Oberlandesgericht Düsseldorf
Az: I-1 U 28/07
Urteil vom 19.11.2007
Auf die Berufung des Klägers wird das am 15. Dezember 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Januar 2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.065,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 20. August 2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 60 % des ihm infolge der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung aufgrund des Unfallereignisses vom 30. April 2005 zukünftig entstehenden Schadens zu ersetzen.
Auf die Widerklage werden die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Widerklägerin 5.137,41 EUR zu zahlen.
Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen:
Von den Kosten in erster Instanz:
Von den Gerichtskosten tragen 10 % der Kläger, 12 % die Beklagten als Gesamtschuldner, 42 % die Widerbeklagten als Gesamtschuldner und 36 % der Beklagte zu 2. allein.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen 52 % der Kläger selbst, 12 % die Beklagten als Gesamtschuldner und 36 % der Beklagte zu 2. allein.
Von den außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten zu 2. und 3. tragen jeweils 54 % die Widerbeklagten zu 2. und zu 3. selbst und 46 % der Beklagte zu 2.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. tragen der Beklagte zu 2. selbst 48 %, 10 % der Kläger und 42 % die Widerbeklagten als Gesamtschuldner.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und zu 3. tragen jeweils 52 % die Beklagten und zu 3. selbst und 48 % der Kläger.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 36 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 64 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat zu einem Teil Erfolg.
I.
Wegen des Verkehrsunfalls vom 30. April 2005 in Oberhausen-Holten haften die Beklagten für den Unfallschaden des Klägers entgegen dem landgerichtlichen Urteil nicht nur zu 1/3, sondern zu 60 %. Bei der Bewertung der Schadenshöhe folgt der Senat hingegen dem Landgericht. Der Kläger kann von den Beklagten demnach über den bereits zugesprochenen Betrag von 591,86 EUR hinaus weitere 473,49 EUR (insgesamt 1.065,35 EUR) ersetzt verlangen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht in Bezug auf die in Anspruch genommene Kaskoversicherung zu der erkannten Quote.
Im einzelnen ist hierzu noch folgendes auszuführen.
Dem Landgericht ist im Ansatz darin zu folgen, dass auch der Kläger für die Unfallfolgen verantwortlich ist. Er wendet insoweit zu Unrecht ein, dass der Unfall für den Fahrer seines Pkw BMW 530 d unabwendbar gewesen sei. Es ist nämlich nicht nur nicht auszuschließen, dass ein besonders vorsichtiger Fahrer (Idealfahrer) anstelle des Drittwiderbeklagten, Herrn H., hinter dem langsam fahrenden Bus abgewartet hätte, wie sich dieser verhalten würde, sondern ein solches Verhalten war nach den getroffenen Feststellungen hier zweifelsfrei geboten. Dabei kommt es – wie das Landgericht im übrigen auch zutreffend ausgeführt hat – nicht darauf an, in welcher Weise der Drittwiderbeklagte zu 2. den Buswendeplatz erkennen und in seine Überlegungen einbeziehen konnte. Jedenfalls musste er nämlich berücksichtigen, dass der langsam fahrende Bus für ihn als Nachfolgenden ein nicht sichtbares Hindernis vor Augen haben konnte, welches ihn zum Langsamfahren veranlasste. Schon insoweit war, wie das Landgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, die Verkehrslage für den Drittwiderbeklagten zu 2. zumindest unklar im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Schließlich ergibt die Inaugenscheinnahme der vorliegenden Lichtbilder, dass zumindest der erste Einmündungsbereich des Buswendeplatzes einschließlich des Wartehauses aus Fahrtrichtung des Drittwiderbeklagten zu 2. erkennbar war. Der Senat teilt daher auch die Ansicht des Landgerichts, dass der Drittwiderbeklagte zu 2. zumindest einen Bezug zwischen dem Langsamfahren des Busses und der Bushaltestelle herstellen musste. Keineswegs durfte er bei dieser – unklaren – Verkehrslage mit zudem recht hoher Geschwindigkeit von feststellbar jedenfalls 70 km/h den Bus überholen. Das verkehrsrichtige Verhalten wäre ein Abwarten gewesen. Allerdings kann dem Drittwiderbeklagten zu 2. nicht als Verschulden angelastet werden, zu schnell gefahren zu sein, weil nicht festzustellen ist, dass sich die (ggfls. überhöhte) Geschwindigkeit auf den Unfall ausgewirkt hat.
Der Kläger wendet jedoch zu Recht ein, dass den Beklagten zu 1. an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls ein überwiegendes Verschulden trifft.
Der Beklagte zu 1. hat nämlich nach den – weiter zutreffenden Feststellungen des Landgerichts – seine Pflicht zur zweiten Rückschau verletzt. Dass er hierbei allerdings den linken Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt hat, kann ihm nicht zur Last gelegt werden. Dies ist nach den Feststellungen des Landgerichts nicht bewiesen.
Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsteile gemäß § 17 Abs. 1 StVG ergibt, dass den Beklagten zu 1. als Fahrer des Busses die überwiegende Verantwortung an dem Zustandekommen des Unfalles trifft. Seine Verletzung der Rückschaupflicht war die maßgebende Ursache für die Kollision.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen T. befand sich der Drittwiderbeklagte zu 2. mit dem BMW des Klägers bereits im Überholvorgang als der Beklagte zu 1. mit seinem Abbiegen ansetzte. Hätte er die gebotene Rückschau genommen, hätte er den Unfall unproblematisch durch ein Zurückstellen seiner Abbiegeabsicht vermeiden können. Dabei ist – wie das Landgericht zutreffend betont hat – insbesondere zu berücksichtigen, dass zum Kollisionszeitpunkt der BMW mit seinem vorderen Teil schon an dem Omnibus vorbeigefahren war.
Dieses erhebliche unfallursächliche Verschulden der Beklagten zu 1. gemeinsam mit der ohnehin erhöhten Betriebsgefahr des linksabbiegenden Busses führt gegenüber dem gleichfalls erheblichen unfallursächlichen Verschuldens des Drittwiderbeklagten zu 2. und dessen durch den schnellen Überholvorgang erhöhten Betriebsgefahr des Pkw BMW zu einer etwas überwiegenden Haftung, die der Senat mit 60 zu 40 zu Lasten der Beklagten bewertet.
Die Rügen des Klägers zur Bewertung der Schadenshöhe durch das Landgericht greifen nicht durch. Soweit der Nutzungswert des klägerischen Fahrzeuges in Frage gestellt worden ist, folgt der Senat dem Landgericht; ein Betrag von 79 EUR pro Tag ist jedenfalls angemessen und ausreichend (§ 287 ZPO). Eine Erhöhung wegen der angeblichen Sonderausstattung des BMW ist insoweit nicht weiter geboten. Auch die Auslagenpauschale hat das Landgericht zutreffend geschätzt.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Es besteht kein Anlass zur Zulassung der Revision, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.771,76 EUR festgesetzt.