VG Aachen – Az.: 7 L 758/20 – Beschluss vom 22.10.2020
1. Die aufschiebende Wirkung der am 19. Oktober 2020 erhobenen Klage gleichen Rubrums mit dem Aktenzeichen 7 K 2554/20 gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 14. Oktober 2020 wird angeordnet, soweit dort unter Ziffer IV für öffentliche Vergnügungsstätten eine Sperrstunde für 24.00 Uhr angeordnet wurde.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag ist zulässig und begründet. Insbesondere ist durch die Erklärung der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2020, wonach aus Ziffer IV der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung keine Vollstreckungsmaßnahmen hergeleitet werden, nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Der Erklärung lässt sich nicht entnehmen, ob sie für die Dauer des gesamten Klageverfahrens abgegeben wurde oder nur für das Eilverfahren. Auch angesichts dessen, dass ein Verstoß gegen die Regelungen der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung bußgeldbewehrt ist, ist von einem fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis auszugehen.

Im Rahmen der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung. Die Anordnung einer Sperrstunde auf 24.00 Uhr für öffentliche Vergnügungsstätten stellt sich als voraussichtlich rechtswidrig dar. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Anordnung einer Sperrstunde für sämtliche öffentliche Vergnügungseinrichtungen erforderlich ist, um eine Eindämmung der Pandemie durch Reduzierung der Neuinfektionen zu erreichen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass öffentliche Vergnügungsstätten generell unter den bislang geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen einen derart wesentlichen Anteil am Infektionsgeschehen gehabt haben, dass die Anordnung einer Sperrstunde erforderlich wäre. Die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) sieht vorbeugende Maßnahmen, wie die Erarbeitung und Implementierung von Schutz- und Hygienekonzepten vor. So sind Spielhallen, die unter den Begriff der öffentliche Vergnügungsstätte fallen, durch § 10 Abs. 7 CoronaSchaVO verpflichtet, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um die Sicherheit der Benutzer zu gewährleisten. Dass derartige Konzepte, nicht ausreichend sein sollen, um die Bevölkerung vor Neuinfektionen zu schützen, wurde von der Antragsgegnerin weder dargelegt, noch ist dies sonst ersichtlich. Vielmehr stellte das Robert-Koch-Institut in seinem Epidemiologischen Bulletin Nr. 38/2020 vom 17. September 2020, für Gaststätten fest, dass diese als Infektionsumfeld eine untergeordnete Rolle spielen. Warum dies für öffentliche Vergnügungsstätten, wie Spielhallen, in denen ein geselliges Zusammensein von untergeordneter Bedeutung ist und der Einzelne sich in aller Regel auf das Spiel bzw. die Bedienung von Spielautomaten fokussiert, anders sein sollte, ist nicht hinreichend dargelegt und erschließt sich auch sonst nicht. Vielmehr ist es in einer Vielzahl öffentlicher Vergnügungsstätten möglich, Mindestabstände und sonstige Hygienemaßnahmen einzuhalten. Eine pauschale Anordnung einer Sperrstunde erscheint mithin nicht erforderlich bzw. angemessen.
Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.