VG Aachen – Az.: 6 L 848/20 – Beschluss vom 13.11.2020
1.Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2.Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
Der ausdrücklich gestellte Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, gegen den Antragsteller oder gegen von ihm beauftragte Dienstleister Verwaltungsverfahren oder Bußgeldverfahren einzuleiten sowie tatsächliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn oder weil der Antragsteller einen Saal im Stadtgebiet N anmietet, um dort am 21.11.2020 Angehörige nach der Bestattung seiner Ehefrau J verpflegen zu lassen, ist jedenfalls unbegründet.
Bei der im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage geht das Gericht davon aus, dass der von dem Antragsteller geplante „Beerdigungskaffee“ nach der nordrhein-westfälischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 30. Oktober 2020 in der ab dem 10. November 2020 geltend Fassung, die mit Ablauf des 30. November 2020 außer Kraft tritt (vgl. § 19 Abs. 2 S. 2 CoronaSchVO), keine ausnahmsweise zulässige Veranstaltung ist. Daher würde die Durchführung des geplanten „Beerdigungskaffees“ am 21. November 2020 den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 18 Abs. 2 Nr. 24 CoronaSchVO erfüllen und könnte von der Antragsgegnerin als zuständiger Behörde i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO entsprechend geahndet werden.
Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 CoronaSchVO sind „Beerdigungen“ unter Beachtung der Regelungen der §§ 2 bis 4a CoronaSchVO derzeit zwar ausnahmsweise zulässig. Der Begriff der „Beerdigung“ i.S.v. § 13 CoronaSchVO erfasst aber wohl keine Zusammenkünfte nach Beerdigungen, also etwa den im Rheinland im Anschluss an den auf einem Friedhof stattfindenden Akt der Beisetzung des/der Verstorbenen außerhalb des Friedhofsgeländes, häufig in einem Restaurant oder einer ähnlichen Einrichtung folgenden „Beerdigungskaffee“. Zwar umfasst im Hinblick auf diese Tradition der Begriff der Beerdigung nach dem Verständnis der Allgemeinheit wohl auch eine solche Zusammenkunft der Trauernden im unmittelbaren Anschluss an den förmlichen Akt der Beisetzung auf dem Friedhof. Allerdings ist der Verordnungsgeber erkennbar von einem engeren Begriff der Beerdigung ausgegangen. Die vor der aktuellen CoronaSchVO geltende CoronaSchVO vom 30. September 2020, in der ab dem 17. Oktober 2020 geltenden Fassung (CoronaSchVO a.F.) hatte nämlich unter § 13 Abs. 6 Satz 1 eine Privilegierung von Beerdigungen hinsichtlich des Abstandsgebots geregelt. Dabei sah sich der Verordnungsgeber veranlasst, in § 13 Abs. 6 Satz 2 CoronaSchVO a.F. klarzustellen, dass dies entsprechend für „Zusammenkünfte nach Beerdigungen“ gilt. Da mit solchen Zusammenkünften aber nur der – in § 14 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO sogar ausdrücklich benannte – „Beerdigungskaffee“ gemeint sein kann, legt der Verordnungsgeber offensichtlich einen Begriff der Beerdigung zugrunde, der nur den eigentlichen Akt der Beisetzung auf dem Friedhof erfasst. Die fehlende Erwähnung von „Zusammenkünften nach Beerdigungen“ in der aktuellen CoronaSchVO lässt daher nur den Schluss zu, dass solche Veranstaltungen derzeit gerade nicht mehr zulässig sein sollen.
Diese Auslegung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck der aktuellen CoronaSchVO. Ziel der mit dieser Verordnung in Kraft tretenden zusätzlichen Einschränkungen ist es nämlich, die derzeitige Infektionsdynamik schnellstmöglich zu unterbrechen und so weit zu reduzieren, dass es in der Weihnachtszeit keiner weitreichenden Beschränkungen der persönlichen Kontakte und wirtschaftlichen Tätigkeiten bedarf (so ausdrücklich in § 19 Abs. 2 Satz 1 CoronaSchVO). Diese Zielsetzung spricht ebenfalls für eine restriktive Auslegung, da ein Zusammentreffen von Personen aus verschiedenen Haushalten – wie hier bei dem geplanten „Beerdigungskaffee“ mit 30 Teilnehmern – in diesem Monat gerade nicht mehr stattfinden soll.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 3 CoronaSchVO, da danach Räume und Verpflegung nur für solche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden dürfen, die nach § 13 Abs. 2 CoronaSchVO zulässig sind, was – wie ausgeführt – für den „Beerdigungskaffee“ gerade nicht gilt. Insoweit kann auch nicht eingewendet werden, dass die Regelung des § 14 Abs. 3 CoronaSchVO leerlaufen würde. Insbesondere Veranstaltungen i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 CoronaSchVO finden nämlich regelmäßig auch in Gaststätten, Restaurants etc. statt und dies soll grds. weiterhin möglich sein.
Eine weitergehende Interessenabwägung führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller die Beisetzung der Urne seiner verstorbenen Ehefrau und damit auch den anschließenden „Beerdigungskaffee“ zulässigerweise (zumindest) in den Dezember verschieben könnte. Nach § 13 Abs. 3 Satz 2 und 3 BestG NRW ist die Totenasche nämlich innerhalb von sechs Wochen beizusetzen und kann diese Frist auf Antrag verlängert werden. Derzeit ist zwar offen, ob im Dezember 2020 nach der dann geltenden CoronaSchVO ein „Beerdigungskaffee“ stattfinden könnte. Allerdings würde sich der Antragsteller durch eine Verschiebung der Beisetzung in den Dezember die Möglichkeit einer anschließenden Zusammenkunft zumindest offen halten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 2 GKG.