar, wenn sowohl der Bürge als auch der Hauptschuldner Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sind und sowohl der Bürgschaftsvertrag als auch der Hauptschuldvertrag in einer Haustürsituation zustande gekommen sind (EuGH NJW 1998, 1295; BGH NJW 1998, 2356). Der vom Beklagten zitierten gegenteiligen Ansicht in der Literatur (z.B. MüKo/Ulmer, § 312 Rn. 22; Tiedtke NJW 2001, 1015) vermag der Senat nicht zu folgen, weil sie die aus der Akzessorietät der Bürgschaft folgende enge Verbindung zwischen Bürgschaft und Grundgeschäft nicht berücksichtigt.

Soweit der Beklagte sein Widerrufsrecht auf das Fernabsatzgesetz stützt, verkennt er, dass Bank- und Finanzdienstleistungen unter die Fernabsatzgeschäfte erst seit dem Fernabsatzänderungsgesetz fallen, im Jahr 2000 Verträge über Finanz- und Bankgeschäfte vielmehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 FernAbsG ausdrücklich ausgenommen waren. Im Übrigen würde auch hier der Akzessorietätsgrundsatz dazu führen, dass ein Widerrufsrecht nur besteht, wenn sowohl das Hauptgeschäft als auch die Bürgschaft ein Fernabsatzgeschäft darstellen.

2.

Der Bürgschaftsvertrag ist nicht deswegen unwirksam, weil nach den Bedingungen für die Refinanzierung des einen Darlehensteils Sicherheiten, insbesondere Bürgschaften, nicht hätten verlangt werden dürfen.

Dies ist tatsächlich streitig, kann im Ergebnis aber dahin stehen. Selbst wenn man den Ausführungen des Beklagten insoweit folgt, bezog sich das Verbot weiterer Sicherheiten nur auf den refinanzierten Darlehensteil, nicht auch auf das von der Klägerin darüber hinaus gewährte Darlehen. Dies kann man – wie das Landgericht es getan hat – mit der Annahme von zwei Darlehensverträgen (die entgegen der Ansicht des Beklagten in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sein können) oder auch mit einem einheitlichen, über die Bürgschaft nur hinsichtlich eines Teilbetrags abgesicherten Darlehensvertrags begründen, so dass die genaue rechtliche Konstruktion dahin stehen kann.

3.

Der Sicherungszweck der Bürgschaft war nicht entgegen dem Wortlaut der schriftlichen Bürgschaftsurkunden auf eine vertragswidrige Verwendung der Darlehensmittel beschränkt. Die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe die von den einzelnen Gesellschaftern zu unterzeichnenden Bürgschaftsurkunden an den Geschäftsführer der GmbH, den Zeugen Z1, geschickt und diesem gegen eine entsprechende Erklärung abgegeben, hat sich nicht beweisen lassen. Der Zeuge Z1 hat in seiner Vernehmung ausdrücklich und eindeutig klargestellt, dass ihm die schriftlichen Bürgschaftsurkunden von der Beklagten zugesandt worden sind und es vor der Unterzeichnung durch die Gesellschafter weitere Kontakte zur Beklagten nicht gab. Insbesondere

seien keine mündlichen Gespräche geführt oder Nebenabreden über den Umfang der Sicherungsabrede getroffen worden. Auf besonderen Vorhalt hin hat er vielmehr die tatsächlichen Feststellungen aus den Urteilen des OLG Hamm vom 31.10.2005 (31 U 55/05 und 31 U 22/05) bestätigt, wonach seine Erklärungen den Mitgesellschaftern gegenüber von der Beklagten nicht veranlasst wurden und nicht auf Gesprächen mit dieser beruhten. Soweit er den Mitgesellschaftern gegenüber Angaben zu dem mit der Bürgschaftsübernahme verbundenen Risiko gemacht habe, beruhten diese auf eigenen Überlegungen oder Rücksprachen mit dem eigenen Unternehmensberater.

Die Kosten des Rechtsmittels hat der Beklagte zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 I ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

 

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