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Darlegung des Erwerbsschadens bei selbständig tätigen Handwerker – Anforderungen

Unfall mit Folgen: Selbständiger Handwerker verliert Prozess um Verdienstausfall nach psychischen Problemen infolge eines Verkehrsunfalls. Oberlandesgericht bestätigt strenge Anforderungen an den Nachweis von Erwerbsschäden bei Selbständigen. Fehlende Unterlagen zur Geschäftsentwicklung werden Handwerker zum Verhängnis.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg wurde zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  • Das Urteil des Landgerichts Flensburg ist vorläufig vollstreckbar.
  • Der Kläger wurde bei einem Unfall mit einem Fahrzeug verletzt, während er als selbständiger Handwerker arbeitete.
  • Der Kläger erlitt physische und psychische Verletzungen, darunter eine Knieverletzung und Depressionen.
  • Das Landgericht hat dem Kläger Schmerzensgeld zugesprochen, aber den Anspruch auf entgangenen Gewinn abgelehnt.
  • Der Kläger konnte den entgangenen Gewinn nicht ausreichend nachweisen, da er keine detaillierten Einkommensnachweise vorgelegt hat.
  • Der Senat stimmte der Auffassung des Landgerichts zu, dass die vorgelegten Belege nicht ausreichten, um den Verdienstausfall zu schätzen.
  • Es wurde entschieden, dass zur Ermittlung des Verdienstausfalls konkrete und nachvollziehbare Belege erforderlich sind.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung einer gründlichen und nachvollziehbaren Dokumentation der Einkünfte und Ausgaben für die Schadensschätzung.

Wie die Berechnung des Erwerbsschadens selbstständige Handwerker vor Herausforderungen stellt

Der Erwerbsschaden ist ein wichtiger Bestandteil des Schadensersatzes, der bei einer Verletzung von Rechten entsteht. Ganz besonders relevant wird der Erwerbsschaden im Bereich der selbstständigen Handwerker, da diese ihre Lebensgrundlage direkt aus ihrer Arbeit beziehen. Anders als bei Arbeitnehmern, die ein festes Gehalt beziehen, ist der wirtschaftliche Erfolg von Handwerksbetrieben direkt vom erwirtschafteten Umsatz abhängig. Daher ist es bei der Berechnung des Erwerbsschadens von besonderer Bedeutung, den entgangenen Gewinn, also den Umsatz, der durch das schädigende Ereignis verloren gegangen ist, genau zu bestimmen.

Doch die Berechnung des Erwerbsschadens ist nicht immer einfach. Besonderheiten bei der Selbstständigkeit, wie z.B. die Abhängigkeit von der persönlichen Arbeitskraft und der Einfluss der Marktlage, machen die Bewertung des entgangenen Gewinns komplex. Neben dem verhinderten Umsatz müssen auch die entstandenen Aufwendungen berücksichtigt werden. So können zum Beispiel notwendige Reparaturen, die auf Grund des schädigenden Ereignisses entstanden sind, den Schaden möglicherweise noch weiter erhöhen.

Diese Faktoren erschweren die Beurteilung der jeweiligen Ansprüche, weshalb es in der Rechtsprechung immer wieder zu strittigen Fällen kommt, in denen es um die Höhe des Erwerbsschadens geht. In einem aktuell verhandelten Fall, der im Folgenden näher beleuchtet wird, geht es genau um diese Problematik.

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Der Fall vor Gericht


Gerichtsurteil: Erwerbsschaden eines selbständigen Handwerkers nach Verkehrsunfall

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat in einem kürzlich ergangenen Urteil (Az.: 7 U 10/24) einen wichtigen Fall zur Berechnung des Erwerbsschadens bei Selbständigen nach einem Verkehrsunfall entschieden.

Der Unfallhergang und die Folgen

Am 2. September 2019 wurde ein 51-jähriger selbständiger Handwerker auf dem Seitenstreifen einer Straße von einem Pkw angefahren und verletzt. Der Fahrer des Pkw wollte dort parken und touchierte den Handwerker mit der Fahrzeugfront im Bereich der linken Kniekehle.

Der Kläger erlitt eine Distorsion des linken Kniegelenks mit Gelenkerguss. Aufgrund einer unfallunabhängigen Vorschädigung des Knies fielen die Folgen stärker aus. Nach etwa 5 Wochen war die Verletzung folgenlos abgeheilt. Allerdings entwickelte der Kläger in der Folge psychische Erkrankungen, nämlich eine seit Mai 2021 bestehende Depression und eine Agoraphobie.

Die Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 14.000 Euro zu und erkannte den geltend gemachten Feststellungsanspruch an. Es berücksichtigte dabei, dass der Kläger aufgrund der Knieverletzung zunächst arbeitsunfähig war und später wegen der psychischen Folgen nur noch eingeschränkt arbeiten konnte.

Den darüber hinaus geltend gemachten Erwerbsschaden von 12.634,56 Euro wies das Gericht jedoch zurück. Begründung: Der Kläger habe den entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargelegt. Sein Vortrag reiche inhaltlich nicht aus, um eine Schadensschätzung nach § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zu ermöglichen.

Die Berufung des Klägers

Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein. Er argumentierte, dass er Einkommensnachweise für einen Zeitraum von 20 Monaten vorgelegt habe. Da er in der Zeit davor als selbständiger Handwerker keine Einnahmen erzielt habe, müsse dieser Zeitraum für die Dokumentation seines Einkommensniveaus genügen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Es bestätigte die Einschätzung des Landgerichts, dass der Vortrag des Klägers für die Darlegung eines entgangenen Gewinns ungenügend sei.

Das Gericht führte aus, dass bei selbständig Tätigen zur Beurteilung eines Verdienstausfallschadens geprüft werden muss, wie sich das Unternehmen ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Dabei kommen dem Geschädigten zwar Beweiserleichterungen zugute, er muss aber dennoch konkrete Anknüpfungstatsachen darlegen und beweisen.

Das Oberlandesgericht bemängelte, dass der Kläger keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt hatte. Es fehlten betriebswirtschaftliche Kalkulationen, Rechnungslegungen, Steuerbescheide oder betriebliche Einnahme-Überschuss-Rechnungen. Die vorgelegten Belege und Abrechnungen reichten nicht aus, um ein gewinnbringendes und nachhaltiges selbständiges Gewerbe nachzuweisen.

Bedeutung für selbständige Handwerker

Das Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige Dokumentation der Geschäftsentwicklung für Selbständige ist – nicht nur für steuerliche Zwecke, sondern auch für den Fall eines unfallbedingten Verdienstausfalls. Selbständige sollten regelmäßig Einnahmen-Überschuss-Rechnungen erstellen, Steuererklärungen einreichen und ihre Geschäftsentwicklung nachvollziehbar dokumentieren.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die hohe Bedeutung einer umfassenden und sorgfältigen Dokumentation der Geschäftsentwicklung für Selbständige bei der Geltendmachung von Erwerbsschäden. Trotz Beweiserleichterungen müssen konkrete Anknüpfungstatsachen dargelegt werden, um eine fundierte Schadensschätzung zu ermöglichen. Für Selbständige ist es daher essentiell, ihre wirtschaftliche Situation durch betriebswirtschaftliche Unterlagen, Steuererklärungen und Einnahmen-Überschuss-Rechnungen lückenlos zu belegen, um im Schadensfall ihre Ansprüche durchsetzen zu können.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Sie als selbstständiger Handwerker hat dieses Urteil weitreichende Konsequenzen bei der Geltendmachung von Erwerbsschäden nach einem Unfall. Es verdeutlicht die Notwendigkeit einer lückenlosen und professionellen Dokumentation Ihrer Geschäftsentwicklung. Um im Schadensfall Ihre Ansprüche durchsetzen zu können, müssen Sie detaillierte Nachweise über Ihre Einnahmen, Ausgaben und Gewinne vorlegen können. Dies umfasst Einnahmen-Überschuss-Rechnungen, Steuererklärungen und -bescheide sowie eine nachvollziehbare Buchhaltung. Auch wenn Sie nur kurzzeitig oder mit Unterbrechungen selbstständig tätig waren, ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich. Das Gericht erwartet von Ihnen als Unternehmer eine professionelle Geschäftsführung, die sich auch in Ihrer Buchführung widerspiegelt. Unsortierte Belege oder lückenhafte Aufzeichnungen reichen nicht aus, um einen Verdienstausfall glaubhaft zu machen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie sind selbstständiger Handwerker und fragen sich, wie Sie Erwerbsschaden im Falle eines Schadensfalls geltend machen können? Ob Unfall, Krankheit oder Diebstahl – die Antworten auf Ihre Fragen finden Sie in unseren umfangreichen FAQs.


Wie berechnet man den entgangenen Gewinn bei einem selbständigen Handwerker nach einem Unfall?

Die Berechnung des entgangenen Gewinns bei einem selbständigen Handwerker nach einem Unfall erfordert eine sorgfältige Analyse der individuellen Geschäftssituation. Grundsätzlich muss der Handwerker darlegen, welcher Gewinn ihm durch die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit entgangen ist.

Für die Ermittlung des entgangenen Gewinns sind zunächst die Umsätze und Gewinne der Vorjahre heranzuziehen. Diese bilden die Basis für eine Prognose, wie sich das Geschäft ohne den Unfall entwickelt hätte. Dabei sind saisonale Schwankungen und branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Ein Dachdecker wird beispielsweise in den Sommermonaten in der Regel höhere Umsätze erzielen als im Winter.

Der Handwerker muss konkrete Anhaltspunkte für die Gewinnerwartung im Ausfallzeitraum darlegen. Dazu gehören etwa bereits erteilte Aufträge, die nicht ausgeführt werden konnten, oder regelmäßig wiederkehrende Aufträge von Stammkunden. Auch Angebote, die der Handwerker unfallbedingt nicht abgeben konnte, können als Indiz für entgangene Geschäfte herangezogen werden.

Von besonderer Bedeutung ist die Darlegung der hypothetischen Geschäftsentwicklung. Der Handwerker muss aufzeigen, wie sich sein Betrieb ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Dabei kommen ihm die gesetzlichen Beweiserleichterungen des § 252 Satz 2 BGB zugute. Demnach gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Für die Berechnung des entgangenen Gewinns ist der Rohgewinn maßgeblich, also der Umsatz abzüglich der variablen Kosten. Fixkosten wie Miete oder Versicherungen, die auch während des Arbeitsausfalls weiterlaufen, bleiben unberücksichtigt. Der Handwerker muss jedoch ersparte Aufwendungen, etwa für nicht benötigtes Material, in Abzug bringen.

Bei längeren Ausfallzeiten kann es sinnvoll sein, die Entwicklung vergleichbarer Betriebe in der Region heranzuziehen. Wenn andere Handwerker derselben Branche im fraglichen Zeitraum Umsatzsteigerungen verzeichnet haben, spricht dies für eine positive Geschäftsentwicklung auch im betroffenen Betrieb.

Die Gerichte stellen an die Darlegung des entgangenen Gewinns keine überzogenen Anforderungen. Es genügt, wenn der Handwerker nachvollziehbar darlegt, dass ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Gewinn entgangen ist. Absolute Gewissheit ist nicht erforderlich. Das Gericht kann den Schaden gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung schätzen.

Zur Untermauerung des Anspruchs sollte der Handwerker möglichst detaillierte Unterlagen vorlegen. Dazu gehören Buchführungsunterlagen, Steuererklärungen, Auftragsbestätigungen und Rechnungen der Vorjahre sowie des Ausfallzeitraums. Auch ein Vergleich der tatsächlichen Umsätze mit den Planungen und Prognosen für den betreffenden Zeitraum kann hilfreich sein.

Bei komplexeren Fällen oder größeren Schadenssummen empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Dieser kann eine fundierte betriebswirtschaftliche Analyse erstellen und den entgangenen Gewinn auf Basis anerkannter Berechnungsmethoden ermitteln.

Besondere Sorgfalt ist geboten, wenn der Handwerker geltend macht, dass ihm durch den Unfall ein besonders lukrativer Auftrag entgangen ist. In diesem Fall muss er konkret darlegen, um welchen Auftrag es sich handelte und mit welcher Wahrscheinlichkeit er diesen erhalten hätte. Bloße Spekulationen reichen hier nicht aus.

Für die Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung kann es in der Praxis sinnvoll sein, zunächst eine pauschale Schätzung des entgangenen Gewinns vorzunehmen. Dies ermöglicht oft eine schnellere Einigung. Der Handwerker sollte jedoch darauf achten, dass die Pauschale den tatsächlichen Schaden angemessen abbildet.

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Welche Unterlagen sind notwendig, um den entgangenen Gewinn nach einem Unfall nachzuweisen?

Für den Nachweis des entgangenen Gewinns nach einem Unfall benötigen selbständige Handwerker verschiedene Unterlagen, um ihren Anspruch glaubhaft darzulegen.

Zentral sind betriebswirtschaftliche Auswertungen der letzten Jahre vor dem Unfall. Diese geben Aufschluss über die bisherige Geschäftsentwicklung und ermöglichen einen Vergleich mit der Situation nach dem Unfall. Dazu gehören Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen, die die finanzielle Lage des Betriebs dokumentieren.

Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der Vorjahre sind ebenfalls wichtig. Sie zeigen die Entwicklung von Umsätzen und Kosten im Zeitverlauf auf. Anhand dieser Daten lässt sich ein durchschnittlicher Gewinn ermitteln, der als Grundlage für die Berechnung des entgangenen Gewinns dient.

Steuerbescheide und -erklärungen der letzten drei bis fünf Jahre vor dem Unfall sind unverzichtbar. Sie belegen die offiziell deklarierten Einkünfte gegenüber dem Finanzamt und untermauern die Glaubwürdigkeit der geltend gemachten Ansprüche.

Auftragsbestätigungen und Verträge über konkret entgangene Aufträge sind besonders wertvoll. Sie beweisen, dass bestimmte Geschäfte tatsächlich nicht realisiert werden konnten. Dabei ist es wichtig nachzuweisen, dass diese Aufträge aufgrund der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht ausgeführt werden konnten.

Detaillierte Aufzeichnungen über Arbeitszeiten und Ausfallzeiten nach dem Unfall sind erforderlich. Sie dokumentieren den konkreten Umfang der Beeinträchtigung und ermöglichen eine präzise Berechnung des Verdienstausfalls.

Kalkulationen für typische Aufträge helfen, den üblichen Gewinn pro Auftrag oder Arbeitsstunde zu ermitteln. Diese Berechnungen sollten möglichst genau die Kosten und den Gewinnanteil aufschlüsseln.

Rechnungen für eine eventuell eingestellte Ersatzkraft sind relevant. Sie belegen die Kosten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig waren und somit den entstandenen Schaden konkretisieren.

Bankkontoauszüge des Geschäftskontos können die Entwicklung der Einnahmen vor und nach dem Unfall veranschaulichen. Sie unterstützen die Darstellung eines Gewinnrückgangs.

Bei saisonabhängigen Gewerben sind Aufzeichnungen über typische Umsatzschwankungen im Jahresverlauf wichtig. Sie ermöglichen eine differenzierte Betrachtung des Schadens unter Berücksichtigung saisonaler Effekte.

Gutachten von Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern können die eigenen Berechnungen fachlich untermauern. Sie verleihen dem Anspruch zusätzliche Glaubwürdigkeit und helfen bei der Quantifizierung des Schadens.

Für die Darlegung sind nicht nur einzelne Dokumente, sondern deren schlüssige Zusammenstellung entscheidend. Es gilt, eine nachvollziehbare Berechnung des entgangenen Gewinns zu präsentieren, die auf fundierten betriebswirtschaftlichen Daten basiert.

Die Anforderungen an den Nachweis sind hoch, da die Gefahr von Manipulationen besteht. Daher ist es ratsam, möglichst viele der genannten Unterlagen vorzulegen, um den Anspruch umfassend zu belegen. Eine frühzeitige und sorgfältige Dokumentation aller relevanten Fakten nach dem Unfall erleichtert die spätere Geltendmachung des Schadens erheblich.

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Wie wirken sich unfallbedingte psychische Erkrankungen auf den Erwerbsschaden aus?

Unfallbedingte psychische Erkrankungen können erhebliche Auswirkungen auf den Erwerbsschaden haben. Bei der Berechnung des Erwerbsschadens müssen diese Erkrankungen sorgfältig dokumentiert und bewertet werden, um eine angemessene Entschädigung zu gewährleisten.

Die Feststellung einer unfallbedingten psychischen Erkrankung erfordert zunächst eine genaue medizinische Diagnose. Ein Facharzt für Psychiatrie oder Psychotherapie muss die psychische Störung diagnostizieren und ihren Schweregrad beurteilen. Dabei ist es wichtig, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der psychischen Erkrankung nachgewiesen wird.

Für die Berechnung des Erwerbsschadens ist entscheidend, inwieweit die psychische Erkrankung die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt. Hierzu wird in der Regel ein medizinisches Gutachten eingeholt, das den Grad der Erwerbsminderung feststellt. Die Deutsche Rentenversicherung verwendet dafür eine Skala von 0 bis 100 Prozent.

Bei der Bewertung psychischer Erkrankungen im Rahmen des Erwerbsschadens gelten grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie bei körperlichen Verletzungen. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass psychische Störungen oft schwieriger zu objektivieren sind als physische Verletzungen. Daher kommt der sorgfältigen Dokumentation des Krankheitsverlaufs eine besondere Bedeutung zu.

Für die Berechnung des konkreten Erwerbsschadens wird die Differenz zwischen dem hypothetischen Einkommen ohne Unfall und dem tatsächlichen oder erzielbaren Einkommen mit der unfallbedingten psychischen Erkrankung ermittelt. Dabei sind auch mögliche Einschränkungen der beruflichen Entwicklung zu berücksichtigen.

Bei selbständig tätigen Personen, wie etwa Handwerkern, ergeben sich besondere Herausforderungen bei der Ermittlung des Erwerbsschadens. Hier müssen neben dem entgangenen Gewinn auch mögliche Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise Umsatzrückgänge oder zusätzliche Kosten für Vertretungen oder Hilfskräfte.

Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Anforderungen an die Darlegung des Erwerbsschadens bei Selbständigen konkretisiert. Es wird erwartet, dass der Geschädigte detaillierte Unterlagen vorlegt, die seinen Geschäftsbetrieb vor und nach dem Unfall dokumentieren. Dazu gehören Buchführungsunterlagen, Steuererklärungen und gegebenenfalls Gutachten von Sachverständigen.

Psychische Erkrankungen können sich auch auf die Dauer der Erwerbsminderung auswirken. Während körperliche Verletzungen oft einen klaren Heilungsverlauf haben, können psychische Störungen langwierig und schwer vorhersehbar sein. Dies muss bei der Berechnung des Erwerbsschadens berücksichtigt werden, insbesondere wenn eine dauerhafte Erwerbsminderung zu erwarten ist.

In Fällen, in denen die psychische Erkrankung zu einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit führt, kann der Erwerbsschaden besonders hoch ausfallen. Hier ist zu prüfen, ob der Geschädigte Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hat. Diese würde dann bei der Berechnung des Schadensersatzes angerechnet werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass bei der Beurteilung unfallbedingter psychischer Erkrankungen auch mögliche Vorerkrankungen oder besondere Anfälligkeiten des Geschädigten berücksichtigt werden müssen. Das Prinzip der Schadensanlage besagt, dass der Schädiger den Geschädigten so hinnehmen muss, wie er ist. Eine vorbestehende psychische Labilität schließt daher die Haftung nicht aus, kann aber bei der Bemessung des Schadensersatzes eine Rolle spielen.

Für die Geltendmachung des Erwerbsschadens aufgrund psychischer Erkrankungen ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich. Dazu gehören ärztliche Atteste, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Therapieberichte und gegebenenfalls Gutachten von Sachverständigen. Je detaillierter und lückenloser diese Unterlagen sind, desto besser können die Auswirkungen der psychischen Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit nachgewiesen werden.

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Was passiert, wenn die Nachweise für den entgangenen Gewinn unzureichend sind?

Bei unzureichenden Nachweisen für den entgangenen Gewinn drohen selbständigen Handwerkern erhebliche rechtliche Konsequenzen. Das Gericht kann den geltend gemachten Schadensersatzanspruch vollständig zurückweisen, wenn die vorgelegten Belege und Unterlagen nicht ausreichen, um den behaupteten Erwerbsschaden glaubhaft zu machen.

Für eine erfolgreiche Geltendmachung müssen bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sein. Der Handwerker muss konkrete Anknüpfungstatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerwartung ergibt. Dazu gehören insbesondere Angaben zur bisherigen Geschäftsentwicklung, zu bestehenden Aufträgen und konkreten Geschäftschancen, die aufgrund der Erwerbsunfähigkeit nicht wahrgenommen werden konnten. Pauschale Behauptungen oder vage Prognosen reichen nicht aus.

Entscheidend ist eine detaillierte und nachvollziehbare Darlegung der Einnahmen- und Kostensituation vor dem schädigenden Ereignis. Der Handwerker muss anhand von Geschäftsunterlagen, Buchführung und Steuererklärungen belegen, welche Gewinne er in der Vergangenheit tatsächlich erwirtschaftet hat. Nur so kann das Gericht beurteilen, ob der geltend gemachte entgangene Gewinn realistisch ist.

Fehlen ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung, wird die Klage in der Regel abgewiesen. Das Gericht darf die Schätzung eines Mindestschadens nur dann vornehmen, wenn zumindest einige greifbare Anhaltspunkte vorliegen. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens ist auch in Form der Schätzung eines Mindestschadens nicht zulässig.

Bei unzureichendem Nachweis besteht die Gefahr, dass der Handwerker seinen gesamten Schadensersatzanspruch verliert. Das Gericht wird den Anspruch zurückweisen, wenn es an jeglichen greifbaren Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung mangelt. Selbst wenn ein Schaden entstanden ist, muss der Handwerker zumindest die Grundlagen für eine Schätzung liefern.

Besonders problematisch ist die Situation für Handwerker, die ihre Buchführung nicht ordnungsgemäß geführt haben. Fehlen aussagekräftige Geschäftsunterlagen, wird es sehr schwierig, den entgangenen Gewinn nachzuweisen. Das Gericht wird skeptisch sein, wenn der behauptete Schaden nicht durch entsprechende Belege untermauert werden kann.

Um negative Konsequenzen zu vermeiden, sollten Handwerker frühzeitig alle relevanten Unterlagen zusammenstellen. Dazu gehören Buchführungsunterlagen, Steuererklärungen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen und sonstige Geschäftskorrespondenz. Je detaillierter die Dokumentation, desto besser können die Erfolgsaussichten eingeschätzt werden. Im Zweifel empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, um die Ansprüche optimal darzulegen und zu begründen.

Bei der Berechnung des entgangenen Gewinns sind auch ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen. Der Handwerker muss offenlegen, welche variablen Kosten durch die Nichtausführung von Aufträgen eingespart wurden. Verschweigt er solche Ersparnisse, kann dies zu einer Kürzung des Schadensersatzes führen.

Gerichte prüfen die vorgelegten Unterlagen sehr genau auf Plausibilität. Widersprüchliche oder überhöhte Angaben wecken Misstrauen und können den gesamten Anspruch gefährden. Absolute Ehrlichkeit und Transparenz sind daher oberstes Gebot bei der Darlegung des Erwerbsschadens.

Selbständige Handwerker sollten sich bewusst sein, dass an ihre Darlegung höhere Anforderungen gestellt werden als bei Arbeitnehmern. Die schwankenden Einkünfte und die Abhängigkeit von Aufträgen machen die Berechnung des entgangenen Gewinns komplexer. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Dokumentation der Geschäftsentwicklung, um im Schadensfall gewappnet zu sein.

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Welche Beweiserleichterungen gibt es für Selbständige bei der Darlegung des Erwerbsschadens?

Selbständige profitieren bei der Darlegung ihres Erwerbsschadens von gesetzlichen Beweiserleichterungen nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 Absatz 1 ZPO. Diese Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, dass die exakte Berechnung eines entgangenen Gewinns oft schwierig ist.

Die Beweiserleichterung nach § 252 Satz 2 BGB besagt, dass als entgangen der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Der Selbständige muss also nicht den vollen Beweis für den konkreten Gewinn erbringen, sondern nur dessen Wahrscheinlichkeit darlegen.

§ 287 Absatz 1 ZPO ermöglicht es dem Gericht, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er sich beläuft. Dies erlaubt eine Schätzung des Schadens, wenn eine genaue Berechnung nicht möglich ist.

In der Praxis bedeutet dies für Selbständige, dass sie nicht jedes Detail ihres entgangenen Gewinns nachweisen müssen. Es reicht aus, wenn sie dem Gericht ausreichende Anknüpfungstatsachen liefern, die eine Schätzung des Schadens ermöglichen. Dazu gehören typischerweise Unterlagen wie Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Steuererklärungen der letzten Jahre vor dem schädigenden Ereignis.

Gerichte verlangen jedoch trotz der Beweiserleichterungen eine fundierte Grundlage für ihre Schätzung. Der Selbständige muss daher die wirtschaftliche Entwicklung seines Unternehmens vor dem Schadensfall nachvollziehbar darlegen. Hierbei spielen Faktoren wie Umsatzentwicklung, Kundenstruktur und Marktposition eine wichtige Rolle.

Besonders relevant ist die Darlegung, wie sich das Unternehmen ohne den Schadensfall voraussichtlich entwickelt hätte. Hier kommen dem Selbständigen die Beweiserleichterungen besonders zugute, da eine exakte Prognose naturgemäß schwierig ist. Es genügt, wenn er plausibel aufzeigt, welche Aufträge oder Geschäftschancen ihm durch den Schadensfall entgangen sind.

Die Rechtsprechung erkennt an, dass gerade bei kleineren Handwerksbetrieben oder Freiberuflern oft keine detaillierten Geschäftsunterlagen vorliegen. In solchen Fällen können auch vereinfachte Darstellungen der Geschäftsentwicklung ausreichen, solange sie nachvollziehbar und schlüssig sind.

Trotz der Beweiserleichterungen müssen Selbständige jedoch aktiv an der Schadensermittlung mitwirken. Sie sind verpflichtet, alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen und Unterlagen offenzulegen. Eine pauschale Behauptung des Schadens ohne jegliche Belege reicht nicht aus.

In komplexeren Fällen empfiehlt es sich, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dessen Gutachten kann eine wichtige Grundlage für die gerichtliche Schätzung des Schadens bilden. Die Kosten für ein solches Gutachten trägt im Erfolgsfall der Schädiger.

Für Selbständige ist es ratsam, zeitnah nach dem Schadensfall mit der Dokumentation zu beginnen. Je detaillierter und zeitnaher die Aufzeichnungen sind, desto einfacher gestaltet sich später die Darlegung des Schadens. Dies umfasst nicht nur entgangene Aufträge, sondern auch zusätzliche Kosten oder Mehraufwendungen, die durch den Schadensfall entstanden sind.

Die Beweiserleichterungen entbinden den Selbständigen nicht vollständig von seiner Darlegungslast. Sie erleichtern jedoch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erheblich, indem sie den strengen Maßstab des Vollbeweises lockern und eine Schätzung des Schadens ermöglichen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Erwerbsschaden: Der Erwerbsschaden bezeichnet den finanziellen Verlust, den eine Person erleidet, weil sie aufgrund eines schädigenden Ereignisses, wie einem Unfall, ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Für Selbständige ist es besonders wichtig, diesen Schaden durch detaillierte Unterlagen wie Einkommensnachweise und betriebswirtschaftliche Kalkulationen nachzuweisen.
  • Distorsion: Eine Distorsion ist eine Verstauchung oder Zerrung eines Gelenks, die durch eine plötzliche und unnatürliche Bewegung verursacht wird. Im Fall des Handwerkers führte die Distorsion des Kniegelenks zu einer Arbeitsunfähigkeit und einer Verschlechterung der bestehenden Vorschädigung des Knies.
  • Schmerzensgeld: Schmerzensgeld ist eine finanzielle Entschädigung für immaterielle Schäden, wie körperliche Schmerzen und psychische Belastungen, die durch ein schädigendes Ereignis verursacht wurden. Das Landgericht sprach dem Kläger Schmerzensgeld zu, um die erlittenen Schmerzen und psychischen Beeinträchtigungen auszugleichen.
  • Agoraphobie: Agoraphobie ist eine Angststörung, bei der Betroffene Angst vor bestimmten Situationen oder Orten haben, oft verbunden mit der Angst, keine Hilfe zu bekommen oder nicht flüchten zu können. Im Fall des Handwerkers führte der Unfall zu dieser psychischen Erkrankung, die seine Fähigkeit zur Ausübung seiner Tätigkeit beeinträchtigte.
  • Beweiserleichterungen: Beweiserleichterungen sind gesetzliche Regelungen, die es einem Geschädigten erleichtern, den Schadensumfang nachzuweisen. Im Rahmen von § 252 BGB und § 287 ZPO kann das Gericht den Schaden schätzen, wenn genaue Nachweise fehlen, aber gewisse Anhaltspunkte vorhanden sind. Dies ist wichtig für Selbständige, die ihren Erwerbsschaden darlegen müssen.
  • Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR): Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung für Selbständige. Sie erfasst die Betriebseinnahmen und -ausgaben innerhalb eines Jahres und stellt die Differenz als Gewinn oder Verlust dar. Für den Nachweis des Erwerbsschadens ist eine lückenlose EÜR essenziell, um die finanzielle Situation vor und nach dem Schadensereignis darzustellen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB: Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch bei Personenschäden. Er besagt, dass der Schädiger den Zustand wiederherstellen muss, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob der Kläger aufgrund des Unfalls einen Erwerbsschaden erlitten hat und ob dieser von den Beklagten zu ersetzen ist.
  • § 252 Satz 2 BGB: Dieser Paragraph ermöglicht die Schätzung des Schadens, wenn er nicht genau bestimmt werden kann. Im konkreten Fall ist die Höhe des Erwerbsschadens strittig. Das Gericht muss daher prüfen, ob eine Schadensschätzung nach § 252 Satz 2 BGB möglich ist.
  • § 287 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Schadensschätzung im gerichtlichen Verfahren. Er erlaubt dem Gericht, den Schaden nach freier Überzeugung zu schätzen, wenn er nicht genau bestimmt werden kann. Im vorliegenden Fall ist die Höhe des Erwerbsschadens strittig und das Gericht muss entscheiden, ob eine Schätzung nach § 287 ZPO zulässig ist.
  • § 823 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph begründet die Schadensersatzpflicht bei Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, des Eigentums oder eines sonstigen Rechts. Im vorliegenden Fall geht es um die Verletzung der Gesundheit des Klägers durch den Unfall und die daraus resultierenden Schäden, insbesondere den Erwerbsschaden.
  • § 522 Abs. 2 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung im Zivilprozess. Er besagt, dass die Berufung nur zulässig ist, wenn das Rechtsmittelgericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Im vorliegenden Fall ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zulässig, da das Rechtsmittelgericht sie zugelassen hat.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 10/24 – Beschluss vom 20.06.2024

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 22.12.2023 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Flensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.634,56 € festgesetzt (12.634,56 Berufung des Klägers + 19.000,– € Anschlussberufung der Beklagten)

Gründe

I.

Der am 15.1.1968 geborene Kläger ist nach den Feststellungen des Landgerichts am Morgen des 2. September 2019 gegen 6:30 Uhr auf dem Seitenstreifen der Straße L. Nr. 3 in H. von dem vom Beklagten zu 1) geführten und gehaltenen, bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Mercedes-Benz V-Klasse angefahren und verletzt worden. Der Beklagte zu 1) beabsichtigte, sein Fahrzeug auf dem Seitenstreifen in dem Bereich zu parken, in dem sich der Kläger, der als selbständiger Handwerker vor Ort mit Bauarbeiten beschäftigt war, gerade aufhielt. Das Fahrzeug berührte mit seiner Front den mit dem Rücken zum Fahrzeug stehenden Kläger im Bereich der linken Kniekehle. Die Einzelheiten des Einparkvorgangs sind streitig.

Der Kläger erlitt durch den Unfall eine Distorsion des linken Kniegelenkes mit daraus resultierenden geringen Gelenkerguss. Die unfallunabhängige degenerative Vorschädigung des Kniegelenkes hatte zu stärkeren Folgen der Distorsion geführt, als dies bei einem nicht vorgeschädigten Kniegelenk der Fall gewesen wäre. Diese Erkrankung war bis zum 8. Oktober 2019, mithin nach etwa 5 Wochen, folgenlos abgeheilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts erlitt der Kläger darüber hinaus unfallbedingte psychische Erkrankungen, nämlich eine seit Mai 2021 durchgehend bis heute bestehende depressive Störung und eine Agoraphobie. Ein ab etwa Oktober 2019 erhöhter Alkoholkonsum des Klägers zur Bekämpfung von Schlafstörungen soll die Entstehung der depressiven Störung begünstigt haben.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil ein Schmerzensgeld in Höhe von 14.000,– € sowie den geltend gemachten Feststellungsanspruch zuerkannt. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Kläger unfallbedingt – aufgrund der Distorsion – vom 2. September bis 8. Oktober 2019 arbeitsunfähig war und aufgrund der unfallbedingten psychischen Folgeschäden – der Agoraphobie und insbesondere der chronischen Depression – seit Mai 2021 lediglich in der Lage ist, weniger als 3 Stunden täglich zu arbeiten.

Den darüber hinaus geltend gemachten bezifferten Erwerbsschaden von 12.634,56 € hat das Landgericht zurückgewiesen. Insoweit habe der Kläger den entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargelegt. Sein Vortrag sei inhaltlich nicht ausreichend, um eine Schadensschätzung nach § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zu ermöglichen. Entsprechende Gewinn- und Verlustrechnungen nebst Anlagen sowie Steuerbescheide aus der Zeit vor dem Unfall habe der Kläger nicht dargelegt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Wenn das Landgericht seiner Hinweispflicht nachgekommen wäre, hätte der Kläger klarstellen können, dass ihm die Vorlage von Einkommensnachweisen aus den Jahren vor 2018 nicht möglich war, weil er aufgrund körperlicher Beschwerden erst seit Anfang 2018 wieder als selbständiger Handwerker tätig gewesen sei. Er habe Einkommensnachweise für einen Zeitraum von 20 Monaten vorgelegt. Da er in der Zeit davor als selbständiger Handwerker keine Einnahmen erzielt habe, müsse dieser Zeitraum für die Dokumentation seines Einkommensniveaus genügen. Die Summe der Ausgaben von 8.643,89 € müsse nicht aufgeschlüsselt und den einzelnen Belegen des Anlagenkonvoluts 5 zugeordnet werden, weil diese Unterlagen jeweils aus sich heraus Auskunft darüber geben würden, für welche Kosten die Beträge aufgewandt wurden. Es gehe um Kosten für eine Versicherung, für Garagenmiete, für den Betrieb eines Fahrzeugs sowie Arbeitskleidung und Arbeitsmaterialien. Es sei nicht erforderlich, diese Kosten im Einzelnen aufzuschlüsseln und zu kategorisieren.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weitere EUR 12.634,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weitere EUR 597,74 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen, sowie im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Es erschließe sich nicht, in welcher Höhe der Kläger tatsächlich Einkünfte erzielt habe. Er habe nur Rechnungen vorgelegt, die die Generierung von Umsatz belegen können, nicht jedoch den begehrten entgangenen Gewinn. Die Erwerbsbiografie des Klägers liege schlicht im Dunkeln. Als Selbständiger wäre er gehalten gewesen, entsprechende Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnungen sowie Steuererklärungen zu erstellen. Im Wege der Anschlussberufung wenden sie ein, es habe gar keine Berührung des Pkws mit dem Knie des Klägers gegeben. Dies sei jedenfalls nicht bewiesen. Die Angaben des Klägers seien nicht kongruent zu denjenigen des Zeugen B.. Der Zeuge B. habe folgendes bekundet: „Zum Zeitpunkt der Berührung zwischen der Stoßstange und der klägerischen Kniekehle ist er (der Kläger) jedenfalls nicht nach hinten gekippt.“ Insoweit widersprechen sich die Aussagen. Demgegenüber stehe die glaubhafte Einlassung des Beklagten zu 1), wonach er keine Berührung zwischen seinem Fahrzeug und dem Kläger wahrgenommen habe. Ferner bestreiten die Beklagten, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1) bei der Beklagten zu 2) versichert gewesen sei. Außerdem sei das ausgeurteilte Schmerzensgeld übersetzt. Der Unfall sei nicht geeignet, eine nachhaltige psychische Störung herbeizuführen.

II.

Die Berufung gegen das angefochtene Urteil des Landgerichts Flensburg vom 22.12.2023 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Mit Beschluss vom 7.5.2024 hat der Senat den Kläger auf Folgendes hingewiesen:

Zu Recht hat das Landgericht den für den Zeitraum 2.9. – 8.10.2019 und 21.1. – 1.5.2020 sowie hilfsweise 1.1.2021 bis Mitte 8.2021 geltend gemachten Verdienstausfallschaden (hier den entgangenen Gewinn als selbständiger Handwerker) wegen Unschlüssigkeit des Vortrags zurückgewiesen. Der Kläger hat insoweit keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 12.634,56 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 1 Abs. 2 StVO, 249, 252 BGB, 287 ZPO. Sein Vortrag reicht inhaltlich nicht aus, um dem Gericht die Grundlagen für eine Schadensschätzung gemäß § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zu vermitteln. Der Senat teilt insoweit die Ausführungen des Landgerichts.

1. Bei selbständig Tätigen bedarf es zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich das von ihnen betriebene Unternehmen ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte, wobei dem Geschädigten im Rahmen der danach erforderlichen Prognose der hypothetischen Geschäftsentwicklung die Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO zugutekommen (BGH, Urteil vom 03. März 1998 – VI ZR 385/96 –, juris Rn. 14 mwN). Der Geschädigte muss allerdings konkrete Anknüpfungstatsachen darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen (BGH aaO Rn. 15). Im Ergebnis muss der Geschädigte die hypothetische Entwicklung seiner Berufs- und Einkommenslage ohne das Schadensereignis beweisen. Wegen der gesetzlichen Beweiserleichterung muss er zwar nicht zur vollen Gewissheit des Gerichts darlegen, ob der Gewinn auch erzielt worden wäre. Konnte der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, ist nämlich zu vermuten, dass er auch gemacht worden wäre (BGH, Urteil v. 19.10.2005, VIII ZR 392/03, Rdnr. 15). § 287 ZPO erleichtert den Nachweis, indem er an die Stelle der sonst erforderlichen Einzelbegründung die freie Überzeugung des Gerichts treten lässt (OLG Hamm, Urteil vom 28.10. 2022, I-9 U 33/21, juris Rn. 919). Andererseits entbindet die Vorschrift nicht vollständig von einer grundsätzlichen Beweislastverteilung und erlaubt nicht, zugunsten des Beweispflichtigen einen bestimmten Schadensverlauf zu bejahen, wenn nach den festgestellten Einzeltatsachen alles offen bleibt (OLG Hamm, Urteil v. 27.04.2018, 11 U 8/15, Rdnr. 49). Bei der Ermittlung eines nach den §§ 842, 843 BGB zu ersetzenden Erwerbsschadens darf auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen nach § 252 S. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO einem Verletzten, dessen Arbeitskraft im arbeitsfähigen Alter unfallbedingt beeinträchtigt worden ist, nicht ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, wie sich seine Erwerbstätigkeit ohne das Unfallereignis voraussichtlich entwickelt hätte, pauschal ein abstrakt geschätzter Mindestschaden zugesprochen werden (BGH, Urteil v. 17.01.1995, VI ZR 62/94). Der Tatrichter darf sich einerseits nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen seiner Aufgabe, den Schaden zu ermitteln, entziehen. Andererseits darf eine Schadensschätzung mangels greifbarer Anhaltspunkte nicht in der Luft hängen, vielmehr müssen hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Schadensschätzung dargelegt werden. Es bedarf grundsätzlich konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben (BGH, Beschluss v. 20.10.2009, VI ZB 53/08, Rdnr. 13).

Zur Ermittlung des Verdienstausfalls eines selbständig Tätigen im Rahmen der §§ 252 BGB, 287 ZPO ist es in der Regel erforderlich und angebracht, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen (BGH, Urteil vom 06. Februar 2001 – VI ZR 339/99 –, juris Rn. 14). Allgemeine Regeln darüber, welcher Zeitraum vor dem Unfall als Grundlage der Prognose für die künftige (hypothetische) Geschäftsentwicklung heranzuziehen ist, lassen sich aber nicht aufstellen; der erforderliche Prüfungsrahmen ist vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Falles zu bestimmen (BGH aaO, Rn. 16; OLG München, Urteil vom 23. 12.2022, 13 U 1972/18, juris Rn. 368 – 369).

Nach Maßgabe der vorstehenden Anforderungen vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger ohne den Unfall in der Lage gewesen wäre, eine gewinnbringende Tätigkeit als Selbständiger mit gewisser Konstanz und Dauerhaftigkeit auszuführen. Die rudimentären Ausführungen des Klägers und die eingereichten Belege reichen nicht aus, ein gewinnbringendes und nachhaltiges selbständiges Dachdecker-/Bauklempnergewerbe darzulegen und nachzuweisen. Die Eröffnung eines selbständigen Gewerbes, gleich welcher Branche, erfordert eine gewisse Vorbereitung und Planung, insbesondere eine Kalkulation des regelmäßigen Zeitaufwands, der zu erwartenden Einnahmen und Kosten sowie der Steuerbelastung. In der Regel sind Räumlichkeiten anzumieten, Fahrzeuge und erforderliche Arbeitsmaterialien zu beschaffen, Telefon- und Bankverbindung, Internetauftritt etc. anzulegen. Schließlich sind auch die für die jeweilige Berufsausübung erforderlichen Versicherungen, insbesondere eine Berufshaftpflichtversicherung, abzuschließen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.10. 2022, I-9 U 33/21, juris Rn. 923).

Der Kläger hat von alledem nichts bzw. viel zu wenig dargelegt. Es mag sein, dass er sein Gewerbe von Dänemark aus ausüben wollte und über das erforderliche Werkzeug und einen Pkw bereits verfügte. Das macht jedoch eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Rechnungslegung keineswegs entbehrlich (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Oktober 2022, I-9 U 33/21, juris Rn. 923, juris). Aus den eingereichten Kostenbelegen (Anlagenkonvolut K 3 – K 5) ergibt sich lediglich, dass der Kläger offenbar über seine Firma „B.S.“ von einem dänischen Firmensitz aus operierte (A. ApS, DK). Auf den Rechnungen, die im wesentlichen an die deutsche Dachdeckerei A. GmbH in F. adressiert waren, ist zwar eine deutsche Einkommen-Steuernummer (Nr. XXXX XXXX) angegeben, entsprechende Steuerbescheide oder betriebliche Einnahme/Überschussrechnungen hat der Kläger jedoch nicht vorgelegt. Gegenüber dem gerichtlichen Gutachter Dr. S. hat er angegeben, dass er „seinen letzter Auftrag als Einzelunternehmer sechs Monate vor dem Unfall erhalten habe, danach habe er als Subunternehmer gearbeitet“.

Auf den gerichtlichen Hinweis vom 23.6.2021 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.6.2021 lediglich ein weiteres Anlagenkonvolut über Umsätze aus dem Jahr 2018 (Anlage K3) präsentiert, aus denen sich ein monatlicher Durchschnittsverdienst i.H.v. 3.957,50 € ergeben soll (obwohl bei dem Kläger für das Jahr 2018 eigentlich ärztlich Arbeitsunfähigkeit attestiert war). Schließlich hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26.7.2023 diverse Abrechnungen aus den Jahren 2021 – 2023 (Anlagen K 8 bis K10) vorgelegt, aus denen sich ein monatlicher Durchschnittsverdienst i.H.v. 1.221,33 € ergeben soll. Zu den Ausgaben und Firmenkosten hat der Kläger für 2019 lediglich in ungeordneter Form Gesamtausgaben von 8.643,89 € behauptet, ohne im Einzelnen darzulegen, wie sich diese zusammensetzen. Als Anlagenkonvolut K 3 hat er „Stundenzettel als Arbeitnehmer“ präsentiert, als Anlagenkonvolut K 4 ausschließlich an die Fa. A. GmbH in F. adressierte Rechnungen (vom 7.2.2019 – 29.8.2019) und als Anlagenkonvolut K5 in unstrukturierter Form Belege bezüglich behaupteter Betriebskosten eingereicht. Zu Recht hat das Landgericht insoweit ausgeführt, dass dies nicht für eine nachvollziehbare, schlüssige Darlegung der Betriebskosten genügt. Das Anlagenkonvolut K5 enthält nämlich diverse Rechnungen (u.a. auch über Barverkäufe und Tankbelege) und Umsatzauszüge (Girokonto bei der Hausbank), deren Sinn und betriebliche Zuordnung sich nicht von selbst ergibt. Neben Quittungen für Zugfahrten von N. nach W. (Juni 2016) und einem Verwarnungsgeld vom 24.6.2019 (Polizeidirektion XY) fällt insbesondere auch eine Pfändung des Finanzamtes F. vom 8.3.2019 unter der Steuernummer Nr. XXXX XXXX über 3.097,66 € auf. Offenbar verfügte der Kläger auch über nicht unerhebliche Steuerschulden, was möglicherweise ein Grund für die in diesem Prozess präsentierte „Zettelwirtschaft“ gewesen sein kann. Es liegt danach auf der Hand, dass der Vortrag des Klägers für die Darlegung eines entgangenen Gewinns im Rahmen eines Gerichtsprozesses ungenügend ist. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus einem umfangreichen Anlagenkonvolut zusammenzusuchen. Vielmehr obliegt es dem Kläger, hinreichende Anhaltspunkte für den hier geltend gemachten Erwerbsschaden vorzutragen. Angesichts des ungenügenden Sachvortrags und der nur rudimentär eingereichten Belege verbleiben hier zu viele Fragen und Zweifel, so dass auch ein abstrakt geschätzter Mindestschaden nicht zugesprochen werden kann.

Bereits im Termin am 23.6.2021 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass „die Vorlage weiterer Einkommensnachweise notwendig ist“. Schließlich haben auch die Beklagten mit Schriftsatz vom 28. September 2020, darauf hingewiesen, der Kläger möge die Gewinn- und Verlustrechnungen nebst Anlagen sowie Steuerbescheide der vergangenen drei Jahre vorlegen. Weitere gerichtliche Hinweise auf die fehlende Schlüssigkeit des Vortrags zu dem entgangenen Gewinn waren hier für den anwaltlich vertretenen Kläger nicht erforderlich. In Anwaltsprozessen sind nur geringe Anforderungen an richterliche Hinweise zu stellen. Die Beklagten haben im Übrigen mehrfach darauf hingewiesen, dass die eingereichten Rechnungen allenfalls einen Umsatz belegen können, nicht jedoch den hier maßgeblichen betrieblichen Gewinn. Der Kläger unterliegt als Selbständiger einer Sozialversicherungspflicht (u.a. Berufsgenossenschaft) sowie einer Steuerpflicht. Er hätte deshalb entsprechende Einnahmen/Überschussrechnungen, Bankbelege und/oder Steuererklärungen vorlegen müssen.

Im Übrigen wäre hier auch ein erheblicher Abzug für Urlaub, Krankheit und Auftragsschwankungen bei der Berechnung des hypothetischen monatlichen Verdienstes vorzunehmen, zumal der inzwischen 56 Jahre alte Kläger unstreitig bereits vor dem Unfall degenerative Veränderungen am linken Knie aufwies (seit 2016/17 Chondromalazie 2. Grades) und ihm von dem Orthopäden Dr. H. nach einer arthroskopischen Hinterhornresektion (seit 4/2017 horizontaler Riß des Innenmeniskushinterhorns) in dem Zeitraum 28.4.2017 – 14.12.2018 Arbeitsunfähigkeit attestiert worden war. Unstreitig hat der Kläger ferner nach dem Unfall am 15.2.2021 einen Schlaganfall erlitten und durch einen weiteren Unfall vom 20.10.2022 soll der rechte Fuß in Form eines Sehnen- und Knochenabrisses geschädigt worden sein.

2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass den Ausführungen der Beklagten aus der Anschlussberufung vom 30.4.2024 – sollte es darauf ankommen – nachzugehen sein wird. Die Sache scheint insoweit nicht entscheidungsreif zu sein. Insbesondere bestehen Zweifel an der unfallbedingten Kausalität der geltend gemachten psychischen Schäden (seit Mai 2021 chronische Depression mit Agoraphobie). Der Privatgutachter Dr. K. hat auf die möglicherweise im Vordergrund stehenden, konkurrierenden unfallunabhängigen Faktoren (Schlaganfall, Persönlichkeitsprägung und Alkoholabusus) hingewiesen (vgl. Stellungnahme vom 7.8.2023). Ein psychischer Erstschaden ist zeitnah nach dem Unfall vom 2.9.2019 nicht ärztlich dokumentiert worden. Schließlich hat der psychiatrische Sachverständige Dr. S. selbst den Alkoholabusus des Klägers unmittelbar nach dem Unfall (täglich 100 – 150 ml hochprozentigen Alkohol) dokumentiert und ausgeführt, dass der Kläger inzwischen tatsächlich nicht mehr in seiner eigenen Wohnung lebe (dort lebe nur noch seine Mutter), sondern bereits seit zwei Jahren kostenfrei bei einem Kollegen wohne. Der Gutachter Dr. S. hat ferner u.a. ausgeführt, dass der Kläger „darauf fixiert zu sein scheint, dass sein finanzielles Auskommen nur dann gesichert sei, wenn er psychisch erkrankt ist oder auch körperliche Erkrankungen vorweise. ….Der Kläger scheine vereinfacht zu denken, dass er krank bleiben müsse, um finanzielle Leistungen bekommen zu können“. Dies könnten Hinweise auf eine Begehrensneurose sein, die den Kausalzusammenhang entfallen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2022, VI ZR 58/21, NJW 2022, 3509, 3510; OLG Schleswig, Urteil vom 19. 3. 2024, 7 U 93/23, Juris Rn. 49). Außerdem wäre ein etwaiges Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB zu prüfen. Unstreitig hat sich der Kläger einer medizinische indizierten Knie-OP entzogen und die von dem Neurologen Dr. V. nach dem Unfall empfohlene Psychotherapie erst nach seinem Schlaganfall im Mai 2021 begonnen. Das ausgeurteilte Schmerzensgeld von 14.000,– € dürfte – jedenfalls bei fehlender Kausalität der psychischen Beeinträchtigungen – überzogen sein.

Die ergänzenden Ausführungen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 22.5.2024 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Als Grundlage für die gebotene Verdienstausfallprognose stand nach den Angaben des Klägers nur ein Zeitraum von acht Monaten zur Verfügung. Es steht jedoch im Raum, dass der Kläger auch bereits in den Jahren vor 2019 als selbständiger Handwerker tätig war. Es bleibt unklar, wann genau der Kläger überhaupt seine selbständige Tätigkeit (wieder) aufgenommen hat. Aus dem Gutachten S. ergibt sich, dass der Kläger „nach seinem Schulabschluss zunächst eine Lehre zum Kfz-Mechaniker nach sechs Monaten abgebrochen und danach er eine Ausbildung zum Dachdecker absolviert habe. Anschließend habe er überwiegend in diesem Beruf gearbeitet, zunächst als Angestellter und später als Unternehmer“. Der Kläger ist offensichtlich nicht in der Lage, aus seiner – vermutlich schon länger andauernden – selbständigen Handwerkertätigkeit entsprechende Einnahmen-Überschuss-Belege sowie Steuerbescheide vorzulegen. Dies wäre aber notwendig gewesen, um in einem Gerichtsprozess den behaupteten entgangenen Gewinn plausibel darzulegen. Ausführungen zu den Erfolgsaussichten der Anschlussberufung sind nicht mehr erforderlich. Gem. § 524 Abs. 4 ZPO verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung, weil die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückgewiesen worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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