Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 20 NE 20.1337 – Beschluss vom 19.06.2020
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit seinem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO verfolgt der Antragsteller das Ziel, den Vollzug der Fünften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (5. BayIfSMV) vom 29. Mai 2020 (2126-1-9-G, BayMBl. 2020 Nr. 304) einstweilen auszusetzen, soweit er durch § 8 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. a), Satz 3, Abs. 2 und Abs. 3, § 13 Abs. 4 Satz 2 5. BayIfSMV zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) verpflichtet wird.
1. Der Antragsgegner hat am 29. Mai 2020 durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die in der Hauptsache streitgegenständliche Verordnung erlassen, die am 30. Mai 2020 in Kraft getreten ist (§ 23 Satz 1 5. BayIfSMV) und zuletzt – jedoch nicht in den hier streitgegenständlichen Vorschriften – geändert wurde durch die Verordnungen des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 12. Juni 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 334) und vom 16. Juni 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 338).
2. Der in Bayern lebende Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 5. Juni 2020, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am selben Tag, einstweiligen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen die o.g. Bestimmungen zum Tragen einer MNB beantragt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, durch die angegriffenen Normen in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt zu werden. Er sei gezwungen, wider besseres Wissen entweder eine MNB beim Besuch von Geschäften des Einzelhandels und bei der Benutzung des ÖPNV zu tragen oder auf solche Aktivitäten zu verzichten. Außerdem sei er durch die Maskenpflicht der gesteigerten Gefahr ausgesetzt, sich wegen des im öffentlichen Raum unvermeidbaren unsachgemäßen Gebrauchs der Masken im Wege einer indirekten Kontaktübertragung zu infizieren. Die Maßgabe aller entscheidenden Institutionen wie z.B. des Robert-Koch-Instituts (RKI), dass die Maskenpflicht nur unter Beachtung besonderer Hygienemaßnahmen empfohlen werden könne, sei in der Praxis schon deshalb nicht einzuhalten, da es an hinreichenden Möglichkeiten in Geschäften und Verkehrsmitteln fehle, sich vor dem Aufsetzen bzw. nach dem Absetzen einer Maske gründlich die Hände zu reinigen. Insofern gefährde die Maskenpflicht nicht nur die Erreichung des Ziels eines verbesserten Infektionsschutzes, sondern gefährde mittelbar Leben und Gesundheit der Normadressaten. Soweit das Corona-Virus überhaupt aerogen bzw. durch Aerosole übertragbar sei, hätten die üblichen MNB ohnehin keine Schutzwirkung. Die Maskenpflicht habe vielmehr die fatale Folge, dass die viel wichtigere und zugleich evidenzbasierte Abwehrmaßnahme gegen die Virenausbreitung, nämlich die sorgfältige und korrekte Händehygiene, dadurch stark beeinträchtigt werde.
Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 hat der Antragsteller zum einen auf die aktuelle Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 5. Juni 2020 hingewiesen, wonach es für die Wirksamkeit der MNB zum einen weiterhin keine direkte wissenschaftliche Evidenz gebe, das Tragen einer MNB zudem nur bei erhöhtem Expositionsrisiko – das im Gebiet des Antragsgegners derzeit nicht mehr vorliege – sinnvoll sein könnte und schließlich neben den möglichen Vorteilen auch verschiedene Nachteile zu berücksichtigen seien. Eine ebenfalls am 8. Juni 2020 publizierte Modellierungsstudie über den Effekt der Maskenpflicht am Beispiel der Stadt Jena bringe ebenfalls keine Ergebnisse, die die Wirksamkeit einer Maskenpflicht stützen könnten, da der in dieser Untersuchung der Maskenpflicht zugeschriebene Effekt beim Rückgang der Infektionszahlen von anderen, nicht berücksichtigten Effekten überlagert werde (wird ausgeführt).
3. Der Antragsgegner tritt dem Eilantrag entgegen und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die bisherige verwaltungsgerichtliche und oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die hierdurch bestätigte Eignung einer Pflicht zum Tragen einer MNB, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 reduzieren zu können. Bei der Maskenpflicht handele es sich zunächst nur um ein Detail des äußeren Erscheinungsbildes. Bei der vom Antragsteller befürchteten Infektionsgefahr aufgrund einer Vernachlässigung der Händehygiene beim Umgang mit den MNB unterstelle er ein unhygienisches Verhalten der Bürger, obwohl im öffentlichen Raum alternativ zum Händewaschen ein Hände-Desinfektionsspray verwendet werden könne, das mittlerweile auch wieder in einer der Nachfrage entsprechenden Menge zur Verfügung stehe. Ohne Maskenpflicht käme es nicht nur zu einem erhöhten Infektionsrisiko, sondern voraussichtlich würden auch viele Menschen davon ausgehen, dass die Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus nicht mehr ernst zu nehmen sei, und sich auch im Hinblick auf anderweitige Hygienemaßnahmen „gehen lassen“. Dass die Infektionsgefahr zunehmend geringgeschätzt werde, sei bereits mehrfach und in großem Umfang bei den Demonstrationen der vergangenen Wochenenden zu beobachten gewesen.
4. Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 11. Juni 2020 u.a. repliziert, dass die Theorie, die Maskenpflicht als Teil eines „Maßnahmenbündels“ oder als einen von mehreren „Bausteinen“ zu begreifen, nur unter – praktisch aber nicht gegebenen – speziellen hygienischen Voraussetzungen greife. Dass der Umgang der Bürger mit den MNB im öffentlichen Raum den hygienischen Anforderungen genüge, entspreche nicht den Alltagsbeobachtungen. Hände-Desinfektionsmittel ständen vielfach nicht oder nicht in ausreichender Menge zur Verfügung; außerdem sei die erforderliche Technik einer zuverlässigen Händedesinfektion – ebenso wie der Umgang mit Schutzmasken – keineswegs trivial und in der Regel nur medizinisch geschulten Berufsgruppen geläufig. Mit den dem Antragsgegner offenbar nicht bekannten etablierten Standards der Krankenhaushygiene sei die angegriffene Maskenpflicht nicht vereinbar.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen
II.
1. Der Eilantrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nach Auffassung des Senats im Ergebnis nicht vor.
a) Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – juris Rn. 9).
Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag nicht (hinreichend) abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12).
b) Nach diesen Maßstäben geht der Senat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon aus, dass die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache voraussichtlich nicht gegeben sind (aa). Die zu treffende Folgenabwägung führt darüber hinaus dazu, dass eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen nicht dringend geboten erscheint (bb).
aa) Die angegriffenen Bestimmungen zum Bestehen einer Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Betrieben des Groß- und Einzelhandels mit Kundenverkehr einschließlich Einkaufszentren, in Dienstleistungsbetrieben mit Kundenverkehr, in Arztpraxen sowie in der Gastronomie nach § 8 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. a), Satz 3, Abs. 2 und Abs. 3, § 13 Abs. 4 Satz 2, jeweils i.V.m. § 1 Abs. 2 5. BayIfSMV ist voraussichtlich formell wirksam (1). Die angegriffenen Verpflichtungen dürften von der Ermächtigungsgrundlage der § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gedeckt sein (2).
(1) Der Senat geht davon aus, dass die angegriffenen Bestimmungen der Verordnung formell wirksam, insbesondere ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sind. Auch wenn die Verordnung im Hinblick auf die in § 21 5. BayIfSMV normierten Ordnungswidrigkeiten als bewehrte Verordnung anzusehen ist, dürfte nach der zum 1. Mai 2020 erfolgten Aufhebung der bisherigen Veröffentlichungspflicht im Gesetz- und Verordnungsblatt nach Art. 51 Abs. 2 LStVG a.F. durch § 2 Nr. 2 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Land- und Amtsarztgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 27. April 2020 (GVBl. 2020 S. 236, vgl. auch LT-Drs 18/7347) die hier erfolgte Bekanntmachung durch Veröffentlichung im Bayerischen Ministerialblatt ausreichend sein.
(2) Im Hinblick auf die gesetzliche Grundlage der angegriffenen Bestimmungen ist der Senat bereits in mehreren Eilentscheidungen (BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 20 NE 20.632 – juris; B.v. 9.4.2020 – 20 NE 20.663 – BeckRS 2020, 5446; 20 NE 20.688 – BeckRS 2020, 5449; 20 NE 20.704 – BeckRS 2020, 5450; B.v. 28.4.2020 – 20 NE 20.849) davon ausgegangen, dass die im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie erlassenen Bestimmungen in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG grundsätzlich eine ausreichende Rechtsgrundlage finden dürften (vgl. zum Begriff der Schutzmaßnahme insbesondere BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 20 CS 20.611 – juris Rn. 9 ff.).
Nach den in den genannten Entscheidungen dargestellten Maßstäben ist die vom Antragsteller angegriffene Verpflichtung zum Tragen einer MNB als Bestandteil des der 5. BayIfSMV zugrunde liegenden Gesamtkonzepts zum Schutz vor einer ungehinderten Ausbreitung bzw. zur Kontrolle des Infektionsgeschehens voraussichtlich von der Ermächtigungsgrundlage in § 28 Abs. 1 IfSG gedeckt. Nach § 28 Abs. 1 IfSG trifft die Behörde bei Vorliegen der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist, worunter eine Anordnung zum Tragen von Schutzmasken grundsätzlich fallen dürfte (vgl. hierzu zuletzt BayVGH, B.v. 28.5.2020 – 20 NE 20.1017 – juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B.v. 15.5.2020 – 20 NE 20.1102 – juris; vgl. auch VGH BW, B.v. 18.5.2020 – 1 S 1357/20 – juris).
Nach dem aktuellen Situationsbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom 18. Juni 2020 handelt es sich weltweit und in Deutschland auch weiterhin um eine „sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation“, auch wenn die Anzahl der neu übermittelten Fälle derzeit rückläufig ist (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-06-18-de.pdf?_blob=publicationFile). In einer solchen Situation obliegt es dem Verordnungsgeber im Rahmen des § 28 Abs. 1 IfSG, der die Behörden zu einem infektionsschutzrechtlichen Tätigwerden verpflichtet und ihnen dabei ein weites Handlungsermessen einräumt (vgl. BT-Drs. 14/2530 S. 74; BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 3 C 16/11 – NJW 2012, 2823), alle Maßnahmen zu ergreifen, solange und soweit diese die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der angestrebte Erfolg zumindest teilweise eintritt (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Stand Februar 2020, Art. 20 VII. Rn. 112). So liegt es hier. Das nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 IfSG besonders zur Beurteilung der epidemiologischen Lage berufene RKI empfiehlt ein generelles Tragen einer MNB in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum, um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck zu reduzieren. Die Schutzfunktion einer MNB ist nach Einschätzung des RKI jedenfalls „plausibel“ und ihre Verwendung als zusätzlicher Baustein neben anderen Maßnahmen zur Reduktion der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus geeignet (vgl. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html mit Verweis auf „Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum als weitere Komponente zur Reduktion der Übertragungen von Covid-19”, 3. Update v. 7.5.2020, Epid Bull 19/2020, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/19_20.pdf?__blob=publicationFile).
Die Anordnung zum Tragen einer MNB dürfte in der derzeitigen Situation zumindest in Kombination mit physischen Kontaktreduzierungen bzw. der Einhaltung eines möglichst weiten Abstands zu anderen Personen (vgl. §§ 1 und 2 5. BayIfSMV) und der Befolgung allgemeiner Hygieneregeln eine grundsätzlich geeignete Maßnahme sein, die Infektionszahlen zu reduzieren (vgl. auch die – vom Antragsteller allerdings für nicht aussagekräftig gehaltene – Studie von Mitze et al. „Face Masks Considerably Reduce COVID-19 Cases in Germany: A Synthetic Control Method Approach“, http://ftp.iza.org/dp13319.pdf). Diese Eignung ergibt sich auch vor dem Hintergrund der Rückkehr zu einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben, indem das Gebot zum Tragen einer MNB, zusätzlich zur Beachtung der allgemeinen Hygieneregeln und Abstandsgebote, ermöglichen kann, andere Beschränkungen und Verbote zu lockern bzw. aufzuheben (vgl. im Einzelnen dazu bereits BayVGH, B.v. 15.5.2020 – 20 NE 20.1102 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 12.5.2020 – 20 NE 20.1080 – juris Rn. 17 ff.; B.v. 11.5.2020 – 20 NE 20.843 – juris Rn. 17 ff.).
Sollte der Antragsgegner allerdings, wie sein Vortrag im Rahmen dieses Verfahrens erkennen lässt, mit der Maskenpflicht (auch) das Ziel verfolgen, dass die Bevölkerung die Infektionsgefahren weiterhin hinreichend ernst nimmt und allgemeine Hygienemaßnahmen beachtet, hätte dieser Aspekt voraussichtlich im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 GG keinen Bestand. Eine Instrumentalisierung der Normadressaten zu Warnzwecken kommt im Hinblick auf andere, nicht in die Grundrechte der Betroffenen eingreifende Warn- und Informationsmöglichkeiten nicht in Betracht.
Dass der Antragsteller die fachliche Beurteilung durch das RKI und den Antragsgegner – sowohl speziell im Hinblick auf die Eignung von MNB zur Reduktion des Infektionsgeschehens als auch im Hinblick auf dessen allgemeine Risikobewertung – in Zweifel zieht und andere Maßnahmen für vorzugwürdig hält, kann – jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens – für sich genommen nicht schon dazu führen, die Beurteilung durch die vom Gesetzgeber hiermit beauftragten Institutionen als widerlegt anzusehen. Ebenso wenig hätten die vom Antragsteller angeführten methodischen Schwächen der o.g. Studie von Mitze et al. zur Folge, dass deren Ergebnisse von vornherein nicht verwertbar oder damit die grundsätzliche Eignung einer Maskenpflicht widerlegt wären.
Soweit der Antragsteller auf die möglichen nachteiligen Aspekte des Tragens einer MNB bei nicht ordnungsgemäßem Umgang mit diesen hinweist, fehlt es an nachvollziehbaren Belegen dafür, dass speziell mit dem Tragen der MNB und dem Umgang mit diesen konkrete gesundheitliche Risiken verbunden sind, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen. Dass die Maskenpflicht zu einer allgemeinen Vernachlässigung anderweitiger erforderlicher Hygienemaßnahmen führe, bleibt ebenfalls spekulativ. Personen, denen das Tragen einer MNB aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, sind von der Tragepflicht – ebenso wie Kleinkinder – nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 5. BayIfSMV befreit; ansonsten ist das (vorübergehende) Abnehmen der MNB jedenfalls stets zulässig, wenn zwingende Gründe dies erfordern. Darüber hinaus entfällt speziell für Dienstleistungsbetriebe die Maskenpflicht insoweit, als die Art der Dienstleistung sie nicht zulässt (§ 12 Abs. 2 Halbs. 2, Abs. 3 Halbs. 2 5. BayIfSMV).
bb) Selbst wenn man schließlich die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollverfahrens als offen betrachten würde, führte eine Folgenabwägung dazu, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der angegriffenen Vorschrift sprechenden Gründe nicht überwiegen. Durch den Vollzug der angegriffenen Bestimmungen der 5. BayIfSMV kommt es – wie oben dargelegt – bei sachgerechter Auslegung nicht zu schwerwiegenden Eingriffen in die Grundrechte der betroffenen Personen, da die Normadressaten in möglichen Härtefällen von der Tragepflicht befreit sind bzw. ein Abnehmen der MNB jederzeit aus zwingenden Gründen erlaubt ist. Demgegenüber wäre das Gewicht eines rechtswidrigen Eingriffs weniger hoch einzuschätzen als die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen. Würde der Vollzug der Bestimmungen ausgesetzt, wäre jedenfalls nicht auszuschließen, dass es – in welchem Umfang auch immer – zu vermehrten Infektionsfällen kommen könnte. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit immer noch insgesamt als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen sogar als sehr hoch (vgl. Risikobewertung des Robert-Koch-Instituts vom 26.5.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; Situationsbericht v. 18.6.2020 S. 12, https://www.rki.de/DE/Content/ InfAZ/N/Neu-artiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-06-18-de.pdf?__blob=publicationFile).
Bei einer Abwägung zeitlich befristeter (vom Verordnungsgeber fortlaufend auf ihre Verhältnismäßigkeit zu evaluierender, vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 31/20 – juris Rn. 16) Eingriffe in das Grundrecht der Normadressaten auf persönliche Freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) mit dem Grundrecht behandlungsbedürftiger, teilweise lebensbedrohlich erkrankender Personen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG setzt sich der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch (so im Ergebnis auch BVerfG, B.v. 29.4.2020 – 1 BvQ 47/20 –, 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 –, 9.4.2020 – 1 BvQ 29/20 –, 7.4.2020 – 1 BvR 755/20 – alle juris; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 13 ff.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die vom Antragsteller teilweise angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 21. Juni 2020 außer Kraft tritt (§ 23 Satz 1 5. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hier nicht angebracht erscheint.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).