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Coronabedingte Einschränkungen im Breiten- und Freizeitsport gelten weiterhin.

OVG NRW – Az.: 13 B 617/20.NE – Beschluss vom 10.06.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der in einer nordrhein-westfälischen Kommune lebende Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassene Regelungen zum Sport-, Trainings- und Wettkampfbetrieb im Breiten- und Freizeitsport.

Die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 8. Mai 2020 (GV. NRW. S. 340a), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Mai 2020 (GV. NRW. S. 348a) trifft insoweit die folgende Regelung:

§ 9

Sport

(1) Untersagt sind der nicht-kontaktfreie Sport- und Trainingsbetrieb sowie jeder Wettkampfbetrieb, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist.

(2) Ausgenommen von Absatz 1 sind der Sportunterricht (einschließlich Schwimmunterricht) der Schulen und die Vorbereitung auf oder die Durchführung von schulischen Prüfungen, sportpraktische Übungen im Rahmen von Studiengängen, das Training an den nordrhein-westfälischen Bundesstützpunkten und Landesleistungsstützpunkten mit besonderem Landesinteresse sowie das Training von Berufssportlern auf und in den von ihrem Arbeitgeber bereitgestellten Trainingseinrichtungen.

(3) Der Betrieb von Tanzschulen ist zulässig, soweit sich die nicht-kontaktfreie Ausübung auf einen festen Tanzpartner beschränkt und im Übrigen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen gewährleistet ist.

(4) Beim kontaktfreien Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport auf und in öffentlichen oder privaten Sportanlagen sowie im öffentlichen Raum sind geeignete Vorkehrungen zur Hygiene, zum Infektionsschutz, zur Steuerung des Zutritts und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern (auch in Dusch- und Waschräumen, Umkleide-, Gesellschafts- und sonstigen Gemeinschaftsräumen sowie in Warteschlangen) zwischen Personen, die nicht zu den in § 1 Absatz 2 genannten Gruppen gehören, sicherzustellen. Unter diesen Voraussetzungen ist im Freien für Personen, die zu den in § 1 Absatz 2 genannten Gruppen gehören, auch die nicht-kontaktfreie Ausübung ohne Mindestabstand zulässig. Unter diesen Voraussetzungen ist zudem das Betreten der Sportanlage durch bis zu 100 Zuschauer zulässig.

(5) Beim Betrieb von Fitnessstudios sind die in der Anlage zu dieser Verordnung festgelegten Hygiene- und Infektionsschutzstandards zu beachten.

(6) Im Breiten- und Freizeitsport auf und außerhalb von öffentlichen oder privaten Sportanlagen sind Wettbewerbe im Freien zulässig auf der Grundlage eines besonderen Hygiene- und Infektionsschutzkonzepts nach § 2b. Absatz 4 gilt entsprechend. Sportfeste und ähnliche Sportveranstaltungen sind bis mindestens zum 31. August 2020 untersagt.

(7) Die folgenden weiteren Wettbewerbe sind zulässig:

Coronabedingte Einschränkungen im Breiten- und Freizeitsport gelten weiterhin.
Symbolfoto: Von genoph97/Shutterstock.com

1. Wettbewerbe in Profiligen, soweit die Vereine bzw. die Lizenzspielerabteilungen der Vereine sich neben der Erfüllung ihrer arbeitsschutzrechtlichen Hygiene- und Schutzpflichten auch verantwortlich für die Reduzierung von Infektionsrisiken im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zeigen und die für die Ausrichtung der Wettbewerbe verantwortlichen Stellen den nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden vor Durchführung der Wettbewerbe geeignete Infektionsschutzkonzepte vorlegen,

2.  Wettbewerbe im Berufsreitsport und Pferderennen, wenn auf der Anlage die erforderlichen Vorkehrungen zur Hygiene, zum Infektionsschutz und zur Gewährleistung eines Abstands von mindestens 1,5 Metern zwischen Personen sichergestellt sind.

Das Betreten der Wettbewerbsanlage durch bis zu 100 Zuschauer ist zulässig, wenn geeignete Vorkehrungen zur Hygiene, zum Infektionsschutz, zur Steuerung des Zutritts und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern (auch in Warteschlangen) zwischen Personen, die nicht zu den in § 1 Absatz 2 genannten Gruppen gehören, sichergestellt sind. Es ist zu gewährleisten, dass durch die Austragung des Wettbewerbs im unmittelbaren Umfeld der Wettbewerbsanlage keine Ansammlungen verursacht werden. Im Rahmen des Wettbewerbs sind Rundfunk-Produktionen (TV, Radio, Internet) und dazu auch der Zutritt zu der Wettbewerbsanlage gestattet.

Der Antragsteller hat am 4. Mai 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Er und seine Kinder seien Mitglieder in mehreren Sportvereinen. Dort betrieben sie Individual- und Mannschaftssport. Die Beschränkungen im Bereich des Sport-, Trainings- und Wettkampfbetriebs stellten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar. Überdies verstoße § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Die Ungleichbehandlung zwischen Berufssportlern, etwa im Fußballbereich, und den Freizeit- und Breitensportlern, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere rechtfertige das „Konzept“ der Deutschen Fußballliga eine solche nicht, da es, wie z. B. der „Fall Hertha BSC“ zeige, ohnehin nicht angewendet werde. Das „Konzept“ sei nur vorgeschoben, um dem Profifußball eine ungerechtfertigte Sonderbehandlung einzuräumen. Überdies sei medizinisch nicht schlüssig, warum regelmäßige Tests zu einem geringeren Infektionsrisiko führen sollten, da die Inkubationszeit bis zu 5 Tage betrage und daher ein negativer Test am Vortag eines Spiels keine Aussagekraft entfalte. Sollte eine Differenzierung vom Gericht für angemessen erachtet werden, sei in die Ausnahmeregelung zumindest das Training für Kinder- und Jugendliche auf öffentlichen oder privaten Freiluftsportanlagen sowie im öffentlichen Raum einzubeziehen. Kinder seien weniger bis überhaupt nicht betroffen von der Corona-Pandemie. Schwere Krankheitsverläufe bei Kindern seien nicht bekannt. Auch belegten Studien, dass Kinder weder andere Kinder noch Erwachsene ansteckten.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug von § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO bis zu einer Entscheidung über einen noch zu erhebenden Normenkontrollantrag auszusetzen.

Der Antragsgegner verteidigt die angegriffene Regelung und beantragt, den Antrag abzulehnen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Er ist gemäß § 47 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist aber unbegründet, weil die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist (§ 47 Abs. 6 VwGO). Der – noch zu erhebende – Normenkontrollantrag in der Hauptsache bliebe voraussichtlich ohne Erfolg, weil sich die vom Antragsteller angegriffenen Regelungen in § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO bei einer wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen (1.). Unabhängig davon würde jedenfalls eine von den Erfolgsaussichten losgelöste Folgenabwägung zu seinen Lasten ausgehen (2.).

Vgl. zu den Entscheidungsmaßstäben BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 6. April 2019 – 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 32, und vom 26. August 2019 – 4 B 1019/19.NE -, juris, Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 17. Februar 2020 – 2 MN 379/19 -, juris, Rn. 24, m. w. N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395.

1. Rechtsgrundlage für § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO ist § 32 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG in der Fassung vom 27. März 2020 (BGBl. I 587). Nach § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG kann die zuständige Behörde insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 der Regelung kann die Behörde unter den Voraussetzungen des Satz 1 unter anderem Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten.

a. § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO findet in § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE -, juris, vgl. ferner Senatsbeschlüsse vom 15. April 2020 – 13 B 440/20.NE -, juris, Rn. 46, und vom 16. April 2020 – 13 B 452/20.NE – und – 13 B 471/20.NE -, auf den er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, entschieden, dass die Verordnungsermächtigung hinsichtlich der Regelungen der Coronaschutzverordnung voraussichtlich den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügt (juris, Rn. 37 ff.), etwaige verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf den Vorbehalt des Gesetzes jedenfalls im vorliegenden Pandemiefall nicht durchgreifen (juris, Rn. 50 ff.) und ein Verstoß gegen das Zitiergebot voraussichtlich nicht vorliegt (juris, Rn. 62 ff.).

b. An der formellen Rechtmäßigkeit des § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO bestehen keine Bedenken. Die Regelungen erweisen sich voraussichtlich auch als materiell rechtmäßig.

aa. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die durch Rechtsverordnung erfolgte Anordnung der streitgegenständlichen Schutzmaßnahmen für den Sport-, Trainings- und Wettkampfbetrieb im Breiten- und Freizeitsport nach §§ 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG liegen voraussichtlich vor.

Für die Anordnung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen ist es nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine übertragbare Krankheit aufgetreten ist, deren Weiterverbreitung verhindert werden soll. Das ist vorliegend der Fall. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19 wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Weltweit haben sich in derzeit 216 Ländern mehr als 7 Millionen Menschen mit dem zugrunde liegenden Krankheitserreger SARS-CoV-2 infiziert und sind mehr als 400.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung gestorben.

Vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) outbreak situation, abrufbar unter: https://www.who.int/ emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 9. Juni 2020.

Im Bundesgebiet sind zwischenzeitlich über 184.000 infizierte und mehr als 8.700 gestorbene Personen registriert. In Nordrhein-Westfalen beläuft sich die Zahl der registrierten Infizierten auf über 38.000 Menschen, über 1.600 Menschen sind im Zusammenhang mit COVID-19 verstorben.

Vgl. Robert Koch-Institut, COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 9. Juni 2020.

Die streitigen Regelungen stellen auch Schutzmaßnahmen im Sinne von § 28 Abs. 1 IfSG dar. Der Vorschrift liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als (offene) Generalklausel ausgestaltet. Der Begriff der Schutzmaßnahme ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde bzw. über den Verweis in § 32 Satz 1 IfSG dem Verordnungsgeber ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Maßnahmen, das durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird.

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Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 -, juris, Rn. 24; Senatsbeschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 44; Bay. VGH, Beschluss vom 30. März 2020 – 20 CS 20.611 -, juris, Rn. 11; Schl.-H. OVG, Beschluss vom 2. April 2020 – 3 MB 8/20 -, juris, Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 29. Mai 2020 – 13 MN 185/20 -, juris, Rn. 27.

Schutzmaßnahmen im Sinne von § 28 Abs. 1 können daher auch Untersagungen oder Beschränkungen sportlicher Betätigungen sein.

Siehe insoweit auch Senatsbeschlüsse vom 15. April 2020 – 13 B 440/20.NE -, juris, Rn. 58, und vom 24. April 2020 – 13 B 520/20.NE -, juris, Rn. 32, jeweils zur Schließung von Fitnessstudios.

Ebenso kommen Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote als denkbare Schutzmaßnahmen in Betracht.

Vgl. dazu eingehend Senatsbeschluss vom 19. Mai 2020 – 13 B 557/20.NE -, juris, Rn. 51 ff.

bb. Es spricht weiter Überwiegendes dafür, dass der Verordnungsgeber auf der Rechtsfolgenseite von dem ihm zukommenden Verordnungsermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht hat.

(1) Das gilt zunächst für den durch die Regelung betroffenen Adressatenkreis. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt, begrenzt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den Handlungsrahmen der Behörde nicht dahin, dass allein Schutzmaßnahmen gegenüber den festgestellten Personen in Betracht kommen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen. Bei ihnen steht fest oder besteht der Verdacht, dass sie Träger von Krankheitserregern sind, die bei Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 1 bis Nr. 3 IfSG verursachen können. Wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr, eine übertragbare Krankheit weiterzuverbreiten, sind sie schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts als „Störer“ anzusehen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch die Allgemeinheit und (sonstige) Dritte („Nichtstörer“) Adressat von Maßnahmen sein, wenn ein Tätigwerden allein gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern eine effektive Gefahrenabwehr nicht gewährleistet, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 -, juris, Rn. 26, unter Hinweis auf BT-Drs. 8/2468, S. 27; Senatsbeschlüsse vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 70, sowie vom 15. April 2020 – 13 B 440/20.NE -, juris, Rn. 82 ff.; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 23. März 2020 – OVG 11 S 12/20 -, juris, Rn. 8; Nds. OVG, Beschluss vom 29. Mai 2020 – 13 MN 185/20 -, juris, Rn. 24.

So verhält es sich hier schon deshalb, weil aus tatsächlichen Gründen vielfach gar nicht klar ist, ob eine Person „Störer“ oder „Nichtstörer“ ist. Nach aktuellem Erkenntnisstand kann nämlich eine Übertragung des Virus durch eine infizierte Person schon bis zu drei Tage vor Symptombeginn oder auch bei einem asymptomatischen Verlauf der Erkrankung, den der Betroffene selbst gar nicht wahrgenommen hat, stattfinden. Es reicht mithin nicht aus, im Zusammenhang mit bevölkerungsbezogenen Maßnahmen, die darauf abzielen, infektionsrelevante soziale Kontakte zu unterbinden oder zumindest zu beschränken, allein „Störer“ in die Pflicht zu nehmen.

Vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2020 – 13 B 539/20.NE -, juris, Rn. 30 f.; Rixen, Gesundheitsschutz in der Coronavirus-Krise – Die (Neu-)Regelungen des Infektionsschutzgesetzes, in: NJW 2020, 1097 (1101).

(2) Auch Art und Umfang der hier in Rede stehenden Untersagungen und Beschränkungen sind nicht erkennbar ermessensfehlerhaft. Die Regelungen in § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO genügen voraussichtlich dem in § 28 Abs. 1 IfSG zum Ausdruck kommenden Gebot strikter Verhältnismäßigkeit.

Die Regelungen dienen einem legitimen Zweck. Der Verordnungsgeber durfte bei ihrer Fortschreibung bis (derzeit) zum Ablauf des 15. Juni 2020 davon ausgehen, dass die Corona-Pandemie nach wie vor eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründet, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertigt, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung weiterhin gebietet.

Vgl. zu dieser Schutzpflicht BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u. a. -, juris, Rn. 69, m. w. N.

Auch wenn sich das Infektionsgeschehen aufgrund der ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt hat und insbesondere die Anzahl der festgestellten Neuinfektionen rückläufig ist, besteht die Gefahr der Verbreitung der Infektion und daran anknüpfend einer Überlastung des Gesundheitswesens mit gravierenden Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung fort. Nach den maßgeblichen Feststellungen des Robert Koch-Instituts handelt es sich immer noch um eine sehr dynamische Situation. Die Gefährdung für die Bevölkerung wird deshalb nach wie vor als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen sogar als sehr hoch. Dabei variiert die Gefährdung von Region zu Region. Die Belastung für das Gesundheitswesen hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen wie Isolierung, Quarantäne und physischer Distanzierung ab und kann örtlich sehr hoch sein.

Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Aktualisierter Stand für Deutschland, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html, Stand: 8. Juni 2020.

Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber die seit dem sogenannten Shutdown zugelassenen Lockerungen schrittweise und unter Beachtung der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens vollzieht, um die errungenen Erfolge – mit nicht absehbaren wirtschaftlichen und sozialen Folgen – nicht wieder zu verspielen. Dabei ist ihm wegen der Fragilität der Lage und wegen der fortbestehenden tatsächlichen Ungewissheiten nach wie vor eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen, soweit und solange sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen.

Vgl. dazu die Pressemitteilung der Landesregierung vom 6. Mai 2020, Ministerpräsident Armin Laschet stellt Nordrhein-Westfalen-Plan vor, abrufbar unter: https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/ministerpraesident-armin-laschet-stellt-nordrhein-westfalen-plan -vor; sowie im Einzelnen z. B. die Senatsbeschlüsse vom 29. April 2020 – 13 B 512/20.NE -, juris, Rn. 44 ff., und vom 19. Mai 2020 – 13 B 557/20.NE -, juris, Rn. 71 ff.; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 -, juris, Rn. 10.

Nach dieser Maßgabe dürften sich die angefochtenen Regelungen, die dem Antragsteller

– den kontaktfreien Sport- und Trainingsbetrieb im Freien und in geschlossenen Räumen bei Einhaltung von Schutzmaßnahmen (u .a. Abstand von 1,5 Metern) generell erlauben (§ 9 Abs. 4 Satz 1 CoronaSchVO),

– ihm den nicht-kontaktfreien Sport- und Trainingsbetrieb in geschlossenen Räumen und im Freien grundsätzlich verbieten, soweit er nicht unter die Ausnahmen in § 9 Abs. 2 (Sportunterricht (einschließlich Schwimmunterricht) der Schulen und die Vorbereitung auf oder die Durchführung von schulischen Prüfungen, sportpraktische Übungen im Rahmen von Studiengängen, das Training an den nordrhein-westfälischen Bundes- und Landesleistungsstützpunkten mit besonderem Landesinteresse und das Training von Berufssportlern auf und in den von ihrem Arbeitgeber bereitgestellten Trainingseinrichtungen) und § 9 Abs. 4 Satz 2 CoronaSchVO (erlaubt im Freien für Personen, die zu den in § 1 Abs. 2 CoronaSchVO genannten Gruppen gehören) fällt, und die den Wettkampfbetrieb zwar grundsätzlich untersagen (§ 9 Abs. 1 CoronaSchVO), jedoch eine Ausnahme für den Wettkampfbetrieb im Breiten- und Freizeitsport im Freien unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen (u. a. Vorlage eines besonderen Hygiene- und Infektionsschutzkonzepts nach § 2b CoronaSchVO und Abstand von 1,5 Metern) vorsehen und ihn für nicht-kontaktfreie Sportarten auf Personen, die zu den in § 1 Abs. 2 CoronaSchVO genannten Gruppen gehören, beschränken (§ 9 Abs. 6 Sätze 1 und 2, Abs. 4 CoronaSchVO), geeignet zur Erreichung des beabsichtigen Zwecks erweisen, die Ansteckungsgefahr trotz der stufenweisen (Wiederer-)Öffnung nahezu aller Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens weiterhin einzudämmen.

Vgl. dazu noch einmal die Pressemitteilung der Landesregierung vom 6. Mai 2020, Ministerpräsident Armin Laschet stellt Nordrhein-Westfalen-Plan vor, abrufbar unter: https://www.land.nrw/de/presse-mitteilung/ministerpraesident-armin-laschet-stellt-nordrhein-westfalen-plan -vor.

Dabei ist ein Mittel bereits dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg in jedem Einzelfall auch tatsächlich erreicht wird oder jedenfalls erreichbar ist; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 – 2 BvL 45/92 -, juris, Rn. 61, m. w. N.

Dass der Verordnungsgeber die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten haben könnte, ist nicht festzustellen. Die streitgegenständlichen Regelungen beruhen im Wesentlichen auf der Grundannahme, dass durch eine Reduzierung unmittelbarer persönlicher Kontakte und die Einhaltung bestimmter Abstände zu anderen Personen die Ausbreitung des sich primär im Wege einer Tröpfcheninfektion besonders leicht von Mensch zu Mensch übertragbaren neuartigen Coronavirus verlangsamt und die Infektionsdynamik verzögert werden kann. Die Richtigkeit dieser Annahme stützt sich auf einschlägige fachwissenschaftliche Erkenntnisse.

Vgl. Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Übertragungswege, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/ Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief. html#doc13776792bodyText1; Stand: 29. Mai 2020, und Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, Welchen Vorteil bringt Abstand halten bzw. die Beschränkung sozialer Kontakte?, abrufbar unter: https://www.rki.de/ SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html; Stand: 15. Mai 2020.

Für ihre (fortbestehende) Tragfähigkeit spricht nicht zuletzt auch, dass es in Nordrhein-Westfalen zwischenzeitlich zu einem deutlichen Rückgang der registrierten Neuinfektionen gekommen ist.

Vgl. zur Entwicklung der Zahlen z. B. WDR, Aktuelle Daten zur Corona-Krise in NRW, https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/corona-daten-nrw-100.html.

Die Regelungen in § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO dürften auch erforderlich sein. Ziel der generellen Untersagung des nicht-kontaktfreien Sport- und Trainingsbetriebs ist es, der von derartigen sportlichen Betätigungen ausgehenden erhöhten Infektionsgefahr zu begegnen. Die erhöhte Gefährdung ist Folge der mit der Ausübung von nicht-kontaktfreiem Sport zwangsläufig einhergehenden physischen Nahkontakte zwischen den Sporttreibenden, zumal aktive sportliche Betätigungen grundsätzlich mit einer intensiveren Atmung verbunden sind und deshalb vermehrt potentiell virushaltige Tröpfchen und/oder Aerosole in die Luft abgegeben werden können. Vor diesem Hintergrund ist voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass aus Gründen des Infektionsschutzes der nicht-kontaktfreie Sport- und Trainingsbetrieb gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 CoronaSchVO grundsätzlich nur im Freien und nur zwischen Personen zulässig ist, die auch ansonsten nicht verpflichtet sind, Mindestabstände zu wahren (§ 1 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 CoronaSchVO), weil in diesem Rahmen und unter den Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 und Abs. 2 CoronaSchVO im Infizierungsfall eine Personennachverfolgung zur Unterbrechung von Infektionsketten noch praktikabel erscheint.

Zur Verhältnismäßigkeit der Regelungen in § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 CoronaSchVO siehe bereits Senatsbeschluss vom 19. Mai 2020 – 13 B 557/20.NE -, juris, Rn. 68 ff.

Im Ergebnis Entsprechendes gilt in Bezug auf den Wettkampfbetrieb, der im Breiten- und Freizeitsport unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 6 CoronaSchVO ausschließlich im Freien erlaubt ist. Damit dürfte der Verordnungsgeber vorrangig dem Umstand Rechnung tragen, dass Wettkämpfe typischerweise mit einer längeren Verweildauer einer größeren Anzahl an gegebenenfalls auch wechselnden Personen an einem bestimmten Ort einhergehen, sodass deren Durchführung etwa in Sporthallen ein erhöhtes Infektionsrisiko insbesondere über Aerosole, die beim Ausatmen in die Umgebungsluft abgegeben werden, birgt. Die dadurch entstehenden Ansteckungsgefahren sind bisher zwar noch nicht abschließend untersucht. Das Robert Koch-Institut stellt jedoch ausdrücklich fest, dass die bisher vorliegenden Studien insgesamt darauf hinweisen, dass SARS-CoV-2-Viren über Aerosole auch im gesellschaftlichen Umgang übertragen werden können.

Vgl. Robert Koch Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krank- heit-2019 (COVID-19), Übertragungswege abrufbar unter: https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText1; Stand: 29. Mai 2020; siehe in diesem Zusammenhang auch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 – 13 B 616/20.NE -, Abdruck S. 7 f., zum Betriebsverbot von Hallenschwimmbädern.

Der kontaktfreie Sport- und Trainingsbetrieb ist demgegenüber sowohl im Freien als auch im geschlossenen Raum zulässig und wird lediglich dadurch beschränkt, dass geeignete Vorkehrungen zur Hygiene, zum Infektionsschutz, zur Steuerung des Zutritts und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen, die nicht zu den in § 1 Abs. 2 CoronaSchVO genannten Gruppen gehören, beachtet werden müssen. Durchgreifende Bedenken gegen die (fortbestehende) Notwendigkeit dieser Beschränkungen sind nicht ersichtlich. In ihrer Eingriffsintensität mildere, zur Zielerreichung aber gleich geeignete Schutzmaßnahmen drängen sich derzeit nicht auf und werden auch vom Antragsteller nicht geltend gemacht. Untersuchungen zeigen, dass ein hoher Anteil von Übertragungen asymptomatisch bzw. präsymptomatisch und unbemerkt erfolgt, sodass diese durch eine Verhaltensänderung des Betroffenen (wie eine Selbstquarantäne) nicht verhindert werden können. Namentlich das konsequente Einhalten eines Abstands von mindestens 1,5 Metern erscheint deshalb auch bei sportlichen Aktivitäten als ein wesentliches und derzeit noch unverzichtbares Mittel, das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 zu reduzieren.

Vgl. Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Viruslast bei und Übertragung durch asymptomatische/präsymptomatische Infizierte, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_ Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792body Text23; Stand: 29. Mai 2020, und Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, Welchen Vorteil bringt Abstand halten bzw. die Beschränkung sozialer Kontakte?, abrufbar unter: https://www.rki.de/ SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html; Stand: 15. Mai 2020.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber in der gegenwärtigen Situation seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat, weil er anderen Regelungsmodellen nicht den Vorzug gegeben hat.

Soweit der Antragsteller vorschlägt, Ausnahmeregelungen für den Kinder- und Jugendvereinssport (U18) zu schaffen, stellt dies unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse kein ebenso effektives Mittel wie die in § 9 Abs. 1, 4 und 6 CoronaSchVO normierten Vorgaben dar. Richtig ist zwar, dass nach den Angaben des Robert Koch-Instituts die Mehrzahl der Kinder nach bisherigen Studien einen eher milden und unspezifischen Krankheitsverlauf zeigt. In der Zusammenschau der bisher erhobenen Daten scheinen Kinder zudem etwas weniger empfänglich für eine SARS-COV-2-Infektion zu sein und spielen im Übertragungsgeschehen möglicherweise eine geringere Rolle als Erwachsene. Erste Studien zur Viruslast bei Kindern haben jedoch keinen wesentlichen Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen ergeben. Die meisten Studien wurden zudem im sogenannten Lockdown durchgeführt, sodass sie keinen verlässlichen Rückschluss auf eine Normalsituation, etwa bei geöffneten Bildungseinrichtungen zulassen. Zwei Studien, die nicht im Lockdown durchgeführt wurden, weisen darauf hin, dass Kinder keine niedrigere Seroprävalenz haben als Erwachsene. Eine abschließende Einschätzung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Vgl. Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Spezielle Gruppen: Schwangere und Kinder, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuar tiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4, Stand: 29. Mai 2020, und Epidemiologisches Bulletin 19/2020, Wiedereröffnung von Bildungseinrichtungen – Überlegungen, Entscheidungsgrundlagen und Voraussetzungen, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/19/Tabelle.html, Stand: 7. Mai 2020; vgl. auch Tagesschau, Studie zu Viruskonzentration, Kinder so ansteckend wie Erwachsene, 30. April 2020, https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-kinder-101.html.

Unter Berücksichtigung dieser Risikoeinschätzung empfiehlt das Robert Koch-Institut, dass auch Kinder und Jugendliche die Abstandsregelung einhalten und Hygienevorgaben beachten.

Vgl. Robert Koch-Institut, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, Was ist über COVID-19 bei Kindern bekannt?, abrufbar unter: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV 2019/gesamt.html?nn=13490888, Stand: 29. Mai 2020.

Schließlich erscheinen die Bestimmungen für den Breiten- und Freizeitsport mit Blick auf den vom Verordnungsgeber verfolgten Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter derzeit voraussichtlich auch noch angemessen. Insoweit sei zunächst angemerkt, dass es das einzig objektiv richtige angemessene Abwägungsergebnis nicht gibt. Dies gilt schon deshalb, weil der Abwägungsentscheidung des Verordnungsgebers eine von zahlreichen Unbekannten gekennzeichnete und stetig fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnislage zu Grunde liegt, Folgen von bereits erfolgten Lockerungen der Schutzmaßnahmen erst mit Zeitverzögerungen ersichtlich werden, gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen des sogenannten Lockdown in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden dürfen, und die einzelnen Schutzmaßnahmen ohnehin nicht isoliert betrachtet werden können, sondern Teil eines Gesamtpakets zur Reduzierung der Verbreitungsgeschwindigkeit des Virus sind. Lockerungen an einer Stelle können deswegen Beschränkungen an anderer Stelle zur Folge haben und umgekehrt. Ausgehend hiervon sind die vom Antragsteller angegriffenen Regelungen voraussichtlich nicht zu bestanden. Sie führen zwar unverkennbar zu Grundrechtseinschränkungen von gewisser Intensität, wobei in erster Linie das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen ist. Dieses Recht tritt hier jedoch angesichts der weiterhin drohenden Überforderung des Gesundheitswesens gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zurück. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausübung von kontaktlosem Sport im Wesentlichen unter Einhaltung des Abstands von mindestens 1,5 Metern grundsätzlich in jeder Sportart erlaubt ist. Darüber hinaus können auch im Breiten- und Freizeitsport, wenn auch unter weitergehenden Einschränkungen, zwischenzeitlich wieder nicht-kontaktfreie Gruppen- und Mannschaftssportarten ausgeübt werden. So können im Freien Gruppen von regelmäßig bis zu zehn Personen ohne Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern zusammentreffen und unter Beachtung geeigneter Hygiene- und Infektionsschutzvorkehrungen Sport treiben, trainieren und Wettbewerbe abhalten (§§ 9 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 und 2, 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 CoronaSchVO). Untersagungen, soweit sie sich auf die Sportausübung im geschlossenen Raum beziehen, werden schließlich in ihren Folgen für die Betroffenen zumindest teilweise dadurch abgemildert, dass in den Sommermonaten viele Sportarten auch draußen ausgeübt werden können. In der Summe sind damit auch im Breiten- und Freizeitsport sportliche Betätigungen (wieder) in einem substantiellen Umfang möglich, sodass die verbleibenden Restriktionen angesichts des mit ihnen bezweckten Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung aktuell weiterhin hinnehmbar erscheinen.

cc. Die vom Antragsteller darüber hinaus geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind.

St. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 – 1 BvR 2880/11 -, juris, Rn. 38 f., m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6.15 -, juris, Rn. 76.

Davon ausgehend stellt es keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, wenn der Verordnungsgeber für einen eng umgrenzten Personenkreis des Spitzen- und Profisports Sonderregelungen geschaffen hat, die einen weitgehend uneingeschränkten Trainingsbetrieb ermöglichen und zudem nach § 9 Abs. 7 CoronaSchVO eigenständig und unabhängig von den Vorgaben im Breiten- und Freizeitsport Wettbewerbe in Profiligen sowie im Bereich Berufsreitsport und Pferderennen erlauben. Diese unterschiedliche Behandlung des Spitzen- und Profisports einerseits und des Breiten- und Freizeitsports andererseits ist voraussichtlich sachlich gerechtfertigt und angemessen. Insoweit ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Zulassung erweiterter Trainings- und Wettkampfmöglichkeiten für Spitzen- und Profisportler eine gemessen an der Anzahl der im Bereich des Breiten- und Freizeitsports Aktiven nur vergleichsweise geringe Zahl an Personen betrifft. Das damit einhergehende Infektionsrisiko ist dementsprechend für die Gesellschaft deutlich niedriger. Hinzu kommt, dass sich dieser Personenkreis zusätzlich auf den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, dessen besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen der Verordnungsgeber gerecht werden muss.

Vgl. dazu auch Nds. OVG, Beschluss vom 14. Mai 2020 – 13 MN 156/20 -, juris, Rn. 38, und OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 22. Mai 2020 – OVG 11 S 41/20 -, juris, Rn. 42, jeweils in Bezug auf Fitnessstudios.

Im Übrigen hat auch der Antragsgegner auf die im professionellen Sportbetrieb vorhandene Infrastruktur und die insbesondere mit dem Sportbetrieb verbundene medizinische Betreuung verwiesen, die sich maßgeblich von den Bedingungen im Breiten- und Freizeitsport unterscheidet. Die mit der Sportausübung verbundenen Infektionsrisiken lassen sich vor diesem Hintergrund im professionellen Sportbetrieb durch geeignete Hygiene- und Schutzkonzepte weitaus besser eingrenzen. Dass die bestehenden Konzepte grundsätzlich ungeeignet oder nur vorgeschoben sind, vermag der Senat nicht zu ersehen und ist durch den vom Antragsteller angeführten „Fall Hertha BSC“ auch nicht belegt.

2. Selbst wenn man von allenfalls offenen Erfolgsaussichten eines – noch zu erhebenden – Normenkontrollantrags ausgehen wollte, führte die dann vorzunehmende offene Folgenabwägung nicht dazu, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten wäre. Anknüpfend an die vorstehenden Ausführungen erscheinen die Folgen einer Fortgeltung der angegriffenen Regelungen nicht derart gewichtig, dass diese trotz der Gefahren für Leib und Leben, denen sie begegnen sollen, im Eilrechtsschutz außer Vollzug gesetzt werden müssten. Dies gilt umso mehr, als dass die angegriffenen Regelungen von vornherein befristet und auch unabhängig davon vom Antragsgegner fortdauernd zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da die angegriffene Regelung bereits mit Ablauf des 15. Juni 2020 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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