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Corona Pandemie – Rücktritt vom Reisevertrag – Rückzahlung Anzahlung

AG Düsseldorf – Az.: 23 C 315/20 – Urteil vom 14.01.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich und seine Familie (zwei Erwachsene und ein Kind) eine Pauschalreise nach Mallorca im Zeitraum 18.07. bis 28.07.2020 zu einem Preis von insgesamt 2.778,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Buchungsbestätigung (B. 6 und 7 d..A.) Bezug genommen. Bei Buchung im Internet bestätigte er die AGBs der Beklagten.

Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 556,00 EUR, dies entspricht 20 % des Reisepreises.

Das Auswärtige Amt erteilte anlässlich der Covid 19-Pandemie im Frühjahr zunächst eine Reisewarnung für Mallorca befristet bis zum 14.06.2020. Diese wurde nicht verlängert.

Am 03.06.2020 erklärte der Kläger aufgrund der Corona Pandemie seinen Rücktritt vom Reisevertrag und forderte die Beklagte auf, die geleistete Anzahlung zurückzuerstatten.

Die Beklagte ihrerseits berechnete aufgrund des Rücktritts Stornogebühren in Höhe von 25 % des Reisepreise, insgesamt 695,00 EUR, und forderte den Kläger zur Zahlung der Differenz in Höhe von 139,00 EUR auf.

Kurz vor Reisebeginn im Juli entschied sich die Beklagte, das vom Kläger gebuchte Hotel aufgrund einer Vielzahl von Stornierungen nicht zu öffnen. Der Kläger wäre in einem Alternativhotel untergebracht worden.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung der Anzahlung.

Der Kläger behauptet, die mitreisende Ehefrau sei chronisch erkrankt und daher wäre die Reise für sie erheblich beeinträchtigt und er zum kostenfreien Rücktritt berechtigt.

Zudem ist er der Ansicht, dass der Reisezeitraum für die Frage der erheblichen Beeinträchtigung maßgebliche sei und zu diesem Zeitpunkt sei das Hotel gar nicht geöffnet gewesen, auch deshalb auch ein kostenloser Rücktritt möglich. Ausserdem berechtige die Corona Pandemie mit ihren Auswirkungen auch schon zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung, welche zum kostenfreien Rücktritt berechtigt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 556,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihre stünden Stornierungskosten gem. § 651h Abs.1 S. 3, Abs. 2 BGB in Höhe von 695,00 EUR zu. Insbesondere sei auch der Ausschlussgrund des § 651h Abs. 3 BGB nicht gegeben. Sie hält den Zeitpunkt der Stornierung für verfrüht, ein weiteres Zuwarten sei dem Kläger zumutbar gewesen, denn tatsächlich hätte eine Reisewarnung zum Zeitpunkt der Reise für Spanien gar nicht mehr bestanden. Die Hoteliers und die gesamte Touristik hätten Hygienekonzepte ausgearbeitet, die pauschale Gefahr der Corona-Pandemie genügt für § 651h Abs. 3 BGB nicht. Besondere persönliche Risiken lägen allein in der Sphäre des Klägers und könnten keine Berücksichtigung finden bei der Frage der erheblichen Beeinträchtigung der Reise. Sie ist zudem der Ansicht, maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob die Reise erheblich beeinträchtigt sei oder nicht, sei der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.

Corona Pandemie - Rücktritt vom Reisevertrag – Rückzahlung Anzahlung
(Symbolfoto: Iryna Kalamurza/Shutterstock.com)

Der Kläger hat unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung der einbehaltenen Anzahlung in Höhe von 556,00 EUR. Insbesondere folgt dieser Anspruch nicht aus §§ 346 Abs. 1, 2, 651 a Abs. 1 S.1, Abs.3, 651h BGB.

Vor Reisebeginn kann grundsätzlich jeder Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten, was der Kläger mit seiner Kündigung vom 03.06.2020 auch getan hat. Durch die Kündigung verliert der Reiseveranstalter zwar den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, kann aber gemäß § 651 h Abs. 1, S. 3 BGB eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Diese betrug vorliegend aufgrund der wirksam einbezogenen AGBs der Beklagten 25 % des Reisepreise, mithin also 695,00 EUR. Das pauschale Bestreiten der Einbeziehung der AGBs ist unbeachtlich. Der Kläger hat unbestritten selbst online die Buchung durchgeführt und wusste somit, ob er den Haken der AGBs gesetzt hat oder nicht. Zudem ist gerichtsbekannt, dass ohne den entsprechenden Haken eine Buchung online gar nicht möglich ist.

Der Anspruch auf einen angemessene Entschädigung ist auch nicht gemäß § 651h Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

Nach § 651h Abs. 3 BGB kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.

Umstände im Sinne dieser Vorschrift sind unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Ob außergewöhnliche Umstände vorlagen, beurteilt sich aus einer ex-ante Perspektive des Reisenden im Zeitpunkt der Kündigung/des Rücktritts, wobei jeweils auf die konkreten Geschehnisse des Einzelfalls abzustellen ist (vgl. Staudinger/Achilles-Pujol in Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 1. Auflage 2020, § 7 Rn. 24). Kann die Reise zum Zeitpunkt der Kündigung vertragsgemäß durchgeführt werden, tritt der Buchende aber lediglich wegen Unwohl- und Angstgefühlen von der Reise zurück, rechtfertigt dies nicht den Wegfall der Entschädigungspflicht. Eine wesentliche Beeinträchtigung kann nur angenommen werden, wenn eine sichere Durchführung der Reise nach objektiven Kriterien in Frage steht.

Die Vertragspartei des Reiseveranstalters, die kündigen will, muss zum Zeitpunkt der Kündigung eine Prognose anstellen, wann mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Land eine erhebliche Beeinträchtigung eintreten könnte (vgl. MüKoBGB/Tonner, 8. Auflage 2020, BGB § 651h Rn. 42).

Da der Kläger am 03.06.2020 die Reise gekündigt hat, also mehr als 6 Wochen zuvor, ist für die vorzunehmende Prognoseentscheidung auch auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch nicht mit hinreichender Sicherheit eine solche objektiv erhebliche Beeinträchtigung befürchtet werden. Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bestand allgemein bekannt die allgemeine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vor touristischen Reisen ins Ausland. Unstreitig galt diese Warnung nur bis zum 14.06.2020, endete also mehr als 4 Wochen vor dem eigentlichen Reisezeitpunkt. Allgemein bekannt ist auch, dass die Beurteilung der Lage zum damaligen Zeitpunkt sehr kurzfristig wechselte und gerade erst der Übergang zu längerfristigen Einschätzungen erfolgte. Von einer hinreichend sicheren Einschätzung bzgl. einer Reise, die erst mehr als 6 Wochen später angetreten werden sollte, kann angesichts dessen gerade nicht ausgegangen werden. Es war zu diesem Zeitpunkt völlig unklar, ob eine Reisewarnung verlängert werden würde und unter welchen Bedingungen die Reise, wenn sie denn stattfände, durchzuführen sein würde. Die vom Kläger vorgetragene Einschränkung durch zB die Maskenpflicht im Flugzeug und innerhalb mancher Hotelbereiche stand zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fest, soweit diese überhaupt eine erhebliche Beeinträchtigung nach objektiven Kriterien darzustellen vermag, was zweifelhaft erscheint.

Es wäre dem Kläger zumutbar gewesen, bis zum 14.06.2020 abzuwarten und dann neu zu entscheiden. Der Rücktritt bereits zum 03.06.2020 ist als verfrüht zu werten. Die Schließung des Hotels war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt bzw. entschieden.

Die vom Kläger vorgetragene, und von der Beklagten bestrittene Vorerkrankung der mitreisenden Ehefrau, die diese im Falle einer Infektion ggf. anfälliger macht für einen schwerwiegenden Verlauf, fallen in die Risikosphäre des Reisenden, ebenso wie persönliche Ängste, die darauf beruhen (vgl. Staudinger/Ruks DAR 2020, 314; Schmidt, Covid-19, § 7 Reiserecht Rn 25). Weder der Wortlaut des § 651h Abs. 3 BGB noch nach der hinter dieser Vorschrift stehenden Ratio ist ein solcher Umstand entscheidungserheblich. Maßgeblich sind allein objektive Kriterien, die die Durchführung erheblich beeinträchtigen. Persönliche Ängste und Einschränkungen fallen nicht darunter.

2. Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ist mangels Hauptanspruch nicht gegeben.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: bis 1.000,00 EUR

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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