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Bundel-Software – Verkauf ohne Bundels

 OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 6 U 63/99

Verkündet am 18.05.2000

Landgericht Frankfurt am Main – Az.: 2/6 O 847/98


In dem Rechtsstreit hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.5.2000 für Recht erkannt:

Nach teilweiser Rücknahme der Klage wird die Berufung gegen Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.3.1999 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Ziff. l des angefochtenen Urteils wie folgt klargestellt wird:

Der Beklagte bleibt verurteilt, es bei Meidung der im angefochtenen Urteil angedrohten Ordnungsmittel zu unterlassen, das Standardsoftwareprogramm …, das aus einer CD mit dem Aufdruck… und einem Handbuch mit dem Aufdruck… besteht, anzukündigen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, es sei denn, das Softwarepaket wird zusammen mit neuen Scannern angekündigt, feilgehalten oder in den Verkehr gebracht.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerinnen 11/20 und der Beklagte 9/20 zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Klägerinnen 1 /l 0 und der Beklagten 9/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 96.000,- DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines inländischen, als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer des Beklagten: 90.000,- DM

Tatbestand

Die Parteien haben in erster Instanz um Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen des Vertriebs der Computerprogramme A.-… und A.-… gestritten.

Die Klägerin zu 1, ein weltweit operierendes Unternehmen im Bereich der Entwicklung und des Vertriebs von Computersoftware, ist Inhaberin der deutschen Marke A., die für Computerprogramme eingetragen ist, sowie sämtlicher Nutzungsrechte an den A.Programmen, insbesondere der Programme A.-… und A.-…. Nachdem die Klägerin zu 1 noch während des Rechtsstreits erster Instanz ihre Programme in Europa über die Firma … auf Grund einer einfachen Lizenz und in Deutschland durch die Klägerin zu 2 auf Grund eines der Klägerin zu 2 von der schottischen Vertriebsgesellschaft eingeräumten ausschließlichen Vertriebsrechts vertrieben hatte, hat sich die Vertriebsstruktur inzwischen dahin verändert, daß an die Stelle der schottischen Lizenznehmerin die Firmen …und die … als Lizenznehmer getreten sind.

Der Beklagte handelt mit Computerhard- und -Software und hat das Programm A.-… mit einer gefälschten Seriennummer vertrieben. Dieser Teil des Rechtsstreits ist erstin-stanzlich erledigt worden. Darüber hinaus hat der Beklagte auch das Programm A.-… angeboten; dieser Teil des Rechtsstreits ist Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Die Klägerinnen vertreiben nach eigener Darstellung das Programm A.-… in drei Versionen, nämlich in einer Vollversion, einer Upgrade-Version und schließlich in einer OEM-Version. Gegenstand des Streits der Parteien ist die vom Beklagten angebotene und vertriebene OEM-Version in der aus Bl. 21 d.A. ersichtlichen Aufmachung mit dem Aufdruck „For Bundles Only“ und „Not to be sold separatly“, wobei die CD’s unter der Bezeichnung „A.-.–“ den Hinweis tragen „Bundle Version“.

Das Programm ist ein Produkt aus dem Bereich der professionellen Bildbearbeitung. Seine urspüngliche Version wurde in den achtziger Jahren von der Fa…. entwickelt und unter Übertragung der Nutzungsrechte von der Klägerin zu 1 erworben. Die streitgegenständliche Version wurde von der Klägerin zu 1 erstellt. Die Vollversionen unterscheiden sich lediglich im Preis von den OEM-Versionen, die zum Vertrieb zusammen mit Scannern bestimmt sind, während die Vollversionen und die zu ihnen erhältlichen Upgrades, zum freien Vertrieb (Vertrieb ohne Hardware) bestimmt sind. Je nach Kalkulation der Letztverkäuferwerden nach Darstellung der Klägerinnen die Vollversionen zu Preisen zwischen 1.700,- und 2.200,- DM abgegeben, während die OEM-Version (Abgabe zusammen mit einem neuen Scanner) zu Letztverbraucherpreisen zwischen 550,- und 620,- DM vertrieben wird. Der Beklagte hat die Bundle-Version des umstrittenen Programms ohne gleichzeitigen Bezug eines Scanners angeboten und verkauft. Die Klägerinnen sehen darin eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen §§1,3 UWG und nehmen den Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerinnen haben im wesentlichen vorgetragen, bei dem umstrittenen Programm handle es sich zweifelsfrei um ein urheberrechtsschutzfähiges Werk und bei OEM-Versionen um eine selbständige Nutzungsart im urheberrechtlichen Sinne. Erschöpfung sei nicht eingetreten, weil es sich bei der Abgabe von Software als O EM-Software um eine dinglich wirkende Beschränkung handle. Dem stehe insbesondere § 69 c Nr. 3 UrhG nicht entgegen, denn die RiL 91/250/EWG, in deren Umsetzung die Vorschrift geschaffen worden sei, habe nicht das Ziel einer Beschränkung der Rechte von Urhebern verfolgt, sondern habe der Verbesserung des Schutzes von Urhebern von Computerprogrammen gedient. Bei der Abgabe von OEM-Versionen handle es sich auch nicht etwa nur um die Abgabe von Programmen auf einem bestimmten Vertriebsweg, sondern um eine vom freien Vertriebsweg der Voll- und Upgrade-Versionen eindeutig abgrenzbaren besondere Vertriebsform. Durch den Vertrieb von OEM-Versionen außerhalb des Bundles würden daher die Urheberrechte der Klägerin zu 1 verletzt. Gleichzeitig stelle der Vertrieb von OEM-Versionen durch den Beklagten eine unlautere Behinderung der Klägerin zu 2 sowie einen Wettbewerbsverstoß unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs dar, weil sich der Beklagte durch den Vertrieb der Software außerhalb des Bundles einen unlauteren Vorsprung vor denjenigen Händlern verschaffe, die das Urheberrecht der Klägerin zu 1 respektierten.

Die Klägerinnen haben beantragt,

l. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, A.-Standardsoftwarepakete, insbesondere A.-…, die aus einer CD mit dem Aufdruck „Bündle Version“ und einem Handbuch mit dem Aufdruck „Für bundles only – not to be sold separately“ bestehen, anzukündigen, feilzuhalten und/oder in Verkehr zu bringen, es sei denn das Softwarepaket wird zusammen mit einem neuen Scanner angekündigt, feilgehalten und/oder in Verkehr gebracht;

II. festzustellen, daß der Beklagte den Klägerinnen zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der ihnen dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, daß er Handlungen gemäß Ziff. l und gemäß dem für erledigt erklärten Unterlassungsantrag vorgenommen hat;

III. den Beklagten im angefochtenen Urteil mitgeteilten näheren Umfang zu verurteilen, den Klägerinnen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über seine Handlungen gemäß dem für erledigt erklärten Unterlassungsantrag;

IV. den Beklagten zu verurteilen, den Klägerinnen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über seine Handlungen gemäß Ziff. l, und zwar über

1 . Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise,

2. Namen und Anschriften von Lieferanten,

3. Gestehungskosten und sämtliche Kostenfaktoren,

4. erzielten Umsatz,

5. erzielten Gewinn,

6. Ort und Umfang der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern,

7. Namen und Anschriften gewerblicher Abnehmer.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat die Preispolitik der Klägerinnen für haarsträubend gehalten und die Vertriebspraxis der Klägerinnen einschließlich der Urheberrechtsfähigkeit ihrer Programme und insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1 bestritten. Vor allem hat er sich auf Erschöpfung berufen und die Auffassung vertreten, daß es sich bei dem Vertrieb von OEM-Versionen eines Programms nicht um eine selbständige urheberrechtliche Nutzungsart handle.

Mit Urteil vom 31.3.1999, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung des Vertriebs insbesondere des Programms A.-… außerhalb des Bündels mit einem neuen Scanner sowie zur Auskunft über entsprechende Vertriebshandlungen verurteilt, die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt und die Klage – soweit noch über sie zu entscheiden war – im übrigen (betreffend das Programm A.-…) abgewiesen. Gegen die Verurteilung richtet sich die Berufung des Beklagten.

Der Beklagte wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag nach Maßgabe seiner in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die zur näheren Darstellung seines Vertrags Bezug genommen wird. Er rügt insbesondere, daß der Klageantrag zu weit und zu unbestimmt sei und vertritt weiter die Auffassung, daß die Klägerin zu 1 nicht aktivlegitimiert sei und im Verhältnis zur Klägerin zu 2 ein Wettbewerbsverstoß nicht vorliege.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, die Klage abzuweisen und, soweit die Klägerinnen die Klage zurückgenommen haben, den Klägerinnen die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, daß in der Verurteilung zur Unterlassung das Wort ‚insbesondere‘ entfällt und sich die Verurteilung auf das „A.—-, das aus einer CD … besteht…“ beschränkt. Sie beantragen mit dieser Maßgabe, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigen das angefochtene Urteil auch unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten nach Maßgabe ihrer zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Bezug genommen wird, und machen insbesondere geltend, daß der Beklagte mit dem Vertrieb der Software außerhalb des Bundles die Urheberrechte der Klägerin zu 1 an der umstrittenen Software verletze.

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist- nachdem die Klägerinnen das Klagebegehren auf das konkret umstrittene Programm A.-… beschränkt und das darüber hinausgehende Klagebegehren zurückgenommen haben – unbegründet.

1. Das Unterlassungsbegehren in der nach teilweiser Klagerücknahme noch zu bescheidenden Fassung ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten weder unbestimmt noch zu weit gefaßt. Was unter einem neuen Scanner zu verstehen ist, ist eindeutig durch die Zweckbestimmung des vertriebenen Gegenstandes (Software für den Einsatz in der Computertechnik) begrenzt, nämlich durch die Abgabe von Scannern im Bereich der Computertechnik einerseits und durch die Abgabe von OEM-Software zusammen mit dem Vertrieb von noch nicht gebrauchter Hardware andererseits.

2. Der Klägerin zu 1 steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zu.

a) Bei dem allein noch umstrittenen Programm A.-… handelt es sich unstreitig um ein Programm zur professionellen Bildbearbeitung am Computer, dessen urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Beklagte lediglich in pauschaler Form bestritten hat. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, weshalb eine zur professionellen Bildbearbeitung ausgelegte Software die an den Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen zu stellenden Anforderungen nicht erfüllen sollte, hat der Beklagte weder schriftsätzlich noch auf entsprechende Hinweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgezeigt, obwohl er darauf hingewiesen worden ist, daß der Senat bei dem umstrittenen Programm von dessen von den Klägerinnen unter Beweis gestellten Urheberrechtsschutzfähigkeit ausgeht, solange keine tatsächlichen Umstände ersichtlich sind, aus denen heraus das Vorliegen einer entsprechenden geistigen Leistung zweifelhaft sein könnte. Damit ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden, daß das umstrittene Programm Urheberrechtsschutz genießt. Die Parteien haben demzufolge vor dem Senat in erster Linie über die Frage gestritten, ob es sich bei der Abgabe von Software zum Vertrieb mit neuer Hardware (OEM-Klausel) um ein abspaltbares Nutzungsrecht oder um eine lediglich schuldrechtlich wirkende Vertriebsbeschränkung handelt.

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Bei der Abgabe des Programms A.-… mit den Aufdrucken „For Bundles Only – Not to be sold separately“ sowie „Bündle Version“ durch die Klägerinnen handelt es sich eindeutig um die Beschränkung des Verbreitungsrechts auf die Abgabe der so gekennzeichneten Produkte zusammen mit der zugehörigen Hardware. Soweit der Beklagte meint, der Rechtsverkehr könne sich unter entsprechenden Aufdrucken in einer fremden Sprache nichts vorstellen, fehlt dafür jeder tatsächliche Anhaltspunkt. Im Bereich des Vertriebs von Hard- wie von Software hat sich die Verwendung englischsprachiger Begriffe in so erheblichem Umfang durchgesetzt, daß insbesondere Händler mit Hard- und Software, die durch den Aufdruck „For Bundles only – Not to be sold separately“ und „Bündle Version“ auf die Beschränkung der Vertriebsform hingewiesen werden, diesen Hinweis ohne weiteres verstehen, zumal es sich um sprachlich einfache Ausdrücke mit eindeutigem Inhalt handelt. Der Beklagte selbst hat das von ihm verkaufte streitgegenständliche Programm A.-… über seine Firma … unter dem Begriff „OEM Vollversion“ in Rechnung gestellt.

b) Die Frage, ob das Verbreitungsrecht an Computerprogrammen in der Weise aufspaltbar ist, daß die Programme in einer bestimmten Aufmachung nur in Verbindung mit dem Kauf entsprechender Hardware veräußert werden dürfen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (verneinend Schricker/Loewenheim, Urheberrecht 2. Aufl., § 69 c Rdn. 29 m. w. Nachw; bejahend Fromm/Nordemann, Urheberrecht 9. Aufl., § 69 c Rdn. 6 m. w. Nachw.). Sie ist, da das Nutzungsrecht auch beschränkt eingeräumt werden kann, der Frage vorgelagert, ob Erschöpfung eingetreten ist. Handelt es sich bei den umstrittenen Beschränkungen des Verbreitungsrechts durch OEM-Klauseln um eine zulässige Aufspaltung der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse in gegenständliche Nutzungsrechte, so wirkt sich die gegenständliche Aufspaltung insbesondere auf die Frage der Erschöpfung aus, denn der Inhaber eines abgespaltenen Nutzungsrecht kann durch Vertriebshandlungen nur das ihm eingeräumte (abgespaltene) Nutzungsrecht erschöpfen, nicht aber auch die anderen Bereiche des Verbreitungsrechts, die vielmehr grundsätzlich beim Urheber verbleiben (vgl. statt alter Schricker, UrhG 2. Aufl., Vor §§ 28 ff, Rdn. 56 m. w. Nachw.). Daher kann entgegen der vom Beklagten im Senatstermin vorgetragenen Auffassung der Urheber Hardwareherstellern sowie Hardwarehändlern O EM-Software (ohne Hardware) auch über den Zwischenhandel für den Bundle-Verkauf zur Verfügung stellen, ohne daß die in der ‚dinglichen‘ Nutzungsrechtsspaltung liegende Beschränkung des Vertriebs nur mit der zugehörigen Hardware verlorengeht. Denn der vom Beklagten mit der Begründung erhobene Einwand der Erschöpfung, er habe das umstrittene Produkt erworben, ohne daß ihm beim Erwerb eine vertragliche Verpflichtung auferlegt worden sei, das Produkt nur mit einem neuen Scanner zu vertreiben, kann nur dann durchgreifen, wenn es sich bei der umstrittenen Klausel nicht um eine ‚dinglich‘ wirkende Beschränkung des Verbreitungsrechts infolge einer gegenständlichen Aufspaltung des Vertriebsrechts handeln würde, weil im Gegensatz zu rein schuldrechtlichen Berechtigungen, die nur zwischen den Vertragsparteien wirken, der gegenständlichen Beschränkung des Nutzungsrechts durch inhaltliche Abspaltungen Rechtswirkungen auch gegenüber Dritten zukommen. Wegen dieser Wirkung der Aufspaltung von Nutzungsrechten werden diese allerdings nur zugelassen für nach der Verkehrsauffassung klar abgrenzbare sowie wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbständig sich abzeichnende Nutzungsarten (Schricker, aaO. vor § § 28 ff, Rdn. 52 ff).

Soweit die Auffassung vertreten wird, eine Aufspaltung des Verbreitungsrechts durch OEM-Klauseln sei nicht angängig, beruht dies auf der Annahme, daß die Veräußerung von Software nur mit einem Computer weder nach der Verkehrsauffassung klar abgrenzbar sei, noch sich als wirtschaftlich und technisch einheitliche und selbständige Nutzungsart darstelle (Schricker/Loewenheim aaO mit Nachweisen auch zur Rechtsprechung der Instanzgerichte).

Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Insbesondere Personalcomputer (PC) werden seit Jahren regelmäßig zusammen mit je nach Art und Komponenten eines PC unterschiedlichen Softwarepaketen in OEM-Versionen angeboten, wobei die zum Betrieb des PC erforderliche Software billiger abgegeben wird als beim Kauf von Software ohne Hardware. Der angesprochene Verkehr, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, ist daher seit langem gewohnt, PC zusammen mit der zu ihrem Betrieb erforderlichen Software in OEM-Versionen als Paket abzunehmen oder den Erwerb von Hard- und Software zu trennen und die Software gesondert und zu den üblichen Preisen zu kaufen. Anhaltspunkte, daß der Verkehr den Erwerb kompletter PC oder ergänzender Komponenten einschließlich der erforderlichen Software in OEM-Versionen nicht als eine besondere Vertriebsform erkennen wurde, nachdem seit Jahren derartige Angebote den Markt beherrschen, hat der Beklagte nicht dargelegt und sind angesichts der bestehenden Marktgepflogenheiten auch nicht ersichtlich.

Bei dem Vertrieb von PC oder deren Hardware-Komponenten mit Software in OEM-Versionen handelt es sich auch um eine wirtschaftlich-technisch selbständige Nutzungsart, denn der entsprechende Vertrieb ermöglicht es dem angesprochenen Verkehr, bei der Entscheidung über den Erwerb eines PC oder der Ergänzung eines vorhandenen PC um bestimmte Komponenten einschließlich oder zuzüglich bestimmter Versionen von Software eine nach dem persönlichen Bedarf zugeschnittene Kaufentscheidung zu treffen, die neben den individuellen Bedürfnissen auch die persönlichen Fähigkeiten beim Zuschnitt, Aufbau und der Inbetriebnahme entsprechender Systeme berücksichtigt. Daraus folgt, daß der Vertrieb von Hardware einschließlich der Software, die beim Vertrieb von OEM-Versionen regelmäßig bereits installiert ist, nicht nur eine wirtschaftlich, sondern auch technisch selbständige Nutzungsart von Software ist, die sich als eine besondere Vertriebsform von Software darstellt. OEM-Klauseln erschöpfen sich daher insbesondere nicht auf eine bloße Beschränkung des Vertriebsweg , denn anders als z.B. beim Buchvertrieb im Kaffeehandel (dazu BGH GRUR 1990, 669 ff 671 – Bibelreproduktion) werden OEM-Softwareversionen nicht in einem sachfremden Nebenmarkt angeboten. Vielmehr sind Hard- und Software, bei der Abgabe im Bündle aus der Sicht des Verkehrs die zum Betrieb eines PC technisch aufeinander bezogenen Komponenten, die ohne die jeweils andere Komponente nicht nutzbar sind und daher eine technisch notwendig herzustellende Einheit bilden. Die Abgabe von Hardware zusammen mit O EM-Software ist daher anders als die Abgabe von Printmedien in bestimmten Nebenmärkten nicht etwa die Eröffnung eines bloßen Nebenvertriebswegs, sondern die Eröffnung einer Vertriebsform in der vom Abnehmer in jedem Fall herzustellenden technischen Einheit von Hard- und Software in einer insbesondere technisch aufeinander hinreichend abgestimmten Form (vgl. KG CR 1998,137 ff, 138- Vertriebsbeschränkung bei Software). Die in den OEM-Klauseln enthaltene Abspaltung des Verbreitungsrechts auf der Software in derartigen Einheiten ist schließlich auch keine Aufspaltung des Nutzungsrechts unter bloßen Preisgesichtspunkten, denn die Abgabe von Software zusammen mit der zu ihrem Laufen erforderlichen und damit hinreichenden Hardware ist eine andere wirtschaftlich-technische Einheit als die isolierte Abgabe von Software, die andere Kalkulationen und damit andere Normalpreise ermöglicht als der isolierte Vertrieb von Software.

Der umstrittenen Aufspaltung des Vertriebsrechts durch die sog. OEM-Klauseln kann daher nach Auffassung des Senats die rechtliche Anerkennung nicht versagt werden. Die Aufspaltung beruht auf wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbständig zu erfassenden Nutzungsarten, die in der Verkehrsauffassung als solche klar abgrenzbar sind und auch tatsächlich abgegrenzt werden. Sie beinhalten weder eine bloße Beschränkung des Vertriebswegs noch der Abgabepreise, sondern tragen dem Interesse des Urhebers an einer sachgerechten Verwertung seiner Rechte Rechnung. Eine Beeinträchtigung der Rechts- und Verkehrssicherheit ist mit der Abspaltung nicht verbunden, da die umstrittenen Programmversionen eindeutig als Bundle-Versionen gekennzeichnet sind und sich das Verbreitungsrecht mit dem ersten Inverkehrsetzen der wirtschaftlich-technischen Einheit aus Hard- und Software erschöpft.

Soweit die Auffassung vertreten wird, § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG ordne für den Fall der Veräußerung von Vervielfältigungsstücken von Computerprogrammen die vollständige Erschöpfung des Verbreitungsrechts mit Ausnahme des Vermietungsrechts an und stehe daher einer Aufspaltung des Verbreitungsrechts entgegen (OLG München CR 1998, 265 ff, 266), folgt der Senat dieser Auslegung aus den genannten Gründen nicht. Zwar handelt es sich bei den Regelungen in § 69 c UrhG um eine eigenständige Regelung auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage, die eine gegenüber § 17 UrhG selbständige Regelung darstellt (Schricker/Loewenheim, aaO § 69 c Rdn. 28). Sie wollte allerdings die Rechte der Urheber nicht schmälern, sondern im Gegenteil stärken (vgl. KG CR 1996, 531 ff, 532). Aus ihr lassen sich daher keine Anhaltspunkte für die Auffassung herleiten, der Europäische Gesetzgeber habe die vollständige Erschöpfung des Verbreitungsrechts unter Ausschluß von Rechtsaufspaltungen anordnen und lediglich eine einzige Ausnahme für das Vermietungsrecht zulassen wollen (Fromm/ Nordemann, aaO § 69 c Rdn. 6).

Durch den Vertrieb der umstrittenen Software, außerhalb des abgespalteten Nutzungsrechts hat der Beklagte daher die Urheberrechte der Klägerin zu 1 verletzt und ist deshalb zu Recht zur Unterlassung dieser Vertriebsform verurteilt.

3. Der Klägerin zu 2 steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu. Der Vertrieb von OEM-Software ohne den Verkauf der zugehörigen Software stellt einen Fall des ungerechtfertigten Vorsprungs durch Rechtsbruch dar, denn der Beklagte macht mit dem Vertrieb von OEM-Software außerhalb des Bundles den Vertrieb von Vollversionen zu deren Normalpreis unmöglich. Zugleich verschafft er sich, indem er die OEM-Software zu deutlich niedrigeren Preisen als die Vollversionen unter Mißachtung der anzuerkennenden Aufspaltung der Vertriebsformen und damit unter Mißachtung der Urheberrechte der Klägerin zu 1 außerhalb des Bundles anbietet, einen nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den die Urheberrechte der Klägerin und ihrer Lizenznehmer beachtenden Mitbewerbern und greift damit auch unmittelbar in das Lizenzgeschäft der Klägerinnen mit den nicht zum Vertrieb im Bündle bestimmten Versionen des Programms ein.

4. Bei dieser Sachlage hat das Landgericht den Beklagten nicht nur zu Recht zur Unterlassung, sondern mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, auch zur Auskunft verurteilt und seine Schadensersatzpflicht festgestellt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß das Auskunftsbegehren in urheberrechtlicher Sicht aus § 101 a UrhG, § 242 BGB und in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht aus § 242 BGB folgt. Der Beklagte hat keinerlei Umstände dargelegt, die im Verhältnis zur Klägerin zu 2 schützenswerte Interessen erkennen lassen, seine Bezugswege nicht zu offenbaren. Vielmehr besteht auf selten der Klägerin zu 2 als dem deutschen Vertriebsunternehmen der Klägerin zu 1 ein berechtigtes Interesse, die Bezugswege von Software, die unter Verletzung der beschränkten Vertriebsrechtseinräumung gehandelt werden, in Erfahrung zu bringen, um derartige Rechtsverletzungen abstellen zu können.

5. Die Berufung ist demzufolge zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § § 97, 269 Abs. 3 ZPO, wobei der Senat die teilweise Klagerücknahme mit 10.000,- DM bewertet hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

 

 

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