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Corona-Pandemie – Babyfachmärkte dürfen öffnen

Sächsisches Oberverwaltungsgericht – Az.: 3 B 67/21 – Beschluss vom 23.03.2021

Auf den Antrag der Antragstellerin wird § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 vom 5. März 2021 soweit vorläufig außer Vollzug gesetzt als Ladengeschäften mit Kundenverkehr in Form von Babyfachmärkten die Öffnung untersagt ist.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO das Ziel, § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 5. März 2021 (SächsGVBl. S. 287) einstweilen deswegen außer Vollzug zu setzen, weil Babyfachmärkte nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO nicht vom Öffnungsverbot ausgenommen worden sind. Die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung hat – soweit hier streitgegenständlich – nachfolgenden Wortlaut:

„§ 4 Schließung von Einrichtungen und Angeboten

(1) Untersagt ist die Öffnung von Einkaufszentren, Einzel- und Großhandel sowie Ladengeschäften mit Kundenverkehr. Erlaubt ist nur die Öffnung von folgenden Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung: Lebensmittelhandel, Tierbedarf, Getränkemärkte, Abhol- und Lieferdienste, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Orthopädieschuhtechniker, Bestatter, Optiker, Hörgeräteakustiker, Sparkassen und Banken, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons und Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, Buchläden, Tankstellen, Wertstoffhöfe, Kfz- und Fahrradwerkstätten sowie einschlägige Ersatzteilverkaufsstellen, Großhandel beschränkt auf Gewerbetreibende, Baumschulen, Gartenbau- und Floristikbetriebe, Gartenmärkte und Blumengeschäfte sowie Baumärkte.

(2) …

(3) Von dem Verbot nach Absatz 1 und 2 sind das Betreten und Arbeiten durch Betreiber und Beschäftigte sowie Prüfer nicht erfasst.

(4) Nach Absatz 1 und 2 geschlossene Geschäfte, untersagte Betriebe, Einrichtungen und Angebote können Onlineangebote ohne Kundenkontakt, Onlineangebote ausschließlich zum Versand oder zur Lieferung von Waren sowie Angebote ausschließlich zur Abholung vorbestellter Waren in Ladengeschäften vornehmen. Zur Abholung vorbestellter Waren in Ladengeschäften sowie von Speisen und Getränken aus Betrieben nach Absatz 2 Nummer 21 sind im Hygienekonzept nach § 5 Absatz 4 auch Maßnahmen vorzusehen, die durch gestaffelte Zeitfenster eine Ansammlung von Kunden vermeiden.

§ 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 8. März 2021 in Kraft.

(2) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft.“

Die Antragstellerin trägt mit Schriftsätzen vom 1., 3., 4. und 11. März 2021 zusammengefasst Folgendes vor: Sie betreibe in ……. einen Babyfachmarkt. In diesem würden Kinderwagen, Autositze, Kindertragen, Babykleidung und allerlei andere Babyartikel verkauft. Es handle sich um Artikel des täglichen Bedarfs. Es werde eine auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete Fachberatung angeboten. Gerade bei Frühgeburten sei eine Beratung notwendig. Durch die angeordnete Schließung werde sie unabhängig von der Möglichkeit für ihre Kunden im Rahmen des sog. „Click & Meet“ da zu sein, in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die weitere Schließung beeinträchtige sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Der Kassenumsatz habe im Zeitraum „1. November 2019 bis 29. Februar 2020“ bei……….. (netto) gelegen. Dies bedeute einen Ertragsausfall von…………

Da es keinen Grund für die angeordnete Schließung gebe, liege ein unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. An dem Schließungsgrund fehle es, weil sie systemrelevante Produkte anbiete. So habe der Beschluss der Ministerpräsidenten in ihrer Konferenz am 13. Dezember 2020 eine Ausnahme der Babyfachmärkte von der Schließung des Einzelhandels vorgesehen. Dies hätten nachfolgend auch vierzehn Länder umgesetzt. Inzwischen sei nur noch in Sachsen Babyfachmärkten die Öffnung verboten. Dies werde in der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung auch nicht begründet. Die Systemrelevanz ergebe sich daraus, dass naturbedingt sowohl Kleidung als auch Spielzeug für kleine Kinder schnell durch die Entwicklung überholt würden und daher nachgekauft werden müssten. Auch hinsichtlich der Nahrung bestünden spezielle Anforderungen.

Die Schließung sei durch die Infektionslage auch nicht mehr geboten, denn der Infektionswert in ……. schwanke um die 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und sieben Tage und habe diesen Wert bereits mehrfach unterschritten. Zudem verfüge sie für ihr Geschäft über ein umfassendes und allen Anforderungen genügendes Hygienekonzept.

Ein Gleichheitsverstoß liege darin, dass Mischbetriebe wie etwa Drogeriemärkte Babyartikel weiterhin anbieten dürften. Derartigen Märkten würde so ein erheblicher Markt- und Umsatzvorteil gegenüber der Antragstellerin verschafft. Darüber hinaus würden durch den verstärkten Kundenzustrom in diesen Geschäften, gesteigerte Infektionsgefahren begründet. Im Übrigen liege ein Gleichheitsverstoß auch darin, dass den weniger systemrelevanten Friseuren eine Öffnung gestattet sei.

Auch soweit § 8 Abs. 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO eine Öffnung im Rahmen des sog. „Click & Meet“ vorsehe, sei dies keine Alternative, denn die Ausnahmeregelung sei von der Einhaltung gewisser Inzidenzgrenzen abhängig. Babybedarf bestehe aber unabhängig von Inzidenzwerten. In den anderen Geschäften für den täglichen Bedarf komme „Click & Meet“ auch nicht zur Anwendung. Zudem stelle „Click & Meet“ nicht nur mehr oder weniger ein technisches Hindernis dar, sondern für die Kunden auch ein psychologisches Hemmnis, insbesondere auch in Hinblick auf den Datenschutz.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO), in der Fassung vom 5. März 2021, sowie eventuelle Folgefassungen wird in Bezug auf Babyfachmärkte bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis Babyfachmärkte in die Erlaubnis des § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO aufgenommen sind, einstweilen außer Vollzug gesetzt.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend: Die von der Antragstellerin angesprochenen Rechtsfragen seien vom Senat im Wesentlichen bereits in mehreren, in jüngster Zeit ergangenen Entscheidungen geprüft und verneint worden. § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG genüge als Rechtsgrundlage von Betriebsschließungen den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die vorliegend verfahrensgegenständliche Verordnung sei in derselben Weise wie die vom Senat in den genannten Entscheidungen geprüften erlassen worden und damit formell rechtmäßig.

Die angegriffene Verordnungsregelung sei auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen der § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG seien erfüllt. Die in dem genannten Beschluss erwähnte Infektionslage habe sich – sowohl im ganzen Bundesgebiet als auch im Freistaat Sachsen – auch in der Zeit seither nicht unter den nach § 28 Abs. 3 Satz 5 ff. IfSG besonders relevanten Schwellenwert von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und sieben Tagen gesenkt. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung bereits die Schließung des nicht-privilegierten Einzelhandels trotz eines seinerzeit seit wenigen Tagen erfolgten geringfügigen Sinkens des landesweiten Inzidenzwertes unter die genannte Schwelle gebilligt worden, zumal die Geschäftsschließungen – dort wie hier – Teil des bundesweit abgestimmten Maßnahmekonzepts zur Pandemiebekämpfung wären und seien und die im Bundesdurchschnitt erfolgende Überschreitung des Inzidenzwertes von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und sieben Tage, an die § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG mit seinem Verlangen nach „bundesweit abgestimmte(n) umfassende(n), auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende(n) Schutzmaßnahmen“ anknüpfe, dort wie hier gegeben wären und weiterhin gegeben seien.

Die in der gerügten Verordnungsbestimmung ergriffene Maßnahme sei nicht willkürlich, sondern von sachlichen Erwägungen getragen. § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO werde dem Bestimmtheitsgebot gerecht. Was zu den Waren des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung zähle, werde aus der Vorschrift hinreichend deutlich. Es handle sich um eine abschließende Aufzählung. Daran habe auch die Erweiterung des Kreises durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 5. März 2021 nichts geändert.

Die Schließung des Geschäfts der Antragstellerin sei insbesondere auch nicht unverhältnismäßig. Dies gelte umso mehr angesichts der Einführung der Erleichterungen der §§ 8, 8a und 8c SächsCoronaSchVO. Mit diesen Regelungen habe der Verordnungsgeber einen Konzeptionswandel exakt in die Richtung vollzogen, wie sie die Antragstellerin als regional abgestufte Konzepte gefordert habe. Dabei stelle auch die Regelung, dass erst bei Erreichen der Lockerungsschwelle des § 8a Abs. 1

SächsCoronaSchVO für die nicht unter § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO fallenden Geschäfte die allgemeinen Regeln zur flächenmäßigen Kundenzahlbegrenzung nach § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO gelten, keinen Rechtsverstoß dar. Denn diese Abstufung gestatte die Beobachtung, ob die Lockerung nach § 8 Abs. 1 SächsCoronaSchVO ohne negative Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen im betroffenen örtlichen Bereichen blieben und mithin, ob der Übergang zu der Gleichstellung mit den privilegierten Geschäften verantwortet werden könne. Der damit in besonderem Maß gegebenen Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn stehe auch nicht § 8c SächsCoronaSchVO entgegen. Indem die Wiedereinschränkung nicht sofort nach Bekanntwerden der genannten Überschreitungen wirksam werden dürfe, sondern erst ab dem zweiten darauffolgenden Werktag, wahre die Regelung das berechtigte Vertrauen der von den Lockerungen begünstigten Betriebsinhaber in eine nicht abrupte Veränderung dieser Lage.

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Die Anordnung sei auch zur Infektionsbekämpfung geeignet. Dass kein Kausalitätsnachweis im positiven Sinn zwischen bestimmten Arten von Betrieben und einer Infektionsverbreitung möglich sei, ändere daran nichts. Demgegenüber stellten auch Maßnahmen wie Hygienekonzepte kein hinreichendes und damit milderes Mittel dar. Die Maßnahme sei trotz ihrer gravierenden Auswirkungen auf die Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 19 Abs. 3 GG/Art. 37 Abs. 3 SächsVerf i.V. m. Art. 12 Abs. 1 GG/Art. 28 Abs. 1 SächsVerf und – soweit man ihn durch Art. 14 Abs. 1 GG/Art. 31 Abs. 1 SächsVerf geschützt ansehen wollte – auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin nicht im engeren Sinn unverhältnismäßig. Dies gelte auch mit Rücksicht darauf, dass es sich vorliegend nicht um die erstmalige Betriebsschließung handele, sondern um eine Fortführung der seit dem 14. Dezember 2020 angeordneten Maßnahmen. Ihr stünden verschiedene finanzielle Unterstützungsmaßnahmen staatlicherseits zur Seite, die die durch die Schließung verursachten wirtschaftlichen Belastungen in erheblichem Umfang zu mildern geeignet seien. Hinsichtlich derzeit nicht zu beschäftigender Mitarbeiter bestehe die Möglichkeit zum Bezug von Kurzarbeitergeld. Ebenso komme für die Antragstellerin die „Überbrückungshilfe III“ des Bundes in Betracht. Auch biete gegebenenfalls eine steuerliche Verlustverrechnungsmöglichkeit wirtschaftliche Erleichterung.

Die angegriffene Verordnungsbestimmung verletze auch nicht das Gleichbehandlungsgebot der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf. Dies gelte zunächst hinsichtlich der Beschränkung der Öffnungsbefugnis auf die Geschäfte der Grundversorgung und des täglichen Bedarfs, denn das Kernsortiment der Antragstellerin sei diesem Bereich nicht zuzuordnen. Hinsichtlich der Bestimmung der Geschäfte der Grundversorgung und des täglichen Bedarfs stehe dem Verordnungsgeber nach der Rechtsprechung des Senats eine weite Einschätzungsprärogative zu, welche er sachgerecht und abschließend genutzt habe. Hinweise auf den allgemeinen Sprachgebrauch oder auf Regelungen in anderen Rechtsvorschriften – wie etwa der Gewerbeordnung – könnten daher hiergegen nicht angeführt werden. Entsprechendes gelte auch für abweichende Vorstellungen in – rechtlich nicht bindenden – Ergebnisprotokollen von Konferenzen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder. Insoweit bestehe bei einer Abweichung auch keine Begründungspflicht. Denn nach § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG seien Verordnungen der hier angegriffenen Art lediglich „mit einer allgemeinen Begründung zu versehen“.

Eine Ungleichbehandlung bestehe nach der Rechtsprechung des Senats auch nicht, soweit Betriebe der Grundversorgung und des täglichen Bedarfs auch Waren ihres Sortiments anbieten dürfen, welche dem Kerngeschäft der Antragstellerin entsprächen. Auch die im Hinblick auf die Öffnung der Friseurgeschäfte erhobene Gleichheitsrüge greife vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Senats zu der vergleichbaren Rechtslage vor Beginn des neuerlichen „harten lock downs“ nicht durch.

Schließlich würde auch eine Folgenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfallen.

II.

Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 24 Abs. 1 SächsJG statthaft. Danach entscheidet das Sächsische Oberverwaltungsgericht über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen der Staatsregierung. Der Senat entscheidet gemäß § 24 Abs. 2 SächsJG hierüber in der Besetzung von fünf Berufsrichtern.

Der Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. hierzu Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 387) und die für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 47 Abs. 6 VwGO vorliegen. Beides ist hier der Fall.

Dem Antrag steht nicht entgegen, dass er sich ursprünglich auf die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 12. Februar 2021 bezog. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 11. März 2021 eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie sich auch gegen die gleichlautende Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO, welche seit dem 8. März 2021 in Kraft ist, wendet. Zudem hatte sie ihren Antrag von Anfang so formuliert, dass sich dieser auch auf Folgefassungen der angegriffenen Norm beziehen sollte. Jedenfalls die mit Schriftsatz vom 11. März 2021 erfolgte Umstellung des Antrags ist in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässig (SächsOVG, Beschl. v. 25. Mai 2020 – 3 B 187/20 -, juris Rn. 26; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 47 Rn. 90 m. w. N.). Schließlich ist es aus prozessökonomischer Sicht und, weil sich die jeweiligen Verordnungen im Abstand von wenigen Wochen ablösen, zur Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes i. S. v. Art. 19 Abs. 4 GG sachgerecht, das Verfahren im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO in der aktuellen Fassung fortzuführen, die mit der bis zum 8. März 2021 geltenden Fassung übereinstimmt und auch weil der zum 8. März 2021 überarbeitete § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO die Babyfachmärkte nicht von dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO normierten Öffnungsverbot ausnimmt.

Dabei zielt der Antrag bei verständiger Würdigung ihres Rechtsschutzziels (§ 88 VwGO) nicht im Sinne eines präventiven Rechtsschutzes darauf, auch etwaige nach Abschluss des Antragsverfahrens erlassene Folgeverordnungen für ungültig zu erklären. Ein so verstandener Antrag wäre nämlich unstatthaft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2. Juni 1992 – 4 N 1/90 -, juris Rn. 12, und Beschl. v. 15. Oktober 2001 – 4 BN 48/01 -, juris Rn. 3; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 11; Schoch, in: ders./Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020 § 47 Rn. 144).

Hinsichtlich eines gegen die durch § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO i. d. F. v. 5. März 2021 bewirkte Schließung von Babyfachmärkten gerichteten Antrags ist die Antragstellerin auch antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, antragsbefugt. Sie kann sich jedenfalls auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG stützen.

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht die Anwendung der Verordnung des Antragsgegners vorübergehend außer Vollzug setzen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Da sich der Wortlaut der Vorschrift an § 32 BVerfGG anlehnt, sind die vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze (BVerfG, Beschl. v. 8. November 1985 – 1 BvR 1290/85 -, juris Rn. 10 und v. 8. November 1994 – 1 BvR 1814/94 -, juris Rn. 21) auch bei § 47 Abs. 6 VwGO heranzuziehen. Als Entscheidungsmaßstab dienen die Erfolgsaussichten eines anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Hauptsacheverfahrens. Ergibt die Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht geboten. Ist hingegen voraussichtlich von einem Erfolg des Normenkontrollantrags auszugehen, wird die angegriffene Norm einstweilen außer Vollzug zu setzen sein, wenn der (weitere) Vollzug der angegriffenen Norm bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Erweisen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, eine Hauptsache aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, einem anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Normenkontrollantrag aber der Erfolg zu versagen wäre. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (SächsOVG, Beschl. v. 15. April 2020 – 3 B 114/20 -, juris Rn. 11 und Beschl. v. 15. März 2018 – 3 B 82/18 -, juris Rn. 16 m. w. N.). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18. Mai 1998 – 4 VR 2.98 -, juris Rn. 3).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO, soweit diese Norm Babyfachmärkten die Öffnung mit Kundenverkehr untersagt, Erfolg, da sich die angegriffene Vorschrift im Normenkontrollverfahren voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird und auch deren weiterer Vollzug bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für die Antragstellerin günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist.

1. Der Senat geht unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung weiterhin davon aus (vgl. Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 3 B 437/20 -, juris Rn. 16 ff. m. w. N., v. 14. Januar 2021 – 3 B 442/20 – juris Rn. 12, und v. 2. Februar 2021, a. a. O. juris Rn. 28), dass sich die Verordnung voraussichtlich auf eine den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügende parlamentsgesetzliche Verordnungsermächtigung stützt. Auch bestehen hiernach keine Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung. Insbesondere genügt die Verordnung noch den Maßgaben von § 28a Abs. 5 IfSG, wonach Rechtsverordnungen, die nach § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen sind.

2. Die angegriffene Regelung erweist sich aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als materiell rechtswidrig und verletzt sie Antragstellerin in ihrem durch Art. 3 Abs. 1 i. v. m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützten Recht auf Gleichbehandlung.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. Juli 2012 – 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 65; Beschl. v. 21. Juli 2010 – 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79). Hieraus folgt, dass die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde bei Regelungen eines dynamischen Infektionsgeschehens weniger streng sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17. April 2020 – 11 S 22/20 -, juris Rn. 25; SächsOVG, Beschl. v. 7. Januar 2021 a. a. O. Rn. 66). Auch kann eine strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26. März 2020 – 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung der in der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung angeordneten Maßnahmen nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Kollidierende Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfG, Beschl. v. 30. Januar 2020 – 2 BvR 1005/18 -, juris Rn. 34, und v. 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 -, juris Rn. 76 m. w. N.). Daher sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die wirtschaftlichen und existentiellen Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Bürger, aber auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter Tätigkeiten und Bereiche.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers, bestimmte Lebensbereiche und damit zusammenhängende Betriebe stark einzuschränken, auf dem Zusammenspiel einer Vielzahl je für sich kontingenter Maßnahmen beruht, durch das namentlich im Bereich der Kontaktbeschränkungen eine hinreichende Reduktion potentieller Übertragungssituationen erreicht werden soll und auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit indes ein vollständiger, „perfekter“ Kontaktaus-schluss nicht bewirkt werden soll und kann, so dass gewisse Unschärfen und Inkonsistenzen unvermeidliche Folge der verfassungsrechtlich vorgegebenen Verhältnismäßigkeitsabwägung sind (SächsVerfGH, Beschl. v. 11. Februar 2021 – Vf. 14-II-21 (e.A.) -, juris Rn. 31).

Zwar sind die Voraussetzungen von § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1 Nr. 14 sowie Abs. 3 und Abs. 6 IfSG erfüllt (vgl. dazu im Einzelnen zuletzt: SächsOVG, Beschl. v. 18. März 2021 – 3 B 52/21 -, zur Veröffentl. bei juris vorgesehen, und Beschl. v. 4. März 2021 – 3 B 33/21 -, juris Rn. 23), so dass der Verordnungsgeber nach wie vor befugt war, unter anderem die Öffnung von Ladengeschäften mit Kundenverkehr zu untersagen. Soweit er aber von dieser Schließungsanordnung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO für bestimmte Geschäfte des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung Ausnahmen zulässt und eine solche nicht für Babyfachmärkte schafft, verstößt er aber offensichtlich gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG. Dabei kann der Senat auch offen lassen, ob unabhängig von den Fällen, in denen die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 22. November 2000 – 1 BvR 2307/94 -, juris Rn. 196), in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO die für die Feststellung eines Gleichheitsverstoß erforderliche Beurteilung, ob der Verordnungsgeber mit der getroffenen Auswahl von zu schließenden oder zu beschränkenden Betrieben unter Berücksichtigung der dargestellten Kriterien eine auf hinreichenden Sachgründen beruhende und angemessene Differenzierung tatsächlich erreicht hat, überhaupt geleistet werden kann (vgl. dazu NdsOVG, Beschl. v. 3. März 2021 – 13 MN 84/21 -, juris Rn. 50, welches nur eine Prüfung der Beachtung des Willkürverbots für leistbar hält). Denn vorliegend ist offensichtlich, dass der Verordnungsgeber nicht nur verkannt hat, dass auch Babyfachmärkte der Grundversorgung dienen und teilweise auch Waren des täglichen Bedarfs anbieten, sondern auch, dass der die Maßstäbe, anhand derer er bestimmten Branchen des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung die Öffnung erlaubt, ohne erkennbaren sachlichen Grund bei Babyfachmärkten nicht angewandt hat.

2.1 Die von Babyfachmärkten regelmäßig angebotenen Waren dienen jedenfalls der Grundversorgung.

Dabei handelt es sich um Waren, die der Befriedigung der Grundbedürfnisse dienen, sodass auf ihren Erwerb auch für die beschränkte Zeit des Geltungszeitraums der Verordnung nicht verzichtet werden kann (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 3 B 438/20 -, juris Rn. 34).

Jedenfalls mit der Geburt eines Menschen entstehen seine Grundbedürfnisse. Diese sind aufgrund der körperlichen Gegebenheiten von besonderer Natur und nicht mit den Bedürfnissen älterer Kinder oder gar Erwachsener vergleichbar. Dies bezieht sich sowohl auf eine materielle Grundausstattung mit Kinderwagen, Wickelmöglichkeiten, Schlafstätten, Kleidung und Windeln als auch auf die Ernährung, insbesondere soweit nicht oder nicht mehr (im vollen Umfang) eine Ernährung ausschließlich mit der Muttermilch erfolgen kann. Hiergegen mag man auch nicht einwenden, dass eine Schwangerschaft neun Monate dauere und vorausschauende Eltern insbesondere einmalig anzuschaffende Gegenstände wie Kinderwagen, Wickelmöglichkeiten und eine Erstausstattung mit Kleidung mit einem zeitlichen Vorlauf anschaffen, so dass der Bedarf nicht zwingend während des Geltungszeitraums der Verordnung entsteht. Unabhängig davon, dass die angeordnete Schließung tatsächlich bereits seit über drei Monate anhält und angesichts der inzwischen wieder deutlich steigenden Infektionszahlen auch mit einer Verlängerung der Maßnahme zu rechnen ist, so können auch Frühgeburten einen plötzlichen und vom zeitlichen Anfall so nicht vorhersehbaren Bedarf begründen.

2.2 Indem der Verordnungsgeber Babyfachmärkte von den nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO zur Öffnung befugten Ladengeschäften ausgenommen hat, hat er ohne einen von ihm benannten oder sonst erkennbaren Grund die im Rahmen der Ausübung seines Einschätzungsspielraums von ihm selbst angelegten Maßstäbe offensichtlich missachtet.

Zu Recht hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass es sich bei den in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO aufgezählten Branchen der Grundversorgung und des täglichen Bedarfs um eine abschließende Aufzählung handelt (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 2. Februar 2021 – 3 B 8/21 -, juris Rn. 54). Zutreffend ist ebenfalls, dass allein aus dem Umstand, dass eine Ware des täglichen Bedarfs oder der Grundversorgung angeboten wird, noch nicht folgt, dass ein Geschäft zur Öffnung befugt ist, weil der Senat dem Verordnungsgeber insoweit einen Einschätzungsspielraum zugebilligt hat (SächsOVG a. a. O.). Insoweit hatte der Senat in vorgenannter Entscheidung ausgeführt:

„Indem der Verordnungsgeber in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO eine abschließende Aufzählung der zur Öffnung befugten Geschäfte vorgenommen hat, hat er zu erkennen gegeben, dass er innerhalb des Bereichs der Geschäfte des täglichen Bedarfs eine weitere Priorisierung vorgenommen hat. Andernfalls hätte er normsystematisch mit einer beispielhaften Aufzählung oder einem Auffangtatbestand arbeiten müssen, wie dies etwa der Bayrische Verordnungsgeber getan hat. Ein derartiges Vorgehen des Sächsischen Verordnungsgebers ist im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebenen Grenzen in rechtlicher Hinsicht auch nicht zu beanstanden. Die vorgenommene Differenzierung ist nämlich nicht willkürlich, sondern auch ausweislich der allgemeinen Normbegründung von der sachlichen Überlegung getragen, dass eine weitestgehend mögliche Kontaktreduzierung bei Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Versorgung erfolgen soll. Hierbei sind mehrere Regelungskonzepte denkbar, soweit es um Waren des täglichen Bedarfs geht, welche typischerweise nicht nur in speziellen Fachgeschäften angeboten werden, sondern auch bei Anbietern von Mischsortimenten erhältlich sind. So wäre es denkbar, zur weitestgehend möglichen Beschränkung der Bewegung der Bevölkerung sämtliche Fachgeschäfte zu schließen. Dies hätte dann aber eine gewisse Ballung der Bevölkerung bei den Anbietern von Mischsortimenten zur Folge, welche dem Ziel des Infektionsschutzes abträglich sein könnte. Der Antragsgegner hat sich auch nicht für dieses Regelungsmodell entschieden, was bereits der Umstand zeigt, dass Getränkemärkte zur Öffnung befugt sind, obwohl in jedem Supermarkt auch Getränke zum Verkauf stehen. Dem Regelungskonzept liegt stattdessen die Überlegung zugrunde, dass die Kundenströme für von jedem Bürger nachgefragte Produkte entzerrt werden sollen, indem für diese Bereiche (Lebensmittelhandel, Getränkeversorgung, Drogerien) die Öffnung der entsprechenden Fachgeschäfte erlaubt wurde. Da dies dem vom Verordnungsgeber zur Begründung seiner Maßnahmen angegebenen Ziel der Kontaktvermeidung entspricht, indem so eine Ballung der Menschen in Supermärkten vermieden wird, handelt es sich um ein vom Normziel getragenes sachliches Regelungskonzept. Dagegen kann man auch nicht mit Erfolg einwenden, dass etwa die zur Öffnung befugten Sanitätshäuser keine – gemessen an der Gesamtbevölkerung – signifikante Versorgungsaufgabe wahrnehmen. Diesen ist ebenso wie den Optikern und Hörgeräteakustikern gemeinsam, dass sie einen speziellen unabweisbaren Bedarf befriedigen, der auch von großen Supermärkten regelmäßig nicht bedient werden kann. Dies trifft auch auf die weiteren in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO genannten Gewerbe zu. Auch für den Tierbedarf wird man dies wohl noch annehmen können, wenn man die Vielfältigkeit der in Deutschland gehaltenen Haustiere bedenkt, deren ggf. benötigtes Spezialfutter in Supermärkten nicht vorhanden sein dürfte.“

Für den Senat ist auch nicht erkennbar, dass der Antragsgegner dieses Konzept mit Neufassung der Verordnung zum 5. März 2021 und Aufnahme einiger weniger weiterer zur Öffnung befugter Geschäfte grundsätzlich aufgegeben hat.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Öffnung von Babyfachmärkten aber zwingend. Zwar gehören diese nicht zu den Fachgeschäften, die für weite Teile der Bevölkerung nachgefragte Produkte anbieten, aber sie dienen offensichtlich der Befriedigung eines speziellen unabweisbaren Bedarfs, vergleichbar etwa zu Sanitätshäusern. Dieser Bedarf kann aufgrund seiner beschriebenen Spezifität in weitem Umfang – abgesehen vom Bereich Babynahrung, Windeln und einiger Kosmetikprodukte für Babys, der jedoch nicht für das Angebot der Babyfachmärkte prägend ist – auch offensichtlich nicht von den nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO derzeit zur Öffnung befugten Geschäften angeboten werden. Warum der Antragsgegner davon offenbar ausgeht oder welche Gesichtspunkte ihn zur Schließung der Babyfachmärkte erwogen haben, ist auch weder aus der Begründung der Verordnung ersichtlich noch wurde dies im vorliegenden Verfahren erläutert. Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass er nicht formal an die zwischen den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin gefassten Beschlüsse gebunden ist, aber soweit er das in diesen verabredete Konzept übernimmt, was ausweislich seiner Verordnungsbegründung der Fall ist, und zur Grundlage seiner eigenen Erwägungen des Normerlasses macht, müssen abweichende Maßnahmen sachlichen Erwägungen unterliegen, was etwa eine vom Durchschnitt im Bundesgebiet abweichende Infektionslage sein kann. Zwar wich die Infektionslage im Freistaat Sachsen im Dezember 2020 deutlich vom Bundesdurchschnitt ab und liegt auch jetzt noch über diesem, aber ob das auch der Grund ist, warum die im Rahmen der Telefonschaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 13. Dezember 2020 vereinbarte Öffnung der Babyfachmärkte nicht auch in Sachsen umgesetzt wurde, lässt sich nur mutmaßen. Dagegen spricht zumindest der zeitliche Ablauf, denn der Freistaat Sachsen hatte aufgrund des hohen Infektionsgeschehens bereits mit Sächsischer-Corona-Schutzverordnung vom 11. Dezember 2020 weitgehende Geschäftsschließungen vorgenommen. Dabei verkennt der Senat auch nicht, dass der Antragsgegner seine Corona-Schutzverordnung nach der Telefonschaltkonferenz vom 13. Dezember 2020 zumindest teilweise an die dortige Beschlussfassung angepasst hat. Es ist aber völlig unklar, ob dies hinsichtlich der Babyfachmärkte nicht erfolgte, weil diese schlichtweg vergessen wurden oder ob dem beispielsweise infektionsschutzrechtliche Erwägungen zugrunde lagen. Letzteres ist für den Senat angesichts der durch den Besuch solcher Märkte zusätzlich ausgelösten Infektionsgefahren, welche nicht nur aufgrund der Frequentierung der Märkte im untersten Bereich liegen dürften, sondern bei denen, da Schwangere zu den Risikogruppen zählen, auch mit einer besonderen infektionsschutzrechtlichen Vorsicht der Kunden zu rechnen ist, aber keinesfalls naheliegend.

3. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch dringend geboten. Die dargestellten voraussichtlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache führen dabei zu einem deutlichen Überwiegen der Interessen der Antragstellerin gegenüber den vom Antragsgegner geltend gemachten Interessen.

Zwar sind die für eine Fortgeltung der Regelung streitenden Interessen von sehr hohem Gewicht, denn die angegriffenen Regelungen bezwecken den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), welche auch angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens noch in hohem Maße gefährdet sind und zu deren Schutz der Staat verpflichtet ist. Aber hieraus folgt nicht, dass die Antragstellerin den mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrigen Eingriff in ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen hat.

Angesichts der ohnehin nur noch beschränkten Gültigkeitsdauer der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung bis zum 31. März 2021, der bereits verhältnismäßig lang von der Antragstellerin erlittenen voraussichtlich rechtswidrigen Beschränkungen und des Umstandes, dass die Entscheidung nur Auswirkungen für einen kleinen Teilbereich der Bevölkerung hat, sieht der Senat davon ab, die angegriffene Vorschrift mit einer zeitlichen Maßgabe außer Vollzug zu setzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Regelung mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

 

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