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Corona-Pandemie – Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Versammlungen

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 3 MR 21/21 – Beschluss vom 16.04.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin die vorläufige Außervollzugsetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021, geändert durch Art. 1 Nr. 6 der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung und zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung vom 10. April 2021, begehrt. Die angegriffene Regelung hat folgenden Wortlaut:

㤠6 Versammlungen

(1) Öffentliche und nichtöffentliche Versammlungen sind unbeschadet der Vorschriften des Versammlungsfreiheitsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (VersFG SH) vom 18. Juni 2015 (GVOBl. Schl.-H. S. 135), Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 16. Januar 2019 (GVOBl. Schl.-H. S. 30), nur zulässig, sofern eine Teilnehmerzahl von 100 Personen außerhalb und 50 Personen innerhalb geschlossener Räume nicht überschritten wird.“

Die Corona-Bekämpfungsverordnung vom 26. März 2021 war ursprünglich bis zum 11. April 2021 befristet (vgl. § 22 Satz 2 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021). Mit Landesverordnung zur Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung und zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung vom 10. April 2021 wurde jedoch in § 22 Satz 2 Corona-BekämpfVO die Angabe „11. April 2021“ durch die Angabe „9. Mai 2021“ ersetzt, so dass § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 nach wie vor Gültigkeit beansprucht.

Der so verstandene Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere antragsbefugt (47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Sie hat für den 17. April 2021 in der Landeshauptstadt A-Stadt eine Versammlung mit einer erwarteten Teilnehmerzahl von 500 angemeldet und kann daher geltend machen, durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 in ihrer Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) verletzt zu sein.

Der Antrag ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor.

Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 – 4 VR 5.14 –, juris Rn. 12; st. Rspr. d. Senats seit Beschl. v. 09.04.2020 – 3 MR 4/20 –, juris Rn. 3). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.

Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für die Antragstellerin günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (Beschl. d. Senats v. 09.04.2020, a.a.O., Rn. 4).

Nach diesen Maßstäben scheidet eine vorläufige Außervollzugsetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 aus; denn ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache erweist sich wahrscheinlich als erfolglos. Die Regelung beruht auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage (1) und sie stellt sich voraussichtlich als formell (2) und materiell rechtmäßig (3) dar.

1) § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 findet in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, 3, 4 und 5 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370), eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage.

Nach § 32 Satz 1 IfSG können die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. § 28a Abs. 1 IfSG listet in 17 Nummern auf, welche „notwendigen Schutzmaßnahmen“ insbesondere zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag getroffen werden können.

Corona-Pandemie - Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Versammlungen
(Symbolfoto: Von Prostock-studio/Shutterstock.com)

Bei summarischer Prüfung stellt sich die Ermächtigungsgrundlage nicht als verfassungswidrig dar. Insbesondere hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) eingefügten § 28a IfSG.

Zwar sind die Befugnisse der Infektionsschutzbehörden und damit vor allem des Verordnungsgebers, nach § 32 IfSG Untersagungs- und Beschränkungsmaßnahmen für ganze Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sowie allgemeine Verhaltenspflichten für jedermann zur Bekämpfung von COVID-19 zu erlassen, zum Teil sehr weitgehend und in die Grundrechte der Betroffenen tief eingreifend. Auf der anderen Seite muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Befugnisse allein auf das Ereignis der Corona-Pandemie zugeschnitten sind und jedenfalls flächendeckend nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag erlassen werden können. Dadurch hat der Bundestag eine Gefährdungseinschätzung durch die Corona-Pandemie, welche sowohl Gefahrenabwehrelemente als auch Gefahrenprognoseelemente enthält, zum Ausdruck gebracht, welche grundsätzlich solch einschneidende Maßnahmen voraussichtlich rechtfertigen kann. Dass der Bundestag hier seinen weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte, ist nicht ersichtlich (so auch VGH München, Beschl. v. 08.12.2020 – 20 NE 20.2461 –, juris Rn. 24; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 18.12.2020 – 1 S 4028/20 –, juris Rn. 25).

Der Gesetzgeber hat den Behörden und Fachgerichten auch genügend Spielraum belassen, um eine verhältnismäßige Anwendung von § 28, 28a Abs.1 IfSG im Einzelfall sicherzustellen. Die Anforderungen durch allgemeine und besondere (§ 28a Abs. 2 IfSG) Verhältnismäßigkeitserwägungen sowie besondere Verfahrensvorschriften (§ 28a Abs. 5 IfSG) begrenzen die Befugnisse des § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG. In einer dokumentierten Entscheidung hat der Verordnungsgeber (§ 32 Satz 1 IfSG) die besonders gewichtigen infektiologischen Erfordernisse mit sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit nach § 28a Abs. 6 IfSG abzuwägen (so auch VGH München, a.a.O., Rn. 25).

2) Die formellen Voraussetzungen sind gewahrt. Die Corona-Bekämpfungsverordnung vom 26. März 2021 sowie die Landesverordnung zur Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung und zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung vom 10. April 2021 sind als Landesverordnungen bezeichnet, die Ermächtigungsgrundlage ist jeweils angegeben, ebenso das Datum der Ausfertigung und die erlassende Behörde (vgl. § 56 Abs. 1 LVwG). Die Corona-Bekämpfungsverordnung vom 26. März 2021 sowie die Landesverordnung zur Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung und zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung vom 10. April 2021 enthalten eine allgemeine Begründung (§ 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG). Die Corona-Bekämpfungsverordnung vom 26. März 2021 mit den Änderungen durch die Landesverordnung zur Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung und zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung vom 10. April 2021 ist zeitlich – bis zum 9. Mai 2021 – befristet (vgl. § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG); die Geltungsdauer nach § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG (grundsätzlich vier Wochen mit Verlängerungsmöglichkeit) wird nicht überschritten. Die Verordnungen sind ordnungsgemäß im Wege der Ersatzverkündung (§ 60 Abs. 3 Satz 1 LVwG) unterzeichnet auf der Internetseite der Landesregierung (https://www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Coronavirus/_documents/ teaser_erlasse.html) bekanntgemacht worden.

3) § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 stellt sich voraussichtlich als materiell rechtmäßig dar.

a) Die Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG liegen vor. In ganz Schleswig-Holstein gibt es bestätigte Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2, welches die meldepflichtige (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. t IfSG) Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) auslöst. Am 16. April 2021 beliefen sich die an das Robert Koch-Institut übermittelten Fälle von COVID-19 für Schleswig-Holstein auf insgesamt 54.508 (zum Vortag eine Steigerung um 366). In den letzten sieben Tagen wurden 2.218 Fälle übermittelt; landesweit liegt die 7-Tage-Inzidenz (Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen) bei 76,4 (vgl. Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard). Wegen der landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben (§ 28a Abs. 3 Satz 10 IfSG).

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Das Robert Koch-Institut – die nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 IfSG) – veröffentlicht nur Fälle, bei denen eine labordiagnostische Bestätigung vorliegt. Dabei wertet das Robert Koch-Institut im Einklang mit den internationalen Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) alle labordiagnostischen Nachweise von SARS-CoV-2 unabhängig vom Vorhandensein oder der Ausprägung der klinischen Symptomatik als „COVID-19-Fälle“ (vgl. die Hinweise des RKI zur Erfassung und Veröffentlichung von COVID-19-Fallzahlen unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html).

Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Generell wird unterschieden, ob eine ansteckende Person zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erkrankt (symptomatisch) war, ob sie noch keine Symptome entwickelt hatte (präsymptomatisches Stadium) oder ob sie auch später nie symptomatisch wurde (asymptomatische Infektion). Eine große Bedeutung haben zwar die Übertragungen von infektiösen Personen, wenn sie bereits Krankheitszeichen (Symptome) entwickelt haben. Darüber hinaus steckt sich ein relevanter Anteil von Personen bei infektiösen Personen innerhalb von 1-2 Tagen vor deren Symptombeginn an. Schließlich gibt es vermutlich auch Ansteckungen durch Personen, die zwar infiziert und infektiös waren, aber gar nicht erkrankten (asymptomatische Übertragung). Diese Ansteckungen spielen vermutlich jedoch eine untergeordnete Rolle (vgl. RKI: Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID 19, Stand: 18.03.2021, abrufbar unter RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19). Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 13. November 2020 (Az. 3 MR 61/20, juris Rn. 44) ausgeführt, dass die Behauptung, die Übertragbarkeit von Coronaviren bereits vor Einsetzen typischer Krankheitssymptome sei nicht gegeben bzw. nicht zweifelsfrei nachgewiesen, nachweislich unzutreffend ist. Dort heißt es:

„Durch Untersuchung von Übertragungsereignissen zwischen Kontaktpersonen wurde gezeigt, dass viele SARS-CoV-2-Übertragungen präsymptomatisch erfolgen, also durch Personen, die noch keine Symptome zeigen. Beispielsweise demonstrierten He et al., dass präsymptomatische Übertragungen für einen Großteil (44%) von SARS-CoV-2-Übertragungen verantwortlich sind, wobei nur 9% der Übertragungen mehr als drei Tage vor Symptombeginn erfolgen. Unterschiedliche Studienergebnisse in diesem Kontext sind unter anderem auf die unspezifischen Allgemeinsymptome zurückzuführen, die von den Probanden teilweise nicht als Krankheitsbeginn erkannt und berichtet werden (RKI, Epidemiologisches Bulletin 39/2020, Seite 5). Auch führende Virologen bejahen eine Präsymptomatik gerade auch in Bezug auf die frühe, das heißt vor Einsetzen von Krankheitssymptomen, Übertragbarkeit zwischen Schülern (vgl. die Stellungnahme der Ad-hoc-Kommission SARS-CoV-2 der Gesellschaft für Virologie: SRAS-CoV-2-Präventionsmassnahmen bei Schulbeginn nach den Sommerferien vom 6. August 2020 (https://www.g-f-v.org/node/1326).“

An diesen Ausführungen hält der Senat fest.

Für eine labordiagnostische Untersuchung zur Klärung des Verdachts auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 wurden PCR-Nachweissysteme entwickelt und validiert. Sie gelten als „Goldstandard“ für die Diagnostik (vgl. Robert Koch-Institut: Hinweise zur Testung von Patienten auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, Stand: 12.03.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html;jsessionid=8296C282D9678FE0F20952EEA4B6ED1D.internet091?nn=2386228). Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen dringt die Antragstellerin nicht durch. Ein positiver PCR-Test bedeutet zwar nicht, dass bei der betroffenen Person Symptome einer Erkrankung an COVID-19 auftreten müssen. Dies ändert – viele SARS-CoV-2-Übertragungen erfolgen präsymptomatisch (s.o.) – aber nichts daran, dass der PCR-Test Rückschlüsse darauf zulässt, wie weit sich das Virus SARS-CoV-2 ausgebreitet hat und in welchem Umfang Neuinfektionen drohen. Dementsprechend liefert die 7-Tage-Inzidenz, die nach § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG insbesondere Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist, eine geeignete Grundlage zur Einschätzung der Risikolage (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung v. 30.12.2020 –Vf. 96-VII-20 –, juris Rn. 28).

Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite von unbestimmter Dauer festgestellt (PlPr. 19/154, S. 19169), deren Fortbestehen er am 18. November 2020 (PlPr. 19/191, S. 24109) und 4. März 2021 (PlPr. 19/215, S. 27032) festgestellt hat.

b) Aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG („die zuständige Behörde trifft die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Absatz 1 und in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.“) folgt, dass der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ umfassend ist und der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen eröffnet, welches durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird. Dieses Ergebnis ergibt sich zum einen anhand der Gesetzesmaterialien (vgl. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 zu dem insoweit vergleichbaren § 34 BSeuchG). Danach lässt sich die Fülle der Schutzmaßnahmen, die bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht von vornherein übersehen (vgl. Beschl. d. Senats v. 26.11.2020 – 3 MR 62/20 –, juris Rn. 27).

Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht zu den nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG möglichen Schutzmaßnahmen in seinem Urteil vom 22. März 2012 (Az. 3 C 16.11, juris Rn. 24) ausgeführt:

„Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – „wie“ – des Ergreifens – ist der Behörde, wie bereits ausgeführt, Ermessen eingeräumt (BR-Drs. 566/99 S. 169). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 zur Vorgängerregelung in § 24 BSeuchG).“

Mit der Benennung nicht abschließender Regelbeispiele in § 28a Abs. 1 IfSG haben die Regelungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG eine klarstellende Erweiterung erfahren (vgl. BT-Drs. 19/23944 v. 03.11.2020, S. 31).

Die angegriffene Regelung ist von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Eine „notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“ kann nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag insbesondere die Untersagung von oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften sein.

Der Schranke des § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG unterliegt § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 nicht. Nach § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG ist die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften nach Absatz 1 Nummer 10 nur zulässig, soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erheblich gefährdet wäre. § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 normiert kein Versammlungsverbot, sondern beschränkt im Grundsatz die Teilnehmerzahl außerhalb geschlossener Räume auf 100 und innerhalb geschlossener Räume auf 50; dies stellt (nur) eine Auflage im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG dar.

c) § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 erweist sich voraussichtlich als verhältnismäßig.

aa) Der Antragsgegner verfolgt mit der angegriffenen Regelung den legitimen Zweck der effektiven und nachhaltigen Eindämmung von SARS-CoV-2. Die angegriffene Regelung, die – wie auch die weiteren Einschränkungen – eine Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung bezweckt (vgl. die Allgemeine Begründung der Landesregierung zur Corona-Bekämpfungsverordnung vom 26. März 2021), ist zur Eindämmung der Corona-Pandemie ein geeignetes Mittel. Die Begrenzung der Teilnehmerzahl bei öffentlichen und nichtöffentlichen Versammlungen auf 100 Personen außerhalb und 50 Personen innerhalb geschlossener Räume in § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO ist – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – nicht ohne Nutzen. Die Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2 ist außerhalb geschlossener Räume zwar deutlich geringer als innerhalb geschlossener Räume; sie liegt aber keineswegs bei „Null“ (dies behaupten auch die – fünf – Aerosolwissenschaftler in ihrem Offenen Brief vom 11. April 2021 an die Bundeskanzlerin, die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, den Bundesgesundheitsminister und die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder nicht). Gerade bei Versammlungen besteht auch außerhalb geschlossener Räume eine Ansteckungsgefahr; bei Versammlungen wird oftmals der Mindestabstand (§ 2 Abs. 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021) nicht gewahrt, weil viele Personen mit demselben Anliegen zusammenkommen und untereinander und mit Dritten in kommunikativen Kontakt treten wollen. Zudem genügt bei größeren Versammlungen oftmals der Platz nicht, um zwischen allen Teilnehmenden den Mindestabstand zu gewährleisten.

bb) Zum Zweck der Eindämmung der Corona-Pandemie ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 erforderlich. Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetz- bzw. im Rahmen der Ermächtigung dem Verordnungsgeber für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, der nur dann überschritten ist, wenn aufgrund der dem Normgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.09.2010 – 1 BvR 1789/​10 -, juris Rn. 21; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 – 8 C 6.15 -, juris Rn. 49 jeweils m. w. N.). Diesen hat der Verordnungsgeber nicht erkennbar überschritten. Aufgrund der konstituierenden Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG für die freiheitlich demokratische Grundordnung bleiben Versammlungen weiterhin zulässig. Allerdings müsse – so die Landesregierung in der Begründung zu § 6 Abs. 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 – aufgrund des Infektionsgeschehens die grundsätzlich zulässige Teilnehmerzahl auf 100 Personen außerhalb geschlossener Räume und 50 Personen innerhalb geschlossener Räume begrenzt werden. Angesichts ihrer herausragenden verfassungsrechtlichen Bedeutung sollten Versammlungen auch weiterhin mit einer größeren Teilnehmerzahl zulässig sein und nicht in gleichem Maße den strengen Kontaktbeschränkungen anderer Lebensbereiche unterworfen werden müssen. Um dies zu erreichen, bedürfe es indes anderer, geeigneter Maßnahmen wie der Pflicht zum Tragen einer qualifizierten Mund-Nasen-Bedeckung, wobei unter Berücksichtigung des kommunikativen Aspekts von Versammlungen Rednerinnen und Redner von dieser Pflicht befreit seien (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021).

cc) Die angegriffene Regelung erweist sich unter Berücksichtigung des derzeitigen Infektionsgeschehens voraussichtlich als angemessen bzw. verhältnismäßig im engeren Sinne.

Nach § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG sind Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nach Absatz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1, nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 und den §§ 29 bis 32 insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten; dabei sind absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht im Grundsatz außer Zweifel, dass zu den prinzipiell gleichwertigen anderen Rechtsgütern, zu deren Schutz Eingriffe in die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt sein können, insbesondere das Grundrecht Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehört. Insoweit trifft den Staat überdies eine grundrechtliche Schutzpflicht, in deren Kontext auch zahlreiche zur Bekämpfung der gegenwärtig andauernden Covid-19-Pandemie von Bund, Ländern und Gemeinden ergriffene Infektionsschutzmaßnahmen stehen. Unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der insbesondere die Beachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls einschließlich des aktuellen Stands des dynamischen und tendenziell volatilen Infektionsgeschehens erforderlich macht, können zum Zweck des Schutzes vor Infektionsgefahren auch versammlungsbeschränkende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören grundsätzlich auch Versammlungsverbote, die allerdings nur verhängt werden dürfen, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen und soweit der hierdurch bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG auch in Ansehung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für das demokratische und freiheitliche Gemeinwesen insgesamt nicht außer Verhältnis steht zu den jeweils zu bekämpfenden Gefahren und dem Beitrag, den ein Verbot zur Gefahrenabwehr beizutragen vermag. In Betracht kommen namentlich Auflagen mit der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände, aber auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl, um eine Unterschreitung notwendiger Mindestabstände zu verhindern, zu der es aufgrund der Dynamiken in einer großen Menschenmenge oder des Zuschnitts und Charakters einer Versammlung im Einzelfall selbst dann kommen kann, wenn bezogen auf die erwartete Teilnehmerzahl eine rein rechnerisch hinreichend groß bemessene Versammlungsfläche zur Verfügung steht. Darüber hinaus kommt auch in Betracht, im Wege einer Auflage eine Verpflichtung der Versammlungsteilnehmer zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen anzuordnen, die nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts jedenfalls zu einer Verlangsamung des Infektionsgeschehens beitragen können (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 30. August 2020– 1 BvQ 94/20 –, juris Rn. 16).

In einer Güterabwägung muss das Interesse von Teilnehmenden und Veranstaltern an der Durchführung einer Versammlung ohne eine beschränkte Teilnehmerzahl hinter dem überragenden öffentlichen Interesse an der Eindämmung der Ausbreitung der Corona-Pandemie zurückstehen.

Der Eingriff in die Versammlungsfreiheit ist zwar erheblich. Er wird indes dadurch abgemildert, dass die zuständigen Versammlungsbehörden im Benehmen mit der zuständigen Gesundheitsbehörde nach Durchführung einer auf den Einzelfall bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung abweichend von § 6 Abs. 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 Versammlungen genehmigen können (vgl. § 6 Abs. 3 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021). Die zuständigen Behörden können demnach sowohl außerhalb als auch innerhalb geschlossener Räume Versammlungen genehmigen, deren Teilnehmerzahl laut Anzeige über die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 genannte Teilnehmerzahl hinausgeht, wenn die konkreten Umstände eine unter epidemiologischen Gesichtspunkten zu verantwortende Durchführung einer Versammlung zulassen (vgl. die Begründung der Landesregierung zu § 6 Abs. 3 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021).

Die versammlungsbeschränkende Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 ist unter Berücksichtigung des derzeitigen Infektionsgeschehens gerechtfertigt.

Bundesweit ist seit Mitte März 2021 wieder ein deutlicher Anstieg der COVID-19-Fallzahlen – auch auf den Intensivstationen – zu verzeichnen. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz liegt bei 160,1 (Stand: 16.04.2021); dem Robert Koch-Institut wurden 25.831 neue COVID-19-Fälle und 247 COVID-19-Todesfälle übermittelt (vgl. Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard).

Der 7-Tage-R-Wert (die Reproduktionszahl R bezeichnet die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden) liegt bei 1,18 (Stand: 15.04.2021). Am 15. April 2021 befanden sich erneut bereits 4.679 COVID-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (auf dem Höhepunkt der zweiten Infektionswelle wurden 5.762 COVID-19-Patient*innen behandelt). Nach Einschätzung des – hierzu berufenen (vgl. § 4 IfSG) – Robert Koch-Instituts werden der Anstieg der Fallzahlen insgesamt und der Infektionen durch die Virusvariante B.1.1.7 zu einer deutlich ansteigenden Anzahl von Hospitalisierungen und intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten führen. Das Robert Koch-Institut schätzt aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen und des aktuell beschleunigten Wiederanstiegs der Inzidenz die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung mit zahlreichen Ausbrüchen in Privathaushalten, Kitas und zunehmend auch in Schulen sowie dem beruflichen Umfeld erfordere die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten (vgl. den COVID-19-Lagebericht des RKI vom 15.04.2021).

Eine höhere Letalität und lange Beatmungsdauer unterscheiden COVID-19 von schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen in Grippewellen (vgl. Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 41/2020 vom 8. Oktober 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/41/Art_01.html;jsessionid=CD8A8DE11B26873D25A392C2E3A3983E.internet122?nn=2386228). Nach dem Abklingen der ersten COVID-19-Welle in Deutschland liegen dem Robert Koch-Institut epidemiologische Kennzahlen zur Beurteilung der Krankheitsschwere von COVID-19-Patienten aus dem deutschen Krankenhaussentinel ICOSARI (ICD-10-Code-basiertes Krankenhaussentinel für schwere akute respiratorische Erkrankungen) vor. Im Rahmen des OCOSARI-Sentinels werden Patienten mit einer schweren akuten respiratorischen Erkrankung (SARI) erfasst. Das Robert Koch-Institut hat hospitalisierte COVID-19-Patienten (SARI-COVID-Fälle) mit SARI-Patienten aus fünf vergangenen Grippewellen (SARI-GW-Fälle) hinsichtlich Krankheitsschwere, Altersstruktur und Dauer der stationären Behandlung verglichen. Der Anteil beatmungspflichtiger und der Anteil verstorbener Patienten bei SARI-COVID-Patienten ist deutlich höher (22 % bzw. 21 %) als bei SARI-GW-Patienten (14 % bzw. 12 %). Insgesamt ist die Altersstruktur etwa vergleichbar, so lag z.B. das mediane Alter verstorbener Fälle sowohl bei SARI-COVID-Patienten als auch bei SARI-GW-Patienten bei 81 Jahren. SARI-COVID-Patienten, die während ihrer Hospitalisierung intensivmedizinisch behandelt oder beatmet wurden bzw. die verstarben, waren im Median 2-3 Tage länger hospitalisiert als SARI-GW-Patienten. Beatmungspflichtige SARI-COVID-Patienten wurden mehr als doppelt so lange beatmet wie SARI-GW-Patienten (Median: 10 Tage vs. 4 Tage). Die über fünf Jahre etablierte Vergleichsgruppe von SARI-GW-Patienten während der Grippewelle ermöglichte einen validen Abgleich mit COVID-19-Patienten, die wegen SARI hospitalisiert wurden. Die Ergebnisse zur Erkrankungsschwere bestätigen die vorläufige Einschätzung, dass hospitalisierte COVID-19-Patienten mit einer SARI im Schnitt besonders häufig und besonders lange beatmet werden müssen (zum Vorstehenden Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 41/2020 vom 8. Oktober 2020, S. 3).

Angesichts des weiterhin angespannten und sich zuletzt wieder deutlich verstärkenden Infektionsgeschehens sowie der gravierenden Auswirkungen im Fall einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems stehen die mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 verbundenen Einschränkungen für die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) derzeit nicht außer Verhältnis zu Gewicht und Dringlichkeit der die Maßnahme rechtfertigenden Gründe.

Die von der Antragstellerin angeführten Beschlüsse des Amtsgerichts Weimar vom 8. April 2021 – 9 F 148/21 – und des Amtsgerichts Weilheim i.OB. vom 13. April 2021 – 2 F 192/21 –, sind vorliegend ohne Belang. Denn Amtsgerichte sind schon nicht zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) berufen. Außerdem handelt es sich um Familiensachen, die sich zudem nicht mit Versammlungsbeschränkungen in der streitgegenständlichen Form befassen.

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Corona-BekämpfVO vom 26. März 2021 – eine Versammlungsbeschränkung zum Schutz vor Infektionsgefahren – verstößt nicht gegen die Menschenwürde (vgl. VGH München, Beschl. v. 21.02.2021 – 10 CS 21.526 –, juris Rn. 26) oder das Völkerstrafrecht (die in § 7 Völkerstrafgesetzbuch – BGBl I 2002, 2254 – genannten Verbrechen gegen die Menschlichkeit setzen „einen ausgedehnten oder systematischen Angriff gegen die Zivilbevölkerung“ voraus).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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