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Coronainfektion eines Lehrers als Dienstunfall oder Berufskrankheit

VG Sigmaringen – Az.: 5 K 1819/21 – Urteil vom 02.02.2022

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer COVID-19 Infektion als Dienstunfall.

Der Kläger steht als Lehrer an der kaufmännischen xxx in xxx im Dienst des Beklagten.

Am 11.11.2020 wurde ein Schüler des Klägers positiv auf COVID-19 getestet. Dies nahm der Kläger zum Anlass, am 18.11.2020 selbst einen PCR-Test durchzuführen, der am 21.11.2020 einen negativen Befund ergab. Am 20.11.2020 unterrichtete der

Kläger unter Einhaltung der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eine Unterrichtseinheit in einer Klasse mit einer Schülerin, die am 24.11.2020 einen PCRTest durchführte. Dieser ergab einen positiven Befund einer COVID-19 Infektion. Aus diesem Anlass ließen sich alle Schüler und Lehrkräfte dieser Klasse, darunter auch der Kläger, am 25.11.2020 ebenfalls mittels PCR-Tests auf eine COVID-19 Infektion testen. Sämtliche Tests ergaben einen negativen Befund.

Am 23.11.2020 und 24.11.2020 unterrichtete der Kläger andere Klassen und nahm am 27.11.2020 in der Schule an einer Arbeitsgruppe mit vier weiteren Schulangehörigen teil.

Am 30.11.2020 traten beim Kläger grippeähnliche Symptome auf und er meldete sich arbeitsunfähig. Am 04.12.2020 ließ er durch seinen Hausarzt einen PCR-Test durchführen. Dieser ergab am folgenden Tag den positiven Befund einer COVID-19 Infektion.

Mit Schreiben vom 25.02.2021 beantragte der Kläger beim Regierungspräsidium Tübingen die Anerkennung der Infektionserkrankung als Dienstunfall. Er trug vor, sich am 12.11.2020 nach der ersten Benachrichtigung des Gesundheitsamtes über die COVID-19 Infektion eines Schülers sofort in eine 14-tätige Selbstisolation begeben zu haben, während derer er das oberste Stockwerk seines Hauses alleine genutzt und das Haus nur noch zu dienstlichen Zwecken verlassen habe. Nachdem am 24.11.2020 eine weitere Schülerin positiv getestet worden sei, habe er seine Selbstisolation ununterbrochen bis zu seinem eigenen positiven Befund fortgesetzt. Den Weg zur Schule habe er jeweils alleine in seinem privaten PKW zurückgelegt.

Das Regierungspräsidium Tübingen lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.03.2021 ab, der dem Kläger am 24.03.2021 zugestellt wurde. Die Anerkennung als Dienstunfall sei nicht möglich. Die Ansteckung des Klägers mit COVID-19 sei kein zeitlich bestimmbares Ereignis im Sinne des § 45 Abs. 1 LBeamtVG. Es könne nicht mit der notwendigen absoluten Sicherheit bestimmt werden, wann genau die Infektion mit dem CoronaVirus stattgefunden habe. Es könne insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass die Infektion außerhalb des Dienstes im privaten Bereich erfolgt sei. Eine Ansteckung durch den Schüler, der am 11.11.2020 positiv getestet worden war, sei angesichts des Zeitpunkts der ersten beim Kläger auftretenden Symptome ausgeschlossen. Der mögliche Inkubationszeitraum komme bei der am 24.11.2020 positiv getesteten Schülerin zwar in Betracht, jedoch genüge die reine Möglichkeit der Ansteckung während des Dienstes nicht. Eine außerschulische Ansteckung müsse ausgeschlossen werden können. Dies habe der Kläger nicht hinreichend belegt. Während einer möglichen Inkubationszeit von 14 Tagen komme eine Vielzahl weiterer Kontakte neben der positiv getesteten Schülerin als Übertragungsquelle in Betracht. Das Virus sei in der Bevölkerung weit verbreitet und im privaten Umfeld gebe es umfassende Ansteckungsmöglichkeiten. Bei einer Vielzahl der Infizierten verlaufe die Erkrankung ohne Symptome, weshalb der Umstand, dass es im Umfeld des Klägers zum Zeitpunkt der Infektion keine weiteren positiven Fälle gegeben habe, nicht aussagekräftig sei.

Mit anwaltlichen Schriftsatz vom 26.04.2021, dem Regierungspräsidium am selben Tag zugegangen, legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, es sei nahezu mit Sicherheit festzustellen, dass er sich im Unterricht am 20.11.2020 bei der einzig in seiner Umgebung positiv getesteten Schülerin angesteckt habe. Während des Unterrichts sei es nicht möglich gewesen, einen Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten. Aufgrund seiner Selbstisolation habe er außerhalb seines Dienstes keine anderen Kontakte gehabt. Die Wirksamkeit seiner Selbstisolation sei auch dadurch belegt, dass seine im selben Haushalt lebende Familie trotz seiner eigenen Infektion negativ auf COVID-19 getestet worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2021, dem Prozessbevollmächtigen des Klägers zugestellt am 11.05.2021, wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Es fehle an der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit eines örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses gem. § 45 Abs. 1 LBeamtVG, auf das die geltend gemachte Infektion zurückgeführt werden könne. Der Beamte trage für den Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzungen die volle Beweislast. Eine Ansteckung außerhalb der Schule sei ebenso plausibel wie eine Ansteckung durch einen Schüler. Eine Ansteckung am 20.11.2020 sei nicht hinreichend wahrscheinlich, da der Kläger am 25.11.2020 aufgrund seiner negativen Testung nachweislich nicht infiziert gewesen sei. Auch im Übrigen sei in der Klasse keine weitere Infektion aufgetreten. Wäre der Kläger selbst bereits infiziert gewesen, sei es zumindest sehr wahrscheinlich, dass er andere Schüler angesteckt hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei. Das tatsächliche Verhalten des Klägers außerhalb der Schule könne von der Behörde nicht nachvollzogen werden.

Der Kläger hat am 08.06.2021 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, eine Ansteckung außerhalb der Schule sei absolut unwahrscheinlich, da er sich vom 12.11.2020 bis zum 08.12.2020 in Selbstisolation befunden habe. Auch im eigenen Haushalt habe er sich von der Familie isoliert, in dem er ausschließlich das oberste Stockwerk allein genutzt habe. Das Haus habe er nur zu dienstlichen Zwecken verlassen und hierzu allein den eigenen PKW benutzt. Seit dem 12.11.2020 habe es demnach nur noch schulische Kontakte gegeben. Eine anderweitige Infektion als im Unterricht am 20.11.2020 sei schlicht nicht denkbar. Der negative PCR-Test vom 25.11.2020 spreche nicht gegen eine Infektion, da Testergebnisse zu einem frühen Zeitpunkt der Ansteckung häufig unrichtig seien. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass er niemanden in der Schule angesteckt habe, denn eine Erkrankung könne unerkannt geblieben sein. Es sei widersprüchlich, wenn das Regierungspräsidium einerseits davon ausgehe, dass er andere habe anstecken können, zugleich aber eine Ansteckung des Klägers durch die infizierte Schülerin für unwahrscheinlich halte. Nach einer Studie des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin bestehe ein 2,9-fach höheres Ansteckungsrisiko in einer Oberschule bei 50%-er Belegung mit Maske als in einem Supermarkt mit Maske; das Ansteckungsrisiko des Klägers sei demgegenüber noch weiter erhöht, da eine 100%-e Belegung der Klasse vorgelegen habe. Ein erhöhtes Ansteckungsrisiko folge außerdem daraus, dass zum Zeitpunkt der Ansteckung die Inzidenzzahlen des Landkreises xxx gegenüber seiner Heimatgemeinde wesentlich höher gewesen seien. Im Vergleich mit der Inzidenz in der unterrichteten Klasse – bei einem Verhältnis von 1/18 infizierten Schülern (≈ 5.555 von 100.000) – ergebe sich z.B. gegenüber der Heimatgemeinde des Klägers ein 150-fach erhöhtes Ansteckungsrisiko. Im Fall des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit, im Dienst an einer Infektionskrankheit entsprechend der Berufskrankheiten-Verordnung zu erkranken, ungleich höher gewesen, als im normalen sozialen Umfeld.

Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 18.03.2021 sowie den Widerspruchsbescheid vom 07.05.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die COVID-19 Infektion des Klägers auf Grund des Unterrichts vom 20.11.2020 als Dienstunfall anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er vollumfänglich auf den Bescheid vom 18.03.2021 sowie den Widerspruchsbescheid. Eine Ansteckung des Klägers im Unterricht am

20.11.2020 sei unwahrscheinlich, da die positiv getestete Schülerin in der dritten Reihe gesessen habe und die unmittelbar neben bzw. vor ihr sitzenden Mitschüler negativ getestet und nicht infiziert worden seien. Für die Anerkennung als Dienstunfall genüge nicht die hohe Wahrscheinlichkeit einer Infektion in der Schule. Vielmehr müsse die

Infektion mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Schule erfolgt sein. Dieser Sicherheitsgrad sei auch auf Grundlage des Vortrags des Klägers nicht gegeben. Eine außerschulische Ansteckungsmöglichkeit könne durch die vom Kläger dargestellten Verhaltensweisen nicht ausgeschlossen werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vom Gericht beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 18.03.2021 und der Widerspruchsbescheid vom 07.05.2021 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung der aufgrund von am 30. November 2020 aufgetretenen Symptomen festgestellten COVID-19 Infektion als Dienstunfall nicht zu. Weder liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 LBeamtVG noch diejenigen des § 45 Abs. 3 LBeamtVG vor.

Coronainfektion eines Lehrers als Dienstunfall oder Berufskrankheit
(Symbolfoto: Mahsun YILDIZ/Shutterstock.com)

Gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 LBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Grundsätzlich kann auch eine Infektionskrankheit – und damit auch eine Infektion mit COVID-19 – ein solches Ereignis sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 – 2 C 22.90 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.1990 – 4 S 1743/88 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris).

Es fehlt jedoch an der örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit der Ansteckung. Wann und wo sich das Ereignis abgespielt hat, muss sich genau bestimmen lassen. Ort und Zeitpunkt müssen feststehen. Für die zeitliche Bestimmbarkeit genügt es nicht, dass sich ein über mehrere Tage erstreckender Zeitraum nach Anfangs- und Schlusstag eingrenzen lässt. Demnach reicht es bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind, um die Infektionserkrankung als einen Dienstunfall zu bewerten (BVerwG, Beschluss vom 19.01.2006 – 2 B 46.05 -, juris; Urteil vom 25.02.2010 – 2 C 81.08 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Erst die eindeutige Bestimmung des Ereignisses ermöglicht es, sicher festzustellen, ob und inwieweit Veränderungen des Gesundheitszustandes des Beamten auf einen Dienstunfall zurückzuführen sind und von der Dienstunfallfürsorge umfasst werden. Deshalb müssen die Angaben zu den Umständen des konkreten Ereignisses in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit so bestimmt sein, dass es Konturen erhält, aufgrund derer es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden kann. Jede Verwechslung mit einem anderen Ereignis muss ausgeschlossen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.2010 – 2 C 81.08 -, juris). Ort und Zeitpunkt einer Infektion lassen sich dabei allerdings regelmäßig gerade nicht mit der für § 45 Abs. 1 S. 1 LBeamtVG erforderlichen Genauigkeit feststellen (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.01.2006 – 2 B 46.05 -, juris; Urteil vom 25.02.2010 – 2 C 81.08 -, juris; VG Augsburg 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Kläger nicht nachweisen, dass er sich tatsächlich im Unterricht am 20.11.2020 bei der infizierten Schülerin – oder auch sonst bei der Dienstausübung in zeitlicher Nähe hierzu – mit dem Virus angesteckt hat. Zwar mag eine Ansteckung auf diesem Wege durchaus wahrscheinlich sein. Die bloße Wahrscheinlichkeit der Ansteckung genügt jedoch nicht den strengen Anforderungen an die örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit nach § 45 Abs. 1 S. 1 LBeamtVG. Aus der Tatsache, dass der Kläger am 04.12.2020 mittels PCR-Test positiv auf COVID-19 getestet wurde, lassen sich keine validen Rückschlüsse auf den genauen Ansteckungszeitpunkt ziehen (so auch VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Letztlich kann die Infektion zu jedem beliebigen Zeitpunkt innerhalb des möglichen Inkubationszeitraums und auch an verschiedenen Orten erfolgt sein. Der Kläger hat hierzu auf Befragen in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er sich wohl während des in Rede stehenden Zeitraums wegen eines Tuberkulose-Falls in einer VABO-Klasse im Krankenhaus habe röntgen lassen und dass er zum Zwecke der ersten PCR-Testung am 18.11.2020 ein Testzentrum aufgesucht habe. Eine dortige Ansteckung ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, weshalb es bereits an einem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geführten Nachweis fehlt, dass sich der Kläger überhaupt in der Schule bzw. unmittelbar in dienstlichem Zusammenhang und nicht anderswo infiziert hat (so auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277). Es ließe sich selbst dann kein konkreter Ansteckungszeitpunkt bestimmen, wenn man unterstellt, dass sich der Kläger ab dem 12.11.2020 in häuslicher Isolation befand und nahezu ausschließlich – in der von ihm beschriebenen Konsequenz und Gewissenhaftigkeit – nur noch dienstliche Kontakte hatte. Es bestanden durchaus auch sonst Möglichkeiten, sich mit dem Virus außerhalb des Unterrichts (vom 20.11.2020 und auch sonst) anzustecken. Der Kläger hatte in den Pausen – nach eigenen Angaben zum Beispiel auch mittags am Kiosk und damit wohl außerhalb der unmittelbaren Dienstverrichtung – Kontakt mit verschiedenen Schülern bzw. sonstigen Dritten. Auch eine reine Schmierinfektion an Oberflächen wie zum Beispiel Türgriffen (etwa im häuslichen Zusammenhang – selbst in Abwesenheit der übrigen Familienangehörigen in den Räumlichkeiten im Erdgeschoss – oder bei Arztbesuchen) lässt sich nicht ausschließen Der Kläger konnte nicht zuletzt auf Nachfragen hinsichtlich des Zeitraums zwischen seinem negativen PCR-Testergebnis vom 21.11.2020 und der Kenntnis von einer abermaligen Infektion in der Klasse (24.11.2020) nicht mehr gesichert sagen, ob und aus welchen Gründen er die dargestellte Selbstisolation auch nach der „Entwarnung“ in dieser Zeit gleichwohl aufrecht erhalten hat, auch wenn seine diesbezügliche Vermutung, sich schlicht an die Hinweise des Gesundheitsamts (Empfehlung 14-tägiger Kontaktbeschränkung) gehalten zu haben, durchaus stimmig sein mag. Eine Rekonstruktion des Ansteckungszeitpunkts ist in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, zumal nicht zuletzt auch die Testung des Klägers noch am 25.11.2020 negativ verlaufen ist. Lassen sich jedoch Ort und Zeit einer Infektion nicht genau feststellen, so geht dies zu Lasten des Beamten, der die materielle Beweislast trägt (BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 – 2 C 22.90 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277).

Ein Anspruch auf Anerkennung der COVID-19 Infektion folgt auch nicht aus § 45 Abs. 3 S. 1 LBeamtVG. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies nach § 45 Abs. 1 S. 1 LBeamtVG als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Gemäß § 45 Abs. 3 S. 3 LBeamtVG ergeben sich die in Betracht kommenden Krankheiten aus der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 in der jeweils geltenden Fassung.

Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber der häufig schwierigen Beweislage des Beamten sowie dem Umstand Rechnung getragen, dass sich Ort und Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit – wie dargelegt – grundsätzlich nicht mit der nach § 45 Abs. 1 S. 1 LBeamtVG erforderlichen Genauigkeit bestimmen lassen. Demnach gelten diejenigen Krankheiten, die in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, fiktiv als Dienstunfälle, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2006 – 2 B 46.05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2010 – 1 A 3299/08 -, juris), es sei denn, es kann festgestellt werden, dass er sich die Krankheit nicht infolge der beruflichen Tätigkeit zugezogen hat (zu § 31 BeamtVG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.1990 – 4 S 1743/88 -, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 22.01.2014 – 4 K 1742/11 -, juris). Nach Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung stellen Infektionskrankheiten – und damit auch COVID-19 – dann eine Berufserkrankung dar, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war (letzteres soll beispielsweise im polizei-/ärztlichen Dienst denkbar sein, vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, „Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Dienstunfall bei Beamtinnen und Beamten“, BT-Drs. 19/31260 vom 29.06.2021, S. 2; vgl. dazu auch Baunack, PersR 2021, 20). Diese Regelung wurde durch die Anlage 1 zur 7. BKVO vom 20.06.1968 (BGBl. I S. 721) geschaffen. Dabei wurde insbesondere die Alternative „durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ eingeführt. Zuvor war der sozialversicherungsrechtliche Unfallschutz bei Infektionskrankheiten an die Beschäftigung an bestimmten, in der Verordnung genannten Arbeitsplätzen gebunden (Nr. 37 der 6. BKVO vom 28.04.1961, BGBl I S. 505), was zum Teil zu unbilligen Härten führte. So erhielten beispielsweise Handwerker, die sich bei der Arbeit in einer Lungenheilanstalt mit Tuberkulose infiziert hatten, keine Leistungen aus der Unfallversicherung, weil sie nicht in einem Krankenhaus beschäftigt waren. Deshalb dehnte der Verordnungsgeber den Unfallschutz auf Personen aus, die zwar nicht einem mit besonderen Infektionsgefahren verbundenen Betrieb angehören, aber durch ihre Tätigkeit im Einzelfall einer Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt waren (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; Urteil vom 06.03.1990 – 4 S 1743/88 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris).

Dementsprechend verlangt auch der Wortlaut des § 45 Abs. 3 S. 1 LBeamtVG, dass der Beamte „nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung (…) besonders ausgesetzt ist“. Das Ansteckungsrisiko des Beamten muss im entscheidenden Maße wesentlich höher sein als das der allgemeinen Bevölkerung

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(BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 – 2 C 22.90 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2010 – 1 A 3299/08 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Dabei ist nicht auf den generellen Inhalt der dienstlichen Verrichtung abzustellen. Vielmehr ist zu prüfen, ob den Beamten die von ihm konkret auszuführende dienstliche Verrichtung – im ganzen gesehen ihrer Art nach – unter den besonderen zur Zeit der Krankheitsübertragung bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen der Gefahr der betreffenden Erkrankung besonders aussetzte. Es kommt darauf an, ob der von dem einzelnen Beamten zur Zeit der Infektion ausgeübten Tätigkeit eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung anhaftete (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.1960 – VI C 144.58 -, juris; Urteil vom 04.09.1969 – II C 106.67 -, juris; Urteil vom 28.01.1993 – 2 C 22.90 -, juris; Beschluss vom 15.05.1996 – 2 B 106.95 -, juris). Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um ein derart erhöhtes Ansteckungsrisiko handelt, ist daher nicht die der Tätigkeit generell anhaftende Gefährdung, sondern die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2010 – 1 A 3299/08 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Die generelle Ansteckungsgefahr, der ein Beamter ausgesetzt sein kann, wenn er im Dienst mit anderen Menschen in Kontakt kommt, genügt insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris).

Für den insoweit anzusetzenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab können etwa auch die von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum Vorliegen einer Berufskrankheit entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden (hierzu und zum Folgenden: VG Karlsruhe, Urteil vom 22.01.2014 – 4 K 1742/11 -, juris); danach beurteilt sich die Frage, ob der Versicherte bzw. Beamte einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, nach dem Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R -, BSGE 103, 45). Die im Dienstunfallrecht geforderte hohe Wahrscheinlichkeit, an einer Infektionskrankheit zu erkranken, also die besondere Infektionsgefahr, kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben. Der Grad der Durchseuchung ist hinsichtlich der kontaktierten Personen als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist. Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären, kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien vom Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung auszugehen. Das weitere Kriterium der mit der versicherten Tätigkeit (bzw. hier: der konkreten Dienstausübung) verbundenen Übertragungsgefahr richtet sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Beamten verrichteten gefährdenden Handlungen. Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen auf der anderen Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr gewinnt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Allerdings muss zumindest die Möglichkeit einer Infektion bestehen. Es ist im Wege einer Gesamtbetrachtung der Durchseuchung und der Übertragungsgefahr festzustellen, ob sich im Einzelfall eine Infektionsgefahr ergibt, die nicht nur geringfügig erhöht ist, sondern in besonderem Maße über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt. Dabei legt der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe, ohne dass dieser Schluss aber zwingend wäre (so im Zusammenhang einer Hepatitis C-Infektion: BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R -, BSGE 103, 45).

Gemessen hieran bestand für den Kläger bei seiner konkreten Tätigkeit des Unterrichts in der zweiten Novemberhälfte in seinen Klassen an der xxx Schule und insbesondere konkret im Unterricht in der Klasse 2BFW2 am 20.11.2020 kein wesentlich höheres Ansteckungsrisiko gegenüber der allgemeinen Bevölkerung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei COVID-19 um eine Infektionskrankheit handelt, die eine nach wie vor andauernde weltweite Pandemie ausgelöst hat. Dementsprechend bestand bereits zum Zeitpunkt der Infektion des Klägers innerhalb der allgemeinen Bevölkerung eine hohe Ansteckungsgefahr. Diese war für den Kläger bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit nicht wesentlich erhöht. Insbesondere gab es im Zeitraum vom 11.11.2020 bis zum 30.11.2020 lediglich zwei nachweislich infizierte Schüler/-innen in von ihm unterrichteten Klassen, von denen nur der zuletzt festgestellte Infektionsfall unter Berücksichtigung der hier anzusetzenden Inkubationszeit für die Ansteckung des Klägers ursächlich sein könnte; auch der Kläger geht selbst davon aus, dass eine Ansteckung allenfalls bei der am 24.11.2020 positiv getesteten Schülerin im Rahmen des Unterrichts am 20.11.2020 stattgefunden haben kann. Mithin lässt sich mehr als ein einzelner Infektionsfall auf Sachverhaltsebene nicht feststellen. Vereinzelt auftretende Infektionsfälle machen die Erteilung schulischen Unterrichts jedoch noch nicht zu einer dienstlichen Verrichtung, für welche die Gefahr einer Infektion typisch ist (VG Gießen, Urteil vom 11.05.2000 – 5 E 1269/98 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 27.05.2021 – Au 2 K 20.119 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Die Rechtsprechung hat eine wesentlich erhöhte Ansteckungsgefahr bislang für gewöhnlich erst dann angenommen, wenn die betreffende Infektionskrankheit bei der dienstlichen Tätigkeit gehäuft aufgetreten war. So wurde beispielsweise ein Dienstunfall im Falle eines Lehrers anerkannt, an dessen Gymnasium Fälle von Lungentuberkulose in Form einer „Kleinepidemie“ mit mindestens sieben festgestellten Infektionen in der Klasse aufgetreten waren (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277). Ebenso ist das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bei Soldaten verfahren, die in Gebieten militärisch eingesetzt wurden, in denen eine bestimmte Krankheit „seuchenhaft“ auftrat (zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 04.09.1969 – II C 106.67 -, juris). Neuerdings wurde eine COVID-19 Infektion eines Lehrers unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung als Dienstunfall anerkannt, weil dieser eine Klasse unterrichtet hatte, in der sich 19 infizierte Personen (bei einer Klassenstärke von 23 Schüler/-innen) aufgehalten hatten (VG Würzburg, Urteil vom 26.10.2021 – W 1 K 21.536 -, juris). Bloße Einzelfälle von Erkrankungen an Infektionskrankheiten im schulischen Bereich rechtfertigen demgegenüber noch nicht die Gleichstellung oder Vergleichbarkeit mit den in Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ausdrücklich genannten Risiken bzw. risikoträchtigen Tätigkeiten. Diese Einschätzung steht auch mit dem Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge im Einklang. Deren Ziel ist es nicht, alle gesundheitlichen Gefahren durch besondere Unfallleistungen abzudecken, vielmehr verbleibt ein Bereich von gesundheitlichen Gefahren, die der Beamte wie jeder andere als allgemeines Lebensrisiko oder schicksalhaft selbst zu übernehmen hat (vgl. VG

Gießen, Urteil vom 11.05.2000 – 5 E 1269/98 -, juris). An der Schule des Klägers fand zum maßgeblichen Zeitpunkt kein massiv erhöhtes Infektionsgeschehen statt. Das Risiko, mit einem COVID-19 Infizierten – also im Wortsinne „vereinzelt“ – in Kontakt zu gelangen, bestand im selben Maße auch (abstrakt) im privaten Bereich, zum Beispiel beim Einkauf oder beim Kontakt mit Freunden und Verwandten. Die Erkrankung des Klägers ist vielmehr rechtlich dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen, welches nicht von § 45 Abs. 3 S. 1 LBeamtVG erfasst wird.

Auch eine ergänzende Heranziehung der Kriterien des festzustellenden Grades der Durchseuchung des Tätigkeitsbereichs und des Übertragungsrisikos der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen führt in der Gesamtbewertung des hier zu beurteilenden Einzelfalles auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens des Klägervertreters (zuletzt im Schriftsatz vom 19.01.2022 und in der mündlichen Verhandlung) zu keiner anderen Bewertung. Über eher spekulative Wahrscheinlichkeitsüberlegungen hinaus lässt sich ex post zunächst eine „Durchseuchung“ nicht feststellen. Insbesondere war die ganze Klasse vom 20.11.2020 am 25.11.2020 – nach der fraglichen Unterrichtsstunde – negativ getestet worden. Ausschließlich die betreffende Schülerin konnte einen positiven Befund vorweisen. Dementsprechend ist – selbst unter Zugrundelegung einer gewissen Fehleranfälligkeit von PCR-Tests – zwar nicht auszuschließen, aber auch nicht anzunehmen (oder gar nachgewiesen), dass sich weitere infizierte Schüler/-innen in dieser Klasse befanden. Auch in den anderen vom Kläger unterrichteten Klassen sind in zeitlichem Zusammenhang hierzu keine weiteren COVID-19 Infektionen nachweislich aufgetreten. Der Beamte hat jedoch für die besondere Erkrankungsgefahr nach § 45 Abs. 3 S. 1 LBeamtVG die materielle Beweis- bzw. Feststellungslast zu tragen, wenn das Gericht hierüber die erforderliche, daher vernünftige Zweifel ausschließende Überzeugungsgewissheit nicht gewinnen kann (vgl. entsprechend BVerwG, Urteil vom 28.04.2011 – 2 C 55.09 -, juris). Eine möglicherweise höhere bzw. beachtliche Dunkelziffer kann der Kläger nicht nachweisen. Darüber hinaus genügt die bloße Wahrscheinlichkeit, dass es weitere – unerkannte, da symptomlose – Infektionen gegeben haben kann, nicht aus.

Auch der – auf den im Schriftsatz vom 19.01.2022 dargelegten statistischen Erhebungen zur Ansteckungswahrscheinlichkeit aufbauende – Vortrag des Klägervertreters im Rahmen der mündlichen Verhandlung rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise.

Die für den damaligen Zeitraum verfügbaren Inzidenzzahlen im Landkreis und in der Wohnsitzgemeinde des Klägers lassen keine hier weiterführenden Rückschlüsse auf das konkrete Infektionsgeschehen in der Schule des Klägers zu und können auch nicht ohne Weiteres für einen Vergleich des Durchseuchungsgrads in der Schule bzw. Schulklasse einerseits und in der Gesamtbevölkerung andererseits herangezogen werden. Dafür sind die festgestellten Positivfälle schlicht zu vereinzelt. Wenn – wie hier – nur ein einziger Infektionsfall in der Schulklasse im maßgeblichen Bezugszeitraum nachweislich feststeht, begegnet schon die Hochrechnung der Inzidenz aus dieser Menge auf eine Referenzzahl von 100.000 Menschen (bzw.: Schüler/-innen) gewissen methodischen Bedenken. Ein/e infizierte/r Schüler/-in in einer Klasse von 18 Schüler/innen mag – wie vom Klägervertreter rechnerisch zugrunde gelegt – einer Inzidenz von 5.555 infizierten Schüler/-innen von 100.000 entsprechen, womit die Inzidenz in der Schulklasse und nicht in der Schule abgebildet wird. Es bleibt aber dabei, dass es sich um einen einzelnen Infektionsfall handelt. Das Ausmaß der rechnerischen Verzerrung einer statistischen Betrachtungsweise bei derart niedrigen Referenzzahlen wird deutlich, wenn man beispielsweise die vom Klägervertreter gegenübergestellte Inzidenz in der Wohnsitzgemeinde des Klägers betrachtet. Wenn dort in der Woche vom 18.11.2020 bis 25.11.2020 eine Inzidenz von 37 auf 100.000 Einwohner festzustellen war, liegt dem bei einer gerichtsbekannten Einwohnerzahl von ca. 2.700 lediglich ein – gleichermaßen vereinzelter – Infektionsfall zugrunde (und ab dem 28.11.2020 eine Verdopplung auf zwei Fälle in der Gemeinde bzw. eine Inzidenz von 74 auf 100.000 Einwohner). Der Durchseuchungsgrad in der Gesamtbevölkerung lässt sich damit kaum valide bestimmen. Jeglicher Vergleich auch mit den insoweit aussagekräftigeren kreis- oder landesweiten Zahlen ist augenscheinlich verzerrungsanfällig. Dass die Unterrichtsklasse des Klägers im Vergleich zu dem außerhalb des Schullebens allgemein bestehenden Infektionsrisiko ein durchseuchter Ort gewesen sein soll, lässt sich daraus nicht schlussfolgern. Dies gilt selbst dann, wenn man – entsprechend des Vortrags des Klägervertreters – in die Betrachtung einbezieht, dass COVID-19 Infektionen bei Kindern und Jugendlichen oftmals symptomfrei oder -arm verlaufen und unerkannt bleiben können und wenn man dies auch für die hier unterrichtete Abschlussklasse der Berufsfachschule in fortgeschrittenem Alter annehmen will.

Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass mit der „im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtung“ – also der vom Kläger ausgeübten konkreten Lehrtätigkeit – durchaus ein gesteigertes Übertragungsrisiko einhergegangen sein mag, das ebenfalls in die Gesamtbewertung mit einzubeziehen ist. Neben dem Verweis auf diesbezügliche wissenschaftliche Studien stellt der Klägervertreter insoweit konkret auf den Umstand ab, dass der Kläger in einem knapp 67 m2 großen Klassenraum 18 Schüler/-innen unterrichtet hat (wobei die infizierte Schülerin in der dritten Reihe saß). Dass dabei – auf engem Raum – ein höheres Infektionsrisiko besteht als sonst im Alltag, ist offenkundig, weshalb schließlich gerade für den Schulbereich schon damals Sicherungsmaßnahmen (Maskengebot, regelmäßiges Lüften, Absonderung bei Auftreten von Infektionen bzw. entsprechenden Symptomen) getroffen waren. Nachdem aber im hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall keine sonstige Ausbreitung des Virus in der Klasse hat festgestellt werden können, kann bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung auch die etwas erhöhte Risikoträchtigkeit der Verrichtung die nur vereinzelt festzustellende Infektionslage nicht kompensieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124 Abs. 2, 124a VwGO liegen nicht vor. Insbesondere sieht die Kammer keine grundsätzliche Bedeutung, nachdem lediglich eine Subsumtion des Einzelfalls vorzunehmen war.

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