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Corona Abstandsregeln – Einsatz als Greeter bei Hygienemaßnahmen

Mitbestimmung Betriebsrat

ArbG Berlin – Az.: 4 BVGa 9401/20 – Beschluss vom 30.07.2020

Die Anträge werden   z u r ü c k g e w i e s e n.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um ein Unterlassungsbegehren des Betriebsrats im Hinblick auf den Einsatz der eigenen Arbeitnehmer als sogenannte Greeter/Concierge sowie den Einsatz sogenannter „P400 Payment Terminals“.

Die Beteiligte zu 2) (künftig Arbeitgeberin genannt) ist eine im Handelsregister eingetragene Berliner Niederlassung der N. B.V. mit Sitz in Hilversum, Niederlande, und vertreibt Sport- und Fashionbekleidung. Sie beschäftigt mehr als 70 Arbeitnehmer, von denen täglich etwa 25 bis 30 eingesetzt werden. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) (künftig Betriebsrat genannt) ist der bei der Arbeitgeberin im August 2018 gewählte fünfköpfige Betriebsrat.

Nachdem im Zuge der Corona-Pandemie alle Einzelhandelsgeschäfte schließen mussten, teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat im Zuge einer Videokonferenz am 30.04.2020 mit, dass ab der Wiedereröffnung sogenannte Greeter/Concierge an dem Ein- bzw. Ausgang eingesetzt werden würden.

Die Arbeitgeberin öffnete das zweistöckige Ladengeschäft im Europacenter am 11.05.2020 wieder. Zuerst wurde dabei der Haupteingang als alleiniger Ein- und Ausgang, zuletzt der Haupteingang als alleiniger Eingang und der Ausgang in das Europacenter als alleiniger Ausgang genutzt.

Um den sich aus den Corona-Eindämmungsverordnungen und den Arbeitsschutzstandards ergebenden Anforderungen hinsichtlich Abstands- und Hygienemaßnahmen zu entsprechen sowie die maximal zugelassene Kundenanzahl in den Räumlichkeiten einhalten zu können, setzt die Arbeitgeberin seit der Wiedereröffnung die eigenen Mitarbeiter neben einem externen Sicherheitsmitarbeiter als sogenannte Greeter/Concierge an den Türen ein, sodass jede Tür stets mit einer Person besetzt ist (auch in den Pausen). Die Greeter sind unter anderem dafür zuständig die Einhaltung der zulässigen Maximalzahl an Kunden in den Räumlichkeiten zu überwachen und durchzusetzen und die Kunden auf die Verpflichtung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Räumlichkeiten sowie die Verwendung des bereitgestellten Desinfektionsschutzmittels hinzuweisen. Inwieweit sie im Übrigen die jedem Verkäufer auf der übrigen Fläche obliegenden Aufgaben zu erfüllen haben, beispielsweise den Kunden den Weg in die richtigen Abteilungen zu weisen und sie etwa auf Sonderaktionen aufmerksam zu machen, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Seit Anfang/Mitte Juni 2020 verhandeln die Beteiligten über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Gesundheitsschutz“, welche auch die hier streitgegenständlichen Punkte behandeln soll.

Am 22.06.2020 führte die Arbeitgeberin das mobile EC-Kartenterminal „P400 Payment Terminal“ ein, von denen sich insgesamt zwei Stück im hinteren Bereich des Ladengeschäfts aufgestellt auf zwei Tischen befinden, und wies die Arbeitnehmer an für bargeldlose Zahlungen auf der Verkaufsfläche nur noch diese Geräte zu nutzen, da die Assist Devices für eine direkte Kartenzahlung deaktiviert seien. Die Assist Devices sind mobile Geräte, die die Verkäufer bereits seit längerer Zeit auf der Verkaufsfläche für bargeldlose Zahlungen nutzen. Mit diesem Gerät werden die Artikel gescannt, sodann kann der Kunde mit seiner EC-Karte an dem Gerät direkt bezahlen. Zur Aktivierung des Assist Device muss der Verkäufer seine Personalnummer eingeben, sodass dadurch Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers überwacht werden könnten. Über die Verwendung der Assist Devices verhandeln die Beteiligten derzeit den Abschluss einer Betriebsvereinbarung.

Seit dem 22.06.2020 werden die Assist Devices nunmehr nur noch zum Scannen der Ware benutzt. Die Assist Devices werden mit dem mobilen EC-Kartenterminal „P400 Payment Terminal“ verbunden durch Eingabe eines Codes an dem Terminal und Scannen eines dann angezeigten QR-Codes durch das Assist Device. Der Kunde kann sodann nach Freischaltung selbstständig die Zahlung an dem P400 Payment Terminal vornehmen.

Der Betriebsrat wies die Arbeitgeberin mit E-Mail vom 13.07.2020 (Anlage AS6, Blatt 55ff. der Akte) auf verschiedene Zwischenfälle betreffend das Verhalten von Kunden im bzw. vor dem Ladengeschäft im Zeitraum von November 2019 bis Juli 2020 sowie auf einen Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1, 6 und 7 BetrVG durch den Einsatz der eigenen Mitarbeiter als Greeter sowie die Einführung der P400 Payment Terminals hin. Im Zuge dessen forderte er den Arbeitgeber auf zur Beseitigung der Sicherheitsrisiken sowie Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter zwei externe Security Mitarbeiter pro Stockwerk für die Verkaufsfläche und jeweils einen an der Eingangs- bzw. Ausgangstür einzusetzen sowie in Zukunft ausschließlich an der feststehenden Hauptkasse im Eingangsbereichs des sogenannten Ground Floors abkassieren zu lassen.

Der Betriebsrat hat am 09.07.2020 und am 23.07.2020 (Anlage AS8, Bl 85f., 89f. der Akte) beschlossen, die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit der Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zur Unterbindung des Einsatzes der eigenen Mitarbeiter als Greeter und der Nutzung des P400 Payment Terminals zu beauftragen.

Mit seinem am 20.07.2020 bei dem Arbeitsgericht eingegangen Antrag verfolgt der Antragsteller sein Begehren im Rahmen eines Eilverfahrens weiter.

Corona Abstandsregeln - Einsatz als Greeter bei Hygienemaßnahmen
(Symbolfoto: Von Halfpoint/Shutterstock.com)

Der Betriebsrat sieht seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6 sowie Nr. 7 BetrVG als verletzt an.

Die Arbeitnehmer seien durch den Einsatz als Greeter vermehrt Diskussionen mit Kunden ausgesetzt, was eine Konfliktgefahr berge und außerdem ein erhebliches Ansteckungsrisiko darstelle, da die Kunden vielfach keine Masken trügen bevor sie den Laden betreten. Schließlich seien durch den Einsatz von Mitarbeitern als Greeter nicht ausreichend Verkäufer auf der Fläche tätig, sodass durch die Unterbesetzung gegen die BV Arbeitszeit und Dienstplanung vom 03.03.2020 (Anlage AS3, Bl. 40ff. der Akte) verstoßen werde.

Im Zuge der Wiedereröffnung sei mündlich mit der Arbeitgeberin besprochen worden, dass die Kunden ausschließlich an den festinstallierten Hauptkassen bezahlen sollten, da auf der Verkaufsfläche Abstände nicht eingehalten werden könnten. Trotzdem habe die Arbeitgeberin absprachewidrig die Arbeitnehmer angewiesen, Kunden auch direkt auf der Verkaufsfläche abzukassieren, sofern sie sich dabei sicher fühlten. Durch den Einsatz der P400 Payment Terminals sei eine Kontrolle der Anzahl der abgewickelten Transaktionen möglich, sodass gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verstoßen werde. Ferner könne der Mindestabstand zu den Kunden nicht gewahrt werden, sodass auch gegen § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG verstoßen werde. Nach Abschluss des Bezahlvorgangs seien theoretisch die Geräte zu desinfizieren, dies sei aber aufgrund des hohen Kundenaufkommens nicht möglich.

Da mit beiden Maßnahmen die zu beachtenden Hygieneschutzstandards umgesetzt würden, handele es sich dabei vollumfänglich um mitbestimmungspflichtige Regelungen über den Gesundheitsschutz im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.

Der Betriebsrat beantragt,

1. der Beteiligten zu 2) zu untersagen, die in ihrem Betrieb in der T.straße 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Arbeitnehmern/innen mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG als „Greeter/Concierge“ am Eingang sowie Ausgang zur Überwachung und Regulierung des Kundenstroms einzuteilen, solange nicht

– die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zum Thema Gesundheitsschutz für die im Betrieb in der T.straße 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Arbeitnehmer/innen abgeschlossen haben oder

– eine entsprechende Vereinbarung durch eine Einigungsstelle beschlossen ist oder

– im Hauptsacheverfahren zu diesem einstweiligen Verfügungsverfahren über den Verfahrensgegenstand eine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden ist.

2. der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in ihrem Betrieb in der T.straße 9-12, 10789 Berlin die mobilen Kassenterminals „P 400 Payment Terminals“ zu nutzen, solange nicht

– die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zum Thema Gesundheitsschutz für die im Betrieb in der T.straße 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Arbeitnehmer/innen abgeschlossen haben oder

– eine entsprechende Vereinbarung durch eine Einigungsstelle beschlossen ist oder

– im Hauptsacheverfahren zu diesem einstweiligen Verfügungsverfahren über den Verfahrensgegenstand eine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden ist.

3. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die beantragte Verpflichtung nach den Anträgen zu 1. und 2. ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld anzudrohen.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin führt aus, im Rahmen der Videokonferenz am 30.04.2020 sei der Betriebsrat sei darüber aufgeklärt worden, dass die Positionen der Greeter von den eigenen Mitarbeitern wahrgenommen werden würden. Der Betriebsrat habe diesbezüglich keine Bedenken geäußert. Alle Arbeitnehmer trügen während der Arbeit Masken, auch die Greeter hätten nicht weniger Abstand zu den Kunden als andere Arbeitnehmer auf der restlichen Fläche. Die P400 Terminals seien gerade deswegen eingeführt worden um das Herüberreichen des Assist Devices an den Kunden zur Karten- und Pin-Eingabe zu vermeiden und somit ein eventuelles Ansteckungsrisiko zu minimieren. Die P400 Terminals würden als bloße Bezahlstelle fungieren und daher über die durch das Assist Device eröffneten Möglichkeiten keine weitergehenden Möglichkeiten der Kontrolle der Arbeitnehmer eröffnen. Eine Unterschreitung der Mindestbesetzung, welche ohnehin nicht vorliege, führe nicht zu einem Verstoß gegen die BV Arbeitszeit und Dienstplanung, sondern lediglich zur Zahlung von Zuschlägen für die eingesetzten Arbeitnehmer.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II.

Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nach § 2 a Absatz 1 Ziffer 1 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) eröffnet, das Arbeitsgericht Berlin ist im Hinblick auf den Betriebssitz nach § 82 ArbGG örtlich zuständig.

Gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist auch im Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig. Die Zulässigkeit der Androhung von Ordnungsmitteln ergibt sich aus § 890 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

Den Anträgen fehlt es nicht an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO notwendigen Bestimmtheit. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erfordert einen Antrag, der einzelne, tatbestandlich umschriebene, konkrete Handlungen zum Verfahrensgegenstand macht (vgl. schon Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 09.05.1995, 1 ABR 58/94, juris). Diesen Anforderungen genügen die Anträge des Betriebsrats. Den Anträgen lässt sich eindeutig entnehmen, welches Verhalten die Arbeitgeberin unterlassen soll.

2.

Die Anträge sind jedoch nicht begründet.

Gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935, 940 ZPO kann eine einstweilige Verfügung in betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten erlassen werden, wenn ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund gegeben sind. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind dafür gemäß § 928 ZPO glaubhaft zu machen.

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Dabei ist der Verfügungsanspruch im Sinne der §§ 935, 940 ZPO das von dem Antragsteller behauptete subjektive Recht bzw. der geltend gemachte Anspruch. Ein Verfügungsgrund im Sinne des § 940 ZPO ist dann anzunehmen, wenn die Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (vgl. dazu nur LAG Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2013, 9 TaBVGa 5/13, juris).

2.1

Hinsichtlich des Einsatzes der eigenen Arbeitnehmer als Greeter sind die Anträge unbegründet. Ob dem Betriebsrat ein Verfügungsanspruch zur Seite steht, kann im Ergebnis offenbleiben, da jedenfalls kein Verfügungsgrund dargetan ist.

2.1.1

Ein Verfügungsanspruch nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist nach Auffassung der Kammer nicht gegeben.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bezieht sich auf die Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer im Betrieb. Es erfasst die allgemeine betriebliche Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer, soweit deren Zusammenleben und Zusammenwirken berührt wird und damit ein Bezug zur betrieblichen Ordnung besteht. Das BAG unterscheidet dieses sogenannte Ordnungsverhalten vom nicht mitbestimmten Arbeitsverhalten. Hierbei geht es um Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar konkretisiert wird (siehe nur BAG, Beschluss vom 24. März 1981 – 1 ABR 32/78 –, juris, BAGE 35, 150-159; Erfurter Kommentar/Kania, 20. Aufl. 2020, BetrVG § 87 Rn. 18).

Zum nicht mitbestimmungspflichtigen Arbeitsverhalten zählen alle Maßnahmen, die keinen oder einen nur untergeordneten Bezug zur betrieblichen Ordnung aufweisen, sondern sich auf die arbeitsvertragliche Leistungsverpflichtung des Arbeitnehmers beziehen. Beispiele hierfür sind etwa Arbeitsanweisungen, mit denen der Arbeitgeber die Arbeitspflicht seines Arbeitnehmers konkretisiert, etwa die Klarstellung, dass vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte „mobile devices“ nicht in der Freizeit genutzt werden sollen (BAG, Beschluss vom 22. August 2017 – 1 ABR 52/14 –, juris, BAGE 160, 41-48) die Anordnung eines „Desk Sharing“ (dazu Oltmanns/Fuhlrott NZA 2018, 1225) oder die Weisung an einen Krankenpfleger, an Arzneimittelprüfungen teilzunehmen (BAG, Urteil vom 10. März 1998 – 1 AZR 658/97 –, juris) (Erfurter Kommentar/Kania, 20. Aufl. 2020, BetrVG § 87 Rn. 21a).

So liegt es auch im vorliegenden Fall. Nach Ansicht der Kammer handelt es sich bei der Einteilung der Arbeitnehmer als Greeter/Concierge um originäre Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts, sodass Raum für eine Mitbestimmung durch den Betriebsrat aufgrund von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht besteht. Der Arbeitgeber weist dem Arbeitnehmer Arbeit an einer bestimmten Position zu und konkretisiert damit unmittelbar die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers für die Zeit des einzelnen Dienstes.

2.1.2

Soweit der Betriebsrat eine Unterschreitung der Mindestbesetzung und dementsprechend einen Verstoß gegen die BV Arbeitszeit und Dienstplanung rügt, kann er daraus einen Verfügungsanspruch nicht herleiten.

Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber rechtswirksame Betriebsvereinbarungen im Betrieb durchzuführen. Der Betriebsrat hat einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Durchführung der getroffenen Vereinbarung und auf Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen (vgl. nur BAG, Beschluss vom 16.11.2011, 7 ABR 27/10, juris, NZA-RR 2012, 579; ErfK/Kania, 20. Aufl. 2020, § 77 BetrVG Rn. 8; Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 77 BetrVG Rn. 7 jew. mwN). Dieser kann durch einstweilige Verfügung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens gesichert werden (vgl. nur LAG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, NZA-RR 2018, 368 Rn. 64; GK-BetrVG/Kreutz, 11. Aufl. 2018, § 77 Rn. 27, jew. mwN).

Dass gegen diese Betriebsvereinbarung verstoßen worden ist, ist jedoch gar nicht ersichtlich. Wie die Arbeitgeberin richtigerweise klarstellt, führt eine Unterschreitung der in der BV vorgeschriebenen Mindestbesetzung – eine solche unterstellt –  lediglich zur Pflicht der Arbeitgeberin an die eingesetzten Arbeitnehmer Zuschläge zu zahlen. Darüber hinaus hat der Betriebsrat eine tatsächliche Unterschreitung nicht dargelegt.

Unabhängig davon scheint der Betriebsrat die Reichweite seiner Mitbestimmungsrechte dahingehend zu verkennen, dass auch bei Verstoß gegen die BV Arbeitszeit und Dienstplanung kein Anspruch auf Unterlassen „bis zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema Gesundheitsschutz für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer/innen“ bestehen kann.

2.1.3

Ob ein Verfügungsanspruch nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gegeben ist, kann offenbleiben, da jedenfalls kein Verfügungsgrund dargetan ist.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, die der Arbeitgeber auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat, bei deren Gestaltung ihm aber Handlungsspielräume verbleiben. Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG, Beschluss vom 19.11.2019, 1 ABR 22/18, juris Rn. 28, NZA 2020, 266; Beschluss vom 18.07.2017, 1 ABR 59/15, juris; NZA 2017, 1615; Beschluss vom 28.03.2017, 1 ABR 25/15, juris, NZA 2017, 1132, jeweils mit weitere Nachweisen).

Zwar sind für die Entscheidung zum Einsatz der Greeter gerade Gesundheitsschutzaspekte ausschlaggebend gewesen, nämlich die umzusetzenden Vorgaben der Corona-Eindämmungsverordnungen sowie der Arbeitsschutzstandards. Es erscheint aus der Sicht der Kammer jedoch bereits fraglich, ob aufgrund dieser Verordnungen überhaupt Raum für eine Mitbestimmung „wegen Fehlens einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe“ verbleibt, da § 2 Abs. 2 der Eindämmungsverordnung vom 21.07.2020 etwa die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern und der maximal für die jeweilige Fläche zugelassenen Personenzahl sowie die Steuerung des Zutritts und die Vermeidung von Warteschlangen vorgibt.

Soweit der Betriebsrat scheinbar keine Einwände gegen den Einsatz der Greeter an sich, sondern nur gegen den Einsatz der eigenen Mitarbeiter als Greeter hat und sich daher den Einsatz von insgesamt mindestens vier externen Securitymitarbeitern wünscht, kann daraus jedenfalls kein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG konstruiert werden. Vielmehr konterkariert dieser Vortrag gerade die im Übrigen von dem Betriebsrat geltend gemachten Belange. Es geht ihm bei dem Einsatz der Greeter nicht vornehmlich darum, dass sein Mitbestimmungsrecht übergangen worden sein soll, sondern nur darum, dass er andere externe Personen auf diesen Positionen eingesetzt sehen möchte. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. / BetrVG bezüglich Hygiene- (und Reinigungs)regelungen im Betrieb haben kann. Aus dem Vortrag des Betriebsrats (auch im

Anhörungstermin vom 30.07.2020) wird jedoch erkennbar, dass es dem Betriebsrat bei den Greetern nicht darum geht bestimmte Hygieneregelungen durchzusetzen, sondern vielmehr den Einsatz der eigenen Mitarbeiter vollständig zu unterbinden.

Der Betriebsrat hat allerdings keine Handhabe dafür den Arbeitgeber zu zwingen externe Arbeitskräfte einzusetzen. Dies ist ureigenster Teil der unternehmerischen Freiheit und unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.

2.1.4

Es liegt kein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO vor:

Die §§ 935, 940 ZPO setzen voraus, dass ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung für den Antragsteller ein wesentlicher Nachteil entsteht. Erforderlich ist, dass die Interessen des Antragstellers so gefährdet sind, dass durch Veränderung des status quo dessen Rechtsverwirklichung im gegenwärtigen oder zukünftigen Hauptverfahren vereitelt oder erschwert werden könnte (dazu MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl. 2016, § 940 ZPO Rn. 9).

Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens ist bei der Prüfung, ob ein Verfügungsgrund vorliegt, einerseits zu berücksichtigen, dass die Zwangsvollstreckung eines Beschlusses nach § 85 Abs. 1 ArbGG, sofern es sich nicht gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 1. HS ArbGG um einen Beschluss in vermögensrechtlichen Angelegenheiten handelt, erst nach Rechtskraft möglich ist (dazu LAG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, NZA-RR 2018, 368 Rn. 49; LAG Nürnberg, Beschl. v. 25.02.2016, 7 TaBVGa 4/15, BeckRS 2016, 69603 Rn. 34; LAG Berlin, Beschl. v. 12.11.2003, 3 Ta 2142/03, BeckRS 2003, 30454064; GK-ArbGG/Vossen, Lfg. 112 Stand: 01.11.2018, § 85 Rn. 55; GMP/Spinner, 9. Aufl. 2017, § 85 ArbGG Rn. 36). Zum anderen ist bedeutsam, dass gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO ausgeschlossen ist. Es bedarf daher in jedem Einzelfall zur Feststellung eines Verfügungsgrundes einer umfassenden Interessenabwägung. Dabei kommt es darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Interessen und Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, aaO; LAG Köln, Beschl. v. 20.05.2009, 8 TaBVGa 3/09, juris Rn. 54; Beschl. v. 13.08.2002, 12 Ta 244/02, NZA-RR 2003, 249; ErfK/Koch, § 85 ArbGG Rn. 5; GK-ArbGG/Vossen, § 85 Rn. 55). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass der Verfügungsgrund nicht bereits durch den Verfügungsanspruch indiziert wird (dazu LAG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, aaO Rn. 45 mwN).

Bei einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung von Beteiligungsrechten des Betriebsrates besteht oft die Gefahr, dass die Rechte ohne den Erlass einer vorläufigen Unterlassungsverfügung leerlaufen. Die Beteiligungsrechte können sogar endgültig vereitelt werden, wenn es sich um eine kurzfristige, zeitlich begrenzte Maßnahme handelt. Auch bei einer auf Dauer gerichteten Maßnahme wird das Beteiligungsrecht zumindest für die bereits verstrichene Zeit nicht mehr ausgeübt werden können (dazu GK-ArbGG/Vossen, § 85 Rn. 56; GMP/Spinner, § 85 ArbGG Rn. 37). Dies allein rechtfertigt eine Unterlassungsverfügung jedoch nicht. Das durch eine Unterlassungsverfügung zu sichernde Beteiligungsrecht des Betriebsrates ist nämlich kein subjektives, absolutes Recht des Betriebsrates, sondern eine Berechtigung, zum Schutz der Arbeitnehmer durch Ausübung des jeweiligen Beteiligungsrechts mitgestaltend tätig zu werden. Für die Feststellung eines Verfügungsgrundes kommt es daher nicht darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Beteiligungsrechte ganz oder jedenfalls für die Vergangenheit unmöglich gemacht wird, sondern darauf, ob für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung, der damit bezweckte notwendige Schutz der Arbeitnehmer unwiederbringlich vereitelt wird (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, juris Rn. 52; LAG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2010, 7 TaBVGa 2/09, juris Rn. 81; ErfK/Koch, § 85 ArbGG Rn. 5; GK-ArbGG/Vossen, § 85 Rn. 56; GMP/Spinner, § 85 ArbGG Rn. 37).

Im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung sind zu berücksichtigen das Gewicht des drohenden Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme für die Arbeitgeberin einerseits und für die Belegschaft andererseits. Das Gewicht des drohenden Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte ist umso höher, je klarer die Prüfung der Sach- und Rechtslage im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens ausfällt. Bei klar gegebenem mitbestimmungswidrigen Verhalten der Arbeitgeberin werden regelmäßig bereits geringfügige Beeinträchtigungen der Mitarbeiter für die Annahme eines Verfügungsgrundes ausreichen, da das Interesse der Arbeitgeberin an der Durchführung einer eindeutig mitbestimmungswidrigen Maßnahme nicht schutzwürdig ist. Umgekehrt gilt allerdings, dass bei weitgehend ungeklärter Sach- und Rechtslage die Anforderungen an den Verfügungsgrund erhöht sind. Bei einer in höherem Maße zweifelhaften Rechtslage kann regelmäßig keine einstweilige Verfügung ergehen (vgl. dazu LAG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2018, 3 TaBVGa 6/17, juris Rn. 50 ff.; LAG Köln, Beschluss vom 21.08.2013, 11 Ta 87/13, juris Rn. 31; LAG Hessen, Beschluss vom 15.11.2012, 5 TaBVGa 257/12, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dann ist das Hauptsacheverfahren bis zur rechtskräftigen Klärung der Streitfragen abzuwarten, es sei denn, dass schwerwiegende Schutzinteressen der Belegschaft ausnahmsweise selbst in einem solchen Fall das Durchführungsinteresse der Arbeitgeberin deutlich überwiegen (ArbG Wesel, Beschluss vom 24. April 2020 – 2 BVGa 4/20 –, Rn. 62ff., juris)

2.1.4.1

Diese Grundsätze zu Grunde gelegt ist nach einer Interessenabwägung ein Verfügungsgrund – das Bestehen eines Verfügungsanspruchs einmal unterstellt – nicht zu erkennen. Dies liegt an zwei Aspekten:

Einerseits muss festgehalten werden, dass es jedenfalls nicht sicher erscheint, dass für den Betriebsrat hinsichtlich des Einsatzes der Arbeitnehmer als Greeter überhaupt noch ein Mitbestimmungsrecht besteht. Selbst wenn es sich aber um mitbestimmungswidriges Verhalten handeln sollte, muss überlegt werden, was die Konsequenz wäre, wenn der Arbeitgeber die Greeter vorerst nicht einsetzen dürfte. Der Zugang zum Ladengeschäft würde nicht überwacht werden, sodass unkontrolliert Kunden in die Räumlichkeiten kommen würden. Diese würden jedenfalls zu den Hauptstoßzeiten die maximal zulässige Kundenanzahl überschreiten, sodass die Verkäufer auf der Fläche dann neben ihrer übrigen Tätigkeit zusätzlich noch dafür Sorge tragen müssten, dass Kunden das Ladengeschäft wieder verlassen. Dies kann kaum funktionieren, sodass die Arbeitgeberin hohe Bußgelder bis hin zur kompletten Schließung riskieren würde aufgrund des Nichteinhaltens der maximalen Kundenanzahl. Zusätzlich würde es dazu führen, dass vermehrt Kunden ohne desinfizierte Hände und insbesondere ohne Mund-Nasen-Bedeckung die Räumlichkeiten betreten und dementsprechend auch gegebenenfalls infektiöse Aerosole in den Räumlichkeiten verteilen. Dies würde dem Gesundheitsschutz der Mitarbeiter gerade zuwiderlaufen.

2.1.4.2

Anderseits ist auch aufgrund des langen Zuwartens des Antragstellers seit der Kenntnis über den beabsichtigten Einsatz der Greeter am 30.04.2020 bis zur Einreichung des hiesigen Unterlassungsantrags am 20.07.2020 die nach §§ 935, 940 ZPO erforderliche Dringlichkeit selbstwiderlegt.

Es ist anerkannt, dass der Verfügungsgrund wegen einer sogenannten Selbstwiderlegung dann fehlt, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht zügig betreibt. Der Antragsteller hat im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der einstweiligen Verfügung zu ermöglichen. Von ihm verursachte Verfahrensverzögerungen bei der Erwirkung der einstweiligen Verfügung lassen regelmäßig darauf schließen, dass ihm die Sache nicht in der für die §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Weise eilig ist (statt vieler OLG Hamm 15.3.2011 – 4 U 200/10 – BeckRS 2011, 08079, unter B. der Gründe). Die Möglichkeit der Entwertung des Eilantrags durch dringlichkeitsschädliches Verhalten wird in allen Prozessordnungen anerkannt (Kontusch, JuS 2012, 323, 324 m.w.N.), auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (siehe nur LAG Berlin-Brandenburg 5.6.2014 – 10 TaBVGa 146/14 – NZA-RR 2014, 538, Rn. 34 ff.). Ein „langes Zuwarten“ liegt vor, wenn ein Beteiligter in Kenntnis der Rechtsbeeinträchtigung längere Zeit untätig bleibt und seinen Anspruch nicht (gerichtlich) geltend macht (Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 26. März 2018 – 16 TaBVGa 57/18 –, Rn. 23, juris; Beschluss vom 28. Juni 2010 -16 SaGa 811/10- Rn. 26; Beschluss vom 15. Mai 2010 -16 SaGa 341/10-Rn. 22; 5. Juli 2006 -2 SaGa 632/06- Rn. 21; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl., D 10; Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 940 Rn. 4)

Die Gesamtbetrachtung des Vorgehens des Betriebsrats ergibt, dass er sein Begehren nicht mit dem erforderlichen Nachdruck verfolgt hat. Nach Ansicht der Kammer hat der Betriebsrat die Dringlichkeit der Anspruchsverfolgung selbst widerlegt.

Unabhängig davon, ob dem Betriebsrat bereits bei der Videokonferenz am 30.04.2020 mitgeteilt worden ist, dass die Greeter-Positionen mit den eigenen Mitarbeitern besetzt werden sollen, wusste der Betriebsrat jedenfalls seitdem, dass es diese Positionen geben wird. Dass eigene Mitarbeiter die Position ausfüllen werden sollen, ist dabei zumindest naheliegend und hätte zumindest eine Nachfrage des Betriebsrates erforderlich gemacht, was wohl nicht erfolgt ist. Spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Eröffnung am 11.05.2020 bzw. zum Zeitpunkt der Vorlage des Dienstplanes für die Zeit ab dem 11.05.2020 hatte der Betriebsrat jedenfalls positive Kenntnis. Mit der E-Mail vom 13.07.2020 hat der Betriebsrat sich ausweislich des Sachvortrags erstmals an den Arbeitgeber gewandt und einen Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte geltend gemacht. Eine weitere Woche später hat er durch die Verfahrensbevollmächtigten den hiesigen Antrag bei Gericht eingereicht.

Zwar hat der Betriebsrat am 09.06.2020 den Beschluss gefasst, mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen zu treten über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-VoV-2, welcher der Arbeitgeberin am 11.06.2020 mitgeteilt worden ist und von der Arbeitgeberin am 18.06.2020 bestätigt worden ist. Es ist jedoch nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, dass der Betriebsrat im Zeitraum seit dem 30.04. bzw. 11.05.2020 bis zum 11.06.2020 in irgendeiner Weise versucht hat, seine Rechtsbeeinträchtigung in diesem Zeitraum zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen. Auch wurde nichts dazu vorgetragen, dass der Betriebsrat ab dem Zeitpunkt der Bestätigung der Arbeitgeberin am 11.06.2020, in Verhandlungen treten zu wollen bis zum 13.07.2020, als der Betriebsrat die Arbeitgeberin per E-Mail mit der Rüge des Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte konfrontierte, noch bis zum 20.07.2020, als dem Betriebsrat die „zeitnahe“ Übermittlung eines Entwurfs für eine Betriebsvereinbarung angekündigt worden ist, das Verfahren vorangetrieben hat.

Aus all diesem (vorgerichtlichen) Vorgehen lässt sich nicht darauf schließen, dass dem Betriebsrat die Sache in der für die §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Weise eilig ist. Es ist dazu auch anzumerken, dass die begehrte Betriebsvereinbarung Gesundheitsschutz lediglich das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG abdecken dürfte, die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG (zu Nr. 6 sogleich) jedoch jedenfalls ausgehend von der Bezeichnung der Betriebsvereinbarung „Gesundheitsschutz“ nicht umfassen dürfte. Zum begehrten Inhalt der Betriebsvereinbarung hat der Betriebsrat keine Ausführungen gemacht.

2.2

Hinsichtlich des Einsatzes der P 400 Payment Terminals sind die Anträge ebenfalls unbegründet. Ob dem Betriebsrat ein Verfügungsanspruch zur Seite steht, kann im Ergebnis offenbleiben, da jedenfalls kein Verfügungsgrund dargetan ist.

2.2.1

Ein Verfügungsanspruch nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und ein Verfügungsgrund ist nach Auffassung der Kammer nicht gegeben.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dabei ist von einer Bestimmung zur Überwachung bereits dann auszugehen, wenn die technische Einrichtung zur Überwachung objektiv geeignet ist, wenn sie also individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, sodass es auf die subjektive Überwachungs- oder Verwendungsabsicht des Arbeitgebers nicht ankommt (st. Rspr. vgl. grundlegend: BAG, Beschluss vom 09.09.1975, 1 ABR 20/74, juris, AP BetrVG 1972 § 87; Beschluss vom 13.12.2016, 1 ABR 7/15, juris, NZA 2017, 657; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn. 55; Fitting, § 87 Rn. 226 u. 235, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Überwachung des Verhaltens oder der Leistung von Arbeitnehmern ist ein Vorgang, der verschiedene Phasen, nämlich die Ermittlung, Übermittlung und/oder Aufzeichnung sowie die Verarbeitung (Auswertung) von Kontrollinformationen durchlaufen kann, die alle vom Umfang des Regelungsgegenstandes erfasst sind (vgl. ArbG Wesel, Beschluss vom 24. April 2020 – 2 BVGa 4/20 –, juris, Rn. 35 – 48; GK-BetrVG/Wiese/Gutzeit, § 87 Rn. 545 ff.).

2.2.2

Es ist offensichtlich, dass es sich bei den P 400 Payment Terminals um technische Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt. So wie die Kammer die Ausführungen der Beteiligten in den Schriftsätzen sowie des Betriebsratsvorsitzenden im Anhörungstermin vom 30.07.2020 jedoch verstanden hat, funktioniert das P 400 Payment Terminal lediglich als Bezahlstelle, nachdem die Artikel mithilfe des Assist Devices gescannt worden sind. Wenn aber die Eingabe der Personalnummer und der Scanvorgang wie bereits früher auf bzw. mit dem Assist Device erfolgt und sodann lediglich durch Scannen eines QR-Codes und Eingabe des dann erscheinenden Codes die Verbindung zum P 400 Payment Terminal hergestellt wird, ist nicht ersichtlich, dass der P 400 Payment Terminal irgendwelche individualisierten oder individualisierbaren Verhaltens- oder Leistungsdaten (unabhängig von dem Assist Device) selbst erhebt und aufzeichnet. Dies wäre allerdings für das Entstehen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG notwendig.

Die Assist Devices werden nach unbestrittenem Vortrag bereits seit längerer (nicht genau bestimmter) Zeit genutzt ohne, dass der Betriebsrat dahingehend die Verletzung von Mitbestimmungsrechten gerügt zu haben scheint. Die Beteiligten stehen bezüglich deren Nutzung in Verhandlung zum Abschluss einer diesbezüglichen Betriebsvereinbarung. Auf die mitbestimmungswidrige Nutzung der Assist Devices stützt sich der Betriebsrat vorliegend gar nicht um sein Ziel des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung Gesundheitsschutz zu erreichen. Dies wäre wegen Selbstwiderlegung der Dringlichkeit im hiesigen Verfahren auch nicht zielführend (vgl. dazu bereits unter 2.1.4.2).

Wenn durch die P 400 Payment Terminals aber keine neue Möglichkeit geschaffen wird Daten selbst zu erheben, sondern dem alten Gerät nur eine neue Bezahlstelle hinzugefügt wird, kann dafür nichts Anderes gelten. Es gilt nach wie vor der Maßstab der Mitbestimmung für die Einführung der Assist Devices, die unproblematisch unter § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG fallen, aber offensichtlich schon seit längerer Zeit – wenn auch gegebenenfalls mitbestimmungswidrig – bei der Beklagten verwendet werden.

2.2.3

Unabhängig von der Frage, ob es überhaupt einen Verfügungsanspruch gibt und ob der Betriebsrat die Dringlichkeit bereits selbst widerlegt hat, wäre allerdings auch im Rahmen einer Interessenabwägung ein Verfügungsgrund zu verneinen, da die Einrichtung der P 400 Payment Terminals, jedenfalls in der von den Beteiligten dargestellten Verwendung, gerade dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer förderlich sind. Die Corona-Eindämmungsverordnungen und Arbeitsschutzstandards sehen gerade vor, dass Menschenansammlungen zu vermeiden sind. Wenn aber für alle Kunden lediglich die im Erdgeschoss festinstallierten Kassen verwendet werden dürfen, bildet sich notgedrungen eine Menschenansammlung an den Kassen – wenn auch im Idealfall mit dem nötigen Abstand zueinander. Durch den Einsatz der P 400 Payment Terminals, die auch noch im hinteren Bereich des Ladens aufgestellt worden sind, kann diese Menschenansammlung gerade entzerrt werden, sodass nicht so viele Kunden nah bei einander stehen und diese außerdem schneller bezahlen und das Ladengeschäft wieder verlassen können.

Soweit dazu vom Betriebsrat ausgeführt wird, man könne bei der Bezahlung den Abstand nicht einhalten und es gebe keine Zeit die Geräte nach der Benutzung zu desinfizieren, wie vorgeschrieben, konnte die Kammer dem nicht folgen. Der jeweilige Verkäufer muss den P 400 Payment Terminal lediglich mit seinem Assist Device zur Bezahlung freischalten, sodass der Kunde zur Bezahlung an den Terminal herantreten kann. Aus welchem Grund es dem Verkäufer dann nicht möglich sein soll, während der Bezahlung (an der er nicht weiter mitwirken muss) 1,5 Meter Abstand vom Kunden zu halten, erschließt sich nicht und konnte auch im Anhörungstermin vom 30.07.2020 nicht aufgeklärt werden. Die Zeit zur Desinfektion des Geräts muss sich danach dann genommen werden. Dass Verkäufer das Gerät trotz Anweisung nicht desinfizieren, weil sie meinen nicht genügend Zeit dafür zu haben, kann schwerlich der Arbeitgeberin angelastet werden.

3.

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da das vorliegende Beschlussverfahren gebührenfrei ist.

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