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Rechnungsähnliche Eintragungsofferten per Post – Was kann man tun?

MD, Essen / HR Datenbank GmbH

(Auszug aus dem KammerReport Hamm, 3/98, Seite 39)

Vorbezeichnete MD hat sich mit Schreiben vom 17.01.1998 an Notarinnen und Notare im Bezirk des Landgerichts Essen gewandt. Sie hat sich als Geschäftsführerin einer österreichischen Gesellschaft vorgestellt, die rechnungsähnliche Eintragungsofferten versendet. Weiter führt Frau D aus, daß das Unternehmen aufgrund von Überprüfungen und Abmahnungen gezwungen sei, alle 2 bis 3 Monate die Bankverbindung zu ändern. Dieses Manko möchte Frau D dadurch beheben, daß ein Notar ein Notaranderkonto zur Einsammlung der Kundengelder zur Verfügung stellt. Auf dem Konto sollen 400-500 Einzelbeträge gesammelt werden.

Die Notarkammer hat auf Anfragen der Kolleginnen und Kollegen darauf hingewiesen, daß die Übernahme des angesonnenen Auftrages für deutsche Notare unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unzulässig ist. Zum einen dürfen Sammelanderkonten nicht geführt werden. Zum anderen dürfen Verwahrungsgeschäfte nur übernommen werden, wenn Sicherungsbedürfnisse der Beteiligten dies erforderlich machen; es ist nicht die Aufgabe   des Notars, als Bank zu fungieren. Zum dritten ist darauf hinzuweisen, daß Notare ihre Mitwirkungen bei Handlungen verweigern müssen, bei denen unredliche Zwecke verfolgt werden.

Dies ist hier eindeutig der Fall, denn es ist bereits mehrfach gerichtlich festgestellt worden, daß Verträge, die mit Hilfe rechnungsähnlicher Formulare zustande kommen, gem. § 138 BGB nichtig sind.


Das Ermittlungsverfahren

gegen X – geschäftsansässig, wegen Betruges bzw. versuchten Betruges,  Nötigung bzw. versuchter Nötigung,  Straftaten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb,  Straftaten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,  § 35 GmbH-Gesetz und  Straftaten nach der Abgabenordnung,,

Gründe:

I.

Der Beschuldigte ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Telefonbuchverlag X GmbH, X-Str. in E.

II.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage kann dem Beschuldigten ein strafbares Handeln durch das bundesweite Verschicken rechnungsähnlicher Angebote über die Insertion einer Kleinanzeige in einem Firmenverzeichnis zum Preis von 893,20 DM im August und September 1998 nicht vorgeworfen werden.

1.

Ein zur Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht des Betruges bzw. versuchten Betruges läßt sich gegen den Beschuldigten nicht begründen, da es bereits am Merkmal der Täuschungshandlung fehlt.

Eine Verwechslung mit Rechnungen der Telekom liegt bei den Empfängern der rechnungsähnlichen Angebote, die überwiegend dem Kreis der Wirtschaft, Handwerk und freien Berufen – hier überwiegend Rechtsanwälte angehören, also im Geschäftsleben stehen, fern.

Den Anzeigeerstattern ist zwar zuzugeben, daß die Aufmachung der Anzeigenofferte bei den Empfängern den ersten flüchtigen Eindruck, es handele sich um die Rechnung für einen bereits erteilten Auftrag erwecken kann. Jedoch geht schon aus dem vorletzten Absatz auf Seite 1 des Angebots unmißverständlich hervor, daß es sich um ein solches handelt. Beim Lesen der auf der Rückseite abgedruckten Geschäftsbedingungen ist ebenfalls ersichtlich, daß der Eintragungsauftrag erst durch Bezahlung des geforderten Betrages von 893,20 DM erteilt wird. Der Aufdruck „Rechnung“ weist also nicht notwendig auf einen zuvor erteilten Auftrag hin. Obwohl der Beschuldigte mit seiner Anzeigenofferte, die als „Ihre Rechnung“ gekennzeichnet ist, mit dem Zusatz: „Den Betrag von 893,20 DM inklusive MWSt. erbitten wir rechtzeitig zu begleichen.“, während sich aus dem etwas kleiner, aber fettgedruckten vorletzten Absatz auf Seite 1 sowie aus den rückzeitigen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Umstand des Eintragungsangebotes ergibt, ganz affensichtlich auf einen Überrumpelungseffekt bei dem Empfänger spekuliert ‑ was such die Ermittlungsbehörde nicht verkennt ‑ kann ein solches als unseriös zu bezeichnendes Geschäftsgebahren allein den Vorwurf des Betruges nicht begründen.

Das erforderliche Merkmal der Täuschungshandlung ist vorliegend nicht ohne weiteres dadurch erfüllt worden, daß die Empfänger der Anzeigenofferte ‑ ersichtlich überwiegend Geschäftsleute ‑ das Angebot des Beschuldigten durch die Aufmachung mißverstehen könnten, und der Beschuldigte sich diesen Umstand planmäßig zunutze machen wollte. Der Text des Angebotes ergibt eindeutig, daß der Vertrag erst durch die Zahlung des „Rechnungsbetrages“ zustande kommen soll (vergl. auch BGH 5 StR 805/78; OLG Frankfurt 2 Ws 129/94).

Auch ist die Aufmachung der Eintragungsofferten von der Aufmachung von Rechnungen der Telekom klar unterscheidbar. So wird zum Beispiel nicht die „Signalfarbe der Telekom“, also Magenta, für den Farbdruck benutzt, sondern ein klar unterscheidbares Rot.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Beschuldigte von Anfang an nicht willens war, je ein Firmenverzeichnis zu drucken, liegen darüber hinaus nicht vor. Schließlich läßt sich eine dahingehende Absicht nicht nachweisen. Da die Anzeigeerstatter fast ausnahmslos das Eintragungsangebot als solches erkannten‑ und den „Rechnungsbetrag“ nicht zahlten (von 1.116 hier vorliegenden Angeboten wurde nur in 11 Fällen gezahlt, aus den beigezogenen Zivilverfahren vor dem Landgericht Fulda ist bekannt, daß auf 1.000.000 versandte Angebote 57 Zahlungen eingingen) steht jetzt aufgrund einer zu geringen Zahl von Eintragungsaufträgen zu erwarten, daß es zu Druck des Verzeichnisses aufgrund mangelnder Aufträge nicht kommen wird. Dies dürfte auch deshalb nicht mehr geschehen können, weil die Genossenschaftsbank Fulda e. G. aufgrund zivilrechtlicher Wettbewerbswidrigkeit das Konto der X Telefonbuch GmbH eingefroren hat.

Auch haben eine nicht unerhebliche Anzahl der Personen und Firmen, die auf das Angebotsschreiben Zahlungen geleistet haben, die dadurch erfolgte Annahme des Angebotes angefochten und zum Teil schon Rückzahlungen vom Beschuldigten erhalten.

Der Beschuldigte hat jedenfalls durch Anmietung einer Büroetage von 300 qm in E., Einstellung von Mitarbeitern, Beschaffung einer Computer- und einer Telefonanlage, Vorbereitung zur Herausgabe des Verzeichnisses getroffen.

2.

Eine (versuchte) Nötigung ist nicht ersichtlich, da die Anwendung von Nötigungsmitteln (Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen übel) ,durch den Anzeigeerstatter nicht ersichtlich ist.

3.

Eine Strafbarkeit im Sinne von § 4 UWG scheidet ebenfalls aus, da mit der Übersendung der rechnungsähnlichen Angebote nicht, wie von § 4 UWG vorausgesetzt, der „Anschein eines besonders günstigen Angebotes „er­weckt wird.

4.

Ein strafrechtlich relevanter Verstoß gegen die Abgabenordnung ist eben­falls nicht gegeben, da es sich bei den Schreiben ‑ wie aufgezeigt ‑ um Angebotsschreiben und noch nicht um Rechnungen im Sinne des Umsatz­steuergesetzes handelt. ‚

5.

Vereinzelt angezeigte Straftaten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbe­schränkung können nicht vorliegen, da dieses keine Straftaten enthält.

 

Ein vereinzelt angezeigter Verstoß gegen § 35 a GmbH-Gesetz mag möglicherweise durch Nichtnennung der Handelsregisternummer auf den Angebotsschreiben vorliegen. Bei § 35 a GmbH-Gesetz handelt es sich jedoch nicht um eine Strafrechtsnorm.

III.:

Nach alledem war das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten nach der genannten Norm einzustellen.

Beschwerde gegen den bescheid der StA:

In dem Ermittlungsverfahren gegen X wegen Verdachts des Betruges wird die Beschwerde der Fa. vertreten durch die Geschäftsführerin vom 03.02.1998 gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main vom 05.01.1999 (Aktenzeichen: 702 Js 29576.7/98) v e r w o r f e n.

Gründe:

Der angefochtene Bescheid wurde überprüft, auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens gibt er jedoch für Beanstandungen keinen Anlaß. Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main hat mit sehr ausführlicher sowie sachlich und rechtlich zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen werden kann, das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt, da dem Beschuldigten ein durch die bundesweite Versendung von rechnungsähnlichen Angebboten über die Veröffentlichung von Kleinanzeigen in einem Firmenverzeichnis begangenes strafrechtlich relevantes Verhalten nicht zur Last gelegt werden kann.

Zwar ist der Beschwerdeführerin zuzugeben, dass das von ihr vorgelegte Schreiben der Firma Telefonbuchverlag X GmbH deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschuldigte ist, auf den ersten Blick den Anschein erweckt, er handele sich um eine Rechnung für einen bereits ausgeführten Auftrag. Gleichwohl kann hier nicht von einer betrugsrelevanten Täuschung gem. § 263 StGB ausgegangen werden. Eine Täuschung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn der Täter anderen gegenüber eine unwahre Tatsache behauptet, d.h. in einer Erklärung falsche Angaben macht. Zwar schließt auch eine unklare oder auslegungsbedürftige Erklärung ein Vorspiegeln in diesem Sinne nicht aus, der Erklärungswert des Gesamtverhaltens ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu ermitteln, nach denen zunächst der objektive Inhalt einer Äußerung festzustellen und darüberhinaus zu berücksichtigen ist, wie der rechtsgeschäftliche Verkehr die Handlung oder Erklärung des Täters versteht oder verstehen darf, so dass die am Rechtsverkehr orientierte Auslegung seines gesamten Verhaltens zu dem Schluß führt, der Täter wolle eine bestimmte Tatsache erklären (so herrschende Meinung vgl. z. B. Schönke/Schröder, Kramer, StGB, 25. Aufl., § 263 Rdnr. 12; Leipz: Kom., StGB, 10. Aufl., § 263, Rdnr. 23). Gemessen an diesen Anforderungen kann hier eine Täuschung über Tatsachen nicht bejaht werden.

In dem angefochtenen Bescheid wurde bereits eingehend dargelegt, dass aus dem Textinhalt im übrigen ausdrückliche Hinweise auf die Qualität des Anschreibens als Leistungsangebot zu entnehmen sind, und der Anzeigenauftrag erst mit Bezahlung des genannten Angebotspreises zustande kommt.

Weitergehende Darlegungen in diesem Sinne enthalten die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auf der Rückseite des Schreibens abgedruckt sind.

Danach könnte hier eine Täuschungshandlung nur noch unter dem Gesichtspunkt der Vermittlung eines bewußt widersprüchlichen Erklärungsinhalts gesehen werden. Bei einer dem Wortlaut nach relativ eindeutigen Erklärung wird eine Täuschungshandlung jedoch nur in Extremfällen anzunehmen sein, z.B. wenn in einem Vertragsformular die Hauptpflicht des Partners in einem Nebensatz versteckt und seine Aufmerksamkeit gezielt auf eine ihn wenig belastende Nebenpflicht gelenkt wird (vgl. Leipz. Kom., a.a.0.), bzw. zur eigentlichen, im Vertrag enthaltenen Erklärung ein vertrauensbegründendes Vorverhaltens des Täters hinzukommt (vgl. Baumann, Js 1957, S. 367 ff).

In dem angefochtenen Bescheid wurde bereits umfassend ausgeführt, dass die rechtliche Qualität des Anschreibens eindeutig aus dem Wortlaut des letzten Drittels des Anschreibens zu entnehmen ist. Im übrigen sind die entsprechenden Hinweise auch nicht so völlig untergeordnet angebracht, dass sie dem Gesamtwerk. nur mit größter Mühe und Sorgfalt zu entnehmen wären.

Vielmehr ergibt sich die rechtliche Qualität bei normaler Lektüre des über die Rechnungsaufstellung hinausgehenden Textes des durchaus gelockert gestalteten Gesamtwerkes, das darüberhinaus keine weiteren, Verwirrung stiftende Bestandteile beinhaltet, sowie aus dem Text der allgemeinen Geschäftsbedingungen, der sich über die gesamte Rückseite erstreckt. Unter Berücksichtigung des im Rahmen der Überprüfung zu beachtenden, hier in Frage stehenden konkreten Geschäftstypes, sowie des beschränkten Umfanges des Gesamtgeschäftes und des vorrangig angeschriebenen Empfängerkreises kann bei dieser Sachlage ein zur Begründung der Täuschungshandlung im Falle des eindeutigen Wortlauts gebotener Ausnahmefall nicht angenommen werden; vertrauensbegründendes Vorverhalten des Beschuldigten ist

Hinsichtlich des Vorwurfes der Steuerhinterziehung bedarf es bei dieser Sachlage keiner, über, den angefochtenen Bescheid hinausgehenden Ausführungen.

Da der angefochtene Bescheid vollumfänglich der Sach- und Rechtslage entspricht, war die Beschwerde zu verwerfen..

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