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Dankesformel im Arbeitszeugnis – notwendig?

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 7 Ca 5658/00

Verkündet am 01.08.2001


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main Kammer 7 auf die mündliche Verhandlung vom 01.08.2001 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.811,57 (i.W.: Eintausendachthundertelf 57/100 Deutsche Mark) nebst 4% Zinsen seitdem 30. August 2000 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Weiterhin wird die Widerklage abgewiesen.

4. Der Beklagte hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 5. Der Streitwert wird auf DM 18.627,17 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin war in der Zeit vom 01.08. 1994 bis zum 15.07.2000 tatsächlich im Betrieb des Beklagten als Augenoptikerin tätig und erhielt zuletzt ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von DM 3.010,–. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete auf Grund einer Eigenkündigung der Klägerin zum 15.07.2000.

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Klägerin zum 15.07.2000 ordentlich das Arbeitsverhältnis beenden durfte.

Unter dem Datum des 15.07.2000 erteilte der Beklagte der Klägerin ein Abschlusszeugnis auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 4 d. A.).

Mit ihrer Klage vom 16.08.2000 verlangt die Klägerin von dem Beklagten, das Zeugnis vom 15.07.2000 um eine „Dankesformel“ zu ergänzen und weiterhin den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Urlaubsabgeltung in Höhe von DM 1.811,57 brutto nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte ist im Wesentlichen der Meinung, dass die Klägerin die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten habe und daher zum Schadenersatz verpflichtet sei.

Die Klägerin ist der Meinung, dass das ihr von dem Beklagten unter dem Datum des 15.07.2000 erteilte Zeugnis an sich in Ordnung sei, jedoch fehle es an der nach ihrer Meinung erforderlichen „Dankesformel“.

Sie, die Klägerin, habe noch einen Anspruch auf Abgeltung von 13 Arbeitstagen nicht genommenen Urlaubes. Dies sei ihr wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.07. nicht mehr möglich gewesen. Bei einem Bruttoeinkommen von DM 3.010,– monatlich belaufe sich ihr Anspruch auf DM 1.811,57 brutto.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, das unter dem Datum des 15.07.2000 ausgestellte Arbeitszeugnis im letzten Absatz dahingehend zu ergänzen, dass der Beklagte der Klägerin für die stets gute Zusammenarbeit dankt.

Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.811,57 brutto nebst 4 Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und beantragt widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten DM 16.315,60 nebst 12 Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen. Der Beklagte trägt vor, dass zwischen den Parteien arbeitsvertraglich eine Kündigungsfrist von 36 Wochen jeweils zum 30.06. bzw. 31.12. eines Kalenderjahres vereinbart worden sei. Es seien 25 Arbeitstage Urlaub vereinbart worden.

Am 10.06.2000 habe die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zum 15.07.2000 gekündigt. Diese Kündigung sei nicht fristgerecht und er, der Beklagte, habe die außerordentliche Kündigung der Klägerin nicht akzeptiert. Der Beklagte trägt weiterhin vor, die Klägerin habe gemeint, dass sein Festhalten an einer 36wöchigen Kündigungsfrist unsittlich sei. Der Vorwurf der Klägerin, er, der Beklagte, würde sich gegenüber der Klägerin unsittlich verhalten, wiege besonders schwer, weil er, der Beklagte, jüdischen Glaubens sei.

Die Klägerin habe keinen restlichen Urlaubsabgeltungsanspruch mehr. Es treffe keinesfalls zu, dass der Beklagte den von der Klägerin im Mai 2000 genommenen Urlaub auf das Jahr 1999 verrechnet habe.

Die Widerklage sei begründet. Durch die Vertragsverletzung der Klägerin sei dem Beklagten Schaden entstanden. Er, der Beklagte habe zwei Ladengeschäfte, eines in der Innenstadt Frankfurt, an der und eines in in welchem die Klägerin überwiegend tätig gewesen sei. Dadurch, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis nicht fristgerecht gekündigt habe, sei er, der Beklagte, in außerordentliche personelle Schwierigkeiten geraten. Er, der Beklagte, habe ab dem 01.08.2000 Frau, seine Tochter, mit einem Gehalt von DM 5.600,– brutto monatlich eingestellt. Die Differenz zu dem monatlichen Bruttogehalt der Klägerin von DM 3.010,– betrage DM 2.590,–. Weiterhin sei eine Differenz von DM 525,80 an monatlichen Sozialabgaben zu berechnen. Daher betrage die monatliche Mehrbelastung des Beklagten durch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch die Klägerin DM 3.115,80. In den fünf Monaten bis zum 31.12.2000 habe er, der Beklagte, DM 15.579,– mehr an Lohn und Lohnnebenkosten aufwenden müssen, als er habe aufwenden müssen, wenn die Klägerin fristgerecht gekündigt hätte. Zu diesem Betrag von DM 15.579,– komme noch das Anwaltshonorar des Beklagten in Höhe von DM 736,60. Hierzu trägt die Klägerin unwidersprochen vor, dass ihr Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe, da u. a. der Beklagte während seiner Krankheit die Mehrbelastung der Klägerin mit einem Sonderurlaub von sechs Tagen belohnt habe.

Die Widerklage sei nach ihrer Meinung unbegründet, denn dem Beklagten sei der geltend gemachte Schaden nicht entstanden. Sie bestreite, dass die Tochter des Beklagten, Frau ° , ab dem 01.08. tatsächlich in dem Geschäft des Beklagten mit einem Monatsgehalt von DM 5.600,– brutto beschäftigt worden sei.

Dies sei gar nicht möglich gewesen, denn Frau habe sich in dieser Zeit im Erziehungsurlaub befunden.

Wegen weiterer Einzelheiten des umfangreichen Vortrages der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Ehefrau des Beklagten, Frau insoweit wird Bezug genommen auf die Niederschrift vom 01.01.2001 (BI. 60 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die offensichtlich zulässige Klage ist insoweit begründet, als der Beklagte zu verurteilen war, an die Klägerin DM 1.811,57 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 30.08.2000 als Urlaubsabgeltung zu zahlen.

Der Zeugnisberichtigungsanspruch der Klägerin war als unbegründet abzuweisen, da der Klägerin gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der sich dieses Gericht voll umfänglich anschließt, keinen Anspruch hat, eine „Gefühlsregung“ von dem Beklagten zu verlangen. Die Widerklage musste abgewiesen werden, denn es ist dem Beklagten unter keinerlei Umständen gelungen, einen durchaus möglichen Schadenersatzanspruch gegen die Klägerin seinerseits darzulegen und zu beweisen.

Zunächst hat das Gericht festzustellen, dass die Klägerin in der Tat das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten unberechtigterweise außerordentlich zum 15.07. gekündigt hat. Es ist dem Beklagten zuzustimmen, dass vertragliche Vereinbarungen einzuhalten sind. Die Klägerin möge sich nur vor Augen führen, wie sie reagiert hätte, wenn der Beklagte ihr gekündigt hätte und nicht die 36wöchige Kündigungsfrist zum 30.06. oder 31.12. eines Jahres eingehalten hätte. Weitere Ausführungen insoweit erspart sich die Kammer.

Auf der anderen Seite empfindet die erkennende Kammer in ihrer Gesamtheit, dass die Reaktion des Beklagten auf den Vorwurf der Klägerin die Kündigungsfrist von 36 Wochen zum Jahresende bzw. Halbjahresende sei sittenwidrig weitaus überzogen.

Die Kammer geht davon aus, dass es in dieser Bundesrepublik Deutschland Katholiken, Protestanten, Moslems, Juden und angehörige aller anderen Religionen gibt. Es handelt sich insoweit um Menschen, die einen jeweiligen Glauben haben. Es gibt in den Augen des Gerichtes weder Katholiken noch Protestanten noch Juden, sondern Menschen mit ihrem jeweiligen Glauben. Wenn die Kammer genötigt wäre, in jedem der ungewöhnlich zahlreichen Rechtsstreite bei dem Vorwurf einer Partei gegenüber der anderen Partei, sie habe sich sittenwidrig verhalten, jeweils die Religionszugehörigkeit berücksichtigen müsste, wäre sie überfordert.

Es ist lediglich festzustellen, dass die Klägerin in der Tat die vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten hat und unberechtigterweise außerordentlich gekündigt hat.

Daraus folgt in der Tat dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung.

Diesem von dem Beklagten mit Hilfe der Widerklage geltend gemachten Schadenersatzanspruch in Höhe von insgesamt über DM 16.000,– konnte das Gericht allerdings nicht folgen, denn der Beklagte hat es nicht vermocht, seinen Schadenersatzanspruch nachvollziehbar – schlüssig – zu begründen. Insbesondere wird diese Feststellung des Gerichtes durch die Aussage der Ehefrau des Beklagten, Frau bestätigt. Insbesondere hat die Zeugin bestätigt, dass die Filiale des Beklagten in A, in der die Klägerin tätig war, am Ende des Monats Oktober 2000 endgültig geschlossen worden ist. Insoweit hat das Gericht erhebliche Bedenken, dass der Beklagte auch über den 31.10.2000 hinaus Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin geltend macht. Weiterhin hat der Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan, dass seine Tochter, Frau durchgängig in der Zeit vom 01.08.2000 bis zum 31.10.2000 respektive 31.12.2000 mit einem monatlichen Gehalt von DM 5.600,– brutto in der Filiale in A gearbeitet hat.

Es braucht von Seiten des Gerichtes daher absolut nicht darauf eingegangen zu werden, ob denn der Beklagte berechtigt war, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht eine Optikermeisterin mit einem Gehalt von DM 5.600,– brutto anstatt des recht niedrigen Gehalts der Klägerin von DM 3.010,– brutto in seiner Filiale in A zu beschäftigen. Daher musste die Widerklage in vollem Umfange abgewiesen werden.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin ist demgegenüber in vollem Umfange begründet, denn der Beklagte hat nicht bestritten, dass er der Klägerin eine Zusage gemacht hat, dass wegen der Mehrbelastung während seiner eigenen Krankheitszeit ihr ein Sonderurlaub von sechs Tagen gewährt wird. Er hat auch nicht bestritten, dass es eine Betriebsübung in seinem Betrieb gegeben hat, dass am Faschingsdienstag und am sog. Wäldchestag jeweils ein halber Tag Urlaub gewährt wird. Somit ist der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin begründet. Da die Zuvielforderung der Klägerin geringfügig ist, waren dem Beklagen die gesamten Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 ZPO aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 3, 5 ZPO unter Berücksichtigung der Klageforderung und der Widerklageforderung.

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