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Corona-Pandemie 3. Welle –  Schließung von Elektrofachmärkten

Oberverwaltungsgericht Thüringen – Az.: 3 EN 180/21 – Beschluss vom 26.03.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Außervollzugsetzung des § 8 Absätze 2 und 3a der Dritten Thüringer SARS-CoV-2-Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung (3. SARS-CoV-2-SondereindmaßnVO), soweit danach Geschäfte des Einzelhandels zu schließen sind.

Die Antragstellerin betreibt einen Elektrofachmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.750 m² in A…. Sie bietet ein Warensortiment an, das Haushaltsgroß- und Kleingeräte, Unterhaltungselektronik, Entertainment-, Informations- und Kommunikationstechik sowie jeweiliges Zubehör und auch weitere Waren (Kaffee, Tee, Batterien, Druckerpatronen etc.) sowie Servicedienstleistungen aller Art (Anlieferung, Installation, Ein- und Umbau, Einweisung, Planung, Reparatur / Instandhaltungen u. ä.) umfasst; wobei es sich – nach ihren Angaben – nicht um ein privilegiertes Sortiment nach § 8 Abs. 2 Satz 3 3. SARS-CoV-2-SondereindmaßnVO handelt.

Die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie mit deren Einverständnis der Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport erließen am 14. Dezember 2020 die Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2, die im Wege einer Notveröffentlichung nach § 9 Thüringer Verkündungsgesetz (ThürVerkG) noch am selben Tag auf der Internetseite des Ministeriums und am 18. Dezember 2020 im Thüringer Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 631 ff.) veröffentlicht wurde. Art. 1 dieser Mantelverordnung enthält in Ablösung der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO vom 29. November 2020 (GVBl. S. 583) die Dritte Thüringer Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Dritte Thüringer SARS-CoV-2-Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung – 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO). Diese Dritte Thüringer SARS-CoV-2-Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung wurde zwischenzeitlich durch Art. 1 der Verordnung vom 14. Dezember 2020 (GVBl. S. 631 ff.), Art. 1 der Verordnung vom 9. Januar 2021 (GVBl. S. 1 ff.), Art. 1 der Verordnung vom 25. Januar 2021 (GVBl. S. 57 ff.), Art. 2 der Verordnung vom 2. Februar 2021 (GVBl. S. 65 ff.), durch Art. 1 der Verordnung vom 18. Februar 2021 (GVBl. S. 95 ff.) und zuletzt durch Art. 1 der Verordnung vom 12. März 2021 (GVBl. S. 104 ff.) geändert. Die Rechtsverordnung, soweit im vorliegenden Streit noch erheblich, hat folgenden Wortlaut:

§ 1 Anwendungsvorrang

(1) Ergänzend zu den Bestimmungen der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung (2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO) vom 7. Juli 2020 (GVBl. S. 349) in der jeweils geltenden Fassung und den Bestimmungen der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) vom 13. Februar 2021 (GVBl. S. 73) in der jeweils geltenden Fassung gelten jeweils die Bestimmungen dieser Verordnung.

(2) Bei Abweichungen haben die Bestimmungen dieser Verordnung Vorrang; insoweit treten die Bestimmungen der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung sowie der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb zurück.

(3) Weitergehende Anordnungen und Maßnahmen nach § 13 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO bleiben unberührt. Für weitergehende Anordnungen nach Satz 1 ist in den Fällen der §§ 6a und 6b die vorherige Zustimmung der obersten Gesundheitsbehörde einzuholen.

§ 2 Grundsatz

Jede Person ist angehalten, die physisch-sozialen Kontakte zu anderen Personen außer zu den Angehörigen des eigenen Haushalts und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Die Anzahl der Haushalte, aus denen die Kontaktpersonen stammen, sollen möglichst konstant und gering gehalten werden. Damit verbunden ist ein dringender Appell an die Thüringer Wirtschaft, auf alle betrieblichen Aktivitäten zu verzichten, die derzeit nicht unabweisbar sind und dort wo es möglich ist, mit Instrumenten wie Betriebsrevisionen oder dem Vorziehen von Betriebsurlaub sowie der Gewährung der Tätigkeiten in Heimarbeit oder mobilem Arbeiten, die Pandemiebewältigung zu unterstützen.

§ 8 Geschäfte und Dienstleistungen

(1) Körpernahe Dienstleistungen, wie solche in Friseurbetrieben, Nagel-, Kosmetik-, Tätowier-, Piercing- und Massagestudios, sowie der Betrieb von Solarien und deren Inanspruchnahme sind zulässig, soweit die verantwortliche Person des Betriebs nach § 5 Abs. 2 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO ein angepasstes Infektionsschutzkonzept erstellt, vorhält und auf Verlangen der nach § 2 Abs. 3 ThürIfSGZustVO zuständigen Behörde vorlegt. Für die Inanspruchnahme der in Satz 1 genannten Dienstleistungen und Angebote sollen Kunden ein negatives Ergebnis einer nach § 9d Abs. 1 bis 3 entsprechenden Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 oder eine entsprechende Bescheinigung nach § 9d Abs. 4 vorweisen, sofern eine qualifizierte Gesichtsmaske nicht oder nicht durchgängig getragen werden kann. Die Kontaktnachverfolgung ist jeweils zu gewährleisten; § 3 Abs. 4 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO findet Anwendung.

(2) Geschäfte des Einzelhandels einschließlich Fabrikläden und Hersteller-Direktverkaufsstellen sind für den Publikumsverkehr zu schließen und geschlossen zu halten. Zulässig sind ausschließlich zum Versand, zur Lieferung oder zur Abholung vorgesehene Telefon- und Onlineangebote; die Abholung bestellter Waren durch Kunden ist nur zulässig, sofern die Übergabe kontakt- und bargeldlos außerhalb der Geschäftsräume erfolgt. Von der Schließung nach Satz 1 sind ausgenommen:

1. der Lebensmittelhandel einschließlich Bäckereien und Fleischereien, Getränke-, Wochen- und Supermärkte sowie Hofläden,

2. Reformhäuser,

3. Drogerien,

4. Sanitätshäuser,

5. Optiker und Hörgeräteakustiker,

6. Banken und Sparkassen,

7. Apotheken,

8. Filialen der Deutschen Post AG und Paketstellen von Logistikunternehmen,

9. Wäschereien und Reinigungen,

10. Tankstellen, Kfz-Handel, Kfz-Teile- und Fahrradverkaufsläden,

11. Tabak-, E-Zigaretten- und Zeitungsverkaufsstellen,

12. Tierbedarf,

13. Babyfachmärkte,

14. Kinderschuhgeschäfte,

15. Buchhandlungen,

16. Baumschulen, Gartenmärkte, Gärtnereien und Floristikgeschäfte

17. Brennstoffhandel sowie

18. der Fernabsatzhandel und der Großhandel.

(3) Geschäfte nach Absatz 2 Satz 1 mit gemischtem Sortiment dürfen für den Publikumsverkehr geöffnet bleiben, wenn und soweit

1. die angebotenen Waren dem regelmäßigen Sortiment entsprechen und

2. die Waren den Schwerpunkt des Sortiments bilden.

Geschäfte im Sinne des Satzes 1 sind solche, die neben den in Satz 1 genannten auch Waren aus nach Absatz 2 Satz 1 untersagten Geschäftsbereichen, für die keine Ausnahme nach A-satz 2 Satz 3 vorliegt, enthalten. Den Geschäften bleibt unbenommen, durch abgegrenzte Teilschließungen den Schwerpunkt in nach Absatz 2 Satz 3 zulässigen Sortimenten nach Satz 1 Nr. 2 zu gewährleisten.

(3a) Baumärkte dürfen nach vorheriger telefonischer oder elektronischer Vereinbarung Einzeltermine für einen bestimmten Zeitraum vereinbaren, an denen zeitgleich nur die Angehörigen eines gemeinsamen Haushalts teilnehmen; der vereinbarte Zeitrahmen darf nicht überschritten werden. Sofern gleichzeitig Einzeltermine für mehrere Kunden vergeben werden, darf sich nicht mehr als ein Kunde auf einer Fläche von 40 m² in dem Geschäft aufhalten. Die Infektionsschutzregeln nach den §§ 3 bis 5 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO sind zu beachten.

(4) Soweit Dienstleistungsbetriebe und Geschäfte nicht nach Absatz 2 zu schließen oder geschlossen zu halten sind, hat die jeweils verantwortliche Person nach § 5 Abs. 2 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO neben den Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 bis 3 sowie den §§ 4 und 5 Abs. 1 bis 4 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO sicherzustellen, dass sich in den Geschäfts- und Betriebsräumen nicht mehr als ein Kunde pro 10 m² Verkaufsfläche aufhält.

(5) Abweichend von Absatz 4 gilt für die Verkaufsfläche ab 801 m² eine Obergrenze von einem Kunden pro 20 m². Die Werte nach Absatz 4 und Satz 1 sind entsprechend zu verrechnen. Für Einkaufszentren ist zur Berechnung der nach Absatz 4 und Satz 1 maßgeblichen Verkaufsfläche die Summe aller Verkaufsflächen in der Einrichtung zugrunde zu legen.

§ 16 Außerkrafttreten

Corona-Pandemie 3. Welle -  Schließung von Elektrofachmärkten
(Symbolfoto: Von Visionlabs/Shutterstock.com)

Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft.

Nach Art. 4 der Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 trat die Verordnung am 15. Dezember 2020 in Kraft.

Die Antragstellerin hat am 18. März 2021 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die Außervollzugsetzung des § 8 Absätze 2 und 3a 3. SARS-CoV-2-SondereindmaßnVO und zugleich eine Normenkontrolle nach § 47 VwGO in der Hauptsache (Az. 3 N 179/21) beantragt.

Die Antragstellerin trägt zunächst zu ihrer Geschäftstätigkeit und den Folgen vor, welche mit der aufgrund der derzeit geltenden Schutzmaßnahmen weiterhin angeordneten Schließung ihres Ladengeschäfts drohten und die auch durch den seit der Änderung vom 9. Januar 2021 zulässigen Verkauf von Waren im sog. „click & collect“-System nicht kompensierbar seien. Des Weiteren trägt sie zu der ihrer Auffassung nach epidemiologischen Unbedenklichkeit der Geschäftstätigkeit sowie dazu vor, dass mit dem aktuellen Öffnungsverbot die Unterstellung des Verordnungsgebers einhergehe, das Infektionsgeschehen sei kausal auf die Öffnung von Einzelhandelsbetrieben, mithin auch auf ihren Einzelhandelsbetrieb zurückzuführen. Ihr zulässiger Antrag sei begründet, da der von ihr erhobene Normenkontrollantrag bereits nach summarischer Prüfung – offensichtlich – erfolgreich sei. Zunächst könne § 8 Absätze 2 und 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO in der Fassung vom 12. März 2021 auf keine dem Parlamentsvorbehalt genügende Verordnungsermächtigung gestützt werden. Die Bestimmungen, welche in der Präambel der – als Artikelverordnung in Artikel 1 auch die hier gegenständliche Dritte Thüringer SARS-CoV-2 Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung in der Fassung vom 12. März 2021 beinhaltende – Thüringer Verordnung zur Anpassung der Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung einer weiteren sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie gefährlicher Mutationen vom 12. März 2021 benannt seien, stellten keine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch sie erfolgenden Grundrechtseingriffe dar. Die zitierten Normen genügten insbesondere nicht dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die zur Überprüfung gestellten Vorschriften verstießen im Übrigen gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 GG, Art. 2 Abs. 1 ThürVerf) und das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung ergebe sich infolge des inkonsequenten Ausnahmesystems des § 8 Abs. 2 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO. Insbesondere die – stufenweise erweiterte – Aufzählung privilegierter Betriebe wie sie in § 8 Abs. 2 Satz 3 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO enthalten sei, nähme keine sachgerechte, sich an epidemiologischen Kriterien, wie sie in den Verordnungsbegründungen vom 14. Dezember 2020 und vom 12. März 2021 enthalten seien, orientierende Differenzierung vor. Entsprechendes gälte für die Ausnahmeregelungen nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 (Zulässigkeit „click & collect“ ohne Sortimentsbeschränkung) und auch nach Abs. 3 (Zulässigkeit für bestimmte „Mischsortimenter“) der 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO. Bereits insoweit fehle es den Ausnahmeregelungen in Bezug auf eine gestufte Erweiterung von Öffnungsprivilegien an Stringenz und Systemgerechtigkeit. Ein Verstoß gegen gleichheitsrechtliche Anforderungen innerhalb einer Stufe der Öffnungserweiterungen ergäbe sich des Weiteren aus § 8 Abs. 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO (Zulässigkeit „click & meet“ für Baumärkte ohne Sortimentsbeschränkung). Der Vorschrift könne entnommen werden, dass „click & meet“ im Rahmen der erreichten Stufe der Erweiterung von Öffnungsprivilegien als vertretbare Handlungsoption zur Wahrung des Infektionsschutzes bei gleichzeitiger Ermöglichung von Geschäftsöffnungen geeignet sei. Daher sei zum einen die allgemeine Schließungsanordnung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 der streitgegenständlichen Verordnung nicht mehr erforderlich. Zum anderen seien entsprechende Maßnahmen folglich auch für andere Betriebe in gleicher Weise geeignet, um den Infektionsschutz sicherzustellen, zugleich aber weniger belastend, da die Betriebe ihre Umsätze erhöhen könnten. Mithin gäbe es keine infektionsschutzrechtlich begründete Rechtfertigung dafür, strukturell gleichartigen Handelsunternehmen das für Baumärkte als vertretbar angesehene Handeln zu verwehren, obwohl dieses Handeln als Ausfluss der Gewerbefreiheit den verfassungsrechtlichen Grundzustand darstelle. Insoweit dürfe der Verordnungsgeber den freiheitsrechtlichen Zustand nicht aus Gründen der alltäglichen Notwendigkeit einschränken. Im Übrigen finde die Ermöglichung weniger belastender Maßnahmen für einen Teil von Einzelhandelsbetrieben auch keine Rechtfertigung in der obergerichtlichen Rechtsprechung. Die angegriffenen Maßnahmen verstießen auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie seien weder geeignet, noch erforderlich, noch verhältnismäßig im engeren Sinn. Eine Kausalität zwischen dem Anstieg der Infektionszahlen und der Öffnung von Einzelhandel und Ladengeschäften bestehe nicht; jedenfalls seien der Antragstellerin keine validen Studien bekannt, wonach die regelmäßig losen und kurzfristigen Kontakte beim Aufsuchen von Einzelhandelsgeschäften zur Entwicklung des pandemischen Geschehens beitrügen. Die mit der Schließung bewirkte Kontaktreduktion könne folglich nicht zur Vermeidung der Weiterverbreitung beitragen und sei daher bereits ungeeignet. Die Untersagung der Öffnung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie von Ladengeschäften sei jedenfalls nicht erforderlich. So seien etwa die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung, die Beschränkung der maximal zulässigen Kundenanzahl in Abhängigkeit zur Größe der Verkaufsfläche und die Pflicht zu Aufstellung eines Hygienekonzepts als mildere Mittel anzusehen. Das gelte auch im Hinblick auf eine sortimentsbezogene Schließung. Die angeordneten Schließungen seien schließlich nicht verhältnismäßig im engeren Sinn. Insoweit lägen schwerwiegende Fehler bei der (Rechtsgüter-)Abwägung des Verordnungsgebers zwischen einerseits dem durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Schutz des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und andererseits dem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Rechts auf Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin, in welches durch die angeordnete Schließung der betroffenen Ladengeschäfte „in gravierender Form“ eingegriffen werde. Auch die Maßnahme zum Schutz vor Corona nach § 8 Abs. 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO greife als Berufsausübungsregelungen in Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 35 Abs. 1 ThürVerf ein. Wie von der Antragstellerin dargelegt, zeige die betreffende Regelung auf, dass gleich geeignete, jedoch für Unternehmer weniger belastende Maßnahmen existierten, was ebenfalls darauf führe, dass den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht genügt sei. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne müsse im Übrigen die existenzbedrohende Wirkung der Maßnahmen berücksichtigt werden. Trotz umfangreicher Hilfsprogramme sei eine Existenzbedrohung – insbesondere mit Blick auf verspätete Hilfe – gegeben, so dass die auf Baumärkte beschränkte Zulassung von „click & meet“ nicht verhältnismäßig sei. Mithin lägen wesentliche Indizien dafür vor, dass der Vollzug der Rechtsvorschriften bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden müsse. Auch eine Folgenabwägung ergäbe, dass die beantragte einstweilige Außervollzugssetzung „dringend geboten“ sei. Dies ergäbe sich zum einen aufgrund der gravierenden Nachteile, die die Antragstellerin im Hinblick auf ihren Gewerbebetrieb und ihre Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG durch das Verbot der Öffnung ihres Ladengeschäfts aufgrund der Regelungen nach § 8 Absätze 2 und 3a 3. ThürSARS- CoV-2-SonderEindmaßnVO in der Fassung vom 12. März 2021 erleide. Einer vorläufigen Außervollzugsetzung stünden demgegenüber überwiegenden Nachteile gegenüber. Die Öffnung von Betrieben des Einzelhandels und schon gar nicht die des Geschäfts der Antragstellerin zeitige keine infektionsschutzrechtlich relevante Gefahrenlage. Die momentan hohen Infektionszahlen seien auf jahreszeitlich bedingte Umstände, wie die Witterung, auf private Zusammenkünfte und das uneinsichtige Verhalten einzelner Bürger zurückzuführen. Ein nachweislicher Kausalzusammenhang zwischen der Öffnung der betreffenden Geschäfte und den Infektionszahlen bestehe hingegen nicht. Gleichzeitig reduziere sich die Gefahrenlage mit der Ausweitung der Impfkampagne erheblich. Soweit eine Gefahr für die genannten Schutzgüter nicht ausgeschlossen werden könne, stünde sie dem Erlass der Anordnung gleichwohl nicht entgegen. Der Antragsgegner habe es in der Hand, die offenkundig rechtswidrige Rechtsverordnung an dem auf die Gerichtsentscheidung folgenden Tag durch eine rechtmäßige Rechtsverordnung zu ersetzen.

Die Antragstellerin beantragt, § 8 Abs. 2 und § 8 Abs. 3a der Dritten Thüringer Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2-SondereindmaßnVO) vom 14. Dezember 2020 zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 5 Buchst. c) und d) der Thüringer Verordnung zur Anpassung der Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung einer weiteren sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie gefährlicher Mutationen vom 12. März 2021, vorläufig außer Vollzug zu setzen, hilfsweise festzustellen, § 8 Abs. 2 und § 8 Abs. 3a der Dritten Thüringer Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2-SondereindmaßnVO) vom 14. Dezember 2020 zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 5 Buchst. c) und d) der Thüringer Verordnung zur Anpassung der Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung einer weiteren sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie gefährlicher Mutationen vom 12. März 2021, sind mit Art. 2 Abs. 1 ThürVerf unvereinbar.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er tritt dem Vorbringen entgegen und verweist insbesondere darauf, dass die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Maßnahmen, die nur von einer kurzen Geltungsdauer seien, seien auch aufgrund des weiterhin erheblichen und aktuell besorgniserregenden Infektionsgeschehens in Thüringen und des Gebotes zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung verhältnismäßig. Die angegriffenen Verordnungsbestimmungen verletzten auch nicht das Gleichheitsgebot; die darin liegenden Differenzierungen seien sachlich gerechtfertigt, dies auch vor dem Hintergrund einer behutsamen und vorsichtigen Öffnungsstrategie des Landes.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

1. Der Senat versteht den Antrag in der Hauptsache (§ 88 VwGO) so, dass die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO begehrt, die nicht nur lediglich § 8 Absätze 2 und 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO -) vom 18. Dezember 2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. März 2021 bis zu einer Entscheidung über ihren Normenkontrollantrag, sondern darüber hinaus auch die notwendigerweise mit der Schließungsanordnung inhaltlich verknüpften Regelungen des § 8 Abs. 3, 4 und 5 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO außer Vollzug setzt.

2. Der Antrag in der Hauptsache ist zulässig.

Die Statthaftigkeit des Antrags insgesamt ergibt sich aus § 47 Abs. 6 VwGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 4 ThürAGVwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von – wie hier – im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften.

Die Antragstellerin ist als Einzelhändlerin und Inhaberin eines in Thüringen gelegenen Elektrofachmarktes als juristische Person auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Durch die mit der streitgegenständlichen Verordnung bewirkte Schließung ihres Geschäfts ist sie in ihren Grundrechten aus Art. 14 GG und jedenfalls auch aus Art. 12 GG betroffen.

3. Der Antrag in der Hauptsache ist aber unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in Anlehnung an die Regelung in § 32 BVerfGG (vgl. auch § 26 ThürVerfGHG). An die vorläufige Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm, an deren Vollzug ein erhebliches Allgemeininteresse besteht, ist deshalb ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Insoweit sind die Folgen, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, ein Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die aufträten, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nur dann als Bestandteil der Folgenabwägung in die Bewertung einzubeziehen, wenn sich schon bei summarischer Prüfung im Anordnungsverfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Normenkontrollantrag unzulässig, offensichtlich unbegründet oder offensichtlich begründet ist (st. Rspr. des Senats: vgl. nur Beschluss vom 23. August 2011 – 3 EN 77/11 – LKV 2011, 472 m. w. N.).

Die begehrte einstweilige Anordnung ist – selbst bei Offenheit der Erfolgsaussichten der Normenkontrolle in der Hauptsache – jedenfalls nicht auf Grund der nach den genannten Maßgaben erforderlichen Folgenabwägung geboten (vgl. bei ähnlichen Sachverhalten und entsprechender Rechtslage: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Januar 2021 – 3 MR 3/21 – juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. März 2021 – 3 R 20/21 – juris / Pressemitteilung).

a. Ein Erfolg des Normenkontrollantrags ist – vor allem im Hinblick auf die hier aufgeworfenen Fragen der Gleichbehandlung – allenfalls offen.

Wie der Senat in seiner infektionsschutzrechtlichen Rechtsprechung betont, wirft der aktuelle Erlass infektionsschutzrechtlicher Regelungen angesichts der dynamischen Entwicklung der Corona-Pandemie und damit einhergehender Gefährdungen existentieller Rechtsgüter wie Leib und Leben sowie der vom Antragsgegner intendierten Abwendung erheblicher Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft einerseits und den damit verbundenen gravierenden Beschränkungen grundrechtlich geschützter Freiheitsräume bis hin zu deren vorübergehender Außerkraftsetzung andererseits schwierigste Rechts- und Tatsachenfragen auf, die in der fachjuristischen Diskussion kontrovers diskutiert werden. Diese Rechtsfragen sind einer abschließenden Klärung in einem Eilverfahren nicht zugänglich. Dies muss dem Hauptsacheverfahren und gegebenenfalls abschließender verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung nach notwendiger umfassender tatsächlicher und rechtlicher Erörterung vorbehalten sein (vgl. nunmehr: Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris; Bayerischer VerfGH, Entscheidungen vom 9. Februar 2021 – Vf. 6-VII-20 – juris und vom 23. November 2020 – Vf. 59-VII-20 – juris).

Im Einzelnen gilt hier:

aa. Rechtsgrundlage für die streitigen Verordnungsbestimmungen ist § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397).

Nach § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Nach § 7 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155), zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 21. September 2020 (GVBl. S. 501) wurde diese Verordnungsermächtigung differenziert nach Regelungsbereichen auf das für das Gesundheitswesen bzw. das für Bildung zuständige Ministerium übertragen.

bb. Durchgreifende evidente Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage drängen sich nicht auf. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine bisherige Rechtsprechung (Beschlüsse des Senats vom 23. März 2021 – 3 EN 119/21 – ; vom 17. März 2021 – 3 EN 93/21 – juris; vom 10. März 2021 – 3 EN 111/21 – juris Rn. 28 ff.; vom 9. März 2021 – 3 EN 105/21 – juris Rn. 29 ff.; vom 25. Februar 2021 – 3 EN 88/21 – juris Rn. 69 ff.; 18. Februar 2021 – 3 EN 67/21 – juris Rn. 30 ff.; 11. Februar 2021 – 3 EN 58/21 – juris Rn. 28 f.; vom 29. Januar 2021 – 3 EN 22/21 – juris Rn. 26 f.; vom 7. Januar 2021 – 3 EN 851/20 – juris Rn. 26; vom 21. Dezember 2020 – 3 EN 812/20 – juris Rn. 60; vom 25. November 2020 – 3 EN 746/20 – juris Rn. 40; vom 17. November 2020 – 3 EN 764/20 – juris; vom 13. November 2020 – 3 EN 729/20 – juris Rn. 95 ff.; vom 12. November 2020 – 3 EN 747/20 – juris Rn. 67; vom 8. November 2020 – 3 EN 725/20 – juris Rn. 93 ff.; zuvor bereits vom 10. April 2020 – 3 EN 248/20 – juris Rn. 34 ff.; vom 9. April 2020 – 3 EN 238/20 – juris Rn. 43 ff. und vom 8. April 2020 – 3 EN 245/20 – juris Rn. 36 ff.).

Auch soweit die Antragstellerin Zweifel unter Bezugnahme auf das verfassungsrechtliche Wesentlichkeitsprinzip und den darauf gründenden Parlamentsvorbehalt sowie zum Bestimmtheitsgrundsatz vorträgt (vgl. zu diesen Grundsätzen nunmehr eingehend: Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 378 ff., 385 ff.), zeigt sie damit keine bereits im Eilverfahren zwingend feststellbaren Mängel der Ermächtigungsgrundlage auf. Der Senat hat bereits nach Inkrafttreten des § 28a IfSG entsprechende Bedenken nicht geteilt (vgl. Beschluss vom 25. November 2020 – 3 EN 746/20 – juris). Er schließt sich im Übrigen dem Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 2. Februar 2021 (Az. LVG 4/21, veröffentlicht unter: https://verfassungsgericht.sachsen-anhalt.de/entscheidungen/?no_cache= 1#c94847) an, das hierzu ausführt:

„Abgesehen davon ist die Verordnungsermächtigung in § 32 S. 1 i. V. m. §§ 28, 28a IfSG aus Sicht des Landesverfassungsgerichts nicht verfassungswidrig. Insbesondere genügt sie den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG an die Bestimmtheit. Ihr Inhalt, ihr Zweck und ihr Ausmaß ergeben sich aus § 32 S. 1 IfSG in Verbindung mit den darin in Bezug genommenen Regelungen der §§ 28 bis 31 IfSG. Ihr Zweck ist die „Bekämpfung übertragbarer Krankheiten“, die § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG für die dort geregelte Generalklausel im Zweck der „Verhinderung der Verbreitung über-tragbarer Krankheiten“ aufgreift und § 28a Abs. 1 IfSG für die dort geregelten Schutzmaßnahmen zur „Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ im Ausmaß einer nach § 5 Abs. 1 S. 1 IfSG durch den Bundestag festgestellten „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ konkretisiert. § 28a Abs. 3 S. 1 IfSG richtet den Zweck von Schutzmaßnahmen gegen COVID-19 nach § 28a Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, nach § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 und nach §§ 29 bis 32 IfSG, also noch einmal eigens für die entsprechenden Verordnungen, näher auf den Schutz von Leben und Gesundheit und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems aus. Inhalt der Ermächtigung in § 32 S. 1 IfSG ist die abstrakt-generelle Regelung von Geboten und Verboten, die den Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG entsprechen und an die dafür maßgeblichen Voraussetzungen gebunden sind. Aus diesem Verweis auf die §§ 28 bis 31 IfSG ergibt sich auch das Ausmaß der Ermächtigung in § 32 S. 1 IfSG hinreichend bestimmt. Soweit die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen eine höhere parlamentsgesetzliche Regelungsdichte erforderte, bieten die Tatbestände der §§ 28, 28a IfSG genug Ansatzpunkte für eine entsprechende Eingrenzung der Reichweite der Ermächtigung im Wege einer verfassungskonformen Auslegung.“

Würde der Senat im Übrigen den Bedenken folgen, wären die gesetzlichen Bestimmungen dem Bundesverfassungsgericht im Wege eines Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen. Allein dem Bundesverfassungsgericht kommt insoweit die Normverwerfungskompetenz zu.

cc. Für den Senat ergeben sich auch keine durchgreifenden formellen Bedenken gegen den Erlass der Rechtsverordnung durch die Verordnung vom 14. Dezember 2020 und der sie ändernden Rechtsverordnungen.

Eine amtliche Begründung der Verordnungen, wie sie § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG vorsieht, hat der Verordnungsgeber auf der Homepage des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen publiziert (https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage).

dd. Auch bestehen nach einer angesichts des tatsächlichen Umfangs und der rechtlichen Schwierigkeiten der Angelegenheit nur möglichen vorläufigen Einschätzung jedenfalls keine solchen Bedenken gegen die erlassene Verordnung, die eine materielle Rechtswidrigkeit als zwingend erscheinen lassen.

(1) Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in §§ 29 bis 31 IfSG genannten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen.

Diese Generalklausel hat der Gesetzgeber mit dem Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) durch § 28a IfSG ergänzt. Nach dessen Absatz 1 können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere 17 im einzelnen benannte Standardmaßnahmen sein, so nach Nr. 14 die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerken, Einzel- und Großhandel.

(2) Für den Senat ergeben sich keine Zweifel daran, dass der Anwendungsbereich der genannten Rechtsgrundlagen eröffnet ist und deren besondere Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, was auch von der Antragstellerin nicht bestritten wird. Infolge der Corona-Pandemie, der zuletzt mit Beschluss des Bundestages vom 4. März 2021 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite und des derzeit erheblichen Infektionsgeschehens ist der Antragsgegner grundsätzlich verpflichtet, infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, die auch die Schließung des Einzelhandels umfassen können (§ 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG).

(3) Der Senat vermag im Eilverfahren auch nicht zwingend die Unverhältnismäßigkeit der hier streitigen Anordnungen zu erkennen.

(a) Die Feststellung einer übertragbaren Krankheit bedingt, dass die zuständige Stelle – sei es die zuständige Behörde im Wege des Erlasses von Verwaltungsakten oder die Landesregierung bzw. die von ihr ermächtigte Stelle im Wege des Erlasses einer Rechtsverordnung – zum Handeln verpflichtet ist. Die Stelle hat lediglich ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der anzuwendenden Schutzmaßnahmen.

Die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, lässt sich nicht im Vorfeld bestimmen. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet und nunmehr in § 28a Abs. 1 IfSG – im Rahmen dessen Anwendungsbereichs während der aktuellen Pandemielage – bestimmte notwendige Standardschutzmaßnahmen benannt.

Das Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss, nämlich Maßnahmen, „soweit“ sie zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit „erforderlich“ sind. Weiterhin betont das Gesetz den zeitlichen Aspekt: Maßnahmen dürfen nur getroffen werden, „solange“ sie erforderlich sind. Insgesamt sind dem Ermessen damit durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien: Bundestag-Drs. 8/2468, S. 27).

Dies ergänzt § 28a IfSG nunmehr für die Zeitdauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite aufgrund der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) durch weitere Vorgaben.

So sind nach § 28a Abs. 3 IfSG Entscheidungen über Schutzmaßnahmen insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten. Die Schutzmaßnahmen sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens regional bezogen auf die Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte an den Schwellenwerten nach Maßgabe der weiteren Regelungen ausgerichtet werden, soweit das Infektionsgeschehen innerhalb eines Landes nicht regional übergreifend oder gleichgelagert ist. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind breit angelegte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Unterhalb eines Schwellenwertes von 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen kommen insbesondere Schutzmaßnahmen in Betracht, die die Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen. Vor dem Überschreiten eines Schwellenwertes sind die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen insbesondere bereits dann angezeigt, wenn die Infektionsdynamik eine Überschreitung des jeweiligen Schwellenwertes in absehbarer Zeit wahrscheinlich macht. Bei einer bundesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Bei einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Nach Unterschreitung eines zuvor genannten Schwellenwertes können die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen aufrechterhalten werden, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Krankheit erforderlich ist.

Ferner bestimmt § 28a Abs. 6 IfSG, dass die Schutzmaßnahmen auch kumulativ angeordnet werden können, soweit und solange es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Krankheit erforderlich ist. Bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen sind soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Krankheit vereinbar ist. Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Krankheit nicht zwingend erforderlich ist.

Aus alledem folgt auch weiterhin, dass im Hinblick auf das gewählte Mittel, solange eine epidemische Lage wie vorliegend durch erhebliche Ungewissheiten und sich ständig weiterentwickelnde fachliche Erkenntnisse geprägt ist, der zuständigen Stelle – hier dem Verordnungsgeber – ein entsprechender Einschätzungsspielraum einzuräumen ist, soweit sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen (vgl. im infektionsschutzrechtlichen Zusammenhang: Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 427 ff.; BVerfG, Beschlüsse vom 12. Mai 2020 – 1 BvR 1027/20 – juris und vom 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE – juris; BayVGH, Beschlüsse vom 30. März 2020 – 20 NE 20.632 – juris Rn. 60 und – 20 CS 20.611 – juris Rn. 22; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2020 – OVG 11 S 12/20 – juris Rn. 10). Den tatsächlichen Ungewissheiten und den darauf aufbauenden Gefahrprognosen wohnen notwendigerweise Pauschalierungen, Verallgemeinerungen und Generalisierungen inne; die Regelungen bedürfen jedoch der Präzisierung mit fortschreitendem Erkenntnisgewinn.

Wie der Senat wiederholt betont hat und nunmehr auch in der gesetzlichen Regelung des § 28a IfSG zum Ausdruck gebracht wird, kommt dem Verordnungsgeber im Rahmen solcher dynamischen Entwicklungen eine fortwährende Beobachtungs- und Überprüfungspflicht zu, ob und inwieweit er an Einschränkungen festhält, sie aufrechterhält oder auch verschärft (Beschlüsse des Senats vom 10. April 2020 – 3 EN 248/20 – juris, vom 9. April 2020 – 3 EN 238/20 – juris und vom 8. April 2020 – 3 EN 245/20 – juris; vgl. so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE – juris).

(b) Hierbei ist zunächst davon auszugehen, dass der Antragsgegner im Sinne des gesetzlichen Stufenplans verpflichtet ist, umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (§ 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG). Die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen (im Folgenden: 7-Tage-Inzidenz) liegt thüringenweit nach den insoweit maßgeblichen Angaben des Robert Koch-Instituts (§ 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG; Angaben im Folgenden, soweit nicht anders angegeben: https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_0/) am 25. März 2021 bei 220,1 und ist bundesweit mit Abstand am höchsten (Sachsen: 167,3). Die 7-Tage-Inzidenz liegt damit überaus deutlich über dem gesetzlichen Schwellenwert von 50. Insgesamt ist die Entwicklung in Thüringen – nach einem Rückgang – seit Mitte Februar 2021 wieder von einem – in den letzten Tagen erheblichen – Anstieg der Fallzahlen gekennzeichnet.

Auch die weiteren indiziellen Fallzahlen und deren Entwicklung bestätigen die Annahme des Antragsgegners, dass nach wie vor eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland und deutlich gesteigert in Thüringen zu beobachten ist. Neben den aufgeführten Angaben zur 7-Tage-Inzidenz sind thüringenweit (nachfolgende Zahlen nach RKI a. a. O., soweit nicht anders angegeben) allein in den letzten 24 Stunden (25. März 2021) 1 030 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 (insgesamt 89 754) und 13 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Infektion (insgesamt 3 256) gemeldet worden. Derzeit werden 169 COVID-19-Patienten – mit deutlich steigender Tendenz in den letzten Tagen – intensivmedizinisch behandelt (Angaben nach: https://www.tmasgff.de/covid-19/fallzahlen; zur Gesamtbelastung der Intensivbetten: siehe Grafik unter https://www.mdr.de/thueringen/index.html). Zunehmende Bedeutung kommt ferner dem Umstand zu, dass mittlerweile die als ansteckungsgefährlicher geltenden Varianten des Coronavirus (B.1.1.7, B.1.351 und B.1.1.28) auch in Thüringen vermehrt nachweisbar sind (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Virusvariante.html;jsessionid=25F27AD7D1079364C964397ACC8CEFBF.internet081?nn=2386228). Bundesweit liegt der dem Verbreitungsgeschehen besondere Bedeutung zukommende 7-Tage-R-Wert um 1 (s. hierzu: „Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“, veröffentlicht unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html). Die Zahl der Geimpften (Thüringen: 234 541, Stand: 24. März 2021, https://www.mdr.de/thueringen/index.html) und die Zahl der Genesenen (Thüringen bei etwa 78 600) geben insbesondere im Hinblick auf die für das Eindämmung des Infektionsgeschehens bedeutsame Durchseuchungsrate von etwa 60 – 70 % noch keine Veranlassung, von dieser Bewertung abzurücken.

Auch der Einwand, es stünden hinreichend intensivmedizinische Behandlungsplätze zur Verfügung und es drohe damit kein Kollaps des Gesundheitssystems, verkennt grundlegend, dass die Kapazitätsgrenzen sich nicht nur allein aus den sachlichen, sondern auch aus den begrenzten personellen Ressourcen des Gesundheitssystems ergeben und diese sehr wohl – wie dies das Robert Koch-Institut resümiert – angesichts des dynamischen Geschehens kurzfristig erreicht werden können. Der Antragsgegner verweist plausibel auf die Grundlagen der medizinischen Einschätzung solcher Belastungsannahmen. Die Belastungsgrenzen ist bereits dann erreicht, wenn mehr als 20 % der intensivmedizinischen Behandlungsplätze mit COVID-19-Patienten belegt sind; was in Thüringen bereits der Fall ist. Angesichts der erkennbaren Entwicklungen droht insoweit eine weitere Zuspitzung der Lage (vgl. zu den Statistiken: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/coronavirus-intensivregister-divi-100.html; s. zu der aktuellen Einschätzung der in der Intensivmedizin tätigen Ärzte im Übrigen: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-intensivaerzte-fordern-sofortige-rueckkehr-zum-lockdown-in-deutschland-a-720faa60-e4c9-474c-b5d0-8ef4c3209058). Ob sich möglicherweise die Lage im Saarland anders darstellt (OVG Saarland, Beschluss vom 9. März 2021 – 2 B 58/21 – juris Rn. 30), ist für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich. Überdies verkennt der Einwand, dass der Antragsgegner zur Abwendung einer solchen – hier auch konkret drohenden – Gefahr nicht verpflichtet ist, die Belastungsgrenzen auszuschöpfen. Dies gewichtet offenbar den grundlegenden Auftrag des Staates für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung fehl; diesem kommt angesichts der oben genannten Krankheits- und Todeszahlen (bundesweit ca. 2,5 Mio. Infektionen und ca. 72 000 Tote) innerhalb eines Jahres eine erhebliche Bedeutung zu.

Der Senat hat insoweit auch keine Zweifel, dass bei dieser Entwicklung ein landesweites Vorgehen erforderlich ist (§ 28a Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 10 IfSG). Das Infektionsgeschehen ist innerhalb des Landes regional übergreifend und gleichgelagert. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in allen Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten bei über 50, wobei allein 7 Landkreise einen Wert von über 250 aufweisen. Begrenzbare lokale oder regionale Infektionsherde sind nicht erkennbar. Insoweit stellt sich die pandemische Lage anders als in anderen (flächengrößeren) Bundesländern dar (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Februar 2021 – 1 S 321/21 – juris).

(c) Dem Senat drängen sich keine Zweifel auf, dass die angegriffenen Maßnahmen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeitskriterien eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen.

(aa) Die angegriffene Verordnung zielt generell und mit ihren einzelnen Maßnahmen, wie der hier angegriffenen Regelung der Schließung des Einzelhandels, auf eine Kontaktreduzierung. Sie hat damit eine andere Zielrichtung als die weiterhin geltende Zweite Thüringer SARS-CoV2-Infektionsschutz-Grundverordnung, die auf eine Reduzierung der Gefahr von Infektionsübertragungen durch Hygienemaßnahmen und Sicherung der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten gerichtet ist. Allgemein formuliert dies § 2 Satz 1 3. ThürSARS-COV-2-SonderEindmaßnVO so, dass jede Person angehalten ist, die physisch-sozialen Kontakte zu anderen Personen (außer zu den Angehörigen des eigenen Haushalts und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht) auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.

Insgesamt dienen die Regelungen entsprechend der gesetzlichen Maßgabe (§ 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG) dem legitimen Zweck der Bekämpfung der Infektion und damit einhergehend dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Angesichts des dynamischen Geschehens mit weiterhin hohen Infektionszahlen, intensivmedizinischen Behandlungsfällen und Todesraten thüringen-, deutschland-, europa- und weltweit zielen die Maßnahmen – in einer Situation, in der Ansteckungsverläufe nicht mehr nachvollziehbar sind – darauf, massiv dieser gravierenden Infektionslage und deren – nunmehr auch wieder exponentiellen – Wachstum entgegenzutreten und eine rückläufige Entwicklung zu ermöglichen (siehe zu allem zuletzt: Beschlüsse der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 22. März 2021, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/besprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-vom-22-03-2020-1733248; Amtliche Begründungen zu den Thüringer Verordnungen vom 18. Dezember 2020, vom 25. Januar 2021, vom 2. Februar 2021, vom 18. Februar 2021 und vom 12. März 2021, https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage).

In seiner, für das jetzige Verfahren maßgeblichen Risikobewertung vom 15. März 2021 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html;jsessionid=25F27AD7D1079364C964397ACC8CEFBF.internet081?nn=2386228) führt das vom Gesetzgeber durch § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu vorrangig berufene Robert Koch-Institut insoweit aus:

Allgemein

Es handelt sich weltweit, in Europa und in Deutschland um eine ernst zu nehmende Situation. Insgesamt nimmt die Anzahl der Fälle weltweit zu, die Fallzahlen entwickeln sich aber von Staat zu Staat unterschiedlich: Manche Staaten erleben nach vorübergehendem Rückgang einen dritten Anstieg der Fallzahlen, in anderen Ländern gehen die Fallzahlen momentan zurück. In vielen Staaten wurde mit der Impfung der Bevölkerung begonnen, werden die hohen Altersgruppen priorisiert.

Ziel der Anstrengungen in Deutschland ist es, einen nachhaltigen Rückgang der Fallzahlen, insbesondere der schweren Erkrankungen und Todesfälle zu erreichen. Nur wenn die Zahl der neu Infizierten insgesamt deutlich sinkt, können auch Risikogruppen wie ältere Personen und Menschen mit Grunderkrankungen zuverlässig geschützt werden.

Nach einem Rückgang ab Ende Dezember steigen die 7-Tage-Inzidenz und Fallzahlen im Bundesgebiet seit Februar wieder an und beschleunigt sich aktuell, dies betrifft alle Altersgruppen unter 65 Jahren. Ein besonders rascher Anstieg wird bei Kindern und Jugendlichen beobachtet.

Auch der Rückgang der COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen setzt sich nicht weiter fort, sondern die ITS-Belegung mit COVID-19-Fällen stagniert aktuell oder steigt leicht an.

Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen dabei auch Menschen unter 60 Jahren.

In den meisten Kreisen handelt es sich um ein diffuses Geschehen, sodass oft keine konkrete Infektionsquelle ermittelt werden kann und man von einer anhaltenden Zirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) ausgehen muss. Neben der Fallfindung und der Nachverfolgung der Kontaktpersonen sind daher die individuellen infektionshygienischen Schutzmaßnahmen von herausragender Bedeutung (Kontaktreduktion, AHA + L und bei Krankheitssymptomen zuhause bleiben).

Zahlreiche Häufungen werden vor allem in Privathaushalten, in Kitas und zunehmend Schulen sowie dem beruflichen Umfeld einschließlich der Kontakte unter der Belegschaft beobachtet. Die Zahl von COVID-19-bedingten Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen und Krankenhäusern nimmt unter anderem aufgrund der fortschreitenden Durchimpfung weiter ab.

Für die Senkung der Neuinfektionen, den Schutz der Risikogruppen und die Minimierung von schweren Erkrankungen ist die Impfung der Bevölkerung von zentraler Bedeutung. Effektive und sichere Impfstoffe sind seit Ende 2020 zugelassen. Da sie noch nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen, werden die Impfdosen aktuell vorrangig den besonders gefährdeten Gruppen angeboten.

Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen.

Die Dynamik der Verbreitung einiger neuer Varianten von SARS-CoV-2 (B.1.1.7, B.1.351 und P1) ist besorgniserregend. Diese besorgniserregenden Varianten (VOC) werden auch in Deutschland nachgewiesen, der Anteil der Variante B.1.1.7 nimmt – mit regionalen Unterschieden – rasch zu. Aufgrund der vorliegenden Daten hinsichtlich einer erhöhten Übertragbarkeit der Varianten und potenziell schwererer Krankheitsverläufe trägt dies zu einer schnellen Zunahme der Fallzahlen und der Verschlechterung der Lage bei. Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen sehr gut vor einer Erkrankung durch die in Deutschland hauptsächlich zirkulierende Variante B.1.1.7, und sie schützen auch vor schweren Erkrankungen durch die anderen Varianten.

Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Diese Einschätzung kann sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern.

Krankheitsschwere

Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen zu. Das individuelle Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs kann anhand der epidemiologischen/statistischen Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren oder zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten.

Ressourcenbelastung des Gesundheitssystems

Die Belastung des Gesundheitssystems hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektionen, den hauptsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen (z. B. Isolierung, Quarantäne, physische Distanzierung) ab. Sie ist aktuell in weiten Teilen Deutschlands nach wie vor angespannt und kann sehr schnell wieder zunehmen, so dass das öffentliche Gesundheitswesen und die Einrichtungen für die stationäre medizinische Versorgung örtlich überlastet werden. Da die verfügbaren Impfstoffe einen hohen Schutz vor der Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung bieten, wird mit steigenden Impfquoten voraussichtlich auch eine Entlastung des Gesundheitssystems einhergehen.

Diese Bewertung findet ihre Grundlage in den angeführten indiziellen Fallzahlen (Neuinfektionen, Behandlungsfälle, intensivmedizinische Auslastung, Todesfälle, Reproduktionsfaktor, Impfquote u. a.) der vergangenen Tage (Deutschland: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html;jsessionid=5AB8A054EDA68C02E8884850AE486F6A.internet081?nn=2386228; Thüringen: https://www.tmasgff.de/covid-19/fallzahlen; Europa und Welt: https://www.ecdc.europa.eu/en/covid-19/situation-updates).

(bb) Von diesen Feststellungen ausgehend erweisen sich die hier angegriffenen Maßnahmen mittels der bezweckten Vermeidung infektionsgefährlicher Begegnungen und Kontaktreduzierung als geeignetes Mittel zur Eindämmung der Pandemie.

Nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis gilt für die Übertragbarkeit nach der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts folgendes (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html;jsessionid=0984DBEB350B4D8C8C6B544D360107C9.internet071?nn=2386228):

SARS-CoV-2 ist grundsätzlich leicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Das Infektionsrisiko ist stark vom individuellen Verhalten (AHA+L-Regel: Abstand halten, Hygiene beachten, Alltag mit Masken und regelmäßiges Lüften), vom Impfstatus, von der regionalen Verbreitung und von den Lebensbedingungen abhängig. Hierbei spielen Kontakte in Risikosituationen und deren Dauer (wie z. B. langer face-to-face Kontakt) eine besondere Rolle. Dies gilt auch bei Kontakten mit Familienangehörigen oder Freunden außerhalb des eigenen Haushalts und im beruflichen Umfeld.

Die VOC, die zuerst im Vereinigten Königreich (B.1.1.7), in Südafrika (B.1.351) und in Brasilien (P1) nachgewiesen wurden, sind nach Untersuchungen aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika und gemäß Einschätzung des ECDC noch leichter von Mensch zu Mensch übertragbar und unterstreichen daher die Notwendigkeit einer konsequenten Einhaltung der kontaktreduzierenden Maßnahmen. Insbesondere die VOC B.1.1.7 ist bereits relativ weit in Deutschland verbreitet.

Masken stellen einen wichtigen Schutz vor einer Übertragung durch Tröpfchen bei einem engen Kontakt dar. Wenn der Mindestabstand von 1,5 m ohne Maske unterschritten wird, z. B. wenn Gruppen von Personen an einem Tisch sitzen oder bei größeren Menschenansammlungen, besteht auch im Freien ein Übertragungsrisiko.

Bei SARS-CoV-2 spielt die Übertragung über Aerosole eine besondere Rolle. Die Aerosolausscheidung steigt bei lautem Sprechen, Singen oder Lachen stark an. In Innenräumen steigt hierdurch das Risiko einer Übertragung deutlich, auch über einen größeren Abstand als 1,5 m. Im Alltag können Masken die Freisetzung von Aerosolen reduzieren, aber nicht sicher vor einer Ansteckung schützen. Regelmäßiges intensives Lüften führt zu einer Reduktion der infektiösen Aerosole und ist daher ein wichtiger Bestandteil der Schutzmaßnahmen.

Es liegen inzwischen zunehmend Daten vor, die darauf hinweisen, dass die Impfung auch das Risiko einer Übertragung reduziert, diese aber nicht vollständig verhindert.

Davon ausgehend ist die – in den Amtlichen Begründungen der seit dem 14. Dezember 2020 erlassenen Verordnungen zum Ausdruck gebrachte – Annahme des Antragsgegners nicht zu beanstanden, dass eine Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung geeignet ist, dem Infektionsgeschehen entgegenzuwirken und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 bzw. 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen zu senken.

(cc) Dem Senat drängt sich weiterhin die mangelnde Erforderlichkeit der angegriffenen Maßnahme nicht auf.

Eine gesetzliche Regelung ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei dem Verordnungsgeber auch insoweit ein Einschätzungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 – u. a. und vom 20. Juni 1984 – 1 BvR 1494/78 – jeweils juris).

Der letztlich zum Ausdruck gebrachte Einwand der Antragstellerin, als milderes Mittel gegenüber der Schließung der Geschäfte des Einzelhandels käme die weitere Öffnung dieser Einrichtungen unter Beachtung strenger Hygienepläne, wie sie auch die Zweite Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung vorsieht, in Betracht, verkennt die grundsätzliche Zielrichtung der Maßnahme. Die Verordnung ist darauf gerichtet, in Zeiten eines erheblichen Infektionsgeschehens mit erheblichen Inzidenzwerten grundsätzlich Kontakte zwischen Personen zu vermeiden – ungeachtet der Möglichkeit zur Durchsetzung von Hygieneplänen. Diesem Ziel kann die Schließung von Geschäften des Einzelhandels als Begegnungsorte von Menschen ersichtlich dienen. Das Offenhalten ist im Hinblick auf dieses Ziel kein gleichgeeignetes und damit milderes Mittel.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Regelung nicht nur der Kontaktvermeidung in Geschäften dient, sondern weitergehend auch auf eine generelle Mobiltätsreduzierung der Bevölkerung gerichtet ist. Mit dem Einkauf sind nicht allein Begegnungen in dem Geschäft, sondern notwendigerweise auch auf dem Weg dorthin und zurück verbunden. Mit Öffnung von Verkaufsstellen wäre eine Erhöhung der zu vermeidenden Mobilität verbunden, mit der wahrscheinlichen Folge, dass die Anzahl sozialer Interaktionen und somit die Ansteckungsgefahr steigt.

Diese Anordnung mit dem Ziel der Kontaktbeschränkung als besonders effektive Maßnahme zur Verminderung infektionsfördernder Kontakte hat nicht grundsätzlich hinter anderen, weniger grundrechtlich einschränkenden Maßnahmen zurückzustehen. Dies muss jedenfalls in der derzeitigen Situation gelten, in der angesichts des Standes der Ausbreitung des Coronavirus und der erneut dramatischen dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens, die durch die konkret drohende Verbreitung noch infektiöserer Virusvarianten jederzeit im Sinne einer weiteren Steigerung der Infektionsfälle beeinflusst werden kann, mit erheblichen schweren Krankheits- und Todesfällen zu rechnen ist. Zudem besteht die vom Gesetzgeber intendierte Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten nicht mehr. Eine Unbeherrschbarkeit des Infektionsgeschehens ist eingetreten. Diese, den Verordnungen zu Grunde liegende Situationsbeurteilung wird von den tatsächlichen Feststellungen getragen und ist jedenfalls im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht anzufechten. Es bleibt insbesondere festzustellen, dass der von § 28a Abs. 3 IfSG benannte Grenzwert von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen, der zu umfassenden Schutzmaßnahmen verpflichtet, sowohl zum Zeitpunkt der Verlängerung der Verordnung durch Verordnung vom 12. März 2021 als auch zum Entscheidungszeitpunkt thüringenweit erheblich überschritten wurde bzw. wird.

Jedenfalls gebietet auch die Entwicklung anderer indizieller Fallzahlen derzeit noch keine abweichende Bewertung; insbesondere ist die Impfquote derzeit noch nicht auf einem Stand, der dies rechtfertigen würde. Dies wird aber zukünftig der Verordnungsgeber in den Blick nehmen müssen. Ebenso wird er berücksichtigen müssen, ob und inwieweit andere Methoden der Ansteckungsvermeidung – insbesondere verstärkte und flächendeckende Testungen, verbesserte Möglichkeiten der Kontaktnachverfolgung – gleich geeignete und mithin mildere Mittel zur Infektionsvermeidung sind und praktisch zur Verfügung stehen (vgl. im Übrigen mit Hinweisen auf andere Parameter OVG Lüneburg, zuletzt: Beschluss vom 11. März 2021 – 13 MN 70/21 – juris Rn. 56 ff.).

Diese Feststellung wird auch nicht durch die Behauptung erschüttert, dass ein wesentliches Infektionsgeschehen in den Bereichen des Einzelhandels nicht nachweisbar sei. Zum einen ist dem entgegenzuhalten, dass valide aktuelle Untersuchungen nicht vorliegen und auch nicht von den Antragstellerinnen vorgelegt werden. Älteren Untersuchungen dürfte zudem entgegen zu halten sein, dass sie sich auf bereits länger zurückliegende Zeiträume beziehen, in denen die Lage – auch aufgrund der neuen Varianten des Virus – noch deutlich weniger dynamisch war, und dürften insoweit zumindest zum Teil zeitlich überholt sein. Hinzu tritt die Diffusität des Infektionsgeschehens; der Verordnungsgeber geht von der – von Seiten des Senats nicht weiter anzuzweifelnden – Feststellung des Robert Koch-Instituts aus, dass mittlerweile in der überwiegenden Anzahl der Infektionen der Ausgangspunkt nicht mehr nachweisbar ist.

Auch der Stufenplan des Robert Koch-Instituts (ControlCOVID Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 19. März 2021, veröffentlicht unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html), der ein eher geringes Infektionsrisiko für den Einzelhandel ausweist, steht dem nicht entgegen. Zum einen geht auch das Institut selbst von einem – wenn auch geringen – Risiko aus, zum anderen empfiehlt es bereits bei einer 7-Tage-Inzidenz von 50 die Schließung des Einzelhandels zu erwägen; dies ist umso dringlicher angezeigt, als nunmehr in Thüringen der Wert bei über 200 liegt sowie die übrigen in dem Konzept genannten inzidenziellen Fallwerte ebenfalls überschritten sind.

Durch den – erwartbar zeitlich verzögerten – Rückgang der Infektionszahlen nach Erlass der Maßnahmen vom 14. Dezember 2020 (sog. „harter Lockdown“) dürfte indiziell deren Effizienz gegenüber weniger rechtsbeeinträchtigenden Maßnahmen insgesamt erwiesen sein. Annähernd vergleichbar effektive Handlungsalternativen zu der Reduzierung von Kontakten im Sinne der Dritten Thüringer SARS-CoV-2 Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung drängen sich jedenfalls nicht in einer Weise auf, dass derzeit allein diese in Frage kommen.

Die Erforderlichkeit der Schließungsanordnung wird – jedenfalls derzeit – noch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Verordnungsgeber nunmehr selbst in Gestalt der Einführung des Verkaufsmodells „click & meet“ für Baumärkte in § 8 Abs. 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO ein möglicherweise milderes Mittel zur Infektionsbekämpfung im Einzelhandel benennt. Dies würde verkennen, dass der Verordnungsgeber seine grundlegende Ausrichtung der Maßnahmen im Sinne der Kontaktbeschränkung damit ersichtlich nicht in Frage stellen will; er leitet lediglich vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens vorsichtige und behutsame Öffnungsschritte ein. Dies zwingt ihn nicht dazu, dies allgemein einzuführen; auch unter dem Gesichtspunkt der Geltung des Gleichheitsgrundsatzes ist keine andere Bewertung geboten (vgl. hierzu auch im Folgenden unter Ziff. 3. lit. a. dd. (4)).

(dd) Nach der summarischen Prüfung ist auch nicht zwingend anzunehmen, dass die Regelung unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen unangemessen ist.

Der Vortrag der Antragstellerin zeigt jedenfalls nicht auf, dass der beabsichtigte Verordnungszweck offensichtlich außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht. Die Maßnahme führt zwar unverkennbar zu – mittlerweile länger andauernden – Grundrechtseinschränkungen von erheblicher Intensität, vorrangig in Bezug auf die Grundrechte der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und des Eigentums (Art. 14 GG). Diese Rechte – wie auch andere Grundrechtspositionen – werden jedoch nicht unbeschränkt gewährt, sondern unterliegen einem Gesetzesvorbehalt. Dass diesen im Ergebnis ein unbedingter Vorrang gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gebührt, ist nicht festzustellen. Die Berufsausübung und die existenzsichernde Erzielung von Einnahmen in einem Bereich von gefahrerhöhender Tätigkeit können vorübergehend gegenüber der Durchsetzung überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange zurückzustehen haben. Zwar führt die Antragstellerin – sehr nachvollziehbar – zu den existenzbedrohenden Folgen der Maßnahmen aus; der Vortrag zeigt jedoch angesichts einer in Thüringen weiterhin bestehenden pandemischen Lage mit hohen Infektions-, Krankheits- und Todesraten den unbedingten Vorrang dieser Beeinträchtigungen vor dem staatlichen Auftrag zum Schutz von Leib, Leben und Gesundheit der Bevölkerung nicht auf. Angesichts der aktuellen indiziellen Fallzahlen und deren exponentiellen Wachstum handelt es sich dabei gerade nicht um ein fernliegendes Risiko, sondern um eine konkrete alltägliche Gefährdungssituation.

Auch vor dem Hintergrund des Vortrags der Antragstellerin ist neben der zeitlichen Befristung der Maßnahme auch weiterhin zu berücksichtigen, dass der Bund und der Antragsgegner zahlreiche Hilfsmaßnahmen beschlossen haben, die die Existenz von Unternehmen in der Corona-Krise sichern sollen. Auch wenn die Antragstellerin – allerdings nur sehr pauschal – vorträgt, dass die Hilfen möglicherweise unzureichend oder z. T. verspätet seien, verbleibt es zunächst bei der Feststellung, dass insbesondere auf Bundesebene im Zusammenhang mit den aktuellen Maßnahmen Hilfsprogramme aufgelegt sind, die den von den temporären Schließungen erfassten Unternehmen, Betrieben, Selbständigen, Vereinen und Einrichtungen eine außerordentliche Wirtschaftshilfe gewähren und sie für finanzielle Ausfälle entschädigen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, dass diese Hilfen ihr Ziel im Einzelhandel in der Breite völlig verfehlen. Überdies treten daneben die Programme des Bundes und der Länder zur wirtschaftlichen Bewältigung der Pandemiefolgen, wie die erweiterten Möglichkeiten der Gewährung von Kurzarbeitergeld, der Aussetzung von Insolvenzverfahren und branchenspezifische Hilfsprogramme (vgl. hierzu nur die Übersichten: Bund: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/info-unternehmen-selbstaendige-1735010; Land: https://wirtschaft.thueringen.de/corona/). Zwar mag die Bewilligung einzelner Hilfen sich hinauszögern, dadurch werden sie jedoch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. So kann auch die Antragstellerin jedenfalls davon profitieren, dass die Regelungen zum Kurzarbeitsentschädigung bewirken, dass ein beachtlicher Teil ihrer monatlichen Fixkosten derzeit staatlich aufgefangen wird.

Der Senat kann im Übrigen angesichts pauschaler Aussagen nicht nachvollziehen, ob und inwieweit die Antragstellerin von den staatlichen Überbrückungshilfen nicht profitiert. Insoweit ist auch auf die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministers vom 16. Februar 2021 hinzuweisen, bisherige Begrenzungen wegfallen zu lassen und einen Härtefallfond einrichten zu wollen (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/Fragmente/kleine-mittlere-grosse-unternehmen-haertefallhilfen.html).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es der Antragstellerin weiterhin im beschränkten Umfang ermöglicht wird, Online-Handel bzw. Handel im Modell des „click-and-collect“ zu betreiben.

(4) Soweit die Antragstellerin mit ihrem Vortrag eine grundrechtswidrige Ungleichbehandlung zu anderen geöffneten Bereichen des Wirtschaftslebens geltend macht, führt dies nicht zwingend auf eine Annahme der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme.

Hierbei ist schon zweifelhaft, ob und inwieweit der Vorwurf gleichheitswidriger Behandlung zu den Bereichen der Wirtschaft, in denen weiterhin wirtschaftliche Betätigung möglich ist, überhaupt im Eilverfahren auf eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Bestimmungen führen muss (Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. April 2020 – 20 NE 20.793 – juris). Allein ein solcher Rechtsverstoß unterstellt, eröffnet dem Verordnungsgeber – soweit nicht andere rechtserhebliche Gesichtspunkte Anderes (wie die Erweiterung der bestehenden Regelung) gebieten (vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 22. Mai 2020 – 3 EN 341/20 – juris) – erneut einen Entscheidungsspielraum, diesen Gleichheitsverstoß zu beseitigen. Dies schließt vorliegend nicht aus, im Interesse des Infektionsschutzes und der Vermeidung weiterer Infektionen Kontaktbeschränkungen gegebenenfalls auch für weitere, bislang geöffnete Bereiche des Wirtschaftslebens einzuführen.

Ungeachtet dessen muss ersichtlich die Klärung der Frage der Legitimität der Ungleichbehandlung durch die grundsätzliche Schließung von Geschäften des Einzelhandels für den Publikumsverkehr einerseits und als Ausnahme davon die – qualitativ und quantitativ gestufte bzw. zeitlich gestreckte – Öffnung von Geschäften im Sinne etwa des § 8 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 3 3. ThürSARS- CoV-2-SonderEindmaßnVO bzw. der Ermöglichung beschränkter Geschäftstätigkeit im Rahmen der „click & collect“- und „click & meet“-Modelle nach § 8 Absätze 3 und 3a ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO andererseits dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat zuletzt zu den Anforderungen des insoweit im Bundes- und Landesrecht inhaltlich nicht wesentlich divergierenden allgemeinen Gleichheitssatzes im Hinblick auf infektionsschutzrechtliche Regelungen ausgeführt (Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 511 ff.):

Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hierbei verbleibt ihm grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen erst überschritten sind, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung nicht mehr auf sachlichen Erwägungen beruht und willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 17/83 -, BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Es ist insoweit nicht Sache eines Verfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich, ob die äußersten Grenzen gewahrt sind (zur entsprechenden Beschränkung seines Prüfungsumfangs siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27). Dieser aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf für den parlamentarischen Gesetzgeber resultierende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend, allerdings ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger, da ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen besteht (vgl. insoweit zu den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 GG: BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1963 – 1 BvR 265/62 -, BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22), sondern muss vielmehr den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 18). In den Grenzen des ihm zustehenden Ermessens muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und sich von sachfremden Erwägungen freihalten (vgl. BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22; BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39).

Dies hat zur Folge, dass sich die Regelungen an den Zwecken dieser bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung auszurichten haben, wenn durch diese Ungleichbehandlungen erfolgen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 – juris, Rn. 19). Ungleichbehandlungen dürfen somit grundsätzlich allein aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erfolgen, da nur zu diesem Zweck die Verordnungsermächtigung erteilt ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 19). Über diese infektionsschutzrechtlichen Gründe hinaus kommen allenfalls noch andere überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls in Betracht, um Ungleichbehandlungen rechtfertigen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 20).

Ferner führt der Thüringer Verfassungsgerichtshof (Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 513) zu den gleichheitsrechtlichen Anforderungen im Zusammenhang mit Öffnungsstrategien nach einem sog. infektionsschutzrechtlich bedingten „Lockdown“ aus:

In der besonderen Konstellation der teilweisen Wiedergestattung bisher untersagter Tätigkeiten nach einem umfassenden „Lockdown“ kann es jedoch darüber hinaus sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen und Differenzierungen geben, die (allein) weder infektionsschutzrechtliche Gründe noch überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls darstellen (vgl. schon VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 22). In solchen Fallkonstellationen können unter Umständen verschiedene, infektionsschutzrechtlich gleichwertige Lösungen in Betracht kommen, unter denen der Normgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums wählen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 22). Daher folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz bei Entscheidungen über Betriebsöffnungen kein Automatismus i. S. v. „alle oder keiner“. Auch ist es nicht geboten, dass der Normgeber hinsichtlich mehrerer möglicher Lösungen die zweckmäßigste oder gar die „vernünftigste“ wählt (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 22. April 2020 – 2 B 130/20 -, juris Rn. 23). Eine strikte Beachtung eines Gebots innerer Folgerichtigkeit kann insoweit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 26. März 2020 – 5 Bs 48/20 – juris Rn. 13; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27. April 2020 – 13 MN 98/20 – juris Rn. 64; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. April 2020 – 1 S 1101/20 -, juris Rn. 52). Insbesondere im Falle von Massenerscheinungen, die sich – wie das vorliegende weltweite Infektionsgeschehen – auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, ist dem Normgeber zuzugestehen, dass er auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen kann, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 21. Oktober 2020 – Vf. 26-VII-20 -, Rn. 24, juris).

Unter Berücksichtigung dessen bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber, indem er die Öffnung von Betrieben und Einrichtungen gestuft vornimmt, den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum in willkürlicher oder unvertretbarer Weise verlassen hat. Die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass weiterhin erhebliche Risiken der Infektion mit dem Coronavirus für große Teile der Bevölkerung bestehen und diese sich insbesondere bei einer ausnahmslosen Wiedereröffnung aller Betriebe und Einrichtungen realisieren können, ist angesichts der genannten indiziellen Fallzahlen erkennbar nicht zu beanstanden. Darüber hinaus drängt sich nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Rechts- und Tatsachenprüfung nicht auf, dass der Verordnungsgeber hinsichtlich der von ihm vorgenommenen Priorisierungen einzelner Einrichtungen unvertretbar oder willkürlich vorgeht und damit den ihm zukommenden Einschätzungsspielraum überschritten hat. Die vom Antragsgegner in den publizierten Amtlichen Begründungen zu Grunde gelegten Abwägungsvorgänge legen jedenfalls nahe, dass hier zumindest keine Willkürentscheidung im Raume steht. Soweit das OVG Saarland dies für die dortige Regelung der Ausnahmen von der allgemeinen Ladenschließung anders beurteilt, ist dies erkennbar auf die Sach- und Rechtslage in Thüringen nicht übertragbar (OVG Saarland, Beschluss vom 9. März 2021 – 2 B 58/21 – juris Rn. 20 ff.).

Dies gilt insbesondere für die Grundentscheidung des Antragsgegners in § 8 Abs. 2 Satz 3 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO, den Einzelhandel für Lebensmittel (Nr. 1) und andere Waren und Dienstleistungen, die der Deckung alltäglicher existentieller Grundbedürfnisse dienen (Nr. 2 – 14, 17 und 18), von der grundsätzlichen Schließungsanordnung auszunehmen. Der Verordnungsgeber hat damit Wirtschaftsbereiche ausgenommen, die für die Allgemeinheit wegen ihrer Grundversorgungsfunktion für nicht verzichtbare, Grundbedürfnisse betreffende Produkte von besonderer Bedeutung sind.

Die weitere Entscheidung des Verordnungsgebers, dem Lebensmitteleinzelhandel in den Grenzen des § 8 Abs. 3 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO auch den Weitervertrieb von Sortimentsteilen jenseits von Lebensmitteln und Getränken zu gestatten, obwohl den Geschäften, die allein oder überwiegend nicht privilegierte Waren anbieten, die Betriebsöffnung derzeit untersagt ist, findet ebenso eine sachliche Rechtfertigung. Diese Unterscheidung beruht – entgegen der Annahme der Antragstellerin – durchaus auf Gründen des Infektionsschutzes. Der Antragsgegner konnte ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass, nachdem er den Lebensmittel- und Getränkehandel zum Zwecke der Grundversorgung ohnehin nicht schloss, der Verkauf von anderen Produkten in diesen Geschäften jedenfalls dann, wenn sie nur einen untergeordneten Umfang annehmen, zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen würde. Eine Öffnung aller Geschäfte würde im Gegensatz dazu aus den oben genannten Gründen voraussichtlich einen erheblichen Anstieg dieser Infektionsquellen nach sich ziehen (vgl. zu allem Beschluss des Senats vom 25. Februar 2021 – 3 EN 88/21 – juris Rn. 144 unter Bezugnahme auf: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Februar 2021 – 1 S 398/21 – juris Rn. 107 ff.).

Auch wenn die Sortimentszusammenstellung nicht mehr ausschließlich der Versorgung mit Waren zur Befriedigung existentieller Grundbedürfnisse in dem dargestellten Sinne dient, so spricht – jedenfalls im Sinne einer Willkürfreiheit – durchaus einiges für eine sachliche Rechtfertigung dessen, dass der Antragsgegner im Sinne einer vorsichtigen Lockerung der strikten Kontaktbeschränkungen und damit einhergehend der Öffnung des Einzelhandels mit den Verordnungen vom 18. Februar 2021 und vom 12. März 2021 weitere Geschäftsbereiche – nämlich den Einzelhandel für Garten- und Floristikbedarf und Buchhandlungen – von der Schließungsanordnung ausnimmt und jedenfalls Baumärkten im Modell „click & meet“ beschränkt eine Aufnahme der Geschäfte ermöglicht. Die in den Amtlichen Begründungen genannten Erwägungen, nämlich jahreszeitliche Erfordernisse des Gartenbaus, die Versorgung der Bevölkerung mit Lesemitteln auch zur schulischen und beruflichen Fortbildung sowie Ermöglichung der Beratung bei dem Erwerb von Baumaterialien und technischen Geräten, sind jedenfalls nicht ohne weiteres rechtlich zu beanstanden. Der Senat sieht diese Erwägungen durchaus von der Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers im Rahmen vorsichtiger Öffnungsstrategien noch gedeckt. Das Gericht hat insoweit nicht darüber zu entscheiden, ob es sich um die vernünftigste Regelung handelt. Soweit das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 19. März 2021 – 13 B 252/21.NE – juris Rn. 99 ff.) insoweit Differenzierungen anders bewertet, erfolgt dies vor dem Hintergrund einer anderen Rechtslage (grundsätzliche Öffnung aller Einzelhandelsgeschäfte bei niedrigerer Inzidenz).

Entsprechendes gilt im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner im Sinne einer vorsichtigen Lockerung der strikten Kontaktbeschränkungen und damit einhergehend der gestuften bzw. schrittweisen Öffnung des Einzelhandels eine Privilegierungsmaßnahme bzw. die Privilegierungserweiterungen einer Öffnungsstufe nicht sofort auf alle dafür grundsätzlich in Frage kommenden Einzelhandelsbetriebe erstrecken muss. In den Grenzen des Willkürverbots ist eine gewisse Verteilung der Anzahl der für eine Öffnung vorzusehenden Einzelhandelsbetriebe, welche für eine Privilegierungsmaßnahme nach der Art ihrer Geschäftstätigkeit grundsätzlich in gleicher Weise in Frage kommen, auf überschaubare Zeitintervalle mit Prüf- und Reaktionsmöglichkeiten im Hinblick auf das Pandemiegeschehen, infektionsschutzrechtlich und damit sachlich begründbar und gerechtfertigt. Insoweit ist hier – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – im Hinblick auf die zunächst ausschließlich auf Baumärkte beschränkte Zulassung des „click & meet“-Modells gemäß § 8 Abs. 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO – auch im Hinblick auf das bereits vorstehend ausgeführte – nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber bereits die Grenzen des Willkürverbots und damit die Grenzen der ihm infektionsschutzrechtlich zukommenden Einschätzungsprärogative überschritten hat. Im Rahmen seiner fortwährenden Beobachtungs- und Überprüfungspflicht hat der Verordnungsgeber im Rahmen der Realisierung einer vorsichtigen Lockerung der strikten Kontaktbeschränkungen unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes auch darauf zu achten, dass eine, ab einer bestimmten Öffnungsstufe als infektionsschutzrechtlich vertretbar identifizierte, Privilegierungsmaßnahme in einem unter infektionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten angemessenen Zeitraum auf alle dafür grundsätzlich in Frage kommenden Einzelhandelsbetriebe erstreckt wird. Er ist auch gehalten, die für eine etwaige Differenzierung maßgeblichen sachlichen bzw. generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Gesichtspunkte transparent zu machen.

b. Verbleibt es mithin bei – allenfalls – offenen Erfolgsaussichten, gebietet eine Folgenabwägung es nicht, die einstweilige Anordnung zu erlassen. Dies legt weder der Vortrag der Antragstellerin nahe, noch ist dies ansonsten erkennbar (vgl. hierzu im Übrigen: ThürVerfGH, Beschlüsse vom 28. Dezember 2020 – VerfGH 118/20 – und vom 24. Juni 2020 – VerfGH 17/20 -; BVerfG, Beschlüsse vom 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 – und vom 28. April 2020 – 1 BvR 899/20 – jeweils juris). Bei der Folgenabwägung sind angesichts der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung die Auswirkungen auf alle von der angegriffenen Regelung Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur die Folgen für die Antragstellerin.

Würde der Aussetzungsantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, erwiese sich im Ergebnis des Hauptsacheverfahrens die Verordnung aber als rechtswidrig, wären zwar die betroffenen Bereiche des Einzelhandels in ihren (Grund-)Rechten erheblich beeinträchtigt. Dies wirkt umso schwerwiegender, als infolge der Dauer der Pandemie und deren wellenmäßigem Verlauf die betroffenen Unternehmen bereits mehrfach in ihrer wirtschaftlichen Betätigung beschränkt waren und daraus existenzielle Nachteile resultieren können.

Der Senat geht aber weiterhin davon aus, dass Nachteile durch die oben genannten zahlreichen staatlichen Hilfsprogramme zur Überbrückung in der Krisenphase – jedenfalls teilweise – kompensiert werden können. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass dem Einzelhändler jedenfalls partiell ermöglicht wird, seinen Betrieb durch Online-Handel und Lieferservice in gewissem Umfang aufrechtzuerhalten.

Würde hingegen dem Aussetzungsantrag stattgegeben, erwiese sich die Verordnung im Hauptsacheverfahren aber als rechtmäßig, träte damit eine konkrete – wie auch durch die Fallzahlenentwicklung in Thüringen, Deutschland und der Welt belegte – Steigerung der Risiko- und Gefährdungslage ein. Auch nur eine vorläufige Außervollzugsetzung kann eine konkrete Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben einer unüberschaubaren Vielzahl von Menschen begründen.

Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Außervollzugsetzung aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit weit über den Fall der Antragstellerin hinaus wirken würde. Ein wesentliches Element der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde in seiner Wirkung deutlich reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschluss vom 1. Mai 2020 – 1 BvQ 42/20 -, juris Rn. 10), und dies zu einem Zeitpunkt mit einem wieder einsetzenden dynamischen Infektionsgeschehen. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07 – u. a., BVerfGE 121, 317, 350 = juris Rn. 119 m. w. N.), effektiver zu verhindern, bliebe hingegen zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.

Es muss allerdings der Prüfung im Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben, ob und inwieweit die differenzierende Regelungen, wonach sich einerseits in Geschäfts- und Betriebsräumen der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO geöffneten Geschäfte nicht mehr als ein Kunde pro 10 m² Verkaufsfläche bzw. bei Verkaufsflächen ab 801 m² ein Kunde pro 20 m² aufhalten darf (§ 8 Abs. 3 und 4 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO), andererseits bei Baumärkten im Modell „click & meet“ insoweit pro Kunde 40 m² vorgegeben wird, eine sachliche Rechtfertigung findet. Jedenfalls führt auch insoweit die Amtliche Begründung sachliche Erwägungen im Hinblick auf die besonderen Bedingungen der beschränkten Öffnung von Baumärkten an, die eine abweichende Regelung tragen könnten. Es muss ebenso der abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob und inwieweit im Falle einer gleichheitswidrigen Regelung dies zur Unwirksamkeit der grundsätzlichen Schließungsanordnung für den Einzelhandel führen muss. Insoweit ist es für den Senat dann allerdings naheliegend, eine beschränkte Teilunwirksamkeit der Bestimmung des § 8 Abs. 3a 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO anzunehmen.

4. Ungeachtet dessen, dass es dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zuwiderläuft, eine in der Auswirkung endgültige Feststellung der Rechtwidrigkeit einer Verordnungsbestimmung zu erlangen, und ein solches Rechtsschutzziel dem Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO fremd ist, muss der Hilfsantrag schon in der Sache scheitern, da – wie oben ausgeführt – ein Verstoß gegen den grundgesetzlich und landesverfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz und die Eigentums- und Berufsfreiheit jedenfalls im Eilverfahren nicht abschließend festgestellt werden kann.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bemisst das Interesse der Antragstellerin in Anlehnung an gewerberechtliche Untersagungsverfahren in Höhe von 15.000,00 € (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 31.05.2005/01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage, Anhang § 164 Rn. 14), der hier im Hinblick auf die vorübergehende Dauer der Maßnahme zu halbieren ist. Eine weitere Halbierung ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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