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Coronatestung durch Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – Az.: 1 S 1596/21 – Beschluss vom 01.06.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich nach der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 06.05.2021 – 2 K 1243/21 – erfolgten Verweisung des Verfahrens an den Verwaltungsgerichtshof mit ihrem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO – sachdienlich ausgelegt – zuletzt gegen § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 13.05.2021. Sie beanstanden, dass nach der angefochtenen Bestimmung der für die Teilnahme am schulischen Präsenzunterricht zulässige Testnachweis in den dort näher geregelten Fällen auch durch eine Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten erbracht werden kann.

§ 19 Abs. 15 CoronaVO bestimmt:

„1Für Personen, die weder einen Testnachweis noch einen Impf- oder Genesenennachweis im Sinne des § 5 vorlegen, besteht ein Zutritts- und Teilnahmeverbot für die Einrichtungen nach Absatz 1 einschließlich der dort eingerichteten Notbetreuung gemäß Absatz 11. 2In diesen Fällen ist Fernunterricht vorzusehen. 3Der Nachweis der Testung kann erbracht werden durch

1. die Teilnahme an der Testung nach Absatz 14; dies gilt auch, sofern an der Schule die Testung nicht vor oder unmittelbar nach dem Betreten des Schulgeländes, sondern zu einem späteren Zeitpunkt am Schultag durchgeführt wird, oder

2. den Nachweis einer Testung mit negativem Ergebnis, der geführt werden kann durch

a) einen Testnachweis im Sinne des § 5 Absatz 1, oder

b) die Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten nach ordnungsgemäß durchgeführtem COVID-19-Schnelltest auf dem durch das Kultusministerium vorgegebenen Musterformular, sofern nach Entscheidung der Schulleitung die Testung nicht in der Organisationshoheit der Schule durchgeführt wird, für Schülerinnen und Schüler der Grundschulen, der Grundstufen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit anderen Förderschwerpunkten mit diesen Bildungsgängen, sowie Kinder der Grundschulförderklassen und der Schulkindergärten,

dessen Vorlage durch die Schülerinnen und Schüler spätestens am Tag einer nach Absatz 14 angebotenen Testung, durch Lehrkräfte und sonstige Personen zu einem von der Schulleitung festzulegenden Zeitpunkt erfolgt und deren zugrundeliegende Testung nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf.

Die Möglichkeit zur Eigenbescheinigung nach Satz 3 Nummer 2 Buchstabe b gilt für das an den Einrichtungen nach Absatz 14 tätige Personal sowie für volljährige Schülerinnen und Schüler der in Satz 3 Nummer 2 Buchstabe b genannten Einrichtungen entsprechend.“

Die … geborene Antragstellerin zu 1 besucht die 4. Klasse, der … geborene Antragsteller die 2. Klasse der …-Schule in …. Die dortige Schulleitung entschied sinngemäß, die Testungen im Sinne von § 19 Abs. 15 CoronaVO nicht in der Organisationshoheit der Schule durchzuführen und Eigenbescheinigungen der Erziehungsberechtigten zu akzeptieren.

Coronatestung durch Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten
(Symbolfoto: FamVeld/Shutterstock.com)

Für die Antragsteller wird vorgetragen, die Eigenbescheinigungen seien nicht geeignet, die Sicherheit der Schüler vor Ansteckungen durch COVID-19 zu gewährleisten. Da die Bescheinigungen ohne einen Nachweis, dass tatsächlich negativ getestet worden sei, abgegeben werden könnten, sei es möglich, dass Tests vergessen, aus Bequemlichkeit einfach nicht durchgeführt, positive Tests verschwiegen oder in negative Tests „umgewandelt“ würden und dass „Querdenker-Eltern“ und „Corona-Leugner“ aus politischer Überzeugung Bescheinigungen abgäben, obwohl sie tatsächlich keine Tests durchgeführt hätten. Besondere Bedenken bestünden in Bezug auf Kinder aus Migrationsfamilien, deren Eltern oft nicht oder nur eingeschränkt Deutsch könnten und bei denen deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar sei, wie sie in der Lage sein sollten, ihre Kinder ordnungsgemäß zu testen. Ihre (der Antragsteller) Mutter habe bei der Schulleitung darauf hingewiesen, dass sie einen besseren Schutz für die Antragsteller wünsche, Bauschmerzen habe, wenn keine Verifizierung stattfinde, und dass die Anwendung der Testkits nicht ein oder zwei Wochen zuhause geübt worden sei. Sie sei aber nicht ernst genommen worden. Es sei zu vermuten, dass hinter der Entscheidung der Schulleitung, die Tests zuhause durchführen zu lassen, nur stecke, dass die Lehrkräfte sich fürchteten, sich bei einer Durchführung des Tests in der Schule zu infizieren. Sie (die Antragsteller) unterlägen der Schulpflicht und ihre Gesundheit sei ohne Möglichkeit, sich dem zu entziehen, gefährdet, wenn die Tests nicht verifiziert würden. Auch wenn Kinder nur selten an COVID-19 erkrankten, habe sich inzwischen herausgestellt, dass im Falle einer Erkrankung eine gefährliche, nur schwer zu behandelnde Immunabwehrreaktion auftreten könne. Die angefochtene Verordnungsbestimmung sei außerdem zu unbestimmt.

Die Antragsteller beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die gemäß § 14b Abs. 12 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO (a.F., jetzt § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO) zugelassene Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten zu verifizieren, hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, „anstelle des Modells Testkassetten für Schüler nach zu Hause mitgegeben, die die Corona-Antigentests in der Schule unter Aufsicht durchzuführen“ (Schreibweise im Original).

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend, der Antrag nach § 7 Abs. 6 VwGO sei unzulässig, weil die Verordnungsbestimmung über die sog. indirekte Testpflicht (zuvor § 14b Abs. 12 CoronaVO a.F., jetzt § 19 Abs. 15 CoronaVO) von der bundesrechtlichen Regelung in § 28b Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 IfSG überlagert werde. Die sog. Testpflicht bestehe daher unabhängig von der landesrechtlichen Regelung, weshalb den Antragstellern das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO könne auch nicht die einstweilige Ergänzung einer Norm erreicht werden. Der Eilantrag sei unabhängig davon unbegründet. An der Rechtmäßigkeit der in § 19 Abs. 15 CoronaVO geregelten sog. Testpflicht bestünden, wie der Senat zu dieser Vorschrift und zu Vorgängerregelungen wiederholt entschieden habe, keine Zweifel. Das gelte auch für die in § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 CoronaVO geregelten Modalitäten. Der Verordnungsgeber habe sich im Grundschulbereich für eine differenzierte Regelung entschieden. Gerade bei sehr jungen Kindern sei die Eigenvornahme eines Selbsttests aufgrund der motorischen Fähigkeiten nicht möglich. Ein Test durch einen Erziehungsberechtigten sei ein körperlicher – wenn auch minimaler – Eingriff durch eine nahestehende Person und für ein kleines Kind daher deutlich weniger abschreckend als beim Test durch eine fremde Person. Dieser Aspekt müsse bei Grundschulkindern besonders ins Gewicht fallen, weil dort die Bindung zu Eltern bzw. die Offenheit und das Vertrauen gegenüber fremden Personen noch ganz unterschiedlich stark ausgeprägt seien. Die von den Antragstellern angeführte Gefahr, dass die Eigenbescheinigung ohne ordnungsgemäß durchgeführten Schnelltest ausgestellt werde, könne sicherlich nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Letztlich sei der Staat bei hoheitlichen Regelungen aber immer auch darauf angewiesen, dass die Normverpflichteten die Regelungen ernst nähmen. Eine absolute Kontrolle gebe es nicht. Es sei daran zu erinnern, dass das Umgehungsrisiko nur dort bestehe, wo eine symptomlose Erkrankung der Kinder vorliege. Infektionsrisiken würden zudem durch stetes Lüften und die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung abgemildert. Auch das könne ein Infektionsrisiko nicht vollständig ausschließen. Die Sorge der Erziehungsberechtigten der Antragsteller sei durchaus nachvollziehbar und sie dürften das Risiko für die Antragsteller selbst bewerten. Es gebe derzeit keine Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 – GRS 1/08 – ESVGH 59, 154).

Der Antrag der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist bei sachdienlicher Auslegung (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) zuletzt darauf gerichtet, § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO vorläufig außer Vollzug zu setzen. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO kann im Erfolgsfall regelmäßig nur die gänzliche oder teilweise Aussetzung der Vollziehung einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift mit genereller Wirkung erreicht werden (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat, Beschl. v. 21.04.2021 – 1 S 1137/21 -, v. 15.04.2021 – 1 S 1106/21 – und v. 03.12.2020 – 1 S 3737/20 – juris Rn.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.09.1980 – 9 S 1762/80 – VBlBW 1981, 114 f; NdsOVG, Beschl. v. 23.06.1961 – I A 100/61 – juris; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 25.01.2000 – 2 M 53/99 – juris). Davon ausgehend wäre der von den Antragstellern erstinstanzlich gestellte und nach erfolgter Verweisung des Verfahrens an den Verwaltungsgerichtshof nicht umgestellte Antrag sowohl im Haupt- wie im Hilfsbegehren im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bei wörtlicher Auslegung offensichtlich unzulässig. Denn beide Begehren sind nicht auf die Außervollzugsetzung einer Norm, sondern auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Vornahme von Realakten (Kontrollmaßnahmen) gerichtet. Dem Vorbringen der Antragsteller ist aber in der gebotenen Gesamtschau mit der Antragsbegründung noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sie nach der Verweisung des Verfahrens an den Verwaltungsgerichtshof der Sache nach die Außervollzugsetzung von § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO begehren.

Der nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellte Eilantrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.)

1. Der Antrag ist zulässig.

Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die Statthaftigkeit des Antrags folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen – wie hier – der Landesregierung.

b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.

c) Die Antragsteller sind antragsbefugt.

Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 – 1 S 1458/12 – VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Nach diesem Maßstab besteht die Antragsbefugnis. Es ist – was im Rahmen der Zulässigkeit genügt – nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragsteller in ihren Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) verletzt sind.

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d) Für den Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt auch ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn die Antragsteller könnten mit einem Erfolg dieser Anträge ihre Rechtsstellung jeweils verbessern.

Ohne Erfolg hält der Antragsgegner dem entgegen, dass es für Eilanträge, die darauf gerichtet sind, das in § 19 Abs. 15 Satz 1 CoronaVO normierte Teilnahme- und Zutrittsverbot und die sog. indirekte Testpflicht außer Vollzug zu setzen, gegenwärtig am Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil seit dem 23.04.2021 schon und unabhängig vom Landesverordnungsrecht die bundesgesetzliche Regelung in § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG vorsieht, dass die Teilnahme am Präsenzunterricht für Schüler nur zulässig ist, wenn sie zweimal in der Woche auf das Coronavirus getestet worden sind.

Dieser Einwand des Antragsgegners geht am Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens vorbei.

Die genannte bundesgesetzliche Regelung in § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG hat zwar in der Tat zur Folge, dass gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gestellte Anträge gegen die landesverordnungsrechtlichen Regelungen zur sog. indirekten Testpflicht derzeit mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sind, weil diese sog. Testpflicht ohnehin kraft Bundesrechts besteht (vgl. Senat, Beschl. v. 21.05.2021 – 1 S 1393/21 – und v. 12.05.2021 – 1 S 1308/21 -). Die Antragsteller wenden sich jedoch im vorliegenden Verfahren nicht gegen die in der Corona-Verordnung geregelte sog. indirekte Testpflicht und das Teilnahme- und Zutrittsverbot für Schüler, die weder einen Testnachweis noch einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen. Die Antragsteller möchten im Gegenteil erreichen, dass diese Verbote dadurch aus ihrer Sicht effektiver umgesetzt werden, dass die in der Verordnung vorgesehene Möglichkeit zur Eigenbescheinigung einer Testung entfällt. Diese vom Landesverordnungsgeber konkret gewählte Möglichkeit des Testnachweises für Grundschüler ist bundesgesetzlich in § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG weder vorgegeben noch ausgeschlossen. Ein Erfolg des vorliegenden Antrags hätte daher zur Folge, dass sich die Rechtsstellung der Antragsteller verbessert.

2. Der nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellte Antrag ist aber nicht begründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 – 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 – 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 – 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 – 6 S 309/17 – juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 – 4 VR 2/98 – NVwZ 1998, 1065).

An diesen Maßstäben gemessen ist der Eilantrag der Antragsteller nicht begründet. Ein im Hauptsacheverfahren gegen § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich keinen Erfolg (a)). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (b)).

a) Ein im Hauptsacheverfahren gegen § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag bliebe aller Voraussicht nach ohne Erfolg. Die Vorschrift ist voraussichtlich rechtmäßig.

Die in § 19 Abs. 15 CoronaVO geregelte sog. indirekte Testpflicht sowohl für den Schulbetrieb als auch die Notbetreuung ist per se mit höherrangigem Recht vereinbar. Das hat der Senat zu § 19 Abs. 15 CoronaVO und zu dessen Vorgängerregelung in § 14b Abs. 12 CoronaVO a.F. bereits wiederholt, unter anderem in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 29.04.2021 – 1 S 1204/21 – (juris), entschieden (ebenso Senat, Beschl. v. 21.05.2021, a.a.O., v. 06.05.2021 – 1 S 1364/21, v. 06.05.2021 – 1 S 1408/21 -, v. 07.05.2021 – 1 S 1363/21 – und v. 12.05.2021, a.a.O.) und wird auch von den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens nicht in Abrede gestellt. Durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen aller Voraussicht nach auch nicht gegen die vom Verordnungsgeber im Rahmen des § 19 Abs. 15 CoronaVO in dessen Satz 3 Nr. 2 Buchst. b getroffene Entscheidung, im Bereich der Grundschulen zur Erbringung eines Testnachweises nach näher geregelten Maßgaben auch Eigenbescheinigungen der Erziehungsberechtigten zuzulassen.

aa) Für die Regelung in § 19 Abs. 15 CoronaVO besteht voraussichtlich eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28a Abs. 1 Nr. 16, § 28 Abs. 1, § 28b Abs. 3 Satz 1 und Satz 5 IfSG. Das gilt auch für Satz 3 Nr. 2 Buchst. b des § 19 Abs. 15 CoronaVO.

Die Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28a Abs. 1 Nr. 16, § 28b Abs. 3 Satz 1 und Satz 5, § 28 Abs. 1 IfSG genügt für das in § 19 Abs. 15 CoronaVO geregelte grundsätzliche Zutritts- und Teilnahmeverbot bei fehlendem Nachweis über eine negative Testung auf das Coronavirus für Schulen und Einrichtungen gemäß § 19 Abs. 15 CoronaVO und die dort eingerichtete Not- und Nachmittagsbetreuung insbesondere voraussichtlich dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt (vgl. Senat, Beschl. v. 29.04.2021, a.a.O.; bereits zu § 28 IfSG Senat, Beschl. v. 04.11.2020, a.a.O., und v. 22.10.2020, a.a.O.; im Ergebnis ebenso zum dortigen Landesrecht BayVGH, Beschl. v. 08.09.2020, a.a.O.; s. zu den Anforderungen vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 – 1 BvR 1033/82 u.a. – BVerfGE 80, 1, 20; Beschl. v. 21.04.2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – BVerfGE 139, 19; ausf. ebenfalls Senat, Beschl. v. 09.04.2020 – 1 S 925/20 – m.w.N.).

Die genannten bundesgesetzlichen Regelungen bieten für eine Regelung wie die hier vorliegende auch voraussichtlich eine inhaltlich geeignete Grundlage. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 16 IfSG können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere auch die Schließung oder Erteilung von Auflagen für die Fortführung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 IfSG, Hochschulen, außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnlichen Einrichtungen sein. Bei Schulen handelt es sich um Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 Nr. 3 IfSG (vgl. u.a. Bay VGH, Beschl. v. 12.04.2021 – 20 NE 21.926 – juris Rn. 13; OVG Nordrh.-Westf. Beschl. v. 22.04.2021 – 13 B 559/21.NE – juris Rn. 47). § 19 Abs. 15 CoronaVO regelt eine solche Auflage für die Fortführung des Betriebs von Gemeinschaftseinrichtungen, indem er das Betreten und die Teilnahme für Einrichtungen nach § 14b Abs. 1 CoronaVO – hierzu gehören demnach auch Schulen in freier und öffentlicher Trägerschaft sowie die damit assoziierten Betreuungsangebote – unter den Vorbehalt des Nachweises eines negativen Coronatests oder eines entsprechenden Impf- oder Genesenennachweises im Sinne von § 5 CoronaVO stellt (vgl. Senat, Beschl. v. 29.04.2021, a.a.O.).

bb) Die vom Verordnungsgeber in Satz 3 Nr. 2 Buchst. b. des § 19 Abs. 15 CoronaVO gewählte Ausgestaltung der Auflage für die Fortführung von Grundschulen bewegt sich auch aller Voraussicht nach in dem vom Bundesgesetzgeber gezogenen Rahmen.

Der Bundesgesetzgeber hat in § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG bestimmt, dass die Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen nur bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte und dass die Teilnahme am Präsenzunterricht nur für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte, die zweimal in der Woche „mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden“, zulässig ist. Der Bundesgesetzgeber hat sich damit auf Vorgaben zur Art der Tests beschränkt, ohne dem Landesverordnungsgeber nähere Vorgaben zu den Möglichkeiten der Führung eines Testnachweises zu machen (vgl. dazu auch die insoweit nur von einer „Testpflicht“ sprechende Gesetzesbegründung zu § 28b Abs. 3 IfSG, BT-Drs. 19/28444, S. 14 f.). Die angefochtene Bestimmung in § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b. CoronaVO, die im Grundschulbereich unter näher geregelten Voraussetzungen auch Eigenbescheinigungen der Eltern zulässt, verlässt den bundesgesetzlich vorgegeben Rahmen daher nicht.

cc) Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit dieser Verordnungsbestimmung bestehen entgegen dem Antragsvorbringen ebenfalls nicht.

Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Gebot der Bestimmtheit von Normen verlangt, dass Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvF 1/61 – BVerfGE 20, 150; Beschl. v. 12.01.1967 – 1 BvR 169/63 – BVerfGE 21, 73, v. 07.07.1971 – 1 BvR 775/66 – BVerfGE 31, 255, v. 09.04.2003 – 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 – BVerfGE 108, 52, und v. 03.03.2004 – 1 BvF 3/92 – BVerfGE 110, 33, jeweils m.w.N.; Senat, Urt. v. 16.08.2018 – 1 S 625/18 – juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.11.2017 – 9 S 1145/16 – JuS 2018, 402, und v. 22.02.2017 – 5 S 1044/15 – juris). Dieses Gebot zwingt den Normgeber allerdings nicht, jeden Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben bis ins Einzelne zu umschreiben. Generalklauseln und unbestimmte, der Ausfüllung bedürftige Begriffe sind schon deshalb grundsätzlich zulässig, weil sich die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen lässt. Auch die Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer Vorschrift noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit. Es ist Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und die Entscheidung des Normgebers – gegebenenfalls mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden – zu konkretisieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.06.1977 – 2 BvR 308/77 – BVerfGE 45, 363, v. 03.06.1992 – 2 BvR 1041/88, 78/89 -, BVerfGE 86, 288, und v. 11.07.2013 – 2 BvR 2302/11 – BVerfGE 134, 33; BayVerfGH, Entscheidung v. 22.06.2010 – Vf. 15-VII-09 juris; Senat, Urt. v. 22.04.2002 – 1 S 1667/00 – VBlBW 2002, 423). In jedem Fall müssen sich aber aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die eine willkürliche Handhabung der Norm durch die für die Vollziehung zuständigen Behörden ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2006 – 10 C 9.05 – BVerwGE 126, 222; Beschl. v. 10.04.2000 – 11 B 61.99 – juris; Senat, Urt. v. 22.04.2002, a.a.O., v. 16.10.2001 – 1 S 2346/00 – VBlBW 2002, 292, und v. 18.08.1992 – 1 S 2550/91 – VBlBW 1993, 99, sowie zur Auslegung von Bestimmungen der Corona-Verordnung Beschl. v. 30.07.2020 – 1 S 2087/20 – juris).

An diesen Maßstäben gemessen, begegnet § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b. CoronaVO keinen Bestimmtheitsbedenken. Die Antragsteller legen solche mit ihrem pauschalen Vortrag, die Norm sei unpräzise, auch nicht substantiiert dar. Der Anwendungsbereich der angefochtenen Vorschrift ist schon ihrem Wortlaut ebenso eindeutig zu entnehmen wie der Kreis der Normadressaten und die nach der Norm zulässigen sowie als Testnachweis ausreichenden Verhaltensweisen. Weshalb die Vorschrift dennoch unter – gar im Wege einer Auslegung nicht überwindbaren – Bestimmtheitsdefiziten leiden sollte, erschließt sich nicht.

dd) Die vom Verordnungsgeber im Rahmen des § 19 Abs. 15 CoronaVO in Satz 3 Nr. 2 Buchst. b getroffene Entscheidung, im Bereich der Grundschulen zur Erbringung eines Testnachweises nach näher geregelten Maßgaben auch Eigenbescheinigungen der Erziehungsberechtigten zuzulassen, steht auch mit dem übrigen Verfassungsrecht aller Voraussicht nach in Einklang. Der Antragsgegner hat mit dieser Ausgestaltung seines Verordnungsrechts insbesondere nicht gegen die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verstoßen (vgl. zu einem Anspruch auf Verschärfung von Hygienevorgaben im Schulbereich bereits Senat, Beschl. v. 18.09.2020 – 1 S 2831/20 – VBlBW 2021, 169 [Ls.] = juris, ablehnend bezogen auf den damaligen Stand der Corona-Pandemie).

Das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist zwar nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern umfasst auch die Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen und es vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit zu schützen. Doch kommt dem Gesetzgeber auch dann, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen, ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Was konkret zu tun ist, um Grundrechtsschutz zu gewährleisten, hängt von vielen Faktoren ab, im Besonderen von der Eigenart des Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter (vgl. BVerfG, Urt. v. 26.02.2020 – 2 BvR 2347/15 – Rn. 224 m.w.N.; Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). Dabei hat er auch anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten Rechnung zu tragen, kann die gesellschaftliche Akzeptanz der angeordneten Maßnahmen berücksichtigen und ein behutsames oder auch wechselndes Vorgehen im Sinne langfristig wirksamen Lebens- und Gesundheitsschutzes für angezeigt halten. Die Verletzung einer Schutzpflicht liegt demnach nur vor, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.2020 – 1 BvR 1027/20 – juris Rn. 6f. m.w.N.; Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). Die Verfassung gebietet dabei keinen vollkommenen Schutz vor jeglicher Gesundheitsgefahr. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt dies im Zusammenhang mit der SARS-CoV2-Pandemie umso mehr, als ein „gewisses Infektionsrisiko mit dem neuartigen Corona-Virus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehört“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.05.2020 – 2 BvR 483/20 – juris Rn. 8; Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.).

Aus alledem folgt, dass sich die gerichtliche Prüfung aufgrund des genannten Beurteilungs- und Einschätzungsvorranges auf offensichtliche Verstöße beschränkt. Das eingesetzte Mittel ist verfassungsrechtlich nur dann zu beanstanden, wenn es objektiv untauglich oder schlechthin ungeeignet wäre, der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung zu tragen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. vom 29.09.2010 – 1 BvR 1789/10 – juris Rn. 18; Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.).

Offensichtliche Verstöße im zuvor genannten Sinne gegen die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG haben die Antragsteller mit ihren Einwänden gegen § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht erkennbar. Die Antragsteller haben insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsgegner in der Corona-Verordnung für den Schulbereich getroffenen Maßnahmen in der gebotenen (vgl. Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.) Zusammenschau der angefochtenen Vorschrift mit den übrigen Bestimmungen völlig ungeeignet oder unzulänglich wären, ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ausreichend zu schützen.

Die angefochtene Vorschrift in § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO steht nicht isoliert, sondern ist Teil eines umfangreichen und differenzierten Regelungspakets, das der Antragsgegner für den Schulbetrieb normiert hat.

Am 03.03.2021 haben die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen sowie -chefs der Länder vor dem Hintergrund des damaligen Stands der Pandemie einen sog. Stufenplan für Lockerungen in bestimmten ausgewählten Bereiche beschlossen (vgl. BKMPK-Beschluss vom 03.03.2021, abrufbar unter https://www.bundesregierung.de). Der Verordnungsgeber hat sich davon ausgehend für ein stufenweises Vorgehen entschieden, um im Rahmen einer engmaschigen Kontrolle zu beobachten, wie sich einzelne Öffnungsschritte auf das Infektionsgeschehen auswirken. Dies umsetzend hat er zunächst mit Wirkung vom 22.02.2021 den Präsenzbetrieb von Kitas und Einrichtungen der Kinderbetreuung sowie (im Wechselunterricht) von Grundschulen wieder zugelassen und damit – aus für die Allgemeinheit besonders bedeutsamen sozialen und gesellschaftlichen Gründen (vgl. § 28a Abs. 6 Satz 2 und 3 IfSG) – auch Sozialkontakte sowie daraus folgende Infektionsgefahren in Kauf genommen (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen stufenweisen Vorgehens des Verordnungsgebers und zur Zulässigkeit, hierbei Schulöffnungen Vorrang einzuräumen, nur Senat, Beschl. v. 07.05.2021 – 1 S 1094/21 – und v. 18.09.2020, a.a.O.).

Zur Eindämmung dieser Infektionsgefahren im Schulbereich hat der Verordnungsgeber aber zugleich eine Vielzahl von begleitenden Maßnahmen normiert. Hierzu zählen neben dem Zutritts- und Teilnahmeverbot für Schüler und Lehrkräfte, die einer Absonderungspflicht unterliegen, sich nach einem positiven Test einem zusätzlichen PCR-Test unterziehen müssen oder typische Krankheitssymptome aufweisen (vgl. § 19 Abs. 13 CoronaVO), sowie dem grundsätzlichen Zutritts- und Teilnahmeverbot im Zusammenhang mit der sog. indirekten Testpflicht (vgl. § 19 Abs. 4 und 5 CoronaVO) insbesondere Vorschriften zur Beachtung der allgemeinen Hygienehinweise des Kultusministeriums (vgl. § 19 Abs. 1 CoronaVO i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung des Kultusministeriums über den Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen <Corona-Verordnung Schule – CoronaVO Schule> vom 07.12.2020 in der Fassung der Dritten Änderungsverordnung vom 27.03.2021), zur sog. Maskenpflicht in den Schulgebäuden und insbesondere im Schulunterricht (vgl. § 1 Abs. 3 CoronaVO Schule), zur Einhaltung des näher geregelten Mindestabstands (vgl. § 1 Abs. 4 CoronaVO i.V.m. § 2 Abs. 2 und 3 CoronaVO), zur Vermeidung der Durchmischung von Klassen- und Lerngruppen (vgl. § 1 Abs. 5 und § 2 Abs. 1 und 2 CoronaVO Schule), zur Lüftung der Klassenräume (vgl. § 1 Abs. 7 CoronaVO), zur regelmäßigen Reinigung der Handkontaktflächen (vgl. § 1 Abs. 8 CoronaVO Schule), zur Art und Weise der Verwendung von Handwaschmitteln, Desinfektionsmitteln und Handtrockenvorrichtungen (§ 1 Abs. 9 CoronaVO Schule), zur Beachtung von besonderen Sicherheitsvorgaben für den Musik- und den Sportunterricht (vgl. § 2 Abs. 3 und 4 CoronaVO Schule und § 19 Abs. 6 CoronaVO) sowie beim gemeinsamen Verzehr von Speisen (vgl. § 19 Abs. 12 CoronaVO), zum Verbot außerschulischer Veranstaltungen und zur Beschränkung des Zutritts von außerschulischen Personen (vgl. § 2 Abs. 6 und 7 CoronaVO Schule) sowie der Nutzung der Schulen für nichtschulische Zwecke (vgl. § 5 CoronaVO Schule). Darüber hinaus hat der Verordnungsgeber Regelungen geschaffen, welche die vorstehenden Maßgaben in Abhängigkeit von der Entwicklung der Inzidenzwerte im jeweiligen Stadt- und Landkreis bei einer Verschlechterung des Pandemiegeschehens bereits vor dem bundesrechtlich greifenden Unterrichtsverbot bei einer Überschreitung des Schwellenwerts von 165 gemäß § 28b Abs. 3 Satz 2 und 3 IfSG aufbauend auf dieser Vorschrift verschärfen (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 CoronaVO). Hinzu kommt weiter, dass, sofern und soweit Präsenzunterricht stattfindet, die Erziehungsberechtigten (oder ggf. die volljährigen Schüler) gegenüber der Schule erklären können, dass die Schulpflicht in ihrem Fall im Fernunterricht an Stelle des Präsenzunterrichts erfüllt werden soll (vgl. § 19 Abs. 9 CoronaVO).

Weder haben die Antragsteller dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die vom Antragsgegner für den Schulbereich solcherart getroffenen Maßnahmen in der gebotenen Zusammenschau mit der angefochtenen Vorschrift völlig ungeeignet oder unzulänglich wären, ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ausreichend zu schützen und dass die Zulassung des Testnachweises in Grundschulen durch eine Eigenbescheinigung deshalb eine Schutzpflichtverletzung begründet.

Es steht außer Frage – und wird auch vom Antragsgegner nicht bestritten -, dass (unter anderem) wegen der Entscheidung des Verordnungsgebers, Eigenbescheinigungen zuzulassen, im Schulbetrieb ungeachtet der aktuell rückläufigen Inzidenzzahlen Infektionsrisiken verbleiben, welche auch bei Kindern und Jugendlichen die überragend wichtigen Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit betreffen (vgl. zur vom Robert Koch-Institut [RKI] weiterhin als „sehr hoch“ beurteilten Gefährdung für die Bevölkerung in Deutschland, dass, Risikobewertung zu COVID-19, Stand 26.05.2021, sowie dass, Lagebericht vom 30.05.2021, beide abrufbar unter www.rki.de, zuletzt abgerufen am 31.05.2021). Der Antragsgegner hat bei den zur Eindämmung der Pandemie zu treffenden Maßnahmen allerdings auch stets deren Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf kollidierende Grundrechte Dritter zu prüfen. Als solche stehen hier unter anderem das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (auch) der (anderen) Schüler (vgl. grdl. Senat, Beschl. v. 13.05.2020 – 1 S 1314/20 – juris Rn. 31 ff.) sowie deren Recht auf Teilhabe und Bildung nach Art. 7 GG sowie Art. 11 ff. LV in Rede (vgl. Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). Dabei hat der Verordnungsgeber abzuwägen, ob im Hinblick auf das Infektionsgeschehen und die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens strengere Maßnahmen notwendig oder auf der anderen Seite Lockerungen von Einschränkungen möglich sind. Der notwendigen Risikoeinschätzung liegt eine komplexe Gefährdungslage sowie ein vielschichtiges Spannungsverhältnis unterschiedlicher Grundrechtspositionen zugrunde, die durch den Verordnungsgeber in einen angemessenen Ausgleich zu bringen sind. Hierbei kommt ihm bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele und der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung der Ziele für geeignet, erforderlich und angemessen halten darf, ein weiter – gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer – Einschätzungs- und Prognosespielraum zu (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.03.2004 – 1 BvR 1778/01 – juris Rn. 66; s. auch Beschl. v. 13.05.2020 – 1 BvR 1021/20 – juris Rn. 10; Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). Diesen Spielraum hat der Antragsgegner aktuell auch mit der von den Antragstellern beanstandeten Regelungen nicht überschritten. Er hat in § 19 Abs. 15 CoronaVO eine differenzierte Regelung geschaffen, die es in einigen ausgewählten Schulbereichen, darunter die Grundschulen, ermöglicht, die Erfüllung der auch hier bestehenden sog. indirekten Testpflicht durch die Vorlage einer Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten nachzuweisen. Er hat sich dabei im Kern maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass sich die Durchführung der Tests bei Grundschulkindern unter Umständen als weniger eingriffsintensiv erweist, wenn sie zuhause von den Erziehungsberechtigten und nicht in der Schule oder anderen Orten von Dritten durchgeführt werden, und an dieser Stelle der Verringerung der Eingriffsintensität einen Vorrang vor der Wahl einer noch effektiveren Maßnahme gegeben. Das ist angesichts des beschränkten Anwendungsbereichs der Vorschrift und vor dem Hintergrund der zahlreichen anderen Schutzvorschriften im Schulbereich sowie des aktuellen Stands der Pandemie von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Das gilt umso mehr, als die Antragsteller nicht dargelegt haben und auch sonst nicht erkennbar ist, dass Verstöße gegen die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Abgabe der Eigenbescheinigungen über Einzelfälle hinaus massenhaft auftreten und dieses Mittel sich daher bislang als gänzlich untauglich erwiesen hat.

Eine Pflicht des Antragsgegners – oder gar ein dem korrespondierender Anspruch der Antragsteller – auf Verschärfung der aktuell normierten Hygienevorgaben in dem von den Antragstellern begehrten Umfang besteht nach alledem nicht, da das Gesamtkonzept des Antragsgegners für eine Wiederaufnahme des Schulbetriebs unter Pandemiebedingungen, bestehend aus der Corona-Verordnung, der Corona-Verordnung Schule und den Hygienehinweisen für die Schulen, nach der derzeitigen Infektionslage nicht offensichtlich unzulänglich oder ungeeignet ist, der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden staatlichen Schutzpflicht zu genügen (im Ergebnis ebenso zum damaligen Stand des Pandemiegeschehens Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.).

b) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in Bezug auf § 19 Abs. 15 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b CoronaVO auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten.

Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache aus den oben genannten Gründen voraussichtlich unbegründet wäre. In einem solchen Fall ist – wie oben dargelegt – der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten (vgl. auch insoweit schon Senat, Beschl. v. 09.11.2020, a.a.O.). Unbeschadet dessen ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen der anderen Grundrechtsträger überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller nicht ersichtlich. Die verbleibenden Risiken, die sie aufgrund der angefochtenen Vorschriften derzeit hinnehmen müssen, wenn sie sich zur Teilnahme am Präsenzunterricht entschließen, sind ihnen im Rahmen der gebotenen Abwägung gegenwärtig zumutbar.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 GKG. Der Senat verzichtet mit Blick auf die weitgehende wirtschaftliche Identität der geltend gemachten Begehren darauf, die subjektive Antragshäufung streitwerterhöhend zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senat, Beschl. v. 12.05.2021 – 1 S 1308/21 -). Für eine Halbierung des einfachen Auffangstreitwerts von 5.000,– EUR ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allerdings wegen der von den Antragstellern begehrten weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Raum.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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