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Corona-Pandemie – Hinausschieben antragsgemäß genehmigter Urlaub

Hessischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 1 B 1379/20 – Beschluss vom 03.06.2020

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Mai 2020 – 9 L 1143/20.F – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragsstellers, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den ihm in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis 24. Mai 2020 genehmigten Urlaub zu verschieben, zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen wird, abgelehnt. Die Beschwerdebegründung, die den Umfang der rechtlichen Überprüfung durch den Senat bestimmt, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise.

Soweit dort ausgeführt wird, der angefochtene Beschluss basiere auf der rechtlich nicht haltbaren Feststellung des Gerichts, es sei unerheblich, ob der Beschwerdeführer den Urlaub für den streitigen Zeitraum vom 1. Mai – 24. Mai 2020 beantragt hat, wird die Begründung des Verwaltungsgerichts unzutreffend wiedergegeben. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausgeführt, es sei unerheblich, ob der Antragsteller den Erholungsurlaub im streitigen Zeitraum formal beantragt hat. Er habe jedenfalls den streitgegenständlichen Zeitraum in die Gesamtübersicht Jahresplanung 2020 seiner Dienststelle als Erholungsurlaub eintragen lassen und augenscheinlich bereits eine dreiwöchige Reise in die USA gebucht. Damit habe der Antragsteller, unabhängig von einem förmlichen Urlaubsantrag, einen nach außen tretenden Willen manifestiert, in der hier streitigen Zeit einen Erholungsurlaub anzutreten (S. 3 unten bis S. 4 oben des amtl. Beschlussabdrucks). Hiergegen ist nichts zu erinnern.

Der Antragssteller hat (konkludent) Urlaub für den in Streit stehenden Zeitraum beantragt. Das ergibt sich nach Gesamtwürdigung der folgenden Umstände:

Nach dem von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreiben der personalverantwortlichen Stelle vom 27. September 2019 mit dem Betreff „Erholungsurlaub 2020, hier: Umsetzung Jahresurlaubsplanung BSL“ erfolgt eine Urlaubsbewilligung in seiner Dienststelle im Jahr 2020, soweit sichergestellt ist, dass eine prozentual bestimmte Quote an Personal zur Gewährleistung der Regel- oder Mindeststärke für Einsatzpläne im Dienst verbleibt. Alle den Mitarbeitern im Jahr 2020 zustehenden Urlaubstage, bis auf fünf Tage, die später „frei“ geplant werden dürften, sind danach unter Angabe der Urlaubszeiträume und Gegenzeichnung der betroffenen Mitarbeiter in die Jahresplanung einzutragen. „Unterschriftenliste und Quotentabelle“ für das Jahr 2020 seien bis zum 29. November 2019 vorzulegen. Die Antragsgegnerin hat – seitens des Antragstellers unwidersprochen – vorgetragen, dass es der geübten Praxis entspricht, Urlaub entsprechend den unterschriftlich bestätigten Eintragungen in dieser Liste zu genehmigen. Die Gegenzeichnung der angegebenen Zeiträume durch Unterschrift der Beschäftigten stellt sicher, dass die nachfolgende Urlaubsgenehmigung zu den eingetragenen Zeiten dem Willen der Beschäftigten entspricht. Das ist auch im Fall des Antragstellers erfolgt. Er hat per Email vom 20. November 2019 (Bl. 20 des Verwaltungsvorgangs) seinem Dienstgruppenleiter „Vollmacht erteilt“, „(s)einen des Jahresurlaub in (s)einem Auftrag zu unterschreiben“. Zudem hat er mitgeteilt, dass „(d)iese Vollmacht für folgende Zeiträume im Jahr 2020 (gilt), wobei u.a. der Zeitraum „01.05.-31.05.“ aufgeführt ist. Dementsprechend ist in der „Gesamtübersicht Urlaubsplanung 2020, abgestimmte Wünsche“ für den Antragsteller der Urlaubszeitraum 1.-31.05. eingetragen und mit dem handschriftlichen Namenskürzel des Dienstgruppenleiters, dem der Zusatz „i.A.“ vorangestellt ist, abgezeichnet worden. Auch der Antragsteller ging in der Folgezeit davon aus, dass ihm Urlaub vom 1. – 31. Mai 2020 auf diese Angaben hin genehmigt worden ist. Das belegt das Unterlassen einer (weiteren) gesonderten Beantragung des Urlaubs trotz Buchung der USA-Reise in dem genannten Zeitraum, und sein Antrag auf „Rückgabe“ des für Mai 2020 (genehmigten) Urlaubs.

Corona-Pandemie - Hinausschieben antragsgemäß genehmigter Urlaub
(Symbolfoto: Von Iryna Kalamurza/Shutterstock.com)

Vor diesem Hintergrund – der Praxis, wonach keine ausdrückliche Urlaubsantragstellung neben der Angabe der abgestimmten „Wünsche“ zu Urlaubszeiträumen im jeweiligen Urlaubsjahr in einer Liste erfolgt – sind die Angeben in der Liste als (konkludente) Urlaubsantragstellung zu werten. Die Bezeichnung der Liste als „Gesamtübersicht Urlaubsplanung“ ändert daran ebenso wenig wie der Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 26. Mai 2020, wonach im Jahr 2016 in einer Teamleiterbesprechung ein anderes Verfahren zur Urlaubsbeantragung vereinbart worden sein soll.

Selbst wenn nicht von einer (konkludenten) Urlaubsantragstellung des Antragstellers ausgegangen würde, wäre es dem Antragsteller jedenfalls nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (Rechtsgedanke des § 242 BGB) verwehrt, sich erfolgreich auf das Fehlen eines Urlaubsantrags zu berufen. Denn die Urlaubsgenehmigung für den in Rede stehenden Zeitraum entsprach eindeutig seinem Willen. Er hat eine Flugreise im Mai 2020 gebucht, wodurch belegt ist, dass er selbst davon ausgegangen ist, dass ihm der Urlaub für Mai 2020 allein aufgrund der Angaben in der bis Ende November 2019 abzugebenden „Gesamtjahresplanung“ genehmigt werden würde. Sich nunmehr darauf zu berufen, der Urlaub hätte ihm nicht erteilt werden dürfen, weil er diesen nicht beantragt habe, stellt ein widersprüchliches und treuwidriges Verhalten gegenüber dem Dienstherrn dar. Der Antragsteller kann nicht einerseits die Vorteile eines formlosen Verfahrens (Erteilung einer Genehmigung des Urlaubs allein aufgrund der Listeneintragungen) beanspruchen, andererseits das „Festgehaltensein“ an die Urlaubsgenehmigung als (empfundenen) Nachteil wegen der geänderten Möglichkeiten seiner Urlaubsgestaltung nach dem Auftreten der Corona-Pandemie nicht mehr in Kauf nehmen wollen.

Zurecht hat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 EUrIV nicht vorliegen. Auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 4, 2. Absatz bis Seite 5, vorletzter Absatz des Beschlussabdrucks, die mit der Beschwerdegründung nicht substantiiert angegriffen werden, wird verwiesen.

Der Senat verkennt nicht, dass die fehlende Realisierbarkeit der vom Antragssteller geplanten und gebuchten USA-Reise im Mai 2020 für ihn ein nachvollziehbares Interesse an einer Verschiebung des für diesen Zeitraum genehmigten Urlaubs begründet. Das vermittelt ihm jedoch aus den von dem Verwaltungsgericht genannten Gründen keinen (gebundenen) Anspruch auf Hinausschieben des antragsgemäß genehmigten Urlaubs oder auf Rücknahme der Urlaubsgenehmigung. Die Situation des Antragsstellers unterscheidet sich nicht von derjenigen einer Vielzahl anderer Beschäftigter – Beamtinnen und Beamten und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer -, deren Urlaubsvorstellungen sich wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht so wie ursprünglich geplant realisieren lassen. All diese Personen sind davon betroffen, dass Auslandsreisen derzeit nicht und voraussichtlich auch im Sommer allenfalls eingeschränkt möglich sein werden. Dem Interesse aller von diesen oder sonstigen Corona-Lage-bedingten Reisebeschränkungen Betroffenen an einer Verschiebung ihres genehmigten Urlaubs steht das berechtigte Interesse des Dienstherrn gegenüber, an der genehmigten Urlaubsplanung festzuhalten, um sicherzustellen, dass ein geregelter Dienstbetrieb aufrechterhalten bleibt. Das gilt insbesondere auch für der Zeit nach Entfallen oder Abmilderung der Corona-bedingten Einschränkungen, für die verstärkt mit Urlaubswünschen aus der Belegschaft zu rechnen sein dürfte.

Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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