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Corona-Pandemie – Feuerwerksverbot

Oberverwaltungsgericht Sachsen – Az.: 3 B 450/20 – Beschluss vom 30.12.2020

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. Dezember 2020 – 6 L 994/20 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit ihr vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, geben keine Veranlassung, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.

Die Antragsgegnerin erließ am 28. Dezember 2020 eine Allgemeinverfügung über die Untersagung des Mitführens und Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen aufgrund der Corona-Pandemie – im Folgenden: Allgemeinverfügung -.

Deren Nr. 1 enthält folgende Regelung:

„In Ergänzung zur SächsCoronaSchVO sowie den dazu ergangenen Allgemeinverfügungen wird für den Zeitraum 31. Dezember 2020 bis 1. Januar 2021 das Mitführen und Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2, F3 und F4 im Sinne des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG) im gesamten Stadtgebiet untersagt.“

Der Antragsteller hat gegenüber diesem Verbot um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Bei summarischer Prüfung spreche viel dafür, dass ein Widerspruch ohne Erfolg bleiben werde, weil sich die streitgegenständliche Regelung der Allgemeinverfügung als rechtmäßig erweisen werde und ihn daher nicht in seinen Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch für den Fall einer reinen Folgenabwägung könne die Kammer keine Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Belange des Antragstellers erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs tragen könne.

Die Kammer gehe mit dem Senat (Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 3 B 438/20 -, juris Rn. 17 ff.) davon aus, dass § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 IfSG eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage darstelle. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG seien aufgrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie erfüllt. Da die in § 28a Abs. 1 IfSG vorgesehenen Schutzmaßnahmen nicht abschließend aufgezählt seien, sei die Antragsgegnerin befugt, – wie hier geschehen – über die Regelbeispiele des § 28a Abs. 1 IfSG hinaus Regelungen zu treffen. Das zeitlich befristete Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern der Kategorien F2 bis F4 erweise sich bei summarischer Prüfung als verhältnismäßig. Es verfolge einen legitimen Zweck, weil es vorrangig der Reduzierung menschlicher Kontakte und damit der Verminderung von Infektionen diene. Das angegriffene Verbot sei auch zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Silvesterfeuerwerke setzten mit ihren Licht- und Knalleffekten einen besonderen Anreiz für Ansammlungen im öffentlichen Raum. Dem wirke ein Verbot entgegen. Dies gelte nicht nur für Personen, die selbst ein Feuerwerk zünden würden. Auch und gerade für unbeteiligte Dritte, die selbst über keine eigenen pyrotechnischen Restanten verfügten, bestehe ein Anreiz, bei einem Feuerwerk anderer zu verweilen oder diese an Orten mit besonders gutem Blick auf die Stadt, die an Silvester dann auch stärker frequentiert seien, zu beobachten. Dies gelte auch für Feuerwerk auf nicht öffentlich zugänglichen Privatgrundstücken, weil es gleichermaßen weithin sicht- und hörbar sei und Schaulustige anziehe. Fände ein Abbrennen von Feuerwerken nicht statt, würden sich diese Personen voraussichtlich am Jahreswechsel nicht begegnen und keine infektionsschutzrelevanten Kontakte haben. Abgesehen hiervon begegne auch die weitere Erwägung, eine zusätzliche Belastung der ohnehin stark belasteten Krankenhäuser durch feuerwerksbedingte Verletzungen zu vermeiden, keinen durchgreifenden Bedenken. Das angegriffene Verbot erweise sich bei summarischer Prüfung als erforderlich. Vergleichbar effektive, aber mildere Mittel zur Erreichung des Ziels der Pandemie-Eindämmung bestünden nicht. Das Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper reiche nicht aus, um das Ziel in gleicher Weise zu erreichen. Dürften die erfassten Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel abgebrannt werden, würde dies die Ansammlung von Personen begünstigen, die sich an Silvester- und Neujahrsfeuerwerk erfreuen wollten. Es würde auch nicht genügen, das Abbrennen von Pyrotechnik der Kategorie F2 nur an bestimmten publikumsträchtigen Plätzen zu verbieten, um Verdrängungseffekte zu vermeiden. Derartige Feuerwerke zögen Schaulustige sowohl aus der näheren Umgebung an und setzten zudem den Anreiz, Orte mit gutem Überblick auf die Stadt aufzusuchen, um Feuerwerke aus der Ferne zu beobachten. Erfahrungsgemäß seien solche Orte an Silvester stark frequentiert und bildeten ebenfalls einen Anziehungspunkt für Ansammlungen. Für das Infektionsgeschehen sei es insofern unerheblich, ob sich die Menschen in der Nähe des Zündorts träfen oder aus der Entfernung beobachteten. Ein Verbot lediglich von Feuerwerk in der Öffentlichkeit stelle deshalb kein gleich geeignetes Mittel dar. Im Hinblick auf die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18. Dezember 2020 – 13 MN 568/20 -, juris) gehe die Kammer angesichts der signifikanten Unterschiede zwischen dem dortigen landesweiten Verbot in einem Flächenland zu dem hier zu beurteilenden Verbot für das Gebiet einer Großstadt, vor allem aber auch wegen der signifikant höheren Inzidenzlage in der Landeshauptstadt Dresden wie auch im gesamten Freistaat Sachsen davon aus, dass sich die Situation insofern nicht vergleichen lasse. Als Annex-Regelung zum Abbrennverbot bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Erforderlichkeit des Verbots des Mitführens von pyrotechnischen Erzeugnissen der Kategorie F2 und höher. Ein alleiniges Abbrennverbot sei im Vollzug unpraktikabel. Das Mitführ- und Abbrennverbot sei in der derzeitigen Pandemielage auch angemessen. Der durch Art. 2 Abs. 2 GG gebotene Schutz vor Gefahren für Leib und Leben der von einer Ansteckung mit COVID-19 bedrohten Personen durch das Abbrennverbot überwiege die durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten Interessen des Antragstellers an der Durchführung eines privaten Silvesterfeuerwerks. In Anbetracht der derzeitigen Pandemielage im Freistaat Sachsen bestünden keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil die seit November 2020 ergriffenen Maßnahmen lediglich das exponentielle Wachstum der Infektionen gestoppt habe, die Infektionszahlen sich aber weiterhin auf einem solch hohen Niveau bewegten, dass eine Kontaktnachverfolgung und eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens bis zu einer Impfung weiter Bevölkerungskreise nicht gewährleistet sei. Gegenüber einer nächtlichen Ausgangssperre – wie in Bayern – stelle sich das Verbot des Abbrennens von Feuerwerkskörpern der Kategorien F2 bis F4, das lediglich Unterhaltungszwecken diene, als milderes Mittel dar. Selbst wenn man davon ausginge, dass sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Allgemeinverfügung offensichtlich nicht feststellen lasse, führe eine Interessenabwägung zu einem klaren Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Vor dem Hintergrund, dass die brauchtumsgemäße Begehung des Jahreswechsels nicht zwangsläufig auf das Abbrennen pyrotechnischer Erzeugnisse der Kategorien F2 bis F4 beschränkt sei und jedenfalls für den bevorstehenden Jahreswechsel sich das neue Jahr auch mittels Tischfeuerwerk, Wunderkerzen u. a. pyrotechnischen Erzeugnissen der Kategorie F1 oder mit anderweitigen Bräuchen begrüßen lasse, sei dieses Interesse angesichts der drohenden erheblichen Gefahren für Leib und Leben einer Vielzahl von Personen nicht geeignet, dem privaten Aussetzungsinteresse den Vorrang einzuräumen.

Corona-Pandemie - Feuerwerksverbot
(Symbolfoto: Von Sybille Reuter/Shutterstock.com)

Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe geben keine Veranlassung zu einer Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Der Antragsteller meint, es sei bereits fraglich, ob es sich bei dem Feuerwerksverbot um eine notwendige Schutzmaßnahme i. S. v. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handele. Das Verbot führe nämlich nicht zu einer unmittelbaren Kontaktreduzierung. Es gäbe in Dresden bereits umfangreiche Maßnahmen, um Kontakte zu reduzieren. Ein Feuerwerksverbot sei damit nicht gleichzusetzen. Es sei nicht üblich, dass Feuerwerk Personen anziehe. Vielmehr zünde jeder Haushalt für sich ein paar Raketen. Es sei auch nicht zulässig, wenn das Verwaltungsgericht darüber spekuliere, wie der niedrige Inzidenzwert in Dresden von 210,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zustande gekommen sei. Es werde nicht erläutert, wieso die Stadt Leipzig mit nur drei Verbotszonen für öffentliches Feuerwerk auskomme. Dies gelte auch im Hinblick auf andere Städte mit höherer Inzidenz. Es sei mindestens eine Nutzung auf Privatgrundstücken zu gestatten. Die Annahme einer Überflutung der Notaufnahmen durch Verletzte im Zusammenhang mit dem Abbrennen von Feuerwerk sei nicht gerechtfertigt. Hierzu verweist er auf die Äußerung des Leiters einer Notaufnahme. Letztlich sei auch die Bedeutung der Silvestertradition zu berücksichtigen, dass neue Jahr mit Feuerwerk zu begrüßen.

Die so begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Für das vorläufige Rechtsschutzbegehren ist das Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da der vom Antragsteller erhobene Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung nach § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Der Senat nimmt ebenso wie das Verwaltungsgericht an, dass bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Erfolgsaussicht zu Gunsten des Antragstellers in Bezug auf das noch durchzuführende Verfahren in der Hauptsache besteht. Die Allgemeinverfügung erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig.

Mit dem Verwaltungsgericht ist ebenfalls davon auszugehen, dass der Umstand, dass dieser um Rechtsschutz für eine noch nicht in Kraft getretene Allgemeinverfügung nachsucht, der Zulässigkeit seines Antrags nicht entgegensteht. Gemäß Nr. 3 der Allgemeinverfügung tritt diese nämlich erst am 31. Dezember 2020 um 0.00 Uhr in Kraft, so dass vorbeugender Rechtsschutz begehrt wird. Zwar ist ein solch vorbeugender Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte grundsätzlich unzulässig (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, Vor § 40 Rn.33). Vorliegend gebietet Art. 19 Abs. 4 GG aber davon ein Ausnahme, da in Hinblick auf die äußerst kurzfristige Geltungsdauer der Allgemeinverfügung bis zum Ablauf des 1. Januars 2021, andernfalls überhaupt kein Rechtsschutz gegen diese gewährt werden könnte.

Das Verbot des Mitführens und Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2, F3 und F4 im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bis d des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG) erweist sich im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig. Dabei stellen die vorgenannten Maßnahmen notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1, § 32 Satz 2 IfSG i. V. m. § 8 Abs. 1 SächsCoronaSchVO dar.

Nach § 28 Abs. 1 IfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 IfSG und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Der Senat hat in Bezug auf die sogenannte zweite Welle der Coronavirus-Infektionen in Deutschland bereits mehrfach entschieden, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfüllt sind (SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 – 3 B 349/20 -, juris Rn. 37 ff.; Beschl. v. 17. November 2020 – 3 B 351/20 -, juris Rn. 38, Beschl. v. 8. Dezember 2020 – 3 B 377/20 -, juris Rn. 18, und Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 3 B 438/20 -, juris Rn. 22). Daran hält der Senat auch weiterhin fest. Ergänzend ist festzustellen, dass das Robert-Koch-Institut am 30. Dezember 2020 für die Landeshauptstadt Dresden eine 7-Tages-Inzidenz von 222,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner ausweist (RKI, COVID-19-Dashboard, https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html, Stand 30. Dezember 2020, 0.00 Uhr). Dabei ist davon auszugehen, dass dies nicht den tatsächlichen Stand des Infektionsgeschehens widerspiegelt, da in den vergangen Tagen – feiertagsbedingt – weniger getestet wurde. Zudem zeigt der Freistaat Sachsen nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes auch eine auffällige Entwicklung der Sterbefallzahlen und der Übersterblichkeit. Die Differenz der Sterbefallzahlen zum Durchschnitt der vier Vorjahre nimmt derzeit von Woche zu Woche deutlich zu. In der 41. Kalenderwoche lag die Zahl der Sterbefälle noch unter dem Durchschnitt; in der 47. Kalenderwoche lag sie 46 % beziehungsweise 476 Fälle darüber (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/12/PD20_523_12621.html).

Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 IfSG als Generalklausel ausgestaltet. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Daher kommt der Behörde hinsichtlich Art und Umfangs der Bekämpfungsmaßnahmen ein Ermessen zu (BR-Drs. 566/99, S. 169). Dieses Ermessen findet seine Grenze im Begriff der Notwendigkeit. Die Maßnahmen müssen mithin zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sein. Darüber hinaus setzt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diesem Ermessen Grenzen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 22. März 2012 – 3 C 16/11 -, juris Rn. 24). Dass der am 19. November 2020 in Kraft getretene § 28a IfSG das Verbot des Mitsichführens und des Abbrennens von Pyrotechnik nicht als notwendige Schutzmaßnahme aufzählt, steht dem nicht entgegen, da sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus seiner Entstehungsgeschichte (BT-Drs. 19/23944, S. 31) ergibt, dass es sich lediglich um – nicht abschließende – Regelbeispiele notwendiger Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG handelt. § 28 Abs. 1 IfSG ist voraussichtlich auch nicht so zu verstehen, dass nur ortsgebundene Verhaltensbeschränkungen notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift sind. Dies ergibt sich aus der Verwendung des Worts „insbesondere“, welches vorliegend in sprachlicher Hinsicht für eine beispielhafte Aufzählung steht. Auch aus § 28a Abs. 1 IfSG, welcher für die Corona-Virus-Pandemie die notwendigen Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG näher spezifiziert, ergibt sich nicht, dass Verhaltensbeschränkungen stets einen Ortsbezug aufzuweisen haben. Das ergibt sich bereits aus der in § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG normierten Pflicht, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen, die keinen Ortsbezug aufweist. Schließlich können gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränkt oder verboten werden.

Soweit die Allgemeinverfügung in ihrer Begründung darauf abstellt, dass Verletzungen durch das Abbrennen von Pyrotechnik und die daraus folgende Inanspruchnahme medizinischer Behandlung unterbunden werden soll handelt es sich um keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 IfSG. Wie ausgeführt sind von dieser Ermächtigungsgrundlage nur Maßnahmen gedeckt, die zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich sind. Der mit der Maßnahme verfolgte Zweck, dass dem Gesundheitssystem genügend Kapazitäten zur Behandlung der an COVID-19 Erkrankten zur Verfügung stehen, verhindert jedoch nicht die Verbreitung des Coronavirus, denn im Krankenhaus werden nur die bereits Infizierten behandelt. Darüber hinaus kommt der Antragsgegnerin weder aus gefahrenabwehrrechtlichen Gesichtspunkten noch unter dem Aspekt der Gewährleistung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung eine Regelungsbefugnis zu. Soweit es um die Verhinderung der aus der Verwendung pyrotechnischer Gegenstände resultierenden Gefahren geht, werden Regelungen getroffen, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen (so auch BayVGH, Beschl. v. 29. Dezember 2020 – 20 CS 20.3139 -; NdsOVG, Beschl. v. 18. Dezember 2020 – 13 MN 568/20 -, juris Rn. 40; VG Hamburg, Beschl. v. 23. Dezember 2020 – 14 E 5238/20 -). Dem Bundesgesetzgeber kommt im Bereich des Sprengstoffrechts gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 Alt. 2 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu. Diese Kompetenz ist auch umfassend zu verstehen und erfasst alle Fragen des Umgangs mit explosionsfähigen und -gefährlichen Stoffen (Uhle, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 92. EL August 2020, Art. 73 Rn. 376 f.). Der Bund hat die Länder auch nicht durch ein Bundesgesetz dazu ermächtigt, eigene Regelungen zu treffen, was gemäß Art. 71 GG Voraussetzung für eine Normsetzungskompetenz der Länder im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung ist. Der Bund hat mit dem Sprengstoffgesetz und der Sprengstoffverordnung vielmehr eigene Regelungen getroffen. Soweit es der Antragsgegnerin darum geht, die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, vermag der Senat keine Ermächtigungsgrundlage für die konkret erlassene Regelung zu erkennen. Allein aus der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Schutzpflicht des Staates für das menschliche Leben wird man diese nicht herleiten können. Letztlich kann der Senat diese Frage aber auch dahin stehen lassen, da die Antragsgegnerin ihre Regelung auch auf das nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO legitime Ziel der Kontaktvermeidung gestützt hat, was die angeordneten Beschränkungen selbständig trägt. Insoweit entfaltet die beschriebene bundesrechtliche Kompetenz in Bezug auf das Sprengstoffrecht auch keine Sperrwirkung, denn es handelt sich um davon gesondert zu betrachtende infektionsschutzrechtliche Fragestellungen. Zwar wurden mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz auch infektionsschutzrechtliche Zwecke verfolgt, da die Änderung des § 22 Abs. 1 der 1. SprengVO ausdrücklich (auch) dem Ziel dient, die durch die COVID-19-Pandemie angespannte Situation der Krankenhäuser nicht zusätzlich durch in der Silvesternacht durch unsachgemäßen Feuerwerkskörpergebrauch behandlungsbedürftige Bürger zu belasten (BR-Drs. 765/20, Begründung S. 2). Dies vermag allerdings schon deswegen keine Sperrwirkung für infektionsschutzrechtliche Zwecke bewirken, weil sich aus dem ebenfalls vom Bundesgesetzgeber erlassenen Infektionsschutzgesetz, soweit es um infektionsverhindernde Maßnahmen geht, eine Rechtsetzungskompetenz der Länder und Kommunen ausdrücklich aus § 32 Satz 1 und 2 IfSG ergibt. Zudem hat der Verordnungsgeber im Rahmen des Erlasses der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz ausweislich der Verordnungsbegründung zwar ein Verbot des Abbrennens von Feuerwerk erwogen, aber dieses als weniger effektiv als ein Verkaufsverbot verworfen (vgl. BR-Drs. 765/20, Begründung S. 2) und somit von seiner Regelungskompetenz gerade keinen Gebrauch gemacht.

Das mit der Allgemeinverfügung somit kompetenzrechtlich nicht zu beanstandende Ziel der Kontaktvermeidung der Bevölkerung in der Silvesternacht hat das Verwaltungsgericht als verhältnismäßig angesehen. Dazu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht explizit, so dass dies nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO der Prüfungskompetenz des Senats entzogen ist.

Weshalb das angegriffene Verbot nicht zu einer Kontaktreduzierung führen kann, lässt die Beschwerde nicht erkennen. Es ist jedenfalls in Dresden typisch, sich an exponierten Orten an Silvester zusammenzufinden, um das Feuerwerk über dem Elbtal anzuschauen. Dies hat regelmäßig große Menschenansammlungen zur Folge, ohne dass es für diesen allgemeinen Erfahrungswert einer zusätzlichen polizeilichen Einschätzung bedarf. Hierzu hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend dargelegt, weshalb Feuerwerke auf Privatgrundstücken zulässigerweise durch die angegriffene Allgemeinverfügung untersagt werden dürfen.

Es liegt im Ermessen der Kommunen, wie sie ihre Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die Corona-Pandemie ausrichten. Die Beschwerde zeigt relevante Ermessensfehler der Antragsgegnerin nicht auf. Die Inzidenzzahlen sind insgesamt im Freistaat Sachsen extrem hoch, so dass es nicht darauf ankommt, ob der schon sehr hohe Wert von 210,4 Neuinfektionen tatsächlich vielleicht noch viel höher ist.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

 

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